'Ö^^^Rf^^^^^^^^^Sl ^ NC ynw\fjMt.. m^..^fi^^'^ 23. Jahrgang. .^ y* Im Selbstverlage des Vereins. In Commission der Buchhandlung des Waisenhauses in Halle a/S. 1873. ARCHIV DEE PHARMACIE. ^■i <1. Dritte Reihe, II. Band. Zweite Reihe, CLII. Band. Der ganzen Folge CCIL Band. Unter Mitwirkung der Herren J. F. Albers, (x. H. Barckhanseii , H. Böhnke- Reich, 0. Boj'?- stette, H. Bruiiner. C. Carles, C. JGrhart, Ficinus, F. Fleischer, W. Heraus, A. Hirschberg, H. Köhler, A. Koster, Th. Langer, J. Lehmann, L. Leiner, H. Ludwig-, H. Müller, 0. Müller, E. Mylius, C. Philipps, E. Reichardt, G. Rückert, C. Schacht, J. Schnauss, C. F. Schulze, F. Smit, W. Steffen, W. Stein, U. Ulex, H. Weppen u. H. Werner herausgegeben vom Directorium unter Redaction E. Reichardt. 52. Jahrgang Im Selbstverlage des Vereins. In Commission der Buchhandlung des Waisenhauses in Halle a/S. 1873. V ■%*■ i . lf>^ Das neue Jahr 1873 bat dieser Zeitschrift und der gesammten Pharmacie einen unerwarteten Verlust gebracht. Am frühen Morgen des 7. Januar verschied nach längerem Kranksein, aber dennoch völlig unerwartet, Professor Dr. H. Ludwig in Jena im 54. Jahre seines Lebens. Wer die rastlose Thätigkeit zu beobachten Gelegenheit hatte, wie es mir als Collegen vergönnt war, wird es um so mehr hervorheben müssen, dass sein ganzes Streben und Wirken nur dem Wohle der Pharmacie und Pharmaceuten gewidmet war. Der Tod allein konnte hier ein Ende bereiten; wenige Stunden vor demselben war der Ver- storbene noch für das Archiv thätig, so dass der letzte Federstrich dieser Zeitschrift galt. Ein Nekrolog soll später folgen, für heute nur der Euf: Friede seiner Asche. Jena, den 15. Januar 1873. Dr. E. Reicliardt. ,' u. *. *« J»- > --, • •< • , ; ,4 .-4 O » Vi > "»" ^> fe i"~.- ARCHIV DER 3. Eeihe, 2. :Pand, 1. Heft. A. Originalmittlieilungeii. I. Pharmacie, pliarixiaoent. und phys. Oliemie. lieber die Molecular- und Körperfarbe der Metalle, insbesondere des Ooldes und über die blaue Yerbin- dung des Schwefels mit Scliwefelsäure. Von W. Stein.*) 1/ie Molecularfarbe der Metalle ist von ihrer Körper - oder Oberflächenfarbe verschieden, d. h. sie sind im höchst feinzertheilten Zustande anders gefärbt als in zusammen- hängenden Stücken. Dass durch eine weitgehende Zerthei- lung der Glanz verloren geht, erklärt sich aus dem Ver- schwinden spiegelnder Flächen. Wie es aber kommt, dass zugleich eine Aenderung der Farbe eintritt, wird erst dann vollkommen klar werden, wenn wir über das Verhalten der kleinsten Körpertheilchen zum Lichte überhaupt bestimmtere Yorstellungen gewonnen haben werden. Unbeschadet dessen kann man , wie ich glaube , schon jetzt aus den bekannten, oder doch leicht zu beobachtenden Erscheinungen die Eegel heraus erkennen, dass mit dem Grade der Zertheilung 2idie Farbe der Metallmolecüle dunkler wird. Mit y> andern Worten heisst dies, dass von den Metallmolecülen um OQ *) Aus dem Journal für practische Chemie. Band 6. Seite 172 ^J (Jahrgang 1872.) Vom Hrn. Prof. Stein aus Dresden als Separatabdvuek ^jg eingesandt. H. L, Avoh. d, Pharm. ITI. Reihe. IT. Bds. 1 TTft; 1 2 Ueber die Molecular - und Körperfarbe der Metalle etc. SO weniger weisses Licht zurückgeworfen wird, je kleiner sie sind. Das weisse Licht verschwindet also ; wir sagen, es wird absorbirt. Ist das Licht eine besondere Art der Atom- bewegung, so geht hierbei Bewegung verloren. Was wird aus ihr? — Vergleichen wir spiegelnde Flächen mit solchen im Zustande der Zertheilung befindlichen Körpern, von denen wir sagen, dass sie das Licht absorbiren, so finden wir, dass ihr verschiedenes Verhalten zum Lichte mit einer zweiten Verschiedenheit verbunden ist; denn die spiegelnde Fläche wird nicht merklich warm, während der lichtabsorbirende Körper sich wahrnehmbar erwärmt. Aehnlich verhalten sich weisse und gefärbte Flächen überhaupt. Hierin liegt, wie ich glaube , die Antwort auf unsre Frage , die , allgemein ausge- drückt, so lautet : Wenn beim lieber gange des weissen Lichtes in farbiges ein T heil der Lichtbewegung verschwindet, so wird Wärme erzeugt. Wo aber Wärme auftritt, da muss Kraft verwendet worden sein, und im vorliegenden Falle kann man sich denken, dass sie ver- braucht worden sei, entweder um die Körperatome in farbige Lichtschwingung von geringerer Schwingungszahl als das weisse Licht direct zu versetzen, oder durch das Interferiren von Lichtwellen, oder endlich durch beides zugleich. Dass es sich bei den Lichterscheinungen in der That um eine Kraftwirkung handelt, beweist am deutlichsten das Verhalten durchsichtiger Körper gegen das atmosphärische Licht unter verschiedenen Einfallswinkeln. Beruht die Durchsichtigkeit im Allgemeinen darauf, dass die Atome durchsichtiger Me- dien mit Leichtigkeit von den atmosphärischen Lichtschwin- gungen in eine gleiche Bewegung versetzt werden,*) etwa so wie selbsttönende Saiten durch atmosphärische Ton- *) Man könnte die lichtschwingenden Körper allgemein photoki- netische oder kurz kinetische nennen, dann würden die durchsich- tigen cu kinetisch oder diakinetisch; solche, welche nicht in Licht- schwingung versetzt werden akinetisch und solche, welche nur schwierig oder unvollkommen schwingend werden, all okin ctisch oder weil sie gefärl)t sind, ch r ookinctisch heissen können. lieber die Moleciilar - und Körperfarbe der Metalle etc. 3 Schwingungen, so bestätigt das angezogene Verhalten nur, was für andere Fälle längst bekannt ist, dass die Kraftwir- kung, welche von den atmosphärischen Lichtwellen ausgeht, in normaler Richtung am grössten ist , dass sie aber um so mehr geschwächt wird, je mehr sie von der normalen Rich- tung abweicht. Ja es kann, wie man weiss, bei einer gewis- sen Grösse des Einfallswinkels, welche nach der Schwingungs- fähigkeit der Körperatome veränderlich ist, dahin kommen, dass gar kein Licht mehr durch das betreffende Medium hin- durchgeht, sondern Alles zurückgeworfen wird. In diesem Verhalten liegt die Erklärung dafür, dass durchsichtige feste und flüssige Körper, wenn sie fein zertheilt werden, ihre Durchsichtigkeit verlieren, sowie alle poröse Körper undurchsich- tig sind. Da Vergrösserung des Widerstandes dieselbe Folge hat, wie Verminderung der Kraft, so sind solche Körper undurchsichtig (akinetisch), deren Atome auch der normalen Einwirkung der atmosphärischen Lichtwellen einen zu grossen Widerstand entgegensetzen, um in Schwingung zu gerathen. Früher stellte ich mir zwar vor, dass diese Atome hierbei in sogenannte stehende Schwingungen versetzt werden. Wäre diese Ansicht indessen richtig, so müsste doch eine Ursache vorhanden sein, welche verhindert, dass die stehenden Schwingun- gen in fortschreitende übergehen, und eine solche vermag ich nicht aufzufinden, — Die Zustände, denen wir hier begegnen, haben eine gewisse Aehnlichkeit mit dem Verhalten der Kör- per gegen die Elektricität , so dass man durchsichtige und undurchsichtige Körper auch als Leiter und Nichtleiter des Lichtes bezeichnen könnte. Ausser diesen giebt es noch Körper, welche weder wirkliche Leiter, noch Nichtleiter des Lichtes sind. Man könnte sie partielle Leiter nennen und sich vorstellen, dass ihre Atome zwar, jedoch nur unvoll- kommen lichtschwingend werden können. Die weissen Licht- wellen verlieren dadurch einen Theil ihrer Bewegung und es entsteht farbiges Licht. Partielle Leiter (nicht zu ver- wechseln mit unvollkommenen Leitern) erscheinen demnach stets gefärbt. 4 üeber die Molecular - und Körperfarbe der Metalle etc. Unter den Metallen sind diejenigen mit weisser, oder etwas ins Graue spielender Oberflcäche der Kürze wegen zu- sammen als Lichtleiter zu bezeichnen. Dass nichtsdestoweni- ger ihre Molecüle gefärbt erscheinen , und zwar mehr oder weniger schwarz, ist bekannt. Wenn man den nächsten Grund der Undurchsichtigkeit der Metalle in der überwiegen- den Cohäsionskraft sucht, so könnte man sich versucht füh- len, diese Erscheinung durch den verminderten Widerstand der Atome erklären zu wollen. Schon aus dem, was über das Verhalten durchsichtiger Körper zum Lichte angeführt ♦ wurde, ergiebt sich indessen, dass eine solche Erklärung nicht annehmbar sein würde. Es widerspicht ihr aber noch ausserdem die Thatsache, dass die Farbe der Molecüle mit dem Grade der Zertheilung nicht lichter, wie es nach dieser Ansicht vorausgesetzt werden müsste, sondern dunkler wird. Um sich von der Richtigkeit dessen zu überzeugen, braucht man nur einen farbigen Körper fein zu pulvern und man wird finden, dass das Pulver stets lichter ist, als ein ganzes Stück; Goldrubinglas von gesättigter Färbung z. B. wird ganz blass schmutzig Rosa. Gerade dieser Umstand deutet viel- mehr auf eine andere Ursache, nemlich auf ein Interferiren der Lichtwellen hin. Da kein Grund vorliegt, für die Mole- cüle der gefärbten Metalle ein anderes Verhalten gegen das Licht als das der ungefärbten ist, vorauszusetzen, so darf man , wie ich glaube , bis eine bessere Erklärung gefunden sein wird , annehmen , dass die Molecularfarbe der Metalle durch Interferiren verursacht oder wesentlich beein- flusst wird; dass dagegen das Aussehen ihrer Oberfläche bedingt ist durch den grössern oder geringern Widerstand, welchen die Atome der Einwirkung der atmosphärischen Lichtwellen entgegensetzen. Ein ganz besonderes Interesse bieten die Farbenerschei- nungen dar, zu denen das Gold Veranlassung giebt. Gold- plättchen lassen, wenn sie nach Ehrenberg's Messungen nicht über V2000 '" ^^^^ sind, blaues Licht durch sich hin- durchgehen. Da die Oberflächenfarbe ein röthliches Gelb ist, so ist das Gold dichroitisch , und hieraus erklären sich Ueber die Moleciüar- uiid Eörperi'avbe der Metalle etc. 5 zum Theil die Farben, welche man an Goldniederscklägen beobachtet. Wenn man durch ein Reductionsmittel , welches selbst auf die Farbe des Niederschlags nicht verändernd einwirken kann , Goldlösungen reducirt , so gelingt es bei angemessener Regulirung der Verdünnungen den Goldniederschlag in zu- sammenhängender Schicht an den Wandungen des Glases zu erhalten und den Dichroismus ganz rein zu beobachten. Das durchgehende Licht ist dann indigblau, das reflectirte zeigt die reine Oberflächenfarbe des Goldes. Aus etwas mehr con- centrirten Lösungen schlägt sich das Gold in der ßegel so nieder, dass es anfänglich in der Flüssigkeit suspendirt bleibt und erst später zu Boden fällt. Während der Suspension erscheint es, so lange nur wenige Goldtheilchen in der Flüs- sigkeit sind, bei durchgehendem Lichte, wie der zusammen- hängende Niederschlag blau. Bei Vorhandensein grösserer Mengen, sowie nach dem vollständigen Absitzen ist es braun in verschiedenen Tönen. Bisweilen, jedoch selten, sieht man es sogar blaugrün. Wenn man bei Betrachtung des zusammenhängenden Goldniederschlages das direct durchgehende weisse Licht durch reflectirtes ersetzt, indem man weisses Filtrirpapier möglichst dicht hinter denselben anlegt, so erscheint er blau, selbst wenn man ihn bei direct auffallendem Lichte beobach- tet. Dies beweist, dass die Papierfaser auch, nachdem sie von dem Goldniederschlage bedeckt ist, noch weisses Licht aussendet. Hierdurch findet eine andere bekannte Erschei- nung ihre Erklärung. Wenn man nemlich Filtrirpapier mit einer verdünnten Goldlösung tränkt und diese am Lichte ein- trocknen lässt, so färbt sich dasselbe endlich blau. Das hier- bei reducirte Gold lagert sich unmittelbar auf der Papier- faser ab, welche, wje im vorigen Versuche, weisses Licht durch dasselbe hindurchsendet. Wie es kommt, dass das unter solchen Umständen abgelagerte Gold bisweilen nicht rein blau, sondern manchmal schwärzlich oder röthlich blau gefärbt erscheint, wird aus den nachfolgenden Auseinander- setzungen klar werden. <3 Ueber üie Molecular - und Körperfarbe der Metalle etc. Beobachtet man einen auf dem ebenen Boden eines Becherglases in möglichst dünner Schicht abgelagerten Gold- niederschlag durch die Flüssigkeit hindurch gegen ein Blatt weisses Papier in angemessener Entfernung, so erscheint er nur stellenweise rein, im Uebrigen schmutzig schwärzlich blau. Ersetzt man das weisse Papier durch schwarzes, so erscheint der Niederschlag stellenweise rothgelb, im Uebri- gen braungelb. Vermischt man reines Ultramarinblau mit wenig Rothgelb (z. B. Chromorange) , so findet man , dass dasselbe schmutzig und dunkler , d. h. schwärzlichblau wird. Mischt man dagegen zu Rothgelb wenig Ultramarin, so erhält man eine gelbbraune Farbe. Die beiden vorgenannten Ver- suche liessen ganz ähnliche Mischfarben erkennen, die nur in Folge einer Vermischung von durchgehendem, also blauen, mit reflectirtem , also rothgelben Lichte zu Stande gekommen .sein konnten. Im ersten Versuche herrschte, wie es selbst- verständlich ist, das durchgehende , im zweiten das reflectirte Licht vor. Die beiden Versuche repräsentiren zwei extreme Fälle, zwischen denen nun mannigfaltige Varianzen von Blau und Rothgelb, darunter auch mit hervortretendem Grün, denk- bar sind und wirklich beobachtet werden können, je nachdem man dünnere, oder dichter abgelagerte oder suspendirte Gold- niederschläge vor sich hat. Die Farbe der Goldniederschläge kann indessen noch mannigfaltiger werden durch zwei weitere Umstände. Wenn nemlich eine Goldschicht, um dichroitisch zu sein, nicht dicker sein darf als V2ooo"S ^^ müssen diejenigen Theilchen eines Goldniederschlags, welche dicker sind (gewöhnliches Gold), nur die reine Goldfarbe zeigen und es wird in einem solchen Falle in der Farbe des Niederschlags das Gelb vorherrschen. Für den Dichroismus des Goldes besteht jedoch auch nach unten hin eine Grenze, d. h. er verschwindet bei einer gewis- sen Kleinheit der Molecüle. Zwar ist diese Grenze bis jetzt nicht durch Messungen festgestellt, es lässt sich jedoch vor- aussetzen, dass sie da liegen werde, wo die Zerth eilung des Goldes einen solchen Grad erreicht hat, dass die Interferen- zen in Wirksamkeit treten. Denn sobald dies geschieht, Ueber die Molecukr - und Körperfarbe der Metalle etc. 7 müssen die Interferenzfarben mit dem diohroitischen Blau Mischfarben erzeugen. Solches „ moleculares " Gold lässt sich in allen den Goldniederschlägen vermuthen, in welchen eine wahrnehmbare Beimischung von Both sich zeigt; es ist indes- sen nicht leicht, es im reinen Zustande und ganz frei von dichroitischem Golde zu erhalten. Indem ich einige Tropfen Goldchlorid lösung mit einer grössern Menge Alkohol mischte, dann soviel wasserfreies kohlensaures Natron hinzubrachte, bis die Plüssigkeit vollständig aufgesaugt war, hierauf unter Erwärmung innig mengte, bis zur Trockenheit, dann schwach glühte und das Natron durch heisses Wasser entfernte, erhielt ich moleculares Gold von dunkelbrauner Farbe, welches, unter Wasser in einem Porzellanschälchen