Digitized by the Internet Archive in 2013
littp://arcliive.org/details/viergesprclieberdOOIioll
uuod K[JL^s-i'-h£ckMk des yWHMitrS
FRANCISCO DE HOLLANDA.
VIER GESPRÄCHE ÜBER DIE MALEREI
GEFÜHRT ZU ROM 1538.
ORIGINALTEXT MIT ÜBERSETZUNG, EINLEITUNG, BEILAGEN UND
ERLÄUTERUNGEN
VON
JOAQUIM DE YASCONCELLOS.
V - —
SONDERAUSGABE AUS QUELLENSCHRIFTEN FÜR KUNSTGESCHCCETE ETC.
VERLAG VON CARL GRAESER. WIEN 1899.
^ ^ \ r^ THE CLEVELAJ^D
0^3 0 TNSTl l UTE OF ART
Inhalts- Verzeichnis.
Seite
Vorwort ............ I
Einleitung ........... V
I. Zum Leben des Francisco de Hollanda .... VI
II. Seine Schriften . LXIV
III. Inhaltsangabe der Schriften LXXVII
IV. Zu den in den Dialogen berührten allgemeinen Fragen . XCIV
V. Hollanda's Quellen ........ CI
VI. Hollanda's Verhältnis zur älteren hispanischen Kunst . CXV Beilagen zur Einleitung:
I. Zur Miniaturmalerei in Portugal ..... CXXXV
II. Zu Raphael's Teppichen und den portugiesischen Pannos
de ras .......... CXLI
III. Johann II. und Lionardo da Vinci .... CXLV
IV. Andrea Sansovino ........ CXLVI
V. Jacopo Sansovino . . . • . . . . CL
VI. Brief Johann's III. an Cardinal Gaddi .... CLI
VII. Brief Gaddi's an Johann III CLI
VIII. Hollanda vor Kaiser Karl V CLII
IX. Brief Hollanda's an Michel Angelo .... CLV
X. Brief Hollanda's an Philipp II CLVII
XI. Vorwort des spanischen Malers Manoel Denis . ♦ CLVIII
XII. Alvaro Pires aus Evora ....... CLIX
Text: Vier Gespräche über die antike Malerei (portugiesisch und deutsch).
Vorwort ........... I
Erstes Gespräch ......... 6
Zweites Gespräch ......... 48
Drittes Ge?^präch ......... 80
Viertes Gespräch ......... 126
Erläuterungen zum Text ......... 185
Namen- und Sachverzeichnis ........ 231
?l
Vorwort.
Die Quellenschriften unterbreiten mit vorliegendem Bande ihren Lesern einen portugiesischen Kunsttractat aus der Renaissancezeit. Sein Gegenstand ist die Verherrlichung der Malerei, besonders der italienischen, in erster Linie jenes Meisters, in welchem der Verfasser die Gottheit des Zeichnens verehrte. Dadurch berührt sich sein Werk mit mehreren, früher zum Abdruck gebrachten, ungefähr gleichzeitigen Schriften von Italienern. Einerseits mit Biondo's und Dolci's Dialogen, andererseits mit .Condi vi's x\ufzeichnungen über den göttlichen Florentiner. Doch ist dasselbe — wenn wir, wie ich meine, den von Francisco de Hollanda angegebenen Daten Glauben schenken dürfen — von keinem der genannten Autoren abhängig. Als Biondo, der Älteste unter ihnen, im Jahre 1549 zum Preise der vieledlen Malerei die Feder ergriff, lag die Niederschrift jener Gespräche bereits vollendet da, welche der portugiesische Kunstjünger zehn Jahre früher zu Rom, durch Gunst und Gnade der Vittoria Colonna, mit ihr und Michel Angelo hatte führen dürfen.
Die vielfältigen i\nklänge an jene Schriften würden dem- nach auf Studium der gleichen Kunstwerke, Benützung gemein- samer, älterer Quellen, Einfluss der herrschenden Ideen und besonders jener hervorragenden Persönlichkeiten zurückzuführen sein ; die ebenso häufigen Abweichungen hingegen auf die Sonderart des temperamentvollen PVemdlings, seine Erfahrungen und Erlebnisse, sowie auf die ganz verschiedenen Zw^ecke, die er als Reformator verfolgte in einem der Antike und Hoch- renaissance bis dahin fremden Lande: crassoque sub aere.
Soviel Bekanntes; Entbehrliches, Wunderliches, selbst Bedenken erregendes und Falsches wir aus seinem Munde
Quellenschr. IX. Bd. a
— II —
hören, so steckt doch in diesen Dialogen (einem Drittheil nur von Hollandas gesammten Kunstschriften) ein nicht unbedeutender Rest wertvoller, nirgends sonst zu findender Mittheilungen sowohl über Hispanisches als auch über Italienisches. Für die Buonarroti-Gemeinde sind die an- schaulichen Schilderungen der Zusammenkünfte Vittoria Colonna's mit Michel Angel o, von denen Ho 11 an da als Eingeweihter Kunde gibt, natürlich das Wertvollste; für die Wenigen, welche sich mit der altportugiesischen Malerschule beschäftigen, seine Mittheilungen über die Halbinsel. Für seine engere Heimat aber hat alles und jedes Bedeutung, was er in seinen Werken niedergelegt hat, weil er der erste und einzige ausübende Künstler ist, der im i6. Jahrhundert über hiesige Zustände und Bestrebungen aussagt : begeisterte Dithyramben über die Kunst, die er mit tönenden Beiworten als göttlich und heilig verehrt; langathmige, bilderreiche Definitionen ihres Wesens; Nachrichten über seine Romfahrt; ein ästhetisches Glaubensbekenntnis von unzweideutiger Klarheit; schonungslose Kritik über die vaterländischen Maler und Baumeister; Rath- schläge über den Bildungsgang des Artifex; praktische Pläne zur Befestigung und Verschönerung der Tejostadt; Verzeichnisse römischer Alterthümer; Künstlerlisten; ein Rosenkranz classischer Anekdoten ; sowie charakteristische Züge aus dem Leben der Neo- Classiker und aus beiden abgezogene Träume von einer, ach so unmöglichen Nachfolge plinianischer und italienischer Künstler in dem kleinen, seinem Verfall rasch entgegengehenden Portugal. Auch für die allgemeine Geschichte der ästhetischen Ideen fällt manche Bereicherung ab.