betrachtet, nur an den Bändern der Flüssigkeit einen violettrothen Ton zeigte. Auf nassem Wege erhielt ich es von schönster Purpurfarbe, aus einer so verdünnten Goldlösung, dass die zugemischte wässerige schweflige Säure erst nach wochenlangem Stehen darauf einwirkte. Wir können demnach am Golde drei Zustände, die in- dessen Nichts mit allotropischen Modificationen gemein haben, unterscheiden, nemlich gewöhnliches, dichroitisches und moleculares Gold, welche im einen oder andern Falle auf die Farbe der Goldniederschläge von Einfluss sind. Das moleculare Gold giebt überdies Veranlassung zur Entstehung von Bestfarben, welche im Goldpurpur und Goldrubinglas ihre Vertreter haben. Ehe ich indessen auf diese näher ein- gehe, muss ich einer andern Erscheinung gedenken, die mit den im Vorhergehenden besprochenen wenigstens eine sehr grosse Aehnlichkeit hat. Ich meine die sogenannte blaue Verbindung des Schwefels mit wasserfreier Schwefelsäure. Wenn man zu frisch bereitetem Schwefelwasserstoffwas- ser wenig Eisenchlorid bringt, so entsteht, wie W ö h 1 e r und A. Vogel (Handwörterb. d. Ch, Bd. 7, 483) zuerst beobach- tet haben , „ blauer Schwefel." Man darf jedoch nicht ausser Acht lassen , dass dieser Schwefel nur im durchgehen- den Lichte blau erscheint. Ich wenigstens bin nicht im 8 üeber die Molecular - und Körperfarbe der Metalle etc. Stande gewesen, etwas Anderes zu sehen. Beim Aufeinan- ilerwirken von Eisenchlorid und Schwefelwasserstoft Avird crfahrungsmässig Schwefel abgeschieden. Im angeführten Versuche ist dessen Menge so gering, dass er möglicher- weise im Momente seines Freiwerdens in der Flüssigkeit gelöst ist und sich erst später abscheidet, jedenfalls aber sich in einem Zustande höchster Zertheilung befindet. Der Um- stand , dass die Körperfarbe des Schwefels gelb ist , würde nun die Ansicht, dass er unter diesen Umständen, ähnlich wie das Gold, dichroitisch sei, rechtfertigen. Nur der hohe Grad der Zertheilung sowie die Thatsache, dass dichtere Schichten von kr3"stallisirtem , wie von amorphem Schwefel gelbes Licht durchlassen, stehen dieser Annahme entgegen und sprechen vielmehr dafür, dass es sich um eine Inkerfe- rcnzerscheinung handelt. Wie dem aber auch sein mag, so steht doch die Thatsache fest, dass der Schwefel bei einem gewissen Grade der Zertheilung im durchgehenden Lichte eine blaue Farbe zeigt, und dies genügt, wie ich glaube, zur Erklärung der blauen Farbe der in Eede stehenden Schwe- lelsäureverbindung. Beim Zusammenbringen von wasserfreier Schwefelsäure mit Schwefelblumen scheint der Dampf der erstem die letztern zu durchdringen und , sei es durch seine blosse Verdichtung, oder eine weitergehende Einwirkung, soviel Wärme zu erzeugen, dass der Schwefel schmilzt. So- bald dieser nun mit der festen Säure in Berührung kommt, liiesst er mit dieser zu einer Flüssigkeit zusammen, die, je nach dem Verhältnisse von Säure und Schwefel, blau, grün oder braun ist. Ist die Säure in Folge eines geringen Was- sergehaltes von vornherein flüssig, so entsteht auf Zusatz einer angemessenen Menge Schwefel augenblicklich eine in dünnen Schichten blaue, dickliche Flüssigkeit. Iv^ach A. Vo- gel (Handwörterb. d. Ch. 7, 483) bestehen di'ei chemische Verbindungen von Schwefel mit wasserfreier Schwefelsäure, eine braune mit dem grössten Schwefelgehalte , 1 Schwefel : 5 Schwefelsäure ; eine grüne aus 6 Schwefel : 40 Schwefel- säure und die blaue aus 1 Schwefel: 10 Schwefelsäure. Ich glaube, dass wir es nur mit einer ungewöhnlichen Art von Üeber die Moleciüar- und Körperfarbe der Metalle etc. 9 Mischung zu thun haben, in welcher der Schwefel nicht ein- mal vollständig- gelöst, sondern nur höchst fein zertheilt und suspendirt vorhanden ist, wie auch u. A. Goldpurpur wochen- lang in der Fällungsflüssigkeit suspendirt bleiben kann. Da- für spricht der Umstand, dass die blaue Flüssigkeit nach 5 — 6 Wochen unter Abscheidung von Schwefel eine bräun- lichgelbe Farbe annimmt (1. c), hinreichend deutlich. Die Farbe der Flüssigkeit ist übrigens, wie schon erwähnt, nur in dünnen Schichten, oder wenn man sie mit Schwefelsäure verdünnt, d.h. im durchgehenden Lichte, blau. Der in der Schwefelsäure suspendirte Schwefel verhält sich also ebenso, wie der aus Schwefelwasserstoff ausgeschiedene und in Wasser suspendirte, er giebt Veranlassung zur Verwand- lung ■ des weissen Lichtes in blaues. Aber auch hier zeigt es sich, dass die Erscheinung nicht durch Dichroismus her- vorgerufen ist, denn die dickliche Flüssigkeit erscheint im reflectirten Lichte nicht gelb, sondern beinahe schwarz. Ob- gleich ich eine Ahnung von der wahren Ursache dieser Erscheinung schon jetzt habe, wage ich doch nicht, mich schon darüber auszusprechen, da es mir an genügenden Be- weisen fehlt. Wie auf die flüssige Mischung das direct durchgehende, so wirkt auf dieselbe, sofern sie bei einem Ueberschusse von Schwefelsäure erstarrt, das von letzterer ausgestrahlte, weisse Licht. Die Schwefelsäure spielt in diesem Falle die- selbe Rolle, wie das Papier, auf dem sich reducirtes Gold abgelagert hat. Ist nun die Farbe des Schwefels, welcher in die Mi- schung eingeht, bräunlich gelb, so ist leicht einzusehen, dass die sogenannte grüne und braune Verbindung nichts ande- res sind, als Mischungen, deren Farbe aus Blau mit dem Bräunlichgelb des Schwefels in verschiedenen Verhältnissen entsteht. Was die E,estfarben des Goldes betriff't, so sind zu denselben der Goldpurpur und das Goldrubinglas zu rechnen. 10 tJeber die Molecular- uiitl Körperfarbe der Metalle etc. Der Goldpurpur entsteht, wie bekannt, wenn einer verdünnten Goldlösung Zinnchlorür, entweder allein, oder zugleich mit Zinnchlorid, zugesetzt wird. Die Rolle des Zinn- chlorürs hierbei ist nicht zweifelhaft; es reducirt das Gold aus seiner Lösung, indem es selbst in Zinnchlorid übergeht. Unerklärt dagegen ist bis jetzt, wesshalb zugleich das ent- standene Zinnchlorid zerlegt und zugleich mit dem Golde Zinnoxydhydrat niedergeschlagen wird. Für die hier anzu- stellenden Betrachtungen genügt es indessen zu wissen , dass dies geschieht, denn die Farbe des Goldpurpurs ist durch das Vorhandensein von Zinnoxydhydrat bedingt, indem es als weissschwingendes Mittel die Farbe des ausgeschiedenen Gol- des zerlegt und eine Restfarbe zu Stande bringt. Eine solche Zerlegung ist jedoch an bestimmte Mischungsverhältnisse gebunden, denn das weissschwingende Mittel hat eine be- stimmte Kraftwirkung auszuüben , und eine gewisse Menge leukogener Bestandtheile des dreifarbigen Medium in Weiss zu verwandeln. Ist die Kraftwirkung zu schwach, so bleibt ein Theil derselben unverändert und mischt sich die Rest- farbe bei. Die Farbe des Goldpurpurs ist daher im durch- gehenden Lichte stets schöner und reiner, so lange er in der Fällungsflüssigkeit suspendirt ist, weil dann die Wirkung des Zinnoxydhydrats noch durch die des directen durchgehenden Lichtes verstärkt wird. Ist diese Ansicht richtig, so folgt daraus, dass der Pur- pur, welcher das meiste Zinnoxyd enthält, die reinere und darum schönere Farbe zeigen muss, und dies wird in der That durch Analysen von Berzelius bestätigt. Ein mit Zinnchlorür allein dargestellter Purpur von dunkelbrauner Farbe enthielt (Lehrb. 3, 185) 64,0 Zinnoxyd und 28,0 Gold; ein anderer mit Zinnchlorür und Zinnchlorid dargestellter von reinerer Purpurfarbe dagegen 72,6 Zinnoxyd und 15,8 Gold, d. h. auf die gleiche Menge Gold, wie der erste, die doppelte Menge von Zinnoxyd. Indem diese Analysen zur Bestätigung meiner Ansicht dienen, klären sie zugleich einen Theil der Rolle auf, welche das Zinnchlorid bei der Darstel- lung des Goldpurpurs spielt. Üeber die Molecular- und Körperfarbe der Metalle etc, 11 Um meine Ansicht durch weitere Versuche noch mehr zu befestigen, fällte ich Lösungen von Chlorbarium, von Blei- oxyd, von Wismuthoxyd, denen ich Goldchlorid beigemischt hatte, durch doppeltschwefligsaures Natron in der Voraus- setzung, dem Goldpurpur ähnliche Niederschläge zu erhalten. Der Erfolg entsprach jedoch meiner Voraussetzung nicht; denn, wenn ich sehr wenig Gold anwendete, blieb die ßeduction aus,*) und bei Anwendung von mehr Gold erhielt ich nur blaue oder im günstigsten Falle violette Nieder- schläge. Die Erklärung fand ich schliesslich in dem Um- stände, dass die schweflige Säure schneller auf die Oxyde, mit denen sie unlösliche Verbindungen bildet, als auf das Gold einwii'kte, welches in Folge dessen im dich roi tischen Zustande sich über die weissen Niederschläge ablagerte. Das Zinnchlorür eignet sich daher für die Erzeugung von Goldpurpur um desswillen, man darf wohl sagen, zur Zeit allein, weil es das Gold aus der am stärksten verdünnten Lösung noch schnell genug reducirt und gleichzeitig zur Entstehung von Zinnoxydhydrat Veranlassung giebt, dessen zweite Eolle darin besteht, zur grösseren Zertheilung des Goldes beizutragen. Dadurch entsteht nun, jedenfalls vor- herrschend, moleculares Gold und dieses ist in der innigsten Mischung mit dem weissstrahlenden Mittel. Von einem Pur- pur, welcher eine starke Beimischung von Blau zeigt, darf vorausgesetzt werden, dass er neben molecularem Golde noch dichroitisches enthält. Wie ich früher angeführt habe, dass moleculares Gold auf trockenem Wege am besten möglichst rein erhalten werden könne, so kann ich hier bemerken, dass die dasselbe liefernde Mischung von Goldchlorid mit kohlen- saurem oder schwefelsaurem Natron nach dem schwachen Glühen die rothe ßestfarbe des molecularen Goldes zeigt, also eine Art auf trockenem Wege dargestellter Goldpurpur ist. TJebrigens führt schon Berzelius 1. c. an, dass er mit schwefelsaurem Kali, ebenso mit Kieselerde durch sorgfältiges *) Vergl. übrigens, was icli oben über das Verhalten der schwefligen Säure gegen sehr verdünnte Goldlösung angeführt habe. 1'J Ueber die Molecular- und Körperfarbe der Metalle etc. Vermischen mit GuMoxyd und Glühen des Gemisches eine dem erhitzten Goldptirpur ähnliche Farbe erhalten habe. Gerade die zuletzt angeführten Thatsachen sprechen aber, wenn es noch eines weiteren Beweises bedürfte, am schla- gendsten datiir, dass die rothe, bez. rurpurl'arbe durch die Gegenwart eines weissstrahlenden Mittels hervorgerufen und bedingt ist. Das Gold rubinglas. Die Erklärung der Farbe des Goldpurpurs nach der Kostfarbontheorie setzte nur die Fest- stellung der Molecularfarbe des Goldes voraus. Nach der- selben Theorie erklärt sich nun die Farbe des E,ubinglases, wenn nachgewiesen oder durch genügende wissenschaftliche Gründe wahrscheinlich gemacht werden kann, dass im Rubin- glase sich molcculares Gold sehr gleichmässig vertheilt, quasi suspendirt, befindet. Ich habe schon oben darauf hingewie- sen, dass und warum der in einer Flüssigkeit suspendirte Goldpurpur eine reinere Farbe zeigt, als der in Form eines !Xiederschlags abgeschiedene. Ich kann dem hinzufügen, dass das raoleculare Gold, wenn es, in AVasser suspendirt, im durchgehehenden Lichte betrachtet wird, eine eben so schöne Farbe besitzt. Denkt man sich nun das Wasser durch ein durchsichtiges Glas ersetzt, so bleibt die Wirkung im durch- gehenden Lichte dieselbe und man hat das Eubinglas. Beim Schmelzen des Bubinglases sind die Umstände einer molecularen und höchst gleichmässigen Vertheilung des Goldes, wie sie das Glas zeigt, nicht günstig. Sie wird jedoch recht wohl begreiflich, wenn man annimmt, dass das Gold in der schmelzenden mehr als in der erkalteten Glas- masse löslich ist. Erstarrt nun diese Lösung plötzlich, so hat das Gold nicht Zeit, sich abzuscheiden, es bleibt gelöst, wie der Kohlenstoff im Eisen unter gleichen Umständen; erfolgt die Abkühlung sehr langsam, so wird die Form, unter welcher das Gold sich abscheidet, je nach der aufgelösten Menge, A^erschiedenheiten zeigen müssen, insbesondere ist nach dem früher Angeführten vorauszusetzen, dass bei grösse- rem Goldgehalte ein Theil des Goldes als dichi'oitisches sich abscheiden werde, wie ein Theil des Kohlenstoffs in graphiti- tJeber die Molecular - and Körperfarbe der Metalle etc. 13 scher Form sich unter gleichen Umständen aus dem Eisen abscheidet. Dadurch entsteht eine Mischfarbe von Rothgelb mit Elau im reflectirten Lichte, also braun, das Glas ist „leberig," während es im durchgehenden Lichte blau erscheint. Dass dieselbe Erscheinung auch bei unvollständiger Lösung des in der Glasmasse vertheilten Goldes erfolgen kann , liegt auf der Hand. Ist dagegen die Menge des gelösten Goldes nicht so gross, dass es während der Abkühlung in grösseren dichro'itischen Partikeln sich ausscheiden kann, aber doch zu gross, um vollständig gelöst zu bleiben, dann wird es sich im molecularen Zustande abscheiden und eine Rothfärbung des Glases während der Abkühlung veranlassen. Die plötzlich erstarrte Lösung des Goldes ist, wenn gar kein Gold während der Erstarrung zur Abscheidung gelangte, farblos und die Earblosigkeit derselben Hesse sich, wenn man es in der That nur mit metallischem Golde zu thun hat, was nach meiner IJeberzeugung nicht zweifelhaft sein kann, durch die Annahme erklären, dass die Oberflächenfarbe und die Durchgangsfarbe der Goldtheilchen zu einander complementär sind und folglich in der Lösung, in der sie nicht einzeln zur Geltung kommen können, sich zu Weiss vereinigen.*) Wird ein solches farbloses Goldglas wieder erhitzt, so bleibt es, wie sich von selbst versteht, unverändert, sofern es nur so viel Gold enthält, als unter allen Umständen darin gelöst bleiben kann, wie dies für den Kohlenstoff beim Schmiede- eisen der Eall ist. Ist mehr Gold vorhanden , so reicht die Anlauftemperatur hin, die Molecüle in eine solche Bewegung zu versetzen, dass eine Ausscheidung des Goldes im mole- cularen Zustande erfolgt, wie es für den Kohlenstoff beim Adouciren des Stahles geschieht. Alles Vorstehende wird durch eine vortreffliche Arbeit über das Goldrubinglas von W. Müller (Polyt. Centralbl. *) lieber bisweilen beobachtete gelbe, blaugrüne und blaue Fäi-bung eines solchen Glases versuche ich nicht eine Erklärung zu geben , da bis jetzt noch nicht festgestellt ist, dass nicht in solchen Fällen andere fär- bende Stoffe ausser dem Golde vorhanden waren. 14 Mittheilungen aus der pharmaceutiselien Praxis 1871. S. 1489 flf.), welche derselbe im chemischen Laborato- rium von Knapp ausgeführt hat, bestätigt. Auch spricht Knapp selbst in einer Anmerkung zu dieser Arbeit die Ansicht aus, dass das Gold in dem schmelzenden Glase ein- fach gelöst sei und unterstützt seine Ansicht mit wissen- schaftlichen Gründen und Analogien. Eine unbefangene Beurtheilung der Erscheinungen, wie sie namentlich durch Müller 's Arbeit möglich gemacht wird, muss aber auch ohne Weiteres zu der Ueberzeugung führen, dass das metal- lische Gold insbesondere in einem bleihaltigen Glase löslich und dadurch ebensowohl als durch wissenschaftliche Gründe das Vorhandensein von molecularem Golde im Kubinglase erwiesen ist. In der citirten Anmerkung äussert sich Knapp weiter noch, es könne über die Constitution des Goldglases nicht endgültig abgeschlossen werden ohne gründliches Studium des mit Kupfer gefärbten Ilubinglases. Es gereicht mir zu grosser Genugthuung und befestigt in mir das Vertrauen zu der Richtigkeit meiner Ansichten, dass diese Frage durch das, was ich im Vorstehenden über die Farben des Goldes gesagt habe , sich von selbst erledigt. Ich brauche nur darauf hinzuweisen, dass die Molecularfarbe des Kupfers der des Goldes sehr ähnlich, nemlich dunkel- braun ist. Ist nun das metallische Kupfer im schmelzenden Glase löslich, was Knapp selbst 1. c. als erwiesen annimmt, dann versteht sich alles Uebrige von selbst. Mittheilungcii aus der pliarmaccutischeii Praxis. Von Dr. C. Schacht, Apotheker in Berlin. 1. Eisen-Präparate. In der Deutschen Pharmacopöe hat sich die Anzahl der Eisenpräparate vermehrt. Neben dem alten Ferrum carboni- cum saccharatum findet man Ferrum oxydatum saccharatum Mittheilungen aus der pharraaceutischen Praxis. 15 solubile (3^0 Eisen) und Syrupus Ferri oxydati solubil. (1% Eisen). In Berlin wird nun oft von den Aerzten Fer- rum oxydatum dialysatum theils in Pulverform, theils in Mix- turen verordnet. Zu letzteren hat man entweder das jetzt officinelle Ferrum oxydat. saccharat. solubile oder das in der Schering'schen und Riedel'schen Preisliste stehende Ferrum oxydatum dialysatum liquidum (5% Eisen) genommen. Je nachdem das eine oder das andere Präparat in An- wendung kam, hatte die Mixtur einen verschiedenen Geschmack und ein anderes Aussehen. Um eine Gleichmässigkeit in der Bereitung solcher Mixturen herbeizuführen, scheint es mir das Beste zu sein, stets das Ferrum oxydat. saccharat. solubile der Deutschen Pharmacopöe zu dispensiren. Dieses Eisen- präparat erhält man leicht von guter. Beschaffenheit mit con- stantem Eisengehalt, dasselbe schmeckt nicht im mindesten •styptisch, löst sich schnell und vollständig in Wasser und wird sehr leicht assimilirt. — Was die Methode anbetrifft, welch Hager (conf. Pharm. Centralhalle 1871 pag. 59) zur Bestimmung des Eisenoxyd- gehalts der Eisensaccharate angegeben hat, so giebt dieselbe keine genaue Resultate. Geringe Mengen von Eisenoxyd sind stets im Filtrat enthalten. Kocht man eine wässrige Lösung des Ferrum oxydat. saccharat. solubile ohne Zusatz von Salpetersäure oder Essigsäure mit Ammoniumacetat und filtrirt siedend heiss, so erhält man zuerst ein eisenoxydfreies Filtrat, dessen letzten Theile aber eisenoxydhaltig sind. — Viel einfacher gestaltet sich die Bestimmung des Eisen- oxyds in den Eisensaccharaten , wenn man folgendermaassen verfahrt. Nachdem eine bestimmte Menge des Saccharats am besten in einer Platinschale erhitzt worden ist, um die organische Substanz zu zerstören, zerreibt man den Rückstand möglich fein, fügt reine Salpetersäure v. 1,185 sp. Gew. hinzu und erwärmt das Gemisch im Wasserbade. Nach dem Verdampfen der Salpetersäure übergiesst man den Rückstand wiederum mit Salpetersäure, erwärmt und wiedei'holt diese Behandlung 16 Mittheilungen aus der ptiarmaceutischen Praxis. noch einmal. Hierauf übergiesst man den Rückstand mit verdünnter reiner Schwefelsäure von 1,113 sp. Gew., dampft zur Trockniss ein, löst den erhaltenen Rückstand wieder in verdünnter reiner Schwefelsäure auf, behandelt die Lösung in einem kleinen Kolben mit langer Röhre mit Zink und titrirt mit Permanganatlösung. 1,0260 g. Ferrum oxydat. saccha- rat, solubile von Friedrich Witte in Rostock gaben 0,07589 g. Eisen, also 7,4^0. ^on der Permanganatlösung gebrauchte ich 9,6 CC; 12,65 CC. derselben entsprechen 0,1 g. Eisen. Die Permanganatlösung befand sich in einer einen Liter Was- ser fassenden Flasche, welche nur bis zum dritten Theil gefüllt war. Der Titre der Lösung war wenigstens vor Jahr und Tag genommen (12,72 CC. = 0,1 Eisen), sodass ich mich auf eine bedeutende Abweichung im Titre der aus reinem krystallisirten Permanganat dargestellten Lösung gefasst machte. Bei Oeffnung der Flasche zeigte sich ein intensiver Ge- ruch nach Ozon, die Flüssigkeit zeigte kein Sediment. Zwei Titrestellungen, die eine mit Eisendraht, die andere mit Mohr'schem Eisensalz, gaben dasselbe Resultat, nemlich 12,65 CC. auf 0,1 g. Eisen, Der Titre hatte sich also fast nicht geändert. Mohr giebt an (conf. sein Lehrbuch der chemisch analytischen Titrirmethode S. 159), dass er den Titre der Chamäleonflüssigkeit in drei Monaten nicht im mindesten geändert gefunden hätte, — Will man das Eisenoxyd auf gewichts - analytischem Wege bestimmen, so kann die dui'ch wiederholtes Erwärmen mit Salpetersäure erhaltene Lösung mit Ammoniak gefällt werden. 2, Opium. Von dei' Firma Rossdam und Haake, Berlin, Spandauer- strasse 32 wurde mir Opium off'erirt, a Pfund 7^j^ Thlr. Einige Kuchen desselben hatten ein normales Aeussere, andere sahen verdächtig aus. Ich legte sämmtliche Kuchen getrennt von einander auf meinen Arbeitstisch. Nach mehren Stun- Pharmacopoea germanica. 11' den erschienen mehre derselben fast ganz geruchlos. Ich nahm von mehren verdächtig aussehenden Knchen Proben, ]>ulverte dieselben, mischte die gepulverten Proben und machte eine Morphiumbestimmung. 2,680 g. gaben 1,4470 g. d. h. 540/o in Wasser unlösli- chen Rückstand und 0,1830 unreines Morphium, also nur 6,83%. Gutes Opium von Smyrna giebt durchschnittlich 32,50 % in Wasser unlöslichen Rückstand und circa 1 6 7o unreines Morphium (conf. Archiv der Pharmacia. Bd. CXXV. pag. 62.). Pliarmacopoea germanica. Anlässlich der Arbeit unseres verehrten Oberdircctor Dr. Schacht bitten wir alle Pharmaceuten des deutschen Lan- des und der Sache zugethane Sachverständige an der Ausbil- dung der deutschen Pharmacopöe durch Einzelarbeiten und Kritik des Gegebenen mit törtzuarbeiten. TJns liegt daran, etv^as Gediegenes zu liefern, das Stabile unter den täglich sich neuenden frischen Arbeiten festzuhalten und Abgethanes zu reformiren. Gerade der Boden eines für Deutschlands Apotheker- schaft freistehenden Organes wird geeignet sein, dies zur That zu bringen. Helfen Sie Alle, liebwerthe Collegen im deutschen Reiche, mit, das vorgesetzte Ziel zu erreichen! Der Redaoteur des Archivs: Der Archiv - Director ; Dr. H. Lud^mg. Luduig Lef/ier. Arcb, i1. PTiarm, ITT. Reibe. IT. Edrj. 1. U^Ü, 18 Quecksilb.-Dispensat.-Gefäss. — Heb. Bereitung v. Seifenspiiitus etc. Quecksilber • Bispensations - Crefilss. You Ludwig Leiner. Die Dispensation kleinei' Mengen von Quecksilber im Handverkaufe, in der ßeceptur und Defectur mittelst der Wage ist langweilig und zeitraubend. Ein Gänsefederkiel dient wohl meist als Messgefäss, um bei gedrängter Arbeit Verluste zu vermeiden. Seit Jahren bediene ich mich einer einfachen kleinen Spritzflasche. Ein Opodeldocglas mit starkem Munde von der unge- fähren Höhe von 6 Centimetern, mit doppeltdurchbohrtem Kautschuk - Pfropf oder Kork- Stöpsel fest geschlossen, enthält etwa 150 bis 180 g. Quecksilber. Eine dünne langausge- zogene Glasröhre dient als Ausflussrohr , eine weitere von etwa ^2 Centim. Durchmesser von Kautschuk mit Glasend- stücken zum Einblasen der Luft. Ich habe noch keine ein- fachere Vorrichtung zu diesem Zwecke gesehen als dieses kleine practische Standgefäss. Mit Leichtigkeit und grosser Präcision bringt man mit ihm die kleinsten Mengen Queck- silber auf die Wage oder in ein beliebiges darauf stehendes Gefäss. TJel)er Bereitung toii Scifeiispiritus, flüssigem Opo- deldoc und medicini scher Seife. Von G. H. Barkhausen in Burgdorf bei Hannover. Im Oetoberheft Jahrgang 1872 dieser Zeitschrift habe ich mich über die Zweckmässigkeit ausgesprochen , Kaliseife zur Bereitung von Seifenspiritus und flüssigem Opodeldoc anzuwenden. Was den Vorgang bei der Bereitung und Behandlung der Seifen mit Alkohol betrifft, habe ich ebendaselbst Vermu- thungen Baum gegeben, die wohl nicht zutreffend sein wer- Ueber Bereitung von Seifenspiritus, üüssigem Opodeldoc etc. 19 den. Bouis belehrt uns in einer werthvollen Arbeit über die Theorie der Verseifung Bd. 94 S. 330 dieser Zeitschrift, dass z. B. bei Behandlung des Stearins mit 2 Aeq. KO, in Alkohol gelöst, 2 Aeq. stearinsaures Kali und 1 Aeq. Stearinsäure - Aether gebildet werden unter Ausscheidung von Glycerin. Da alle natürlichen Fette betrachtet werden als Trigly- ceride, d. h. als bestehend aus 3 Aeq. Säure auf 1 Aeq. Gly- ceryloxyd, so wird derselbe Vorgang stattfinden bei der Behandlung aller Triglyceride mit alkoholischer Kalilauge, und es lassen sich alle Erscheinungen bei meinen früheren und späteren Versuchen sehr wohl danach erklären. "Was ich z. B. als eine Zersetzung der gewöhnlichen Seifen durch Alkohol in freies Alkali und saures fettsaures Alkali ange- sehen, erweist sich nach obiger Theorie als eine Ausschei- dung von Alkali, bedingt durch eine gleichzeitige Bildung von fettsaurem Aethyloxyd. Würde man statt mit 2 Aeq. KO in alkoholischer Lö- sung , wie oben angegeben , Stearin mit 3 Aeq. KO in wäss- riger Losung kochen , so würde man ebenfalls eine neutrale Seife erhalten ; man gebraucht also in diesem Falle die Hälfte mehr KO. Analog diesem Vorgange wird man also zur Ver- seifung jedes Fettes die Hälfte mehr Alkali in wässriger Lösung gebrauchen, als man nöthig hatte in alkoholischer Lösung. Diese Voraussetzung hat sich mir annährend, wie man von einem oberflächlichen Versuch erwarten kann , be- stätigt. Ich verseifte nemlich Olivenöl mit 10,38% NaO, in absolutem Alkohol gelöst; dies ist das Maximum, welches das Oel aufnimmt und damit eine neutrale Seife bildet. An- derseits verseifte ich Olivenöl mit 24% NaO in wässriger Lösung und fand in der durch NaCl von der Seife abgeschie- denen Lauge 8,75% NaO, während zur Verseifung des Oeles 15,25% KaO consumirt waren. Bei länger fortgesetztem Sieden, wie dies bei der Seifenbereitung mit wässriger Lauge erforderlich ist, würde ich wahrscheinlich der vorausgesetzten Menge NaO von 10,38 -|- 5,19 = 15,57% näher gekommen sein. Die mit 10,38% NaO (in absolutem Alkohol gelöst) bereitete Verbindung ist, da dieselbe % weniger Alkali ent- 2- 20 Ücber Bureituug von Seifenspiritus, flüssigem Opodekloc ttc. hält, als die mit Wasser bereitete Seife, zu betrachten als bestehend aus 2 Aeq. Fettsäure -Natron und 1 Aeq. Fettsäure - Aether. Diese Verbindung mit 10,387o ^^^0, resp. l5,757o KO wird leicht zersetzt durch Erwärmen mit Wasser und über- schüssigem Alkali, indem letzteres das Aethyloxyd aubstituirt. Eine solche Zersetzung findet schon statt durch die geringe Menge des in 86procent. Alkohol enthaltenen Wassers, erhitzt man aber mit einer grösseren Menge Wassers, so findet die Zersetzung rasch statt, indem die Seife bis zu 11,68^0 NaO, resp. 17,7% KO bindet. Diese Verbindung würde nach obi- ger Auseinandersetzung, da sie ^4 weniger Alkali enthielt, als eine mit wässriger Lauge bereitete Seife zu betrachten sein als bestehend aus 3 Aeq. Fettsäure- Alkali und 1 Aeq. Fettsäure - Aether. Dieselbe ist beständiger, als die mit 2 Aeq. Fettsäure - Alkali , erst durch längeres Erhitzen mit Wasser und überschüssigem Alkali bindet dieselbe bis zu 12% NaO, resp. 18,5% KO; die Zersetzung scheint nicht erheblich wei- ter zu gehen selbst nach langem Erhitzen. Das sind meine Ansichten, welche ich, anlehnend an die Untersuchungen von Bouis bis jetzt über die Theorie bei der Behandlung der Seifen mit Alkohol gewonnen habe. Der Ueber.sichtlichkeit wegen lasse ich hier nochmals die abgerundeten Zahlen folgen, wie mir dieselben für die Bereitung der erwähnten Präparate zweckmässig erscheinen. Olivenöl verseift sich mit 16,5% KO oder 11% NaO in alkoholischer Lösung bei 100'^ C. ; es verseift sich mit 18,5% KO oder 12% NaO in alkoholischer Lösung bei 100^ 0. un- ter nachherigem Zusatz von Wasser und Erhitzen ; es lässt »ich aber mit nicht weniger als 25% KO oder IG^/o ^aO verseifen, wenn diese in rein wässriger Lösung angewendet werden. Die Bereitungsweisen für Seifenspiritus, flüssigen Opo- deldoc und medicinische Seife würden, den bestehenden N'orschriften in der Pharmacopöe möglichst angepasst, lul- lende sein: rjeber Bereitung von Seifen spiritus, flüssigem Opodeldoc etc. 21 1) Seifenspiritus. Olivenöl 100 Th. Filtrirte Lösung von Aetzkali in Wein- geist, 16,5 Th. KO enthaltend 300 „ Weingeist 250 „ Eosenwasser 350 „ Man löst das Oel in der weingeistigen Xalilösung bei 100^ C, digerirt noch etwa 1 Stunde lang und fügt hierauf die übrigen Ingredienzien hinzu. 2) Flüssiger Opodeldoc. Olivenöl 100 Filtrirte Lösung von Aetzkali in Wein- geist, 16,5 Th. KO enthaltend 300 Weingeist 600 Wasser 400 Kampher 25 Thymianöl 5 Eosmarinöl 10 Salmiakgeist 40 Die Bereitung geschieht wie bei Seifenspiritus ange- geben. 3) Medicinische Seife. Olivenöl 100 Th. Filtrirte Lösung von Aetznatron in Weingeist, 12 Th. NaO enthaltend, 150 „ Nachdem die Lösung bei 100** C. geschehen, verdampft man unter Zusatz von 200 bis 300 Th. Wasser im Dampf- bade bis zur Trockne. Alle drei Präparate enthalten selbstverständlich Glycerin, welches bei ersteren beiden wohl nicht schaden, bei der me- dicinischen Seife aber von Nutzen sein dürfte, insofern, als es wahrscheinlich das Ranzigwerden derselben verhindert. 