Der Wunsch nach einer zugänglichen und zuverlässigen Ausgabe entstand bei heimischen und fremden Forschern, sobald vom Inhalt der Dialoge etwas verlautete. Wie sattsam bekannt ist, hat eine französische Übersetzung, im Auftrage des Grafen Raczynski und als Ausgangspunkt für seine Untersuchungen über portugiesische Kunst von dem Maler Roquemont her- gestellt, seit Mitte des Jahrhunderts die Aufmerksamkeit erregt und befriedigen müssen. Sie konnte jedoch nicht genügen, weil sie fragmentarisch wie auch an offenbaren Missverständnissen reich ist und den Urtext völlig beiseite lässt. Von diesem erschien erst vor kurzem ein erster Abdruck in Buchform. Doch ist von den
— III —
wenig zahlreichen, nun schon vergriffenen Exemplaren nur eine geringe Anzahl nach Deutschland gekommen. Der Abdruck auch des Originals an dieser Stelle bedarf daher kaum der Rechtfertigung. Die originelle Denkungsweise und Schreibart Hollanda's, der oftmals unbewusst und ungewollt die Rolle Heraklit's des Dunklen spielt, sowie unsere von Roquemont häufig abweichende Auffassung macht für den kritischen Leser ein Zurückgreifen auf den portugiesischen Wortlaut nicht bloß wünschenswert, sondern zur Nothwendigkeit. Auch war die Textgestalt im früheren Abdruck noch keine endgiltige. Vielfache Nachbesserungen sind hier durchgeführt worden, soweit das Wissen des Herausgebers es gestattete. Auch in der Einleitung und in den Anmerkungen w^ar manches neue Ergebnis zu verzeichnen. Hol 1 an da handhabt die Feder mit sichtlicher Schwierig- keit. Zwar verstand er die classischen Sprachen, sowie das Italienische. Mit der vaterländischen Literatur aber war er offenbar wenig vertraut und auf den Schriftstellerberuf nicht schulmäßig vorbereitet. Mit den Vorzügen eines schreibenden und selbstdenkenden Künstlers von leidenschaftlichem Empfinden theilt er die Schwächen eines Autodidakten. Zudem hatte das Studium der Classiker, der Aufenthalt außer Landes, der intime Verkehr mit italienischen Künstlern ihn seiner Muttersprache etwas entfremdet. Er gibt ihr durch orthographische Eigenheiten oft fremdartige Färbung, verfällt hie und da ganz ins Italienische, thut ihr durch latinisierende Constructionen Gewalt an, durch- streut sie reichlich mit für ihn unentbehrlichen Neologismen (Italianismen und Gräcismen), doch auch mit einigen sehr hübschen, prägnanten Wortschöpfungen, wie zum Beispiel desmusico für kunstfeindlich. Hie und da lässt er auch, w^eil es ihn Mühe kostet, den neuen Gedanken Gestalt zu verleihen, dem Satzbau die unbeleckte Bärenhaftigkeit des ersten Wurfes. Infolge dessen haben Abschreiber, Übersetzer und Herausgeber ihn nicht immer verstanden und wohl mancherlei Verstümmelung auf dem Gewissen. In Ermangelung der Urschrift sind wir aber auf ihre Arbeit angewiesen. Ich habe mich bemüht, durch gründliches Studium der Gesammtwerke Hollanda's seine wahre Meinung zu erkennen; doch wird auch hier im Text wie in der Verdeutschung nicht immer der Nagel auf den Kopf getroffen sein.
- IV —
Von meiner Vorlage entferne ich mich durch Ausgleichung der chaotischen Orthographie, Auflösung der zahllosen Abbrevia- turen und die gewöhnliche Verwendung der Majuskeln. Besonders aber lichte ich den Bau und Zusammenhang der Sätze durch sinn- entsprechende Interpunction und gliedere den völlig unarticulierten Text, so dass das Hin und Her der Rede übersichtlich wird. Den Eigennamen belasse ich im portugiesischen Texte ihre alterthümlichen Formen, benütze im deutschen jedoch die heute üblichen. Diese stehen im Namensverzeichnis an der Spitze. Die alten (zum Theile verderbten) folgen in Klammern.
Als Übersetzer habe ich mich vor allem bemüht, die Gedanken, wie sie aus der Gesammtheit der Schriften hervor- gehen, treu und scharf wiederzugeben, und dazu den Ton und Stil des Originals, soweit er Hollanda's Charakter wieder- spiegelt; den Satzbau hingegen nur insoweit mir das ohne Verdunkelung des Sinnes und Misshandlung der Sprache möglich schien. Auf ein genaues Conterfei Wort für V^ort der, wie gesagt, oftmals ungrammatischen Satzbildungen verzichte ich und verwende das Umgangsdeutsch, wie ich es spreche, nicht sowohl aus Furcht, ich möchte bei Absonderlichkeiten als Ausländer in den Verdacht kommen, der eigentliche Sünder zu sein, sondern um den schon hinlänglich erklärungsbedürftigen Text nicht durch verkünstelte Wendungen, Archaismen und Selbstbildungen noch unebener zu machen. Das Und (e) und Aber (mas) oder Denn {porqtte), mit dem die meisten Sätze beginnen, ward fortgestrichen, nachdem ich es zuerst an die 300-mal angewendet hatte. Die Vornehmheit und classische Ruhe, mit welcher Hermann Grimm und Alf. v. Reumont die Dialoge im Einklang mit ihrem eigenen Stil, ausgestattet haben, durfte ich mir nicht zum Vorbild nehmen. Dass unser Südländer, auf den Michel Angel o abgefärbt hat, eine schroffe, selbstbewusste Natur ist, die zum. Tadel neigt und herbe und derbe Worte nicht scheut, sollte nicht verdeckt werden. Ich denke, seine echte Begeisterung für das Schöne und sittlich Gute und seine ehrfurchtsvolle Bewunderung für den größten Künstler und Charakterkopf seiner Tage machen diese und andere Fehler wett.
Einleitung.
Adler sein wollen in einem kleinen, dünn bevölkerten Lande, wo jeglicher den Nachbar kennt und mit eifersüchtigem Auge beobachtet und beobachtet wird, vom Hergebrachten abweichen und hochfliegende Gedanken zu verwirklichen streben, heißt, sich am Gitter des engen Käfigs die Flügel blutig stoßen. Das war das Geschick Hollanda's. Trotz hohei^ Begabung und glühender Begeisterung für echte Ideale ist es ihm nicht vergönnt gewesen, seine Kräfte zu entwickeln und das Maß seines Könnens in bleibenden \\'erken zu geben. Seine künst- lerischen Gedanken vermodern unausgeführt auf dem Papier. Selbst von seinen Hervorbringungen auf dem Gebiete der Klein- kunst ist so gut wie nichts übrig geblieben.
Wer, aus dem öden castilischen Hochland kommend, den portugiesischen Küstenstrich zum erstenmale betritt, fühlt sich beglückt durch seinen gartenartigen Charakter, die lauen Lüfte, die milden Sitten. Weilt er jedoch länger hier, so vermisst er bald aufs schmerzlichste inmitten der freigebigen Natur die ihr zu Hilfe kommende Kunst, die adelnde Arbeit des Menschen- geistes. Entdeckungen und Eroberungen haben im 15. Jahr- hundert das beste Menschenmaterial verbraucht. Nur spät und langsam konnte man daran denken, das Wiederaufleben von Kunst und Wissenschaft für die Nation nutzbar zu machen. Die Gesammtheit war und blieb unkünstlerisch bis auf den heutigen Tag. Hollanda's Leben aber fällt überdies in die Zeit des politischen Niederganges. Als er in monumentalen Bauten reden wollte, fesselte die Armut des Landes der Regierenden Hand. Inquisition wie Jesuitismus ließen ihn nicht zu Worte kommen. Auf dem Kunstgebiete aber gilt nicht des Dichters Wort: >In magnis et voluisse sat est.«
— VI —
Wehmuth und Mitgefühl darf man trotzdem dem Besiegten nicht versagen, der ohne Erfolg muthig den großen Meistern nachstrebt. Nicht er allein trägt die Schuld, wenn sein Schaf- fensdrang unbefriedigt blieb.