22 üebcr TarUirus boraxatus in kmellis. Gewöhnliche Seifen nehmen bekanntlich durch scharfes Aus- trocknen sehr bald einen ranzigen Geruch an , der von einer Zersetzung derselben herrührt. lieber Tartarus boraxatns in lamellis. Von Oscar Ficinus. Seitens der meisten Fabrikanten wird Tartarus boraxa- tus jetzt in Lamellen geliefert; es stand mir das Präparat einer renommirten süddeiitschen Fabrik zu Gebote und war mir dessen Trockenbleiben, Schwerlöslichkeit von vornherein auf- gefallen. Ich versuchte nun auch die Darstellung des Borax- weinstein in Blättern, doch wollte es mir mit dem Präparat nach der Pharmacopoea germanica durchaus nicht glücken. Als ich nun das gekaufte Präparat untersuchte, erwies sich dasselbe als ein Gemisch aus Boraxweinstein mit Borax be- reitet und solchem mit Boraxsäure dargestellten, wie letzteren der französ. Codex vorschreibt. Einestheils sprach schon das Trockenbleiben in feuchter Luft dafür, anderentheils das Ver- halten gegen weinsaures Kali. Eine concentiirte Lösung des erwähnten Präparates gab nemlich sowohl mit einer Auf- lösung von vveinsaurem Kali , als auch von Weinsäure einen Niederschlag von Weinstein, während der nach unserer Phar- macopöe nur mit AVeinsäure einen Niederschlag von Wein- stein giebt. Es würde mir lieb sein, wenn auch Collegen sich mit diesem Artikel beschäftigten und ihre Resultate veröffentlichten. Es ist überhaupt sehr fraglich, ob die jetzt so Mode gewordene Darstellung einiger Präparate in Lamellenform wirklich eine practische Neuerung ist oder ob dieselbe nicht ^^elleicht mehr zu den Spielereien gehört. Der Einwand, dass die Präparate schön aussehen, ist für den Apotheker nicht gültig, da er die Präparate nicht in reiner Form abgiebt, Ueber Krystallisireu d. Chiomsäure. — Ceber den Wassergehalt etc. 23 vielmehr bei der Dispensation die Mühe des Zerreibens hat, auch bietet die Lamellenform durchaus kein Criterium für die Reinheit. Ueber Krystallisiren der ChromsKure. Von Demselben. Zur Darstellung der Chromsäure in grossen Krystallen benutzt man in der Regel das Verfahren von Warrington (Yermischen von 1 Volum einer kalt gesättigten Lösung von doppelt chromsaurem Kali mit dem l^/g Volum englischer Schwefelsäure); dieses Verfahren lässt aber sehr häufig im Stich, da die Schwefelsäure meist nicht concentrirt genug ist-, es findet dann gar keine Ausscheidung von Chromsäure statt. "Weiterer Zusatz von Schwefelsäure fällt nur geringe Mengen Säure in Form von rothen Flocken. Besser ist es dann, die Flüssigkeit im Wasserbade abzudampfen, bis eine heraus- genommene Probe, auf ein Uhrglas gebracht, Krystalle giebt; lässt man dann ruhig 2 Tage stehen, so erhält man schöne, grosse Nadeln von Chromsäure, lieber den Wassergehalt des im Handel Torkonimen- den schwefelsauren Chinins. Von J. F. A 1 b e r s in Lengerich. Vor einigen Jahren und auch noch kürzlich habe ich schwefelsaures Chinin derartig mit Wasser imprägnirt gefun- den, dass sich dasselbe, falls es nicht vorher von dem über- schüssigen Wassergehalt befreit wurde, nicht zur Dispensation eignete. Durch die alte Hannoverische Pharmacopöe, welche weislich vorschrieb, dass das schwefelsaure Chinin beim Aus- trocknen im Wasserbade nicht mehr als 14 Procent seines Gewichts verlieren dürfe, bin ich zuerst auf eine Verunreini- 'Jl Uch. il. Wassergehalt d. im Handel vorkonuiU'iidcn scbwetVl-. Chinins. gung desselben mit Wasser aufmerksam gemacht, und }iabe daher das von mir seit jener Zeit gekaufte stets auf seinen trehalt an Wasser geprüft. Die Resultate meiner Untersu- chungen haben ergeben, dass der Wassergehalt dessel- ben zwischen 12,32 bis 19,92 Proc. seines Grewichts ge- schwankt hat! Das am wenigsten wasserhaltige verlor nemlich, nach- dem dasselbe fünf Tage auf Papier dünn ausgebreitet und einer Temperatur von -j- 14 bis 16 C. ausgesetzt worden war, nur 1,40 Proc. seines Gewichts und beim demnächstigen völ- ligen Austrocknen im Wasserbade nur noch 10,92 Proc. Den grössten Gegensatz von diesem bildete ein schwefelsau- res Chinin , welches nach fünftägigem Auslegen auf die oben angegebene Art und Weise 9 Proc. und beim demnächstigen völli- gen Austrocknen im Wasserbade 10,92 Proc. am Gewichte verlor! Man kann daher wohl annehmen, dass schwefelsaures Chinin, abgesehen von anderen Verunreinigungen nicht mehr als 1,5 Proc. an seinem Gewichte verlieren darf, wenn das- selbe auf die angegebene Weise zuvor einige Tage an einem trocknen Orte, auf Papier dünn ausgebreitet, gelegen hat. Zur grössern Sicherheit kann ja auch noch das fernere Aus- trocknen im Wasserbade vorgenommen und der ganze Was- sergehalt ermittelt werden. Anmerkung von L. L. Das normale neutrale schwefelsaure Chinin ent- hält der Berechnung nach: 2(C20H24N208) H-2SO*-j-7H20 14,44% Krystallwasser. "/o "/.. C^o ^ 480 - 55,04 H5o= 50 — 5,73 N* = 56 — 6,42 0« = 128 — 14,67 S = 32 — 3,66 746 ! 85,52 14,44 Hi4= 14 — 1,60 0^ = 112 |— 12,84 872 ! i 99,96 2ur UjUerauchiuig dos Jodkalium und Bromkalium. 25 Die Vorschrift der alten Hannoverschen Pharmacopöe ist darum sehr rationell und gerechtfertigt, weil ein wirkli- cher Verlust von circa 14^0 beim Trocknen anzeigt, dass das ursprüngliche Chininsulfat ein normales neutrales war. Die Schwankungen in den Trockenverlusten können von verschiedenen Ursachen herrühren: a) Verliert das Chininsulfat beim Trocknen zu wenig, so mag diese Thatsache ein Beweis sein, dass das Chininsulfat schon vorher Wasser verloren. b) Verliert das Chininsulfat beim Trocknen zu viel, so mag diese Thatsache davon herrühren, dass in den Chinin- fabriken das Chininsulfat absichtlich nicht völlig von aller überschüssigen Mutterlauge oder sonstiger Flüssigkeit durch Pressen befreit wurde , damit das Chininsulfat nicht schon in den Fabriken unter den verlangten Krystallwassergehalt herunter komme, damit es nicht schon auf Lager zu viel an Gewicht verliere und Schaden verursache. Bei allen diesen Betrachtungen ist auf chemisch -reines Chininsulfat Rücksicht genommen; absichtliche Beimengungen oder Unreinigkeiten können ebenfalls Ursache der Trocken- verlust's- Schwankungen sein und würde sich dann eine Un- tersuchung, resp. Umkrystallisiren des betrefienden Chininsul- fates empfehlen. Zur Uiitersuchimg des Jodkalium und Bromkalium. Von Med. -Assessor Job. Lehmann, Eeudsburg. Jodkalium. Die von der Pharm, germanica vorgeschriebene Prüfung des Jodkalium auf jodsaures Salz durch verdünnte Schwefel- säure giebt infolge der leichten Zersetzbarkeit der dabei gebildeten Jodwasserstoffsäure an der atmosphärischen Luft leicht zu L-rthümern Veranlassung. Ganz reines Salz fängt an, sich oft schon nach so kurzer Zeit — sollte nicht der 2G Zur Unlersuohuug- des Jodkali tun und Eronikaliuni. Ozongehalt der Luft dabei mitwirken — zu bräunen, dass man zweifelhaft wird, ob es nicht doch jodsaures Salz ent- hält Mit einer geringen Modification lässt sich die Prüfung völlig sicher und zweifellos machen. Fügt man nemlich der Jodkaliumlösung, vor dem Zusatz der Säure, ein wenig dop- peltkohlensaures Kali hinzu , so wird die Luft durch die ent- wickelte Kohlensäure ausgetrieben und abgehalten und die gebildete Jodwasserstoffsäure wird nach Stunden selbst im offenen Gefäss nicht zersetzt. Bei Gegenwart von jodsaurem Salz tritt dann auch sehr rasch Bräunung ein. Bromkalium. Die von der Pharm, germanica vorgeschriebene Prüfung des Bromkalium auf Jodkalium ist zwar sehr scharf, wird aber, namentlich bei Gegenwart nur kleiner Mengen von Jod- kalium dadurch unsicher, dass es äusserst schwierig ist, die richtige kleine Menge rauchender Salpetersäure zu treffen: setzt man nur einen Tropfen zu viel hinzu, so wird die vio- lette Farbe des Jod vollständig von der braunen Farbe des Brom verdeckt. Ich möchte folgende, ebenso scharfe aber sicherere Methode empfehlen. Bekanntlich wird Jodkalium durch Kupfervitriol in der Weise zersetzt, dass sich unter Bildung von Säure, in unlöslichem Kupferjodür die Hälfte des im Jodkalium enthaltenen Jodes ausscheidet : ^(kj) + 2CuS04==Cu2J2-f-2K2S04-fJ2. Bromkalium wird durch das Kupfersalz nicht zersetzt. Fügt man nun zu einer reinen Bromkaliumlösung Kupfervitrioliö- sung im IJeberschuss, so behält dieselbe eine bläuliche Farbe; enthält sie aber Jodkalium, so entsteht je nach der Menge ein grünlich weisser Niederschlag und die Flüssigkeit färbt sich gelb, oder die Lösung nimmt (noch bei 1,5 ^/q) eine deut- lich grünlich gelbe Farbe an und giebt das freie Jod an Chlo- roform ab. Schliesslich sei erwähnt, dass 1 Th. Brom- kalium reichlich 200 Th. Alkohol zur Lösung erfordert, es lieber die Verarbeitung v. Oleum Cacao bei rillen u, Suppositorien. 27 ist desshalb schwerlöslich und nicht „leichtlöslich in Spiritus/'*) Ucbcr die Verarbeitung tou Oleum Cacao bei Pillen und Suppositoricn. Von C. F. Schulze in Jena. Da neuerdings Oleum Cacao bei Pillenmassen, die Phosphor in Substanz enthalten, mit Eecht häufiger Anwen- dung findet und sich andere Vehikel in diesem Falle nicht mehr anwenden lassen, sei es mir gestattet, meine Erfahrun- gen über die Manipulationen bei der Bearbeitung dieser Masse hier mitzutheilen. Der Phosphor wird zuerst in dem Cacaoöi gelöst und die Lösung zum Erkalten zugedeckt bei Seite gestellt. Nach dem Erkalten knetet man die Mischung in der warmen Hand eine Weile tüchtig durch und erhält so eine Pillenmasse, die an Plasticität Nichts zu wünschen übrig lässt. Nicht nur zu diesem Zweck ist das Verfahren zu empfeh- len, sondern lässt sich auch sehr gut bei der Bereitung sol- cher Suppositoricn in i\,nwendung bringen, die mehr oder weniger pulverige Substanzen einschliessen sollen. In solchen Fällen agitirt man das geschmolzene Oel mit dem Pulver bis zum Erkalten, knetet das erkaltete Gemisch in der warmen Hand und formt schliesslich auf einem glatten Brettchen oder dergl. die übliche Kegelform. *) Hier müsste doch, meineich, nicht Alkohol und Spiritus in einem Satze gebraucht werden, da beide Worte wissenschaftlich sich ein- ander gar nicht decken. H. L. 28 TI, Botanik und IPliarmacognosie. lieber die Aiiffindimg fremder Beimengungen in üapskuclien. Von E. Mylius, Apotheker. Apotheker kleinerer Städte kommen häufig in die Lage, auf Anfragen Auskunft ertheilen zu müssen, welche in das Gebiet der Landwirthschaft gehören. Unter anderem werden oft Bapskuchen, welche zum Füttern des Viehs gebraucht werden, gebracht mit dem Verlangen, dieselben auf etwaige schädliche Beimengungen zu untersuchen. Dieser Fall ist mir in jüngster Zeit ziemlich häufig vorgekommen, da das in den letzten Jahren überhand nehmende Verkalben der Kühe viel- fach von Seiten der Landwirthe auf solche schädliche Bei- mengungen geschoben wird, während es freihch nahe zu lie- gen scheint, die Ursache dieses Uebels in dem massenhaften Aufti'eten von Sclerotien auf fast allen Wiesengräsern wäh- rend der letzten Sommer, zu suchen. Mit chemischen Beac- tionen würde man in diesen, wie in ähnlichen Fällen wenig ausrichten, muss vielmehr zum Mikroskop greifen, welches ja als Mittel zum Erkennen organisirter Körper den Hülfsmitteln, welche die Chemie zu diesem Zwecke darbietet, bei weitem in den meisten Fällen vorzuziehen ist. Alles z. B., was über chemische Unterscheidung der Gewebestoffe geschrieben wor- den ist, dürfte für den Mikroskopiker ziemlich überflüssig sein, da ein einziger Blick in sein Instrument ihn die Bestandtheile der Gewebe sofort mit Sicherheit erkennen lässt. Um nun lieber die Auffindung- Fremder Beimengungen in liapskuniicii. 21.) meinen Collegen die Untersuchung von Rapskuchen durch Ersparung der für den ersten Fall zur Orientirung nothwen- digen mikroskopischen Vorarbeiten zu' erleichtern, erlaube ich mir, in Wort und Bild mitzutheilen , auf welche Weise mir die Auffindung wesentlicher Beimengungen leicht gelungen ist. Es sind deren nur wenige obenein sehr leicht heraus- zufindende. Die für die Samen der Gattungen und Arten der Cruci- feren characteristischen Merkmale sind in der verschiedenen Anatomie ihrer Samenschale zu suchen. Dieselbe besteht aus drei Zellenlagen: Einer äussern, leicht ablösbaren, zartwandi- gen, farblosen Zellschicht, welche bei vielen in Wasser schlei- mig aufquillt, einer aus braunen, stark verdickten und ver- holzten Zellen bestehenden mittlem und einer inneren Schicht, welche wieder aus weniger verdickten, kleineren Zellen besteht. In den beigefügten Abbildungen sind diese Zellenlagen in der angeführten Ordnung mit a, ß, y bezeichnet. Zur Gewinnung von Brennöl werden bei uns hauptsäch- lich die Samen der Gattung Brassica; Brassica Rapa (Rübsen) und Brassica Napus (Raps) und die der Camelina micro- carpa Andrz. seu Camelina sativa Fries (Dotter, Leindotter) benutzt. Als unabsichtliche Verunreinigung ist unter diesen, namentlich den Brassicaarten, Sinapis arvensis und Brassica nigra zu finden. Die nach Ausschlagen des Oeles zurückbleibenden Kuchen, zumal die Rapskuchen, werden von den Landwirthen als werth volles Fütterungsmaterial für Rindvieh geschätzt, sind jedoch neuerdings einigermassen in Misscredit bei vielen Con- sumenten dadurch gekommen, dass nachweislich schädliche Beimengungen darin gefunden wurden. Auch die weniger gesuchten und daher billigeren Dotterkuchen finden sich oft den Rapskuchen zugemischt, in der Regel in der Weise, dass Dotter und Raps mit einander gemengt gleichzeitig aus- geschlagen worden sind. Was nun die characteristischen Merkmale dieser Samen betrifft, so lassen sich bei Besprechung derselben Brassica Rapa und Napus zusammen abthun. Diese beiden stark oO Ueber die AulliiiduDg ft'enider Beijuengungen in Hapskueheu. variirenden Pflanzen sind einander so ähnlich und greifen in einigen ihrer Abarten so ineinander über, dass verschiedene Botaniker, einander widersprechend, manche Varietäten der einen oder der andern Art zutheilen. Auch in den Samen unterscheiden sich beide nur wenig. Ich werde mich daher darauf beschränken, nur die auf Brassica E,apa passende Zeichnung und Beschreibung zu geben. Dieselben können füglich für den vorliegenden Zweck auf die Samen beider Arten bezogen werden. Die Samenschale der Brassica Bapa zeigt sich dem blossen Auge und mit der Loupe betrachtet glatt, dunkel- braun. Der Durchschnitt liefert unter dem Mikroskop das Bild I a. Der äussern Zellschicht « folgt die mittlere /?, welche aus palissadenförmigen, dichtgedrängten, stai'k verholzten dun- kelbraunen Zellen besteht. Die innere, /, zeigt tangential gestreckte, wenig verdickte Zellen. Die Samen der Brassica nigra unterscheiden sich bereits bei der Betrachtung durch die Loupe von den vorhergehenden durch die ihnen eigene Punktirung der Oberfläche, welche dadurch zu Stande kommt, dass die Länge der stark verholz- ten Zellen der Mittelschicht in der Weise verschieden ist, wie dies Fig. IIa zeigt. Im Uebrigen ist der Bau der Samen- schale wesentlich nicht verschieden von dem der Brassica Rapa. 111. Camelina microcarpa. teber die Auffiudung fremder Beimengungen in Rapskuchen. 31 I. Brassica ßapa. II, Brassica nigra. Bedeutend verschieden von beiden zeigt sich die Samen- schale von Camelina microcarpa (Fig. III a). Hier sind die Zellen der äussern Schicht so hoch wie die der beiden andern zusammengenommen, sehr zartwandig und zum Theil mit einem Kegel einer in Schichten abgelagerten Schleimmasse erfüllt, welche, mit Wasser befeuchtet, aufquillt und leicht aus der sie beherbergenden Zelle heraustritt. Die Zellen der Mit- telschicht besitzen ihre grösste Länge nicht wie bei den Vor- hergehenden in radialer, sondern in tangentialer Eichtung. Ihre Membran ist so stark verdickt, dass ihr Lumen beinahe ganz verschwindet. Am stärksten verdickt sind sie an ihren aneinanderstossenden Flächen, so dass hier eine Wulst ent- steht. Die innere Zellschicht ist nicht viel von der analogen der vorher beschriebenen Arten verschieden. Aus dieser verschiedenartigen Structur ergiebt sich bei der Betrachtung der abgelösten Samenschalen von oben im durchfallenden Lichte für Brassica Eapa das Bild Ib. Die obere Schicht a verschwindet hier in Folge ihrer Durchsich- tigkeit und der geringen Durchsichtigkeit der verholzten Schicht vollständig, so dass man nur in die Höhlungen der letztern hineinsieht. Unter gleichen Umständen erscheint die Samenschale von Brassica nigra, wie dies Fig. II b' versinnlicht, o2 tJcbcr die Auffindung fremder Beimengungen in Rapskuchen. ganz ähnlich der von Brassica Rapa, lässt aber deutlich die erwähnten Gruben als zellenähnliche Figuren erscheinen. Dagegen gewährt Camelina microcarpa je nach der Ein- stellung des Mikroskopes einen verschiedenen Anblick. Stellt man das Objectiv auf die Zellschicht ß ein, so sieht man diese in scharfen Umrissen, wie uns Fig. III b vei'gegenwär- tigt. Hebt man den Tubus, bis die Zellschicht a ins Auge fällt, so erscheint das Bild III c, in welchem man deutlich die Zellen der Schicht a, mit ihren, im optischen Durchschnitt von oben gesehen, als concentrische Kreise erscheinenden Schleimkegeln erkennt. Bei practischer Austuhrung einer Untersuchung von Rapskuchen , bei welcher es sich um Auffindung einer A^er- fälschung mit Senf oder Dotter handelt, hat man daher vor- erst die darin enthaltenen Samenschalen mit Hülfe der Loupe auszusuchen. Die gelbe Farbe der Samenschale der Came- lina, die glatte Oberfläche der Br. Rapa, die Punktirung der Senfsamen dienen hier als oberflächliches und vorläufiges Merkmal. Legt man sodann die sortirten Samenschalen in einen Tropfen Glycerin auf dem Objectträger , bedeckt sie mit einem Deckgläschen und vergleicht die im Mikroskope bei durchfallendem Lichte dem Auge erscheinenden Bilder mit den beschriebenen (Jberflächenansichten , so wird es leicht sein, sich von der Herkunft der Oelkuchen zu unter- richten. Die Anwesenheit von Senf giebt sich selbstverständlich auch noch dadurch kund, dass diese Samen, mit lauwarmem Wasser angerührt, bedeutende Quantitäten Senföl bilden, was bei den übrigen Brassicaarten nur in sehr beschränk- tem Maasse stattfindet. Producte des Pfianzenreiehs ete. 83 Froducte des Pflanzenreichs, welche unter den Tro- pen und in transatlantisclien Ländern arzeneiliche, teclmische u. wirthscliaftliclie Verwendung finden.*) (Nach dem Bericht des Ackerbau -Departements der Vereinig- ten Staaten von Nordamerika für 1870 aus dem Englischen.) Von A. Hirschberg in Sondershausen. Fette Oele. C a r a b - oder C r a b ö 1 aus den Samen von Carapa Guianensis (Meliaceae) einem in Westindien und Guiana ein- heimisclien 60 bis 80 Puss hohen Baume. Die grosse Frucht desselben enthält zahlreiche Samen. Das Oel dient als Brennöl, in Demerara und Trinidad als Ilaaröl, zur Heilung von Wunden und zur Vertreibung des Ungeziefers bei Thie- ren. In der Kälte erstarrt dasselbe zu einer festen Masse ; ist in Aether löslich und wird durch Alkohol in einen festen und einen flüssigen Theil geschieden; der erstere enthält den Bitterstoff des Oels und hat den ekelerregenden Geruch des- selben. Das bittere Princip ist alkalo'idischer Natur und findet sich das Alkaloid auch in der Rinde des Baumes. Am Se- negal wird dies Oel Hundoo- oder Tallicoonahöl genannt. Poongaöl aus den Samen von Pangamia glabra (Ligu- minosae), einem in Ostindien, Südchina und Nordaustralien vorkommenden Baume, hat eine hellbraune Farbe, dient zum Brennen und wird in der Thierheilkunde als äusserliches Mit- tel verwendet. Kahombeöl aus den Samen von Melia azedarach (Me- liaceae). Der Baum ist in den nordamerikanischen Südstaaten als „der Stolz Indiens oder Chinabaum" bekannt; der ara- bische Name, azedarach, bedeutet eine Giftpflanze. Das hell- gelbe, halbflüssige Oel soll ein Heilmittel gegen die Schwind- sucht sein. Die bittere Wurzel ist als Wurmmittel bekannt, *) Unter Weglassung der in Europa bereits mehr bekannten Sub- stanzen. JJ, Arch, d, PhaiTO. ITT. Reibe. II, Btis. J. Heft, o 34 Producte des Pflanzenreichs etc. das dem hier genannten nahe verwandte Taipooöl von Melia azadirachta wird von den indianischen Aerzten als Heil- mittel gebraucht, aber auch unter dem Namen Bitteröl zum Brennen verwendet. Tamanuöl aus den Samen von Calophyllum inophyl- lum (Clusiaceae). Der 80 bis 100 Fuss hohe Baum wächst in Ostindien. Das dunkelgrüne, stark riechende Oel von dicklicher Consistenz wird mit Erfolg als Einreibung bei Ge- lenkschraerzen und Quetschungen, auch zum Brennen ver- wendet. Das aromatische Tamanuharz wird durch Ein- schnitte aus der Rinde des Baums gewonnen. Benöl aus den Samen von Moringa pterygosperma (Moringaceae) eines Baumes Nordafrikas, welcher nicht über 20 Fuss hoch wird. Ein sehr helles, durchsichtiges, leicht- flüssiges und fast geruchloses Oel, welches von Uhrmachern, die dasselbe als das beste für feine Maschinentheile erachten, sehr geschätzt wird. Dasselbe wird auch von den Parfuraeurs sehr gesucht, kommt aber selten im Handel vor. Der Baum wächst auf Jamaica , die "Wui'zeln enthalten eine Schärfe gleich der des Meerrettigs. Yamadonöl aus den Samen von Yirola sebifera (My- risticaceae). Der 50 bis 60 Fuss hohe Baum findet sich in Guiana, dem Norden von Brasilien und von Panama, wo das Oel Malaqueto de montana genannt wird. Die Samen werden mit heissem Wasser behandelt und das talgähnliche Oel wird zu Lichtern verwendet. Aus der Binde erhält man durch Einschnitte einen scharfen, rothen Saft, welcher zu arzeneili- chen Zwecken dient. E.am-tilöl aus den Samen von Guizotia oleifera (Com- positae) einer einjährigen Pflanze Abessiniens, welche in Ost- indien zur Oelgewinnung angebaut wird. Das milde, süsse Oel wii'd als Nahrungsmittel, besonders aber als ein vor- treffliches Brennöl geschätzt. Oel aus den Samen von Anacard ium occidentale (Anacardiaceae). Dieser grosse Baum ist in West- und Ostin- dien heimisch. Der im natürlichen Zustande bekanntlich scharfe und ätzende Same giebt nach dem Rösten ein angenehmes Producte des Pflanzenreichs etc. 'ib und gesundes Nahrung-smittel ab. Beim Rösten desselben muss man sich aber vor den Dämpfen hüten, welche sich hierbei entwickeln und leicht Entzündung des Gresichts- ver- ursachen. Das aus den Kernen gewonnene hellgelbe Oel ist von mildem Geschmack und wird als Speiseöl dem Provencer- und Mandelöl gleichgeachtet. Der Stamm des Baumes giebt einen Milchsaft, welcher, erhärtet, von schwarzer Farbe ist und als Firniss Verwendung findet. Die Pflanze sondert auch ein dem arabischen Grummi ähnliches Gummi ab. Galemöl aus den Samen von Bassia Parkii (Sapotaceae) eines an den Ufern des Niger häufig vorkommenden Baumes mittlerer Höhe. Aus den eigrossen, mehligen, getrockneten Früchten wird, nachdem dieselben gemahlen worden, das Oel durch Kochen mit Wasser gewonnen. Dasselbe ist von but- terartiger Consistenz und hält sich zwei Jahre unverändert. Es dient als ]!^ahrungsmittel , als Verband für Wunden und als Brennmaterial für Lampen. Das Galemöl ist der Gegen- stand eines bedeutenden Handelsverkehrs mit den Eingebor- nen Westafrikas und ist dort Shea Butter bekannt. Epie- oder Moukaöl aus den Samen von Bassia lati- folia, Mouka Baum Bengalens, Ein grünlich weisses, butter- artiges Oel, dient zur Beleuchtung, zur Seifenfabrikation und zu Küchenzwecken. Ein dem Whiskey ähnlicher, aus den Blüthen destillirter Branntwein \vird von den Eingebornen in grossen Mengen consumirt. Phulwara- oder Phoolwaöl aus den Kernen der Bassia butyracea, des Butterbaunis von jSTepal, ist ein weisses, festes Fett, welches zur Seifenfabrikation und zur Beleuch- tung dient, in warmem Alkohol löslich ist und bei 120" F. flüssig wird. Illepeöl aus Bassia longifolia wird von den Bewohnern von Ceylon zum Brennen und als Nahrungsmittel verwendet, ist von weisser Farbe, wird bei 80** F. flüssig, dient um die Haut von den Absätzen zu reinigen , welche eine starke Transpiration auf derselben zurückgelassen, macht dieselbe, geschmeidig und ist somit in tropischen Klimaten ein gesund- heiterhaltendeg Mittel, 36 Producte des Pflanzenreichs etc. Cohuneöl aus den Nüssen der Attalea Cohune (Pal- niaceae), einer Palme von Honduras. Die Nüsse, von der Grösse und der Gestalt eines Hühnereies , sind in Trauben von 6 — 800 Stück vereinigt, gleichen einigermaassen der Cacao , sind aber ölreicher, und das Oel übertrifft das Cacaoöl an Güte. Es erstarrt bei 62 ''F. und wird zu Lichtern und verschiedenen anderen Zwecken verwendet. Nahoröl aus den Samen von Mesua ferrea (Guttiferae), dem Eisenholz des tropischen Asiens, wird als Lampenöl und zum Heilen von Wunden gebraucht. — Die starkriechendeu Elüthen dieses Baumes bilden einen Handelsartikel der Ostin- dischen Bazare. Hekuneöl aus den Kernen von Aleurites triloba (Euphor- biaceae), dem Kerzennussbaum der Polynesischen Inseln. Die getrockneten Nüsse werden auf Stäben befestigt und von den Bewohnern dieser Inseln als Lichter, aber auch als Nahrungs- mittel gebraucht. Der Geschmack ist wallnussähnlich. Sie geben beim Pressen eine reichliche Menge Oel, welches sehr rein und wohlschmeckend, den Malern als trocknendes Oel dient. Auf den Sandwich - Inseln wird dasselbe als Beize für vegetabilische Farben verwendet. Die Wurzel des Bau- mes liefert eine braune Farbe. Bacabaöl wird aus Oenocarpus Bacaba (Palmaceae) einem hohen Baum am Amazonenstrom gewonnen. Dasselbe ist farblos, von mildem Geschmack, wird zur Verfälschung des Olivenöls verwendet und ist sowohl für die Küche wie als Beleuchtungsmaterial sehr gesucht. " Castanhaöl aus den Samen von Bertholletia excelsa (Lecythidaceae) wird von Uhrmachern und Künstlern ge- braucht. CheeronjeeÖl aus den Samen von Buchanania latifolia (Anacardiaceae) einem Indischen Baume. Die Samen wer- den wie Mandeln gegessen; die Früchte liefern einen schwar- zen Firniss. Jatrophaöl aus den Samen von Curcus purgans (Euphorbiaceae), eines tropischen Baumes der Philippinen, von heller Farbe wird als Surrogat des Leinöls , als Lampenöl Producte des PflaBzenreichs etc. 37 und zu verschiedenen anderen Zwecken verwendet. In China wird dasselbe, mit Eisenoxyd gekocht, als Firniss gebraucht. Zwölf bis fünfzehn Tropfen desselben haben die Wirkung von einer Unze Ricinusöl, Simboleeöl, ein ätherisches Oel aus den Samen von Bergera Koenigi (Aurantiaceae) eines kleinen, in Indien ein- heimischen Baumes, dessen starkriechende, gewürzhafte, junge Zweige von den Eingebornen zum Aromatisiren ihrer Speisen gebraucht werden. Das Oel findet in Indien medicinische Verwendung. Zeichnenöl wird aus den Fruchthüllen von Semecarpus anacardium (Anacardiaceae) eines Indischen Baumes gewon- nen. Die harte Fruchthülle liefert einen öligen Saft, welcher, mit Kalk gemischt, auf Zeuchstoffen eine unauslöschliche Schrift giebt. Die unter dem l^amen Malacca - Bohnen bekannten Samen dienen als Nahrungsmittel, das aus denselben gewon- nene Oel wird von den Buchdruckern gebraucht und giebt, getrocknet, einen schwarzen Firniss, welcher in den Künsten verwendet wird. Distelsamenöl aus Argeraone Mexicana (Papavera- ceae) eine ursprünglich mexikanische , jetzt überall vorkom- mende Pflanze. Ein hellgelbes, dünnes Oel wird in Südame- rika vielfach von den Malern gebraucht, soll dem Holzanstrich einen schönen Glanz verleihen und wird arzeneilich als Sur- rogat für Ricinusöl angewendet. Der gelbe Saft des Stam- mes wird als Augenmittel empfohlen. Grummata und Harze. Bothes Gummi wird aus Eucalyptus rostrata, einem in vielen Gegenden Australiens gewöhnlichen Baume gewon- nen und fiiesst aus der Rinde desselben, auf welcher es zu einer schönrothen Masse nach und nach erhärtet. Wird in der Medicin als adstringirendes Mittel mit gutem Erfolg gebraucht. Gummi butea ist der erhärtete Saft der Butea fron- dosa (Fabaceae) eines mittelhohen Baumes in Bengalen, wo o8 rroiliKile des Pflanzenreichs etc. derselbe unier dorn Namen Dak oder Tisso bekannt ist. Aus der verwundeten oder g-eborstenen Rinde fiiesst in der heisscn Jahreszeit ein schön rother Saft aus, der, an der Luft nach- dunkelnd, erhärtet und eine dem Xino ähnliche adstringircnde Substanz darstellt, welche in der Gerberei Anwendung findet. Aus der ßinde des Baumes wird eine grobe Faser gewonnen, welche statt des Wergs zum Dichten der Boote dient. Die durch den Stich des Lack -Insekts an den jungen Zweigen hervorgebrachten Ausschwitzungen sind als Stocklack bekannt; die Samen geben ein dunkelgefärbtes, fettes Oel , welches, in Bengalen Moodooga genannt, von den eingebornen Aerzten als ein gutes Wurmmittel angesprochen wird. Mastix vom Cap. Der Harzstrauch vom Cap der guten Hoffnung, Euryops multifidus (Compositae) , liefert aus Stamm und Zweigen ein gelbliches, halb durchsichtiges Harz, welches von den Eingebornen gesammelt und gebraucht, aber weiten in den Handel gebracht wird. Seh wein s- Gummi von Monorobea coccinea (Clusia- ceae), einem in Westindien und Südamerika einheimischen, prächtigen Baume von 90 — 100 Euss Höhe. Aus den in die Binde desselben gemachten Einschnitten fliesst ein durch- sichtiger Saft aus, welcher, an der Luft rasch erhärtend, dem Burgundischen Harz gleicht. In Jamaica pflegen die Schweine, wenn sie verwundet sind, die Wunden an der Kinde dieses Baumes zu reiben, wodurch die wunden Stellen mit dem Harze bedeckt werden und, da dasselbe heilkräftige Wirkung besitzt, bald ausheilen. Hiervon der Name des Harzes. Das- .selbe wird in der Medicin als Substitut des Copaiva - Balsams gebraucht. In Guiana und Brasilien, wo dasselbe Mani oder Oanani genannt wird, machen die Eingebornen aus demselben Fackeln und verpiclien damit ihre Boote. Kuteera-Gummi von Cochlospermum gossypium, einem auf der ostindischen Halbinsel wachsenden, strauchartigen Baume, wird an Stelle des Traganths gebraucht. Die Samen sind mit einem baumwolleähnlichen Flaum bedeckt, welcher zu Polsterarbeiten verwendet wird. — Unter demselben Na- men kommt auch das Gummi von Sterculia urens (Ster- Producte des Pflanzenreichs etc. 39 culiaceae) vor, welches gleichfalls die Eigenschaften des Tra- ganths besitzt. Succory-Gummi aus Chondrilla juncea. Googul und Mukul wird in Scinde und Persien das aus Balsamo- dendron mukul herstammende Harz genannt und als gleich- bedeutend mit dem Bdellium des Dioscorides und anderer Schriftsteller gehalten. Der Baum ist in Scinde einheimisch. Das Harz wird durch Einschnitte in die Kinde desselben ge- wonnen und ist, da es von der Erde aufgesammelt wird, voll Unreinigkeiten. Es wird in der Thierheilkunde angewendet und dient auch als , Räuchermittel. Bayee-Balsam kommt von Balsamodendron pubescens, ist ein sprödes, geschmack- und geruchloses Harz, welches wahrscheinlich zur Verfälschung werthvollerer Harze dient. Wall ab a -Gummi wird von Eperna falcata (Legumi- nosae), einem hohen, in den Wäldern von Guiana häufigen Baume, gesammelt und zur Heilung von Wunden, die Ab- kochung der bitteren Binde von den Eingebornen als Brech- mittel gebraucht. Das harzige Holz des Baumes ist sehr beständig und wird als Bauholz und als Material zu Dach- schindeln sehr