I. Zum Leben Hollanda's.
Was wir vom Leben des Verfassers der Gespräche über die Malerei wissen, ist äußerst wenig. Die Hauptquelle sind seine eigenen Werke. Dazu kommen verschiedene Schrift- stücke amtlichen Charakters aus dem Lissaboner Staatsarchiv (Torre do Tombo); nur "zwei Briefe von Francisco de Hollanda, deren Originale zu Simancas und Florenz (im Museum Buonarroti) aufbewahrt werden; an dritter Stelle ein paar Äußerungen über ihn von Zeitgenossen, sowie einige dichterische Lobsprüche auf seine Mal- und Schriftwerke. Das ist alles. Versuche, sein Leben aufzuhellen, sind seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts gemacht worden. ^)
^) Eine umständliche Biographie des Francisco de Hollanda lieferte zuerst Graf Raczynski. Ihm wurden von portugiesischen Forschern wertvolle Materialien zur Verfügung gestellt; besonders von Visconde de Juromenha zahlreiche Docu- mente aus dem Staatsarchiv. Doch weist naturgemäß dieser erste Versuch nicht wenige Lücken und Irrthümer auf. Der erste Theil des Malerbuches blieb ganz unberücksichtigt. Ich habe die Liste der wichtigeren Werke, in denen von Hollanda die Rede ist, chronologisch geordnet. — Dem 17. Jahrhundert blieb er unbekannt. Selbst das grundlegende Schriftsteller-Lexikon von Nicolas Antonio erwähnt seinen Namen in der ersten Auflage (1672) nicht.
1745. Joao Baptista de Castro, Mappa de Portugal; Band L, pagina 7, §. 12.
1747. Diogo Barbosa Machado, Bibliotheca Lusitana; Bd. IL, 215.
1748. Joao Baptista de Castro, Roteiro de Portugal; p. 6 und 9. 1753. Pietro Guarienti, Abecedario Pittorico del Pellegrino
Antonio Orlandi, accresciuto da P. G., Venedig; S. 188.
1772 — 1794. D. Antonio Ponz, Viage de Espana, Madr. ; Band IL, Brief 5, §. 9.
1775. D. Pedro Roiz de Campomanes, Discurso sobre la educacion populär de los artesanos y su fomento, Madr.; S. 99.
1783. Nicolas Antonio, ed. Bayer, Bibliotheca Nova; Bd. I.
179I. Diogo de Carvalho e vSampayo, Memoria sobre a forma9ao natural das cores, Madr. —
* 1 792. Joaquim Jose Ferreira Gordo, Apontamentos para a historia, civil e litteraria de Portugal, in Mem. Litt. Port.; Bd. III., S. 42 — 44a.
VII —
Wie der Name de Hollanda oder Dolanda zeigt, entstammt Francisco einer aus Holland nach Portugal ver- pflanzten Familie. Doch spricht der fanatische Gegner der altvlämischen Schule niemals von dieser Herkunft. Sein Vater Antonio, Miniaturmaler von Beruf, blieb bis an sein Lebens- ende (um 1560) dem ^wahrscheinlich aus der Heimat mit-
1793. D. Antonio Conca, Descrizione odeporica della Spagna,
Parma. —
* 1800. Cean-Bermudez, DiccionarioHistoricode los mas ilustres profesores de las Bellas Artes en Espana, Madr. ; Bd. III, S. 296. und Bd. I., p. IX.
1809. J. J. Ferreira Gordo, Memorias de Francisco de Ollanda colligidas de seus escritos e de outros auctores. Hschr. der Liss. Akademie.
1815. Jose da Cunha Taborda, Regras da Arte da Pintura escri- tas na lingua italiana por Miguel Angelo Prunetti, Liss.; S. 176.
1816. F. Quilliet, Dictionnaire des Peintres Espagnols; S. XI. 1823. Cyrillo Volkmar Machado, Collec9ao de Memorias relativas
äs vidas dos pintores, escultores, architetos e gravadores p o r- tuguezes, Liss.; S. 61.
1839. Bispo-Conde D. Francisco, Lista de alguns artistas portu- gueze s, Liss. ; S. 33.
* 1846. Comte A. Raczynski, LesArts en P ortugal, Pari s ; S. 4— 77. 1847. Ders , Dictionnaire historico-artistique du Portugal,
Paris; S. 134—157-
1859. Innocencio da Silva, Diccionario B ib li o gr a p hi c o Portu-
guez; Bd. IL, S. 39O, und Bd. IX., 304.
1859 Ch. Clement, Michel Ange, Leonard et Raphael in Rev. d. deux Mond.; und 1861 in Buchausg.
1860. Hermann Grimm, Leben Michel Angelos; — 4. Aufl., 1873. Bd. IL, 277—293.
1860. Abbade de Castro, De alguns livros illuminados, Liss.
1863. D. Gregorio Cruzada Villaamil, in El Arte en Espana; Bd. IL, S. 113 — 120.
1870. Alfr. V. Reumont, Geschichte der Stadt Rom; Bd. III. b.
1875. Aurelio Gotti, Vita di Michelangelo Buonarroti; Band L, S. 244—246.
* 1876. D. Francisco Maria Tubino, El renacimiento pictorico en Portugal; in Museo Espanol de Antiguedades; Bd. VII., 493—5^7»
1877. Ders. in Academia; Bd. I., S. 139 — 14I.
1877. Ferdinand Denis, Notice sur l'ornementation des Mss. Portugals in Missal Pontifical de Estevam Gon9alves Netto,
Paris. S. 45 — 64.
* 1877. Joaquim de Vasconcellos, Francisco de Hollanda, Da Fabrica
— VIII —
gebrachten Stile treu. ^) Ein älterer Träger des Namens ist in Portugal bis heute nicht nachgewiesen. Er stand in Diensten der königlichen Familie. Wann er dem glänzenden Hofstaat am Tejostrand eingereiht wurde, ist unbekannt, ebenso, wer ihn berief, vielleicht schon der mannhafte Johann II. (f 1495), unter dessen Regierung das Land einen so merklichen Aufschwung erlebte und mächtige Anregungen aus dem Ausland erhielt. Dieser hatte Sinn für die Kunst, beneidete seinen Vetter Kaiser Maximilian um sein Verständnis für Dürers Wissenschaft, sah seinem jungen Schreiber, dem vermeintlichen Schöpfer der Torre de Belem, ^) mit Vergnügen zu, wenn er eine Architektur-
que fallece ä cidade de Lisboa, Porto, Archeologia, Artistica; Band 6.
i88i, Alfred v. Reumont, Vittoria Colon na. Leben, Dichten, Glauben im i6. Jahrhundert, P^reiburg; vS. i66 — 172.