geschätzt. Umire -Balsam kommt von Humirium floribundum (Humiriaceae), einem kleinen Baume Brasiliens. Der stark riechende, gelbliche Balsam wird "durch Einschnitte in die Einde gewonnen. Die Binde selbst wird von den Brasilianern als Bäuchermittel sehr geschätzt. Humirium balsamiferum, der Humirium - Baum des fi'anzösischen Guiana, liefert einen röthlichen, balsamischen Saft von storaxähnlichem Geruch, welcher bald erhärtet und dann als Bäuchermittel und als Parfüm dient. Der Balsam wird als Wurmmittel und äusser- lich gegen Gelenkschmerzen angewendet. Melanorrhoea usitatissima (Anacardiaceae) , ein Baum Ostindiens , liefert einen sehr brauchbaren und vielfach gebrauchten Eirniss. Zur Gewinnung desselben werden Löcher in den Baum gebohrt, in welche hohle Bambusstäbe gesteckt werden; nach Verlauf von 1 oder 2 Tagen findet man diesel- ben mit einem dicken, weisslichen Saft gefüllt, welcher sich 40 Producte de- Fflanzenreiclis etc. an der Luft rasch .scliw;ir/.i und wuv unter Wassei" unverän- dert atifbewahrt werden kann. Dünn anlgctragen, trocknet dieser Firni.ss rasch und verleiht den mit demselben über- zogenen Gegenständen eine schön schwarze Farbe. Gleich anderen Säften ans dieser Pflanzenfamilie ist derselbe sehr ätzend und verursacht, auf die Haut gebracht, leicht erzsipela- töse Anschwellungen. Das ausserordentlich harte Holz dieses Raumes wird Lignum vitae von l'egu genannt und zu allen den Zwecken verwendet, bei denen es sich um grosse Härte und Dauerhaftigkeit handelt. Dipterocarp US trinervis und D. laevis (Dipte- rocarpeae) sind Bäume Ostindiens, welche einen dünnflüs- sigen Balsam liefern, welcher in der Arzeneikunde, zu Fackeln und zum Bestreichen von Schiff"swänden gebraucht wird. Zur Gewinnung desselben wird in das Fussende des Stammes ein Loch gehauen und Feuer an dasselbe gelegt. Sobald das Holz zu verkohlen anfängt , beginnt der Balsam auszu- fliessen. Dieser Balsam hat sich als Ersatzmittel des Copaiva- Balsaras bewährt, welchem er sehr ähnlich ist. Shorea robusta (Dipteraceac). Ein auf dem Hima- laya- Gebirge wachsender Baum, welcher schönes Bauholz und ein als eine Abart des Dammar - Harzes bekanntes und wie dieses verwendetes Harz liefert. Die Samen geben ein fettes Oel. Das Holz dieses Bauines, so wie das von S. fela- nica ist stärker und schwerer als das Teakholz Ostindiens und wird diesem vorgezogen. Mesquite -Gummi kommt von Prosopis glandulosa (Mimosae, Leguminosae), dem Mesquite - Baum von Texas und ist dem Gummi arabicum gleich. Mexikanisches Elemi, ein grünliches Harz von Elaphnium elemiferum (Amyridaceae). Orientalisches Elemi kommt von Canarium com- mune (Amyridaceae), einer auf den Molukken ihrer Früchte halber angebauten Pflanze ; der aus der Binde derselben aus- schwitzende Balsam soll dem Copaivabalsam ähnlich sein. Eine andere Art, C. strictum , wird auf Malabar zum Unter- Prodncte des Pflanzpnreiehs etc, 41 schiede von Vateria indica, doiin weissen Dammar- Baum, der -chwarze Dammar -Baum genannt. J a r i 1 i a - B a 1 s a m kommt von Adesmia balsamifera (Le- guminosae), einer chilensischen Pflanze, die, in Biiithe, von grosser Schönheit ist. Dieser Balsam hat auch in grosser Entfernung einen sehr angenehmen Geruch und wird als Wundbalsam geschätzt. Alectrum hyemale (Orchideae), eine nordamerikani- schc Orcliidee, deren kleine Wurzel einen Schleim enthält, welcher zum Kitten von Porzellan dient, wesshalb die Wurzel auch Kittwurzel genannt wird. Balata-Gummi wird aus Mimusops balata (Sapota- ccae), einem mächtigen Baume in Britisch Quiana, durch Einsclmitte in den Stamm desselben erhalten, steht seinen Eigenschaften nach in der Mitte zwischen Kautschuk und Gutta- Percha, insofern es Elasticität mit Biegsamkeit verbin- det, ohne die Brüchigkeit von Gutta -Percha und die Unbieg- samkeit des Kautschuk zu besitzen. Wird zur Isolirung von Telegraphenleitungen verwendet. Urceola elastica (Apocyneae). Ein grosser, klet- ternder Strauch der Inseln Sumatra und Borneo liefert einen Milchsaft, der Juitawan- Kautschuk heisst, welches aber, da der Saft nicht durch schichtweises Auftragen auf Thonformen, sondern durch Gewinnung in Salzwasser erhärtet wird , dem südamerikanischen Kautschuk an Güte nachsteht. Die viel- samigen Früchte von der Grösse einer Pomeranze werden ihres essbaren Markes wegen von den Eingebornen sehr geschätzt. Castilloa elastica (Atrocarpaeae). Ein mexicanischer Kautschuk liefernder Baum. Alstonia scholaris (Apocyneae) in der Umgegend von Bombay Pallraara oder Teufelsbaum genannt, ein Baum von grossem Umfange mit stark bitterer E,inde, welche medi- cinisch verwendet w-ird. Der Milchsaft desselben hat die Eigenschaften des Gutta- Percha und w^ix'd wie dieses verar- beitet. 42 rrotluctc des Pflanzenreichs etc. Miidar- G uuimi von Caloptnohis g-igantea (Asdcpia- deae), ein afrikanischer Baum, welcher iu grosser Menge einen dem Gutta- Percha ähnlichen Milchsaft giebt; die Wur- zel enthält eine Substanz, Mudarine, welche in der Hitze gelatinirt und, erkaltet, wieder flüssig wird. Beide Producte werden arzeneilich verwendet. Euphorbia cattiraandoo (Euphorbiaceae) , eine ost- indische Pflanze liefert Kautschuk, welches aber bald harzig und brüchig wird und, in dieser Form erwärmt, einen guten Cement giebt. Thee und Kaffe. Jesuit er Thee aus den Blättern von Psoralea glan- dulosa (Leguminosae), einem chilensischen kleinen Strauche. Der aromatische , wenig wohlschmeckende Aufguss wird als Wurmmittel und gegen Asthma gebraucht. Die Blätter wer- den in Chili auch als Umschläge auf Wunden angewandt und, getrocknet, statt Taback geraucht. Der Aufguss der Wurzel ist abführend und brechenerregend. Arabischer Thee, aus den Blättern von Catha edu- lis (Celastraceae), einem etwa acht Fuss hohen Strauch, des- sen kleine beblättei*te Zweige unter dem Namen Oafta in Afrika, in dessen Inneren die Pflanze angebaut wird, einen bedeutenden Handelsartikel ausmachen. Eine Abkochung der Blätter hat die Wirkung eines starken Aufgusses von chine- sischem grünen Thee, nur dass die der Cafta angenehmer ist. Die Blätter werden auch gekaut und sollen dann grosse Heiterkeit hervorbringen und den Schlaf abhalten. Der Ge- brauch der Cafta in Arabien ist uralt und soll älter sein als der des Kaftes. Thee von Ben coolen wird aus den Blättern von (jilaphyria nitida (Myrtaceae), einer auf den Malayischen In- seln wachsenden Pflanze bereitet. Brasilianischer Thee von Stachytarpa jamaicensis, (V'erbenaceae), wird zur Verfälschung des chinesichen Thees gebraucht. Pruducte des Pflauzciireiubs etc. 4o Buschthee, ein Aii%uss der Blätter von Cyclopia genistoides (Leguminosae), einem kleinen, in Südafrika einhei- mischen Baume. Ein mildes, angenehmes, leicht adstringirend schmeckendes Getränk, welches gegen catarrhalische Affectio- nen und Brustleiden angewendet wird. Theezan-Thee, die Blätter von Sageretia theezans (Rhamnaceae), einer kleinen Pflanze Chinas, werden dort von der ärmeren Classe als Thee getrunken. Labra d r-Thee, die Blätter von Ledum palustre (Ericaceae), wei^den auf Labrador als Thee gebraucht. Mexicanischer Thee wird aus den Blättern und den jungen Schoten von Ambrina ambrosioides (Chenopodiaceae) bereitet und als krampfstillendes und magenstärkendes Mittel angewendet, ist auch ein Wurmmittel; A. anthelmintica wird als solches viel gebraucht. Bergthee, die Blätter von Gaultheria procumbens (Ericaceae), Wintergrün, werden zum Aromatisiren des chine- sischen Thees oder für sich als gelind adstringirendes Mittel gebraucht. Kola-Nüsse von Cola acuminata (Sterculiaceae), einem 40 Fuss hohen Baume Westafrikas, sind dort unter dem Namen Kola, Cola- oder Goora-Nüsse bekannt, enthalten Tee'in. Diese Nüsse dienen den Eingebornen als eine Art Gewürz ; keines der dortigen Naturproducte nimmt in der Diätetik und den Lebensgewohnheiten derselben eine gleich wichtige Stelle ein; dieselben bilden den bedeutendsten Handelsartikel des Landes. Thee vonNeu-Jersey. Die Blätter von Ceanuthus americanus (Rhamnaceae) , wurden , namentlich im amerikani- schen Unabliängigkeitskriege zum Theeaufguss verwendet; dienen auch zum Färben der Wolle, welcher sie ein Nanking - oder Zimmtfarbe verleihen. Yaupon-Thee aus den Blättern von Hex Cassine, (Aquifoliaceae), einer Pflanze, welche in den Südstaaten Nord- amerika's wächst. Der Aufguss derselben, wahrscheinlich auch der aus den Blättern einer anderen Species derselben Pflanze, ward früher von den Indianern als der sogen, schwarze 44 Producte des Pflanzenreichs etc. Trank genossen und soll wie Opium wirken. Gegenwärtig wird derselbe nur gelegentlich als Thee mit eröffnender und urintreibender Wirkung gebraucht. Der Kuhbaum, Brosimum galactodendron (Actocar- paeae), ein 100 Fuss hoher Baum Venezuelas giebt durch Einschnitte in den Stamm eine Flüssigkeit, welche, der Kuh- milch vollständig gleich, von den Bewohnern der Landstriche, wo derselbe häufig vorkommt, statt derselben genossen wird. Diese Milch ist ebenso gesund als nahrhaft, schmeckt wie süsser Rahm, riecht balsamisch und ist nur etwas klebriger als dieser. Die chemische Analyse hat ergeben , dass sie die Zusammensetzung thierischer Flüssigkeiten habe; sie scheidet, gleich der Kuhmilch, beim Stehen eine rahmartige Schicht ab, wird an der Luft nach wenigen Tagen sauer und übelrie- chend und enthält etwa 30 Procent einer harzigen Substanz, welche Galactine genannt worden ist. Clusia galactodendron (Clusiaceae), ein Baum Ve- nezuelas nach Desvaux einer der Kuhbäume, Palo de Vica, Südamerika's. Das Innere der mit rothen Rollen bedeckten Rinde desselben röthet sich an der Luft. Die Milch dieses Baumes, welche durch Einschnitte gewonnen wird und nur, wenn, wie die Eingebornen glauben, die Einschnitte vor Ein- tritt des Vollmondes gemacht werden, reichlicher ausfliessen soll, dient besonders als Nahrung für Kinder, hat aber den derlei Säften eigenthümlichen adstringirenden Geschmack. Der Kuh bäum von Guiana (Tabaennamontana utilis (Apocynaeae) giebt beim Anbohren eine gesunde, der Kuh- milch ähnliche , ihres Kautschukgehalts wegen aber dickliche Milch. Capitao do Matte von Lantana pseudo-thea (Ver- benaceae). Der gewürzhafte, angenehm schmeckende Aufguss der Blätter wird in Brasilien als ein Ersatzmittel des chine- sischen Thees sehr geschätzt. Syraplocas Alstonia (Styraceae). Ein immergrüner Strauch in Neu -Granada, dessen Blätter, geröstet, wie Mate- Thee zubereitet und gebraucht werden. Dieselben sind ad- stringirend und werden auch in der Medicin gebraucht. Producte des Pflanzenreichs etc. 45 H i m m e 1 s t h e e. Unter diesem Namen werden in Japan die Blätter von Hydrangea Thunbergii und Platycrater arg-uta (Hydrangeaceae) als Thee gebraucht. Gewürze. Pfeffer von Neuholland von Tasmania aromatica (Magnoliaceae), einem Zwergbaum auf Vandiemens-Land. Die schwarze Frucht gleicht an Gestalt und Schärfe dem eigent- lichen Pfeffer und wird als Ersatz desselben verwendet. Turmeric = Curcuma longa. Wildes Süssholz, die Wurzeln von Abrus preca- torius. Pflanzen- Wach s. Carnauba-AVach s aus der brasilianischen Wachspalme, Copernicia cerifera. Das sehr harte Holz dieser 30 bis 40 Fuss hohen, aber nur 6 bis 10 Zoll dicken Palme wird zu baulichen Zwecken und zu Fournieren verwendet. Die Blät- ter, namentlich die jüngei'en, sind mit Wachs bekleidet, wel- ches durch anhaltendes Schütteln derselben sich von denselben trennt; ein Blatt liefert etwa 50 Grain Wachs inForm von weiss- lichen Schuppen, welche dann zu Kuchen zusammengeschmol- zen werden. Es wird mitunter zur Verfälschung des Bie- nenwachses verwendet; da es sich aber nicht bleichen lässt, so hat es bisher zu Lichtern nicht verarbeitet werden können. Peetha-Wachs. — Die Frucht des weissen indiani- schen Kürbisses Benincasa cerifera (Cucurbitaceae) sondert auf seiner Oberfläche eine wachsartige, dann auf Pflaumen und anderen Früchten vorkommendem weisslichen üeberzuge gleichende Substanz in solcher Menge ab, dass selbige gesam- melt und zu Lichtern verwendet wird. Der Wachsbaum der Cordilleren, Eleagia utilis (Cinchonaceae), ein prächtiger Baum, bemerkenswerth wegen der grossen Menge wachsartiger oder harziger Substanz, welche die, die Knospen desselben umgebenden Deckblälter 46 Die Gattung tJtviculana. aussondern. Das gelbliche Wachs wird von den Indianern g-esaramelt und, nachdem es durch Kneten in heissem Was- ser g-ereinigt worden, als Firniss g-ebraucht. Die Gattung Utricularia. Von Ludwig L e i n e r. Aus dem Schoosse der Pharm acie sind viele botanische Untersuchungen hervorgegangen; viele Apotheker haben die Kenntniss der Pflanzen bereichert. Geschah dies früher meist nur in Bezug auf Gestalt, Fundort und geographische Ver- breitung, so ist das Forschen unserer Zeit ebenso ausschliess- lich meist nur dem Untersuchen einzelner Bestandtheile der Pflanzen, der Pflanzen -Chemie, zugewandt. Und Pharmaceu- teri, welche auch Ernst machen mit morphologischen Studien, treiben doch meist nur Zimmer- Botanik mit Reagentien und Mikroskop, betrachten Strapazen bei Durchforschung ihrer Gegend als etwas nur Unbequemes und Thörichtes, und die Pflanzen - Beschreibung als Mn abgeschlossenes Werk. Ich aber möchte gerne dazu auffordern, die früher unsern Stand so ehrende Eigenheit wieder zu pflegen und das neben Physiologie, Chemie und Mikroskopie vernachlässigte Botani- siren wiederum mehr aufzunehmen. Ist doch manche Gat- tung unserer deutschen Flora noch nicht der Gestalt nach genugsam gekannt; ist es doch so schön und gesund, den Dampf lufttrüber Laboratorien dann und wann zu tauschen mit dem freien wilden Wald und Riede. Von den deutschen Pflanzen -Gattungen, deren Kenntniss durchaus noch nicht geschlossen ist, nehme ich heute den Wasserschlauch, das Kerba Centibularia der alten Pharmacie und gebe eine Uebersicht der Arten, wie sie mir erscheinen: Utricularia. 1) U. vulgaris L. Stengel 12 — 25 Centim. hoch, 8 — 12 Blumen tragend, Blätter alle untergetaucht, vieltheilig, mit i)ie Gattung Ütricularia, 47 haarförmigen, feinslacheligen, öfters häutige Bläschen einfas- senden Lappen. Blüthenstiele länger als die Blüthe. Sporn konisch, kürzer als die Unterlippe. Oberlippe ganz, von der Länge des Gaumens. Grosse Blume, dottergelb, Gaumen mit pomeranzengelben Streifen. Antheren verwachsen. Var. longicalcarata Leiner. Sporn länger als die Unter- lippe. 2) U. neglecta^Lehm. Blätter gefiedert vieltheilig mit fadenförmigen Lappen ; die aufgetauchten am Stengel bläschen - und stachellos, mit sehr kurzen Läppchen; die untergetauch- ten mit haarförmigen hin und wieder häutige Bläschen tra- genden, längern Läppchen; einige Bläsehen auch am Stengel sitzend. Sporn konisch, länger als die Unterlippe. Die Ober- lippe ausgerandet, fast dreimal länger als der Gaumen. Blume blass- dottergelb, Gaumen mit röthlichen. Strichen. Anthei'en frei. Dr. F. Schultz hat die in der bayerischen Pfalz sehr verbreitete neglecta ganz nnnöthiger Weise als U. PoUichü unterschieden. 3) U. mutata Leiner. Stengel 13 — 18 Centim. hoch 2 bis 7 Blumen in lockerer Aehre tragend. Blätter vieltheilig, alle flottirend, dichotom, selten zu di'ei haarförmig. Bläschen auf kaum sichtbaren Stielchen. Sporn konisch, etwas länger als die Unterlippe. Oberlippe seicht gespalten, eingebuchtet, länger als der Gaumen. Krone geschlossen am Schlund. Antheren verwachsen. Kelch geiblichgrün, ohne Streifen der Bremii. Blume wie die ganze Tracht der der vulgaris ähn- lich, dottergelb, Gaumen bis in die Lippe herab mit orange- farbenen undeutlichen Streifen. Deckblättchen halbstengelum- fassend geöhrelt. Vereint in der Tracht der vulgaris. Eigenschaften der intermedia und Bremii. 4) U. intermedia Hayne. Blätter zweizeilig, zum Theil flottirend, vieltheilig, mit linearisch haarförmigen Läppchen, die zahlreich mit Zähnen, welche ein Häufchen feiner JS^ädcl- chen tragen , versehen sind , ohne Bläschen. Die Bläschen besondei's auf blattlosen fadenförmigen langen Stielen. Sporn konisch, von der zweifachen Länge der Unterlippe. Ober- 48 I)ie Gattung Utrlcuiaria. lippe ungetheilt, noch einmal so lang als der Gaumen. Blume schwefelgelb, obere Lippe und Gaumen mit schwachröthliehen Strichen. a) Var. media Schuhmacher. Sturras Flora 17. ß) Yar. Grafiana Koch. 6 — 9 Centim. hoch , deren 7Aveizeilige freudiggrüne Blätter mit ihren breitlichen abge- stumpften Blattzipfeln nach dem Boden hin kriechend ein eng- verschlungenes Geflecht bilden (Reg. Flora 14. März 1852). 5) IT. Bremii Heer. Stengel lang, 5 — 8 Blumen in locke- rer Traube tragend. Blätter vieltheilig, mit sehr kurz ge- stielten Bläschen. Läppchen kurz, die äussern fein haarför- mig. Oberlippe ganz, vorn zugespitzt, etwas länger als der Gaumen. Sporn kurz, etwas kürzer als die Unterlippe. Kr. mit geöffnetem Schlund, blassgelb. Gaumen mit wenigen bräunlichen Strichen. Unterscheidet sich von intermedia durch kürzern Sporn, geöffnete^ Schlund, viel kleinere Blumen und ungemein feine Blattende. G) U. minor L. Blätter vieltheilig. Läppchen haarförmg, zahnlos; die nicht im Wasser stehenden Läppchen kürzer, ohne Bläschen, die untergetauchten länger, hin und wieder mit Bläschen versehen. Stengel sehr dünn, aufrecht, 3 bis 12 Centim. hoch. Blüthen länger als die Blüthenstiele. Ober- lippe ausgerandet, von der Länge des Gaumens. Sporn dünn, abstehend, viel kürzer als die Unterlippe. Kr. blass- dottergelb, klein mit ockergelben Strichen. Nach meinen Beobachtungen glaube ich, dass, wie auch Geh. Hofrath J. Ch. Doli in seiner Flora des Grossherzog- thums Baden 1859. Seite 645 sagt, wohl noch eine oder die andere gute Art aufzufinden und zu unterscheiden ist. Wie bei allen Pflanzen, die in Sümpfen, Gräben und Tümpeln wachsen, ist der Formen - E-cichthum auch bei den Utricula- rien gross, und ich bitte meine deutschen Collegen, dieser Gattung wieder neue Aufmerksamkeit zu schenken. 4\) III. Toxikologie. Ein Arsenik - Vei'giftnngs - Fall. Untersucht und verhandelt vor dem Schwurgerichte zu Constanz. Von Ludwig Lein er. Die Schwurgerichts -Verhandlungen bieten uns immer wieder neue Fälle, welche unsere Kenntniss der Gifte klaren und erweitern. Ich halte die Mittheilung solcher immer von Werth. Jeder Pharraaceut kann in den Fall kommen als Sachverständiger functioniren zu müssen und analoge Fälle bieten ihm Stoff zu neuen Studien. Die zur Untersuchung vor gelegenen Objecte waren: kleine weisse Körnchen in einem Glase, solche in Papier- Schnitzeln, ein Apfel -Muss, Abtrittbestandtheile, Theile eines Schweine - Magens, eine irdene Kachel. 1) Die Körnchen im Glase. Die weissen porcellanartigen Körnchen zeigten unter der Loupe rundliche schwach gelbliche Kanten und muschligen Eruch. Eines derselben gab in einem unten engausgezogenen und zugeschmolzenen Glasröhrchen über der Weingeistlampe erhitzt unter einem glühenden Kohlensplitter einen braun- Arch. d. Ptarm. III. Reilie. IT. B.3=i. 1 Hft. ^ 50 Ein Arsenik- Vergiftungs- Fall. schwarzen glänzenden Anflug über der erhitzten Stelle und Kohle im Röhrchen. Dieser Metallspiegel in einem andern Röhrchen erwärmt sublimirte mit der Loupe erkennbare weisse glänzende Kryställchen. Ein anderes der Körnchen mit de- stillirtem Wasser gekocht, gelöst und abgedampft zeigte auf einem Objectträger der Verdunstung ausgesetzt unter dem Mikroskope kleine schöne Dodecaeder, deren Kanten das Licht diamantähnlich brachen. Ein weiteres Körnchen auf einem durch einen Objectträger bedeckten Uhrgläschen erhitzt, gab ein Sublimat, das unter dem Mikroskope als kleine Octaeder erschien. Der krystallinische Rückstand des freiwillig an der Luft verdampften Tropfens der wässerigen Lösung wurde durch einen Tropfen salpetersauren Silberoxyd - Ammoniaks hellcitrongelb, der Einwirkung des Lichtes ausgesetzt nach und nach rothbraun. Ein Körnchen mit etwas chlorwasser- stofflialtigem Wasser behandelt resultirte eine Lösung, welche warm mit starkem SchwefelwasserstofFwasser gelben Nieder- schlag hervorbrachte. Ein Körnchen mit überschüssiger kaustischer Kalilauge und dann mit ein wenig verdünnter Kupfervitriollösung versetzt, gab klare blaue Lösung, welche gekocht rothes Kupferoxydul niederschlug. Ein Körnchen in einem Reagircylinder mit wenig trockenem essigsauren Kali versetzt und erhitzt, athmete den bekannten Gerirch von Alkarsin aus. Arsenige Säure. 2) Die Körnchen auf den Papierschnitzeln gaben dieselben Reactionen. Arsen ige Säure. 3) Das Apfel -Muss. Mit einem Glasstabe wurde das Muss genau untersucht, gleiche kleine Körnchen darin gefunden, deren Gewicht, wie das der obigen natürlich auf das Genaueste ermittelt wurde. Um noch weitere im Müsse mechanisch nicht auffindbare arse- nige Säure nachzuweisen wurden 25 g. desselben mit ganz reiner ChlorwasserstofTsäure , destillirtem Wasser und chlor- Ein Arsenik - Vergiftungs - Fall. 51 saurem Kali auf allbekannte Weise behandelt und im Ber- zelius - Marsh'schen Apparate ein deutlicher Metallspiegel erzeugt, der alle Reactionen des Arsenspiegels gab. 4) Bie Ahtrittbestandtheile. Mit der Loupe konnten auch hier winzige kleine Körn- chen ausgelesen werden, deren Gewicht genauest bestimmt wurde und welche wieder durchweg die Heactionen der arse- nigen Säure ergaben. Auf gleiche Weise wie im vergifteten Apfelmusse wurde noch weiter voi'handene arsenige Säure mittelst des Berzelius - Marsh'schen Apparates nachgewiesen. 5) Der Schweine - Magen. Er war klein und hatte die gewöhnliche Leichenfarbe theilweis mit einer blassröthlichen Mischung. Bei dem An- fühlen von Aussen schienen die Häute in ihrer Gesammtheit gedunsen. Sein Inneres war blutreich, in ziemlich grosser Ausdehnung entzündet; seine Schleimhaut, an einzelnen Stel- len fehlend, war unten und zwar in sehr grosser Ausdehnung aufgelockert, gewulstet und leicht trennbar von den untern Häuten. Im Grunde des Magens fand sich eine gangränöse Stelle von etwa 4 Centim. Länge und 1 Centim. Breite von schwarzgrauer und schwarzer Farbe mit Schwinden der Dicke der Häute, Ein derartiger schwärzlicher grösserer Flecken war umsäumt von einer dunkelrothen Zone. Klei- nere schwarze Flecken ohne Zone waren mehrere vor- handen. Zum Theil oberflächlich auf der Schleimhaut liegend, theils in den Falten derselben verborgen fanden sich kleine Körnchen, die das Aussehen der ai'senigen Säure hatten, und dessen bekannte Beactionen ebenfalls wieder gaben, und von den kleinen Fettkörnchen und Klümpchen, welche im Magen sehr verbreitet waren, durch Weichheit bei der Berührung und schwach gelbe Farbe unterscheidbar waren. In dem Magengrunde war eine zusammengeballte Portion Schleimhaut, 4" 52 ■ Ein Arsenik - Vergiftungs - Fall. welche leicht ausziischieben war und durch ihre stärkere gelbliche Farbe auffiel. Speisereste fanden sich in dem Ma- gen keine vor. . Verschiedene Theile des Magens wurden mit Chlorwas- serstofttiäure , destillirtem Wasser und chlorsaurera Kali wie bekannt behandelt und im Berzelius-Marsh'schen Apparate geprüft, aber keine Metallspiegel erhalten. Ich nahm sodann 1,5 g. der gelben Haut, brachte sie mit dem bei mechanischer Untersuchung des Magens erhalte- nen Spritz wasser, dem vierfachen reiner Chlorwasserstoifsäure in ein Glaskölbchen und destillirte aus einem Chlorcalcium- bade über einer Argand'schen Spirituslampe in ein Glaskölbchen, in welches die üampfleitungsröhre nur halb eintauchte. Dieses Kölbchen stand in einem Becherglase kalten Wassers. Das lichtgelbliche Destillat mit seinem doppelten Volum destillirten Wassers verdünnt wurde nun tüchtig mit Schwefelwasserstoffgas durchgast, was reichlichen gelben Niederschlag erzeugte. Das Glas mit demselben wurde mit einem Glasblättchen bedeckt, in temperirtem Räume einige Zeit stehen gelassen und dann die den Niederschlag enthaltende Flüssigkeit durch ein genau gegeneinander gewogenes Doppelfilterchen filtrirt; der ausge- waschene Niederschlag gewogen. Um ihn als Schwefelarsen festzustellen, brachte ich die Hälfte des Filterchens in ein Porcellanschälchen , übergoss es mit verdünntem Salmiakliquor und erwärmte es. Der gelbe Niederschlag löste sich leicht vom Papiere und abgedampft, nachdem das abgespülte Filterfetzchen herausgezogen war, ergab er citrongelbe Keifchen. Mit etwas Magnesit zusam- mengerieben xmd mit Cj^ankalium versetzt brachte ich's warm in eine trockene Glasröhre mit ziigescliniolzenem und kugelig ausgeblasenen Ende. Erwärmt resultirte ein deutlicher Me- tallspiegel. Ausser den paar Körnlein weisser arseniger Säure war also in der gelben Haut noch Schwefelarsen vorhanden; in der faulenden Substanz durch Einwirkung von sich entwickeln- dem SchwefelwasserstofT auf arsenige Säure entstanden. In Ein Arsenik - Vergiftungs - Fall. 5 3 Form von Chlorarsen während der Destillation übergetrieben nnd im Destillate wieder als arsenige Säure gelöst, wurde es als Schwefelarsen gewogen. 6) I)w irflene' Kachel, in der das Apfelmuss gekocht worden sein mag, ergab bei der Cntersuchung mit scharfer Loupe schon erkennbai'e Körnchen von Qaarzsand. Mit allen Jlitteln war keine Spur darin von Arsenik nachzuweisen. Sie war offenbar sorgsam gescheuert worden. Ebenso noch verschied erie andere bei der polizeilichen Untersuchung aufgegriffene Gegenstände zeigten keine Arse- nik - Reactiom Mit besonderer Freude er%vähne ich der schön resultirten mikroskopischen Sublimate und Verdunstungskryställchen, Bei vielen mir vorgekommenen forensischen Untersuchungen verschiedenster Art haben sich mir die mikroskopischen Ob- jecte sublimirter Giftstoffe als besonders überzeugend bewährt. Die mikrochemische Diagnostik bleibt mir eine der beliebte- sten. Wo Form und chemische Eeaction einander unter- stützen, bildet die doppelte Gewissheit feste Ueberzeugung. Dem Mikroskope werde in der Toxikologie neben der che- mischen Analyse immer wo thunlich die gebührende An- wendung. 54 B. Mouatsbericht. I. Clieiiiie. Ueber Absorption Ton Ozon in Wasser. Zur endgiltigen Entscheidung der Frage, ob Ozon in Wasser löslich sd oder nicht, stellte L. Carius nach der Methode von Sorot (Compt. rend. 56, 390) Ozon dar, indem er abgekühlte verdünnte Schwefelsäure unter Anwendung von Platiniridium - Drähten als Electroden electrolysirte. Der so erhaltene ozonhaltige Sauerstoff wurde 2 Stunden lang in Wasser von -f- 0,5 — 3^ Temperatur geleitet und auf die voll- kommen mit dem Wasser gefüllten Flaschen der Glasstöpsel so aufgesetzt, dass noch Wasser herausdrang, also unabsor- birtes Ozon gänzlich ausgeschlossen wurde. Die Prüfung die- ses OzoHwassers gab folgende Resultate: 1) Die Flüssigkeit zeigte starken Ozongeruch. 2) Auf Zusatz von Jodkaliumlösung zu dem Wasser färbte dieses sich dir e et braun und der weitere Zusatz von Stär- kelösung brachte eine blaue Färbung und später blaue Fäl- lung hervor. Wurde umgekehrt das Ozonwasser zu Jod- kalium - Stärkelösung gesetzt, so entstand Blaufärbung, welche auf weiteren Zusatz von Ozonwasser verschwand. Auch wässrige Jodlösung wurde durch Ozonwasser entfärbt. In beiden Fällen beruht das Verschwinden der Farbe auf Bil- dung von Jodsäure. 3) Setzt man zu Ozonwasser in geschlossenen Gefässen etwas Thalliumoxydullösung, so entsteht nach einiger Zeit (bei concentrirtem Wasser schon nach Yü Stunde, bei ver- dünntem langsamer) die Abscheidung von braunem Thallium- oxyd, dessen Natur auch durch Prüfung des gesammelten Niederschlages festgestellt wurde. Ueber Absorption von Ozon in Wasser. 55 Das Ozonwasser entfärbt energisch Indigo und Lackmus und färbt Guajactinctur tief blau. Lässt mau Ozonwasser an der Luft stehen, so verliert es sehr bald seinen Greruch und die intensive Wirkung auf die genannten Reagentien vollständig. Wurde aus einem ganz gefüllten Cylinder etwas Wasser herausgelassen, so dass Luft an dessen Stelle trat, so entstand ein Gemenge von Luft und dem in dem Wasser gelösten Gase, welches alle Ozonreactionen gab. Aus diesem Verhalten des mit Ozon behandelten Was- sers geht hervor, dass dasselbe Ozon in nicht sehr geringer Menge gelöst enthielt. Um nun den etwaigen Einwurf, dass möglicherweise jene ßeactionen, so unwahrscheinlich dies auch sein mochte, durch Wasserstoffhyperoxyd oder salpetrige Säure hervorgebracht worden sein konnten, zu beseitigen, liess man sorgfältig berei- tetes Ozonwasser, vor Staub und Ammoniak bewahrt so lange an der Luft stehen, bis es (nach einigen Tagen) auf Jodka- liumstärkelösung nicht mehr einwii-kte und prüfte dann die Lösung mit empfindlichem blauen Lackmuspapier, so wurde letzteres durchaus nicht verändert. Salpetrige Säure war demnach nicht zugegen. Um die Prüfung auf Wasserstoffhyperoxyd anzustellen, wurde das Einleiten des ozonhaltigen Sauerstoffs länger als gewöhnlich, sogar 12 Stunden lang, fortgesetzt. Das so erhal- tene Product konnte mit Aether und kleinen Mengen sauren chromsauren Kalis geschüttelt werden, ohne dass der Aether gebläut wurde. Auch in dem durch Erwärmen auf 30 — 40** vom Ozon aber befreiten Wasser konnte durch Zusatz von Eisenvitriollösung kein WasserstofFhyperoxyd nachgewiesen werden. Man kann also schliessen, dass das hier geprüfte Wasser allein Ozon (und Sauerstoff) aber keine nachweisbaren Spu- ren von salpetriger Säure oder Wasserstoffhyperoxyd enthielt. Auch auf beliebigem anderen Wege dargestellter ozonhaltiger Sauerstoff muss, wenn rein, in Wasser geleitet eine Lösung liefern, welche frei von den genannten beiden Körpern ist. Um die Absorptionsgrösse des Ozons für Wasser zu bestimmen, wurde ein bei -|- 2 — 4*^ gesättigtes Wasser in geeigneter Weise mit Jodkaliumlösung versetzt und das aus- geschiedene Jod nach B u n s e n titrii't. Das Resultat dieser Bestimmungen war, dass 1000 CC. Wasser bei -j- 2 — 4''C. ■neben aufgenommenem Sauerstoff 3,86 — 5,11 CC. Ozon (auf 0** und 760mm reducirt) enthalten können. 