1884. D. Marcelino Menendez y Pelayo, Ideas Esteticas en Espana; Bd. II., Abt. II., Kap. XI.
1888. Karl Justi, Die altportugiesische Malerschule; in Preuß. Jahrb.; Bd. IX., S. 137.
1890. Albrecht Haupt, Die Baukunst der Renaissance in Por- tugal, P>ankfurt a. M. ; Bd. I., 34 — 36.
1891. Xav. Kraus, Vittoria Colonna; in Rundschau XVII.; u. 1896 in Essays.
1894. Conde de la Vinaza, Adiciones al Diccionario Historie o, Madr. Bd. II, 283.
* 1896. Joaquim de Vasconcellos, Quatro Dialogos da Pintura Antigua. Porto.
1896. Ders. Antiguidades da Italia por F. de Holland a, Liss.
Nur die mit Sternchen bezeichneten Publicationen bedeuten Etappen.
^) Für die künstlerischen Beziehungen Portugals zu Burgund und Flandern sind folgende Daten bemerkenswert: 1386 Gründung der portugiesischen Lonja in Brügge; 1428 Reise Van Eycks nach Portugal; 1430 Heirat der Tochter Johanns L, D. Isabel, mit Philipp dem Guten; T503 Gründung der Factorei in Antwerpen; 1504 — l 508 portugiesische Schüler bei Quintin Metsys; 1522 bei Goswin van der Weyden ; 1 523 — 1529 Damiao de Goes als Schreiber der Antwerpner Factorei; 1530 — 1533 als Gesandter; 154O Portugiesen bei Jakob Spueribol; 1559 bei Jan vSoezewint. — Vgl. Joaquim de Vasconcellos, Albrecht Dürer e a sua influencia na peninsula, Porto 1877 (mit wichtigen Nachrichten über die Factoreien). Ders. A Pintura Portugueza nOs seculos XV. e XVI., Porto 1881 ; und Karl Justi, Preuß. Jahrb. IX.
2) Dass Garcia de Resende gut zeichnete, so dass der König ihn oft in Anspruch nahm, erzählt er selbst in der von ihm verfassten Chronik Johannes II.: Vida e Feytos del Rey Dom Joam Segundo, Cap. 201. Ebenda
— IX —
skizze entwarf, tauschte Briefe mit Polizian, bestellte kostbare Minia- turen in Florenz und beschäftigte jahrelang AndreaSansovino mit Bildwerken und. Bauten. Oder des Königs großgesinnte Gemahlin Eleonore (f 1525), die Gründerin des Klosters Madre de Deus, eine eifrige Förderin des Buchdrucks, des Dramas, sowie der Armenpflege. Oder ihr Bruder Emanuel, der Glück- liche, der mit den Schätzen der Neuen Welt sein ganzes Reich
steht der Ausspruch über Maximilian, den Hollanda zu verwerten natürlich nicht unterlassen hat (Des,/. 46 v.). — Die »traditionelle« Behauptung, Garcia sei der Schöpfer der herrlichen Torre de Belem, beruht ausschließlich auf, meiner Ansicht nach, schiefer Auslegung einer Stelle des genannten Werkes. Im 181. Capitel wird erzählt, wie Johann 11. zum Schutz des Lissaboner Hafens den befestigten, mit Gräben umgebenen Thurm von Cascaes, und Belem gegenüber, den Caparica- Thurm mit Bollwerken anlegen ließ. Hollanda bezeichnet diesen als »alten Thurmcc (a torre velha Fabr. f. 12). »Und er hatte ferner die Her- stellung einer starken Festung angeordnet; da, wo jetzt der schöne Thurm von Belem steht (welchen König Emanuel, seligen Angedenkens, errichten ließ), damit die Festung auf der einen Seite und der Thurm auf der anderen die Einfahrt in den Fluss behinderte.« Dann fährt er fort : »Welche Festung ich auf sein
Geheiß zeichnete fdebuxey), seinem Willen gemäß , aber weil
der König gleich darauf starb, war keine Zeit, sie auszuführen.« Ich meine, die Festung auf der einen Seite, welche Resende zeichnete, sei die bloß geplante ; der Thurm auf der anderen der schon vorhandene von Caparica. Von der Torre de Belem spricht er später noch in seiner Reimchronik (Miscellaneaj, als von einer Schöpfung Emanuels, abermals ohne die Erfindung für sich in Anspruch zu nehmen: Vimos-lhe fazer Belem — Com a gram torre no mar — As casas do almazem — Com armaria sem par — Fez soo el rei que Deus tem. Strophe 481. — Damit wäre außerhalb Portugals die Frage entschieden. Hier aber nimmt man das nicht so genau und hält an Traditionen fester, weil die geschichtliche Überlieferung gar zu lückenhaft ist. — Wie macht übrigens die Kritik sich einen Reim daraus, dass unwiderleglich bewusste An- lehnung an Indisches aus dem Thurme spricht (Haupt L, 12 und 106;, zu welchem, nach eben dieser Kritik, Resende die Pläne bei Lebzeiten Johanns II. lieferte? d. h. mindestens ein Lustrum, bevor Vasco da Gama von seiner ersten Fahrt heimkehrte, von der er sicherlich keinen einzigen künstlerischen Gedanken mitbrachte? Ihr kommt mein Einspruch gegen Resendes Urheberschaft wahrscheinlich sehr gelegen. Die »indischen« Kuppelthürmchen mit ihren ein- geschnürten Dächern (cupulas de meia-laranja em gomos) wiederholen sich übrigens in dem palastartigen Landsitze der Albuquerques. (Quinta da Bacalhoa.) Neueste Entdeckung aber ist, dass wir eben in diesen, »indische«« Vorbilder nach- ahmenden Thürmchen jene Eckthürme besitzen, mit denen Sansovin.o in Portugal sein architektonisches Hauptwerk versah ! — S. Beil. IV. und A".
— X —
umbaute. ^) Bei den regen Handelsbeziehungen zwischen Portugal und Flandern dürfen wir annehmen, ein von der königlichen Factorei zu Antwerpen oder Brügge übermittelter Auftrag einer der drei genannten Fürsten sei über Erwarten gut von Meister Antonio ausgeführt worden und habe seine Übersiedlung veranlasst. Von der außerordentlichen Hochschätzung und Pflege, welche man in Portugal der Buchmalerei angedeihen ließ, besonders im 15. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 16., legen verschiedene kostbare Bibeln, Evangelien und Gebet- bücher, Genealogien, Urkunden in öffentlichen und privaten Sammlungen des Landes und außer Landes noch heute beredtes Zeugnis ab. Eines derselben, das sich erhalten hat, trägt den Namen Eleonorens, »Horas de D. Leonor«, und wird An- tonio de Hollanda zugesprochen. (Vergl. Beilage I.)
Jedenfalls musste Antonio sich in langjährigen Diensten bewährt haben, als er im Jahre 1519, unter dem Wappenkönig Antonio Rodrigues Portugal, zum Officier des Heroldsamtes (passavante; volksetymologische Umdeutung des französischen poursuivant) ernannt wurde, unter so auffälliger Bevorzugung, dass ein anderer Maler Klage darüber erhob. ^) Später (1527)
^) Der eben genannte Garcia de Resende sagt von Emanuel in der bereits ausgenutzten Strophe der Miscellanea : »Ich sah, wie er bauend sein Reich erneute.« (^Vimos seu edificar — No reino fazer al^ar — Pa^os, igrejas, mosteiros — Vi o reino renovar.) Fast wörtlich dasselbe äußert Hollanda (Fabr. f. ^ v,) rücksichtlich Lissabons : Quasi a renovou de todo. Die schier unendliche Reihe der manuelini sehen Gründungen in der Chronik von Goes ist bekannt. Theil IV., Kap. 85. — Vgl. Haupt L, 12.
2) Das betreffende Schriftstück bei Raczynski in französischer Übersetzung (Lettres S. 212). Das Original in Sanches de Baena, Gil Vicente, 1893, S. 44. — Es gehört ins Jahr 1540, greift jedoch zu Ereignissen aus dem Pestjahre 15 18 bis 15 19 zurück. Der beste Maler (official) seiner Zeit, Francisco Henriques, erlag damals der Epidemie mit 7 oder 8 von ihm aus Flandern herbeigerufenen Gehilfen, während er Tafelbilder für das Tribunalsgebäude in einer königlichen Bottega malte. Die unterbrochene Arbeit beendete Garcia Fernandes und heiratete die Tochter des Verstorbenen auf Wunsch des Königs, der ihm außer anderen Vergünstigungen das durch des Henriques' Tod freigewordene Amt als Passavante versprach. — Als Zeuge ward unter anderen Garcia de Resende angerufen. — Aber man bevorzugte trotzdem den Antonio de Hollanda : O officio darmas que eile ouvera d'aver foi dado a Antonio d'Olanda. — In den Listen des königlichen Hofstaates wird dieser in seiner Würde aufgeführt. — S. Sousa, Historia Genealogica da Casa Real; Provas, . Bd. VI., S. 611.
— XI —
bewilligte Johann III. ihm einen Jahressold von lo.ooo Reis, unabhängig von den Zahlungen für etwaige Zeichnungen und Pergamentmalereien, die er auf Befehl von Mitgliedern der königlichen Familie für ihre Paläste oder für Klöster des Christusordens ausführte. V) Dass er von 1534 — 1539 am Hofe zu Evora weilte, wohin ihm mächtige Folianten, Ritual- bücher der reichen Abtei von Thomar, gebracht wurden, damit er sie mit Titelbildern, Vignetten und Initialen verzierte, wissen wir aus Quittungen über seine Arbeit. -) Durch seinen Sohn erfahren wir nur, dass von beiden gemeinsam Gebetbücher sowohl für König Emanuel, als auch für Johann III. und die Königin Witwe Eleonore mit den üblichen Darstellungen aus dem Leben Christi und der Jungfrau ausgestattet worden sind. {Des. /] j8 z'.)^) Auch dass er Ornamentzeichner für das Kunst- gewerbe war, liest man in Franciscus' Werken, der zum Beispiel auf ein Scepter für Johann III. hindeutet (ib. 40 z'.). ^) Wichtiger ist, dass er dem Vater die Zeichnungen für eine berühmte, unvollendet gebliebene, vom Infanten Ferdinand bestellte Genealogie des portugiesischen Königshauses »von Noah oder dem Japhetsohne Magog bis Emanuel« zuspricht. Denn von diesem kostbaren Werke — einem der reichsten Denkmäler seiner Zeit — werden noch elf, zum Theile unfertige Blätter im Britischen Museum aufbewahrt, mit einer Ansicht von Lissabon und vielen Porträts. »Die fürstlichen Personen erscheinen in
') Über das Document siehe Racz., Dict., 134.
'^) S. Racz., Dict., s. v. Hollanda; und in Arte Portugueza, Liss. 1893, Band I., Seite 12 — 14 und 41 — 42: D. Jose Pessanha, As Horas da Rainha D. Leonor. — "Wir erfahren z. B. von einem Psalterium ; zwei Sonntagsbüchem und fünf Chorbüchern. Für das erste malte der Miniator vier Titelblätter (prin- cipios'., jedes zu 6000 Reis; 40 Vignetten ä 500 ; 113 Majuskelbilder ä loo; 203 Majuskeln mit Arabesken, blau und gold zu 80 ; 84 mit schwarzen Arabesken zu 40 und dazu 2846 kleinere Buchstaben zu 20. — Für Belem, auf Befehl Johanns III. im Jahre 1548 ausgeführte Psalterien mit darauf bezüglicher Schluss- formel, in der jedoch der Xame des Künstlers nicht genannt wird, haben sich erhalten.
3) Die Abkürzungen Fab. (Fabrica) und Des. (Desenho) bezeichnen die Alterstractate Hollanda's; Tir. (Tirar) das AVerk über die Porträtierkunst; Pint. (Pintura) sein Hauptwerk ; Esc. (Escorial) das Reisealbum. — Siehe Abschnitt II.
■*) An dies Scepter, das aus dem Tejo gewaschene Gold und portugiesische Goldminen überhaupt, knüpfen sich interessante Fragen. Hier aber ist kein Raum für dieselben.
— XII —
voller Figur oder als Brustbilder zwischen reichem Ornament von Zweigen und Laubwerk; auf den Rändern sind wichtige Ereignisse der entsprechenden Zeit, Schlachten u. s. w. dar- gestellt, alles vortrefflich gezeichnet.« Ein Urtheil über sein Können wird sich also noch formulieren lassen. Freilich nur über seine Zeichenkunst. Denn coloriert w^urden sie von anderer Hand : Von dem namhaftesten unter allen flandrischen Meistern, Simon Beninc oder B e n i c h i u s von Brügge, den selbst unser Hollanda in der Liste der Buchmaler den Adlern beizählt. Wir sind über den betreffenden Auftrag genau unter- richtet, weil kein geringerer als der Geschichtsschreiber Damianus a Goes die Mittlerrolle gespielt hat. Simons Kunst aber gefiel diesem edlen Geiste dermaßen, dass er auf eigene Kosten noch ein Gebetbuch bei demselben bestellte und das wohl- gelungene Werk später (1545) der Königin Katharina als Geschenk überreichte. Den Zeichnungen des Portugiesen soll übrigens damals der Vorzug vor Entwürfen eines anderen Meisters, und zwar eines Italieners, gegeben worden sein, zur Freude unseres Francisco, obwohl der Raphaelit Bologna zweifelsohne im neuen Stile arbeitete. (S. Beilage I. und II.) Das Werk des Vaters, auf welches Francisco am trium- phierendsten zurückblickte, war eine Aufnahme des Kaiserpaares, mit Philipp als nino auf dem Schöße der Mutter, eine Miniatur natürlich, 1529 zu Toledo ausgeführt, auf Wunsch und Anregung der eben so gütigen wie schönen Kaiserin Isabella, die aus ihrer Mädchenzeit dem Palastmaler der Eltern und des Bruders dank- bare Erinnerung bewahrt hatte. ^) Seine Begeisterung für dies Werk geht so weit, dass er es höher stellt als Tizians Kaiserbild- nisse. Als Abschätzer der ausgewählten Kunstsammlung des schon genannten Chronisten Emanuels, der aus Flandern nicht bloß Miniaturen, sondern kostbare Altaraufsätze und Tafelbilder
^) Nachrichten über das von Antonio de Hollanda gemalte Bildnis Karls V. findet der Leser in Beilage VIII. und X. In seiner Abhandlung über die Porträtierkunst ff. 6 v.J erzählt Francisco, wie leutselig der Herr der Welt seinen Vater in Toledo behandelt hatte. Als das Tischchen, an dem er arbeiten sollte, sich als zu niedrig erwies, legte der Kaiser persönlich Hand an und bohrte mit der Dolchspitze Löcher in die Riemen, ' während Antonio die Platte stützte. Ein Pendant zu der Scene, in welcher der Herr der Welt Tizians Pinsel aufhebt.
— XIII —
für sich und andere heimgebracht hatte, begegnet man Antonio um die Mitte des Jahrhunderts (1545).*) Eines der letzten Lebenszeichen von ihm ist der dankbare Gruß, den er 1553 dem Sohne für den großen Michael auftrug. (S. Beil. IV.) Im Jahre 1571 gehörte er bereits zu den Todten. ^) Vielleicht dachte sein Zeitgenosse, der kunstbeflissene Garcia de Resende, an beide Hollandas, als er seiner Reimchronik die Worte einfügte: >Die Miniaturmaler stehen jetzt auf ihrer Sonnen- höhe.« 3)
Fünf Kinder des x\ntonio de Hollanda sind uns bekannt: eine Tochter, D. Maria, und vier Söhne. Natürlich gehörten sie sämmtlich zu dem über 5000 Köpfe zählenden
') Das in Beilage I. erwähnte Brevier für die Königin Katharina mit Miniaturen von Simon [Beninc] v. Brügge hatte Goes mit 300 Krusaden bezahlt. Antonio de Hollanda schätzte es auf 750. — Wie aus dem Inquisitionsprocess des Geschichtsschreibers hervorgeht, schenkte derselbe z. B. ein Altarbild von Quentin Metsys mit dem Gekreuzigten der Varzea-Kirche seiner Vaterstadt Alemquer; desgleichen ein plastisches Ecce-homo, nebst einer Krönung Christi von Hieronyraus Bosch ; dem Nuntius Monte-Policiano zwei Tafelbilder von großem AVerte (Versuchung Hiobs und Versuchung des heiligen Antonius) ; dem Geheimschreiber des Königs einen Altaraufsatz ('Heil, drei Könige und Beschnei- dungj ; einen Reisealtar mit einem hl. Bernardinus ; zwei betende Alte u. s. w. — Die Kostbarkeiten seines eigenen Hausmuseums bewunderte die Königsfamilie gern. — Später spendete er noch dem Könige Sebastian eine Statuette seines Namensheiligen. — S. Annaes das Sciencias e Lettras, Liss. 1858, Band II., S. 262 und 417; und Joaquim de Vasconcellos, Damiao de Goes, Novos Estudos, Porto 1897.
2; Damals setzte Francisco dem Namen des Vaters die Formel »seligen Angedenkens« hinzu. (Fabr. iq z-. : meu pai . . . que Dens tem.) Dass Antonio 1555 noch lebte, erhellt Anm. 2, p. XIX.
^) »Pintores luminadores agora no cume estao.« Die Deutung auf die beiden Hollandas ist nur eine muthmaßliche, da zu Str. i8o der Miscellanea die Rand- glosse fehlt, durch welche Resende seine Gedanken zu verdeutlichen pflegt. An Buchmalern jener Tage sind uns noch mehrere andere bekannt: Alvaro, der die »Verordnungen« Emanuels und viele Urkunden der Torre do Tombo zierte; Duarte d'Armas, von dem ein Festungsbuch ebenda erhalten ist; Jorge Vieira und Diogo Fernandes, die für das Kloster Thomar arbeiteten, u. a. m. — Resende spricht übrigens nicht nur von Miniatoren ; auch von den Goldschmieden und Sculptoren sagt er, sie seien jetzt subtiler und vorzüglicher, als alle ihre Vorgänger; an Malern gäbe es »fast so große und naturwahre wie Michael, Albrecht und Raphael«. Wie schade, dass auch er das Odium fürchtete, welches die Nennung von Zeitgenossen dem Beurtheiler zuzieht, oder zu gering von Malern von Profession dachte, um sie zu erwähnen I
— XIV —
Heere von »Edlen«, welche den Hofstaat Emanuels und seiner Söhne ausmachten. In den Listen der »Hofbewohner« (moradores) rücken sie ordnungsmäßig vom Pagen (mofo da camara) zum Knappen (escudeiro), vom Knappen zum Ritter (cavalleiro fidalgo) auf. Miguel, wohl der Älteste, diente als Knabe bei der Königin Katharina (1526), ward dann der Garderobe Johanns III. bei- geordnet, trat später ins Schatzamt (1537) und vermählte sich (1542) mit einer Dame der Kaiserin^ D. Isabel de Royos (oder Rojas). Bei dieser Gelegenheit erhielt er die Anw^artschaft auf einen einträglichen Posten im indischen Goa. Wahrscheinlich jedoch nur für die dritte Vacanz, denn 1551 versieht er noch daheim das Amt eines Quartiermachers der Königin, wird aber 1555 definitiv auf fünf Jahre als Schatzmeister der Einkünfte von Goa eingesetzt, mit der Vergünstigung, für die ersten Jahre einen Stellvertreter ernennen zu dürfen. Erst 1559 und 1560 versieht er in Person diesen indischen Posten. Damals war er auch Ritter des Santiago-Ordens. *) — Jeronymo scheint jung gestorben zu sein : er wird nur einmal als einer der Pagen genannt, die aus dem Dienste des (1540) verstorbenen Infanten Eduard in den des Königs übertraten. 2) — Joäo-Homem machte sich unabhängiger, indem er Jura studierte. Er versah 1551 das Amt eines Richters in Obidos. Zu Santarem residierte er (1571) als Aufseher der öffentlichen Arbeiten. Scheinbar fehlte es ihm nicht an Sinn für die Kunst seines Bruders, der zeitweise bei ihm gewohnt hat und ihm gern die Erneuerung alter Römerbrücken zu- gewiesen hätte. ^) — Francisco wuchs sozusagen mit den jüngeren Söhnen König Emanuels auf und trat dadurch in enge Beziehung zu dem die Krone tragenden, ältesten. Er selbst gedenkt der im Hause des kunstfreundlichen Infanten Ferdinand verbrachten Kindheit (1507 — 1534)^) und der Jünglingsjahre im Palaste des
^) über Miguel de Hollanda siehe Boletim da Sociedade de Geograpnia Lisb., Bd. III., S. 540 ; und Sousa, Hist. Gen., Provas VI., 585.
2) Über Jeronymo Hist. Gen., Provas II. 615 VI. 597.
3) Über Joao Hörnern, Fabr. /. ig v. Vielleicht hatte er schon früher in Santarem gewirkt. Wenigstens finden wir Francisco 1549 vorübergehend in dieser vStadt.
4) Im Porträtierbuch heißt es mit Rücksicht auf Hollanda's Jugend- genossen Bras Brandao : »Sintemal wir beide im Hause jenes Senhor aufge- wachsen sind.«
— XV —
Cardinal-Infanten Don Affonso. Nach dem tiefbeklagten Hin- scheiden auch dieses Fürsten (1540) trat er in den unmittelbaren Dienst des Infanten Ludwig über, der ihn schon früher begünstigt und zu seinen familiäres gezählt zu haben scheint.*) Der Beweis dafür fehlt freilich — in den Hoflisten finde ich ihn nicht — wenn anders man nicht als solchen betrachten will, dass der Künstler, als auch dieser Sohn Emanuels viel zu früh die Augen schloss (1555), von Johann III. für >dem Infanten geleistete Dienste« mit einer Jahresrente von 10.000 Reis bedacht ward. Nach seinen eigenen Aussagen über Alter und Geburtsort muss Francisco 1517 zu Lissabon geboren sein, ^) das er wiederholt als seine geliebte Vaterstadt feiert.^) Frühe kam er jedoch nach Evora, der schönen Hauptstadt Süd-Portugals, in der Johann III. oftmals Residenz hielt, und für deren Gedeihen er sich außerordentlich interessierte; zu längerem Aufenthalte ver- muthlich erst, seit er zum Hofstaate des noch als Knabe bei dem großen Cardinalsschub von 1518 von Leo X. mit dem rothen Hute bedachten Infanten Don Affonso gehörte, der sein Bisthum Evora von 1523 an nominell, effectiv aber erst seit 1533 ver- waltete. Mit innigster Liebe und Dankbarkeit preist er den Vater, weil er ihn, der guten Sitte der Athenienser anhängend, bereits in den Kinderjahren seinem natürlichen Berufe folgen ließ. Er durfte an der zarten Beschäftigung des Buchmalens theilnehmen und wurde an selbständigen Versuchen im Zeichnen, Modellieren und Steinhauen nicht behindert.^) Da aber Ho 11 an da, trotz
1) Vom Infanten Ludwig spricht er als von einem, der ihn auferzogen hat und gründlich kannte (que me criara e me conhecia; Des. 4^ v.).
'^) Sendo eu de idade de XX. annos me mandou el rei vosso avo a ver Italia (Des. 47 ^O-
3) Pint. f. io8 : minha patria Lisboa ; und 163 esta minha nobre patria
**) Teve providencia de me näo desviar minha propria indole e natural e me deixou seguir a arte da sabedoria a mi mais segura e excellente de quantas ha neste gram mundo (Pint. f. 2,). Weitere Stellen über den Vater f. Sj, ijg v. Fabr. ig v. Des. '^6, 40. 47 '^-'^ Tir. 6 u. 28 v. — Über seine Autodidaxie als Künstler und als Schriftsteller z. B. Pint. f, _/. nem a screver nem a pintar fui ensinado de algum outro mestre senao de meu proprio natural. — Por ella, a arte da plastike, comecei eu, sendo mo^o, a aprender (Pint. f. 76). Über seine Illuminierkunst s. Pint. y. 8': a illuminura de branco e preto sobre pergaminho e toques d'ouro moido . . . . esta e minha propria arte; und/". ^6 a illuminacao em que me eu criei.
__ XVI —
wiederholter selbstgefälliger Aussagen sowohl über seine völlig der Kunst geweihte Jugendzeit als auch über des Vaters Ver- dienste um seine Entwicklung, mindestens ebenso oft und ebenso stolz betheuert, er sei wie als Schriftsteller, so als Künstler Autodidakt, der Gottheit allein und seinen Erzeugern verdanke er die mit ihm geborene Himmelsgabe, als deren Besitzer er alle irdischen Glücksgüter gern entrathe, so muss man folgern, dass er keine regelrechte Schulung in einer Meister- Werkstätte durch- machte, selbst nicht in der Miniatur-Malerei, seiner ersten und eigentlichen Profession, sondern nur dem Vater und den übrigen Hofmalern ablernte, was diese an Können und Wissen ihr eigen nannten. Hingegen hatte er im Königspalaste, besonders in Evora, gute Gelegenheit, sich tüchtige, gelehrte Kenntnisse zu erwerben, besonders in den classischen Sprachen. ^) Lehrer ersten Ranges unterwiesen die jungen Prinzen. Im Hause des Cardinais wurden auch die Brüder erzogen. Es genügt, Polizians Schüler, Ayres Barbosa, zu nennen, den Meister des berühmten Nebrija.
Wenn ihn dabei eine gewaltige Sehnsucht nach Rom über- kam, eine wahre Leidenschaft für die Antike, wenn der heiße Wunsch in ihm erwachte, die aus den Tiefen der Erde ans Licht gezogenen Sculpturen der Alten zu sehen und bei lebenden italienischen Meistern zu lernen, wie man jenen nacheifert, so wird dreierlei dabei mitgewirkt haben. Erstens der Anblick der stattlichen Reste römischer Denkmäler, welche die Sertoriusstadt in sich barg und zum Theile noch birgt, vornehmlich des später zerstörten Triumphbogens und des Dianatempels, dessen einfache Größe einen so schroffen Gegensatz zu den mittelalterlichen, maurischen Geschmack athmenden Bauwerken der Stadt bildet. Zweitens das Studium römischer und griechischer Schriftsteller unter der Leitung sachkundiger heimischer und fremder Huma- nisten. Zum dritten mochte der persönliche Umgang mit kunst- freundlichen Italienfahrern, Prälaten, Gesandten, Rednern, als auch auf Kosten Emanuels und Johanns III. nach Padua, Bologna, Siena, Florenz entsendeten Studenten zündend auf ihn wirken.
1) Es scheint, dass Hollanda griechisch verstand. Er theilt eine lange Inschrift mit, vielleicht aus Neapel, benutzt Homer und verwendet, ohne viel zu straucheln, Dutzende, bis dahin in Portugal unbekannte, meist bautechnische Aus- drücke. — Bei seinen Mittheilungen und Urtheilen über griechische Kunst- und Künstler handelt es sich natürlich nur um abgeleitete Kenntnisse.
— XVII —
Ich nenne im Folgenden nur solche, bei denen Beziehungen zu H o 1 1 a n d a nachzuweisen oder in hohem Grade wahrscheinlich sind. Damiäo de Goes, der weitgewanderte, den der Geist der Zeit draußen so mächtig ergriff, dass er, schon ein erfahrener Mann, seine Lateinstudien erneuerte und vier bis fünf Jahre in Padua mit eiserner Energie arbeitete (1534 — 1538), in den Ferien hin- und herreisend, damals wie später in Verkehr stehend mit Sadoleto, Bembo und anderen an der Reform der Kirche mit heiligem Eifer arbeitenden Männern, denen er zeitweilig als Vermittler bei Erasmus, Melanchthon und Luther gedient hat. Nicolaus C 1 e n a r d u s, der originelle, gelehrte Flamänder, der über Paris und Salamanca nach Portugal gekommen war (1534), um in Evora den Prinzen im Latein-Sprechen zu fördern. Andre de Re sende, der große Alterthumsforscher, der in Spanien, Paris, Marseille, Löwen, Brüssel, Wien, Bologna so viele wertvolle Beziehungen mit führenden Geistern angeknüpft hatte und nun mit Feuereifer den lusitanischen Boden nach römischen Inschriften und Anticaglien durchforschte,') besonders aber seine Vaterstadt Evora. Seine Aula bqtrat Hollanda's Herr, der junge Cardinal, gar oft und gern, gewillt, aus seinem kernigen lateinischen Vor- trage Nutzen zu ziehen, sowohl rücksichtlich der Sprache als auch der Archäologie. Der Triumph, den Resende über Don Miguel da Silva erfocht, als er, trotz dessen lautem Einsprüche, zielbewusst und erfolgreich auf 15 Kilometer Entfernung nach dem römischen Aquäduct suchte und seineWiederherstellung beim Könige durchsetzte (1534 — 1543), so die Heimatstadt mit dem herrlichen Sil- berwasser versorgend, dieser Triumph musste die Blicke lernbe- gieriger Schüler nothwendig auf alle Überbleibsel aus den Tagen des Viriatus und Sertorius lenken.^) Der eben genannte Don Miguel da Silva selbst, der feingebildete Bischof von Viseu, dem Baldassare Castiglione 1529 seinen )>Hofmann« gewidmet hatte, und der in der Curie, besonders bei den Farnese beliebt, mit Jovius, Bembo, Sadoleto u. a. m. auf vertrautem Fuße stand. Don Martinho de Portugal, welcher in Evora als
1) Dass Resende's Zuverlässigkeit als Inschriftensammler nicht völlig unangetastet geblieben ist, kommt hier nicht in Betracht.
■^) Die Nachforschungen nach dem Aquäduct veranlassten die streitenden Parteien zu schriftlicher Meinungsabgabe. Andre de Resende schrieb für Johann III. »Zwei Bücher von den Aquäducten«, wie er in seiner
Quellenschr. IX. ßd. t>
_„ XVIII —
des Cardinais Vertreter arbeitete ^) und in der Tiberstadt italienische Maler an sein Haus fesselte. Diogo Pacheco, der zwei- mal die Römer durch seiner Rede Gewalt und Kunst verblüffte. Der bejahrte Garcia de Resende, der, wie der letztgenannte, mit Genuss an die glücklichen Tage am Hofe Leo X. zurück- dachte, als beide mit Tristäo da Cunha die glänzenden Geschenke ihres Königs überreichten und als Gegengeschenk für den viel- besungenen und oft gemalten weißen Elephanten und das bei der Plünderung Roms zerstörte Messgewand, ein kostbar illuminiertes Gebetbuch heimbrachte. Er wurde nicht müde, Wunderdinge zu berichten, von Raphael, vom großen Michael, der so terribile sei wie Affonso de Albuquerque und von ebenso antiker Denkart wie der Triumphator über Diu ; und auch von Julius, dem tita- nischen Guelfen, der — • magnarum semper molium avidus — die Fundamente zur Peterskirche gelegt hatte. 2) Ganz besonders ein- flussreich denke ich mir jedoch die Reden des classisch gebildeten Francisco de Sa de Mir and a. Dieser w^ar, in Ungunst mit dem ganzen mittelalterlichen Geist, vor Jahren ausgezogen, sich den dolce stilnuovo anzueignen, sowohl was den Ideengehalt, als besonders, was die Formen betrifft. Nach fünfjährigem Ver-
»Geschichte Evoras« (Cap. III.) berichtet, und eine Apologie als Antwort auf die Gegenschrift des Bischofs von Viseu. Dieser verfasste außerdem ein Gedicht »De Aqueducto Eborensi et de aqua argentea.« Verschollene Blätter, die keine pietätvolle Hand aufbewahrt hat. — Die Arbeiten begannen 1533 und waren in der Hauptsache 1543 vollendet. Doch hat der Cardinal-Infant Heinrich als Erzbischof von Evora noch von 1545 bis 1552 damit zu schaffen gehabt, beson- ders wohl an dem architektonischen Schmuck. (S, Haupt.) Im Jahre 1539 musste D. Miguel da Silva nach Italien flüchten, wo er bis zu seinem Tode (1556) ver- blieb, vom Könige mit unversöhnlichem Hasse verfolgt, weil er von Paul III. den Cardinalshut ohne vorherige Genehmigung seines Herrschers angenommen hatte, nebenbei auch, weil er für einen Beschützer verfolgter Juden galt. Der Process — ein schlimmes Nachtstück — lässt sich in den Breves und königl. Schreiben des Corpo Diplomatico verfolgen. Herculano hat sie in seiner Geschichte der Inquisition geschickt ausgebeutet. — S. Erl. 7. —
') Über diesen Prälaten vgl. S. XXVII, Anm. i und Erl. 16, Fußnote.
2) Noch als fast zwanzig Jahre darüber hingegangen waren, schrieb Garcia voller Begeisterung für den Riesengeist Julius' II.: Vi as obras espan- tosas — Que Papa Julio fundou ! — Täo grandes, tao sumptuosas — Sem compara9ao famosas — As fez e as ordenou ! — Vi San Pedro come9ar — Obra tanto d'espantar Que outra tal nao se sabe ! — Nem sei Papa que a acabe — Se a Dens näo acabar ! ■— Mise. 134.
— XIX -
kehr mit Italienern (1521 — 1526) heimgekehrt, hatte er als Erneuerer der heimischen Poetik der alten Schule den Krieg erklärt, Antik und Renaissance oder kurzweg 1 1 a 1 i a auf sein Banner schrei- bend, Horaz und Virgil wie Petrarca und Ariost zu Ehren brin- gend. Er lebte von 1526 — 1536 am Hofe und zeitweilig in Evora (1533), hochgeachtet und begünstigt von der Königsfamilie und in freundschaftlichem \'erkehre z. B. mit einem Hofbeamten, dem Hollanda's Brüder, Miguel undjoäo Hömem, unterstellt waren.*)
Hollanda klärt uns darüber nicht auf, wem er Anregungen verdankt. Die Strömung, deren Fluten endlich den äußersten \\'esten erreicht hatten und seinen Boden zu befruchten begannen, ergriff auch ihn, er wusste selbst nicht wie. Ja, er bildet sich sogar ein, das Gefühl für den Wert, welcher den Überbleibseln der Antike innewohnt, sei ihm, gleich wie sein Zeichentalent, angeboren, • — eine Gabe der großen Erzeugerin aller Dinge. Er sei der erste gewesen, der in Portugal das Evangelium von der Unübertrefflichkeit des Alterthums in Sachen der bildenden Künste predigte, zu einer