56 TJcbcr salzsaurc Thoncrde des Handels. Scliliesslich sei bemerkt, dass das sogenannte Ozonwas- ser der Fabrik Krebs, Kroll u. Co. zu Berlin, welches auf Veranlassung' des pract. Arztes Dr. Lender geprüft wurde, Ozon, aber nicht nachweisbare Mengen von Wasser- stofthyperoxyd, salpetriger- oder Untersalpeter - Säure enthielt. Die quantitative Prüfung ergab, dass 1000 CG. dieses käuf- lichen Ozonwassers 4,06 — 4,45 CG. Ozon (reducirt auf 0^ und 760 mm) enthielten. (Ber. d. ehem. Ges. z. Berlin. 5. Jahrg. Heft 11. 2L Juni 1872. S. 520.). E. M. Ucber salzsaure Thonercle des Handels. Alexander Müller hat das als Desinfcctionsmittel vielfach angepriesene Chloralum , eine dünne Flüssigkeit von hell ölgelber Farbe und Cliloralumpowder, eine weisse chlor- kalkähnlichc Masse, untersucht und ersteres bestehend gefun- den aus : 1 9,1 \ i 1 6,0 Proc. Ghloraluminium, gelöste Be- ) 1,7 „ Chlorcalcium (bezüglich Magnesium), standtheile \ 0,1 „ schwefelsaures Natron, wasserfrei. [ 1,2 „ Salzsäure, 80,9 „ Wasser. ~99^9^ Das Chloralumpowder enthielt: 20,9 Proc. Wasser, Chloraluminium, schwefelsaure Thonerde, schwefelsauren Kalk, schwefelsaures Natron, in Salzsäure lösliche Thonerde, Kaolin, wasserfrei, freie Kieselsäure. 100,0. Daraus ergiebt sich mit Wahrscheinlichkeit, dass zur Darstellung von Chloralum die Sodafabriken ihre fast nicht zu vervverthende Salzsäure auf schwach geröstete Porzellan- erde einwirken lassen. Wird unter Zusatz von Chlornatrium und Schwefelsäure, oder dem E.ectificationsrückstand der rohen 13,4 40,77o löslich in 4,1 9,1 Wasser. 7 14,1 15,5 jj 22,9 o/ounlösl.f 13,5 in Salzsäure.! 9,4 » )> Ceb. die Erstarrungstemperatur etc. — Synthese aroniat. Monamine etc. 57 Salzsäure der vom Chloralum herrührende Thonerderückstand bei gelinder Hitze getrocknet, so gewinnt man Chloralum- powder.*") (Ber. der deutsch, ehem. Ges. z, Berlin. 24:. Juni 1872. Heft 11. S. 519.). E. M. lieber die Erstarrimgstemperatur des Anilins. Ueber die Erstarrungstemperatur des Anilins wurde bis- her die Angabe gemacht, dass dasselbe bei — 20 "^ noch flüs- sig sei, aber in einer Mischung von Aether und fester Koh- lensäure zu einer krj^stallinischen Masse erstarre. E. Lucius hat jetzt die Beobachtung gemacht, dass reines Anilin unter — 8^ fest ist. Ein geringer Gehalt an flüssigem Toluidin verhindert das Erstarren. {Ber. d. deutsch, ehem. Ges. zu Berlin. 11. März 1872. Heft 4. S. 15i.). E. M. Synthese aromatischer Monamine durch Atomwande- rung im Moleküle. Nachdem A. W. Hof mann vor einem Jahre in Gemein- schaft mit Martins nachgewiesen hatte, dass überschüssiger *) Eine klare Fassung werden obige Vorschriften, die zwar mit denen in dem betr. Hefte der deutsch, ehem. Gesellschaft zu Berlin harmoniren, bekommen, wenn man bedenkt, dass das Chloralum durch Einwirkung von roher Abfallsalzsäure auf schwach gerösteten Porzellanthon darge- stellt wird. Das Chloralu mpowder enthält nun eine derart be- trächtliche Menge von schwefelsauren Salzen überhaupt, nemlich 27,3 "/o worunter 14,1,, schwefelsaures Natron 9,1 „ schwefelsaurer Kalk 4,1,, schwefelsaure Thonerde dann 13,4,, Chloraluminium und 15,5 „ in HCl lösliche aber hier ungelöst erscheinende Thonerde. Die wirkliche Vorschrift wird nun wahrscheinlich dahin lauten : ,,Der von der Einwirkung von HCl auf den Thon (zum Behufe der Darstellung von Chloralum) übriggebliebene Thonrest wird unter Zusatz von NaCl und H"^SO* oder dem Eectiiicationsrückstand der rohen Salz- säure bei gelinder Hitze allmählig getrocknet." Zeiner. 5$ Synthese aromatischci- Mouamiuc durch Alomwanderung im Moleküle. Methylalkohol bei höherer Temperatur unter Druck auf salz- saures Anilin einwirkend dieses ausser in Dimethylanilin in Triamine sämmtlicher bis dahin bekannter Homologen des Anilins umbildet, hat er neuerdings durch Vereinfachung der gegebenen Bedingungen E-esultate erzielt, welche es gestatten, einen Einblick in die Reaction zu gewinnen, in welcher sich diese Umwandlungen vollziehen. Trimethylphenj^lammoniurajodid /qhsns r ^J» dargestellt aus käuflichem Dimethylanilin, welches letztere bei 192^ siedete und dessen Schmelzpunkt bei + 0,5 Grad lag, wurde, in Glasröhren eingeschmolzen, einer Temperatur von 220'' — 230" ausgesetzt. Nach einigen Stunden hatte sich der ursprünglich krj^stallinische Inhalt dieser Höhren in eine honigartige Masse verwandelt, welche, in Wasser gelöst und mit Alkali behandelt, nicht mehr den ursprünglichen, in Alkali bekanntlich unlöslichen Körper, sondern ein Gemenge von IJasen abschied, welches, nach der Destillation im Wasser- dampfstrome und langdauernder fractionirter Destillation sich als ein Gemisch folgender Bestandtheile erwies: Die leichtest siedende Fraction war Dimethyltoluidin (0113)2 [ N vom Siedepunkt 186" und 0,9324 spec. Gew., eine Base, welche sich mit Jodmethyl bei gewöhnlicher Tem- peratur leicht zu einem Ammoniumjodid vereinigt. Die nächst höher siedenden Fractionen, etwa bis 203" Siedepunkt, lie- ferten mit Jodmethyl behandelt neben quartärem Jodid der niedrigst siedenden Base, eine tertiäre Base von der Zusam- mensetzung des Dimethylxylidins ((JH^)^ \ ^- Dasselbe siedete bei 196", hatte ein Vol. -Gew. von 0,9293 und bildete nur äusserst schwierig mit Jodmethyl die zugehörige Ammo- niumbase. Letzterer Umstand machte es leicht, das Dime- thylx3^1idin rein zu einhalten. Die Darstellung von Dimethyl- xylidin aus jenem Gemenge durch einfaches Methyliren mittelst Jodmethyl liefert den Beweis, dass jenes Gemisch von Basen in den benutzten Fractionen hauptsächlich aus Methylxylidin Q6H3(CH3)2] CH» > N bestand. H ) Zur Vergleichung mit dem hier beschriebenen Dimethyl- xylidin wurde aus bei 216" siedendem Xy lidin die tertiäre Base dargestellt. Dieselbe siedete bei 203", also 7" höher Synthese aromatischer Monamine durch Atomwanderung im Moleküle. 59 als das synthetisch erhaltene Dimethylxylidin. Mit Jodmethyl verband sie sich bei 100<> ziemlich leicht. Hieraus, sowie aus der SiedepunktsdifFerenz ergiebt sich unzweifelhaft, dass beide »Substanzen nicht identisch, sondern nur isomer sind. Die über 203*^, etwa bis 220^ siedenden Fractionen lie- ferten bei der Behandlung- mit Jodmethyl ausser Dimethyl- xylidin das Jodid einer Ammoniumbase von derZusammensetung /PJJ3N3 r NJ, also Trimethyltoluylammonium. Durch Be- handlung mit Silberoxyd und trockne Destillation der dadurch gebildeten Ammoniumbase /QHsy j NHO wurde dieselbe in Methylalkohol und ein Dimethyltoluidin von 205° Siede- temperatur und 0,9368 spec. Grewicht zerlegt. Zur Verglei- <;hung aus Paratoluidin (der festen Toluidinmodification) dar- gestelltes Dimethjdtoluidin siedete bei 210'^ und hatte ein Vol. - Gew. von 0,938. Es muss bei so geringen Unterschie- den dahingestellt bleiben, ob beide mit einander identisch sind, oder ob die synthetisch erhaltene Base einem der bei- den andern möglichen Toluidine angehört. Wenn man, statt das Trimethylphenylammoniumjodid nur auf 220° zu erhitzen, die Wärme bis zu 330 bis 350° stei- gert, so wird der bei 220° amorph gewordene Eöhreninhalt wieder in eine grossstrahlige Crystallmasse vervv^andelt. Durch Auflösen in Wasser, Zersetzung der Lösung mittelst Alkalis und geduldiges Fractioniren der ausgeschiedenen Basen erhält man als Hauptproduct ein Isomeres des Cumidins, vielleicht C6H2(CH3)^ identisch mit Mesidin von der Zusammensetzung -rT2 >N, dem Siedepunkt 227° und dem spec. Gew. 0,9633. Dass die Base primärer Xatur ist, ergiebt sich aus der Leichtigkeit, mit welcher sie mit ChlorwasserstofFsäure krj'-stallisirbares Salz liefert und aus der Darstellung der tertiären Base durch zweimalige Einwirkung von Jodmethyl. Die so gewonnene tertiäre Base, einstweilen als Dimethylcumidin bezeichnet, (Ch44 ^' ^^®^®* ^®^ 213°— 214° und besitzt ein Vol.- Gew. von 0,9076. Jodmethyl war selbst bei gesteigerter Temperatur nicht im Stande, damit ein quartäres Jodid zu bilden. Ausser diesem Hauptproduct wurden durch Nebenreac- tionen einige interessante ISTebenproducte gebildet. So ein Kohlenwasserstoff, dessen Zusammensetzung wahrscheinlich Co Synthese aromatischer Monaniiue durch Atomwanderung im Moleküle. der des vollständig methylirten Benzols: C®(CH^)^ entspricht und eine schön krystallisirte Base H^ f ■^* Auch ge- ringe Mengen Xylidin Hessen sich neben diesen höher methy- lirten Producten nachweisen. Betrachtet man die Zusammensetzung der vier in diesen Reactionen gebildeten Hauptproducte genauer, so findet man, dass die Zusammensetzung des urspriAnglichen Materials , des Trimethylphenylammoniumjodides nicht verändert worden ist. Es hat vielmehr innerhalb des Moleküls dieser Substanz ein- fach eine Umlagerung stattgefunden, in der Weise, dass mit immer gesteigerter Temperatur das quartäre Jodid in das Salz einer tertiären, dieses in das Salz einer secundären Base umgewandelt und endlich ein jodwasserstoffsaures Salz einer primären Base gebildet worden ist. Eine Zusammenstellung der Formeln der einzelnen Körper wird den Zusammenhang deutlicher ins Auge fallen lassen: Quartäres Jodid (CK^Y i ^^ Salz der tertiären Base (CR^)^ f -^-^J- Q 1 ^ r- p C«H3(CH3)2 I balz der secundären Base CR^ -rr r ^nj. cz^ A ■ ■■ R cm\cR^y I „„_ Salz der primären Base H'^ j JNHJ. Weiter ist auffallend, dass bei mehren dieser so erhalte- nen Basen durch Eintritt von einer oder zwei Methylgruppen entgegengesetzt sonstigen Erfahrungen der Siedepunkt nicht erhöht, sondern erniedrigt wird, wie dies das eine Dimethyl- toluidin, die Dimethylxylidine, das Dimethylcumidin zeigen. Angesichts der gemachten Erfahrungen lag der Versuch nahe, aus einer secundären Base sofort eine primäre darzu- stellen. Bekanntlich wird durch Einwirkung von Methylalko- hol auf salzsaures Anilin Methylanilin erhalten, ein Verfahren, nach welchem das im Handel vorkommende Methylanilin im Grossen dargestellt wird. Der Versuch lehrte nun, dass, wenn die Temperatur bis auf SöO*^ gesteigert wird, aus dem Salzsäuren Methylanilin pH^ H T ^HCl salzsaures Toluidin JJ2 I NHCl entsteht. Das so dargestellte Toluidin tieber Hyoscyamiil. 61 ist also festes- Paratoluidin. {Ber. a Berlin. Jahrg. 5. Heft U. Seite 7i u. s. f. 13. Aug. 1872.). E. M. schmilzt bei -\- 45°, ist also festes- Paratoluidin. {Ber. der deutsch. Chem. Ges. zu Berlin. Jahrg. 5. Heft IL Seite lOi lieber Hyoscyaiiiiii. Durch vorsichtige Destillation des amorphen Hyoscyamins im Wasserstoffstrome erhielt Dr. G-. Merck eine farblose Flüssigkeit, welche nach seiner Ansicht die reine Ease reprä- sentirt und ihren Platz demnach 'neben Nicotin und Coniin finden würde. — Frisch bereitet stellt es eine farblose, schwach ölige Flüssigkeit dar, den äussern Ansehen und dem Gerüche des Coniins gleich. Es ist nicht nur in Alkohol und Aether leicht löslich, sondern wird auch von Wasser reichlich aufge- nommen; in Chloroform und Benzin ist es nur theilweise lös- lich. An der Luft färbt es sich rasch gelb und braun, wird, dickflüssiger und verbreitet dabei einen intensiven unangeneh- men Geruch und ist in Aether dann nicht mehr vollständig löslich. Es reagirt stark alkalisch und neutralisirt die Säu- ren vollkommen. Die sehr leicht löslichen Salze sind schwer krystallisirbar. Bei dem salz- und schwefelsauren Salze gelang es gar nicht, während das salpetersaure lange Nadeln bildete, die sich aber schwer von der Mutterlauge befreien Hessen. In trockener krystallinischer Form wurde das oxalsaure Salz erhalten. (Neuen Jahrh. für Pharmac. Bd. XXXVIII. Heft ^. pag. 203.). C. Schulze. Bemerkung. Zu dem vorstehenden Artikel in seiner vollständigen No- tiz über Hyoscyamin a. a. 0. sagt Herr Dr. G. Merk: „Nur Thorey will es auch in krystallinischer Form darge- stellt haben" (Pharm. Zeitschrift lür Russland 1869). Ich möchte Herrn Merk bitten, meinen Artikel über die Darstel- lung des Hyoscyamins (im Archiv d. Pharmacie II. Reihe, 127. Bd. Seite 102 — 107, im Jahre 18 66) nachzulesen, wo ich unterstützt von meinem damal. Institutsmitglied , Herrn Fried richKem per aus 2 Pfund Semen Hyoscyami schöne 62 Ueber Guajacol und Kreosot. weisse Krystallnadeln von Hyoscyamin erhielt, deren stark pupillenerweiternde Eigenschaft Prof; Czermack (jetzt in Leipzig) constatirtö. Später hat mir von Nordhausen aus, wo er conditionirte, Herr Friedr. Kemper nach unserer Methode, mit Benzol gereinigtes Hyoscyamin frisch krystallisirte weisse Nadeln eine Untertasse voll, wenn auch nur sehr locker und zart vorgelegt, wesshalb er express von Nordhausen herüber nach Jena kam. Er ist jetzt Apotheker in Osnabrück und wird Herrn Merk auf Anfrage gern Rede stehen. Seit Geiger und unserer Untersuchung hat, behaupte ich, sich niemand eingehend mit diesem Thema beschäftigt und die Lehrbücher schrieben eben Geiger nach. Wenn Höhn nur amorphes Hyoscyamin bekam, so liegt das in der grösse- ren in Arbeit genoraraenen Samenmenge, wodurch die Wahr- scheinlichkeit der Veränderung des kryst. in amorphes Hyos- cyamin vergrössert wird. (Mein damaliger Assistent H. Höhn verarbeitete in meinem Laboi^atorium 10 Pfund Samen und als späterer Assistent von Prof Reichardt noch viel mehr. Ich bitte Herrn Merk, mit kleinen frischen Samenmengen nach meiner Methode zu arbeiten , ob es ihm nicht ebenfalls gelingt, kryst. Hyoscyamin zu erhalten. Jena, den 30. Nov. 1872. Dr. H. Ludwig, a. Prof. in Jena. Uelber (xuajacol und Kreosot toii Williams. Einige sind der Meinung, dass Kreosot zum grossen Theil nichts Anderes sei, als Guajacol, ein öliges Zersetzungspro- duct, das bei der trocknen Destillation des Guajakharzes gewonnen wird. Um dies zu erproben, stellte sich der Ver- fasser Guajacol selbst dar und erhielt es als ein öliges , farb- loses, allmählig sich strohgelb färbendes Liquidum, von weni- ger unangenehmen Geruch wie das käufliche Kreosot, bedeu- tend schwerer als Wasser. Es fing bei 200° an zu sieden, der Siedepunkt stieg bald bis auf 210°, wobei ^/j„ übergingen, der Ptcst bei 215°. Stark lichtbrechend, im Geschmack, wie käufliches Kreosot. Löslich in concentrirter Essigsäure, un- löslich in Glycerin. lieber Guajacol und Kreosot. 63 Im Handel kommen verschiedene Arten Kreosot vor, das englische, von Morson fabricirte, soll aus schwedischem Fichtenholztheer bereitet werden, das Deutsche dagegen wird aus Buchenholztheer gewonnen Das aus Steinkohlentheer dargestellte sogenannte Kreosot ist grossentheils Karbol- und Kressylsäure, Das englische Kr. fängt bei 100*^ an zu sie- den, der Siedepunkt steigt bis 231'^, der des dann noch vor- handenen Eestes ist noch höher. Deutsches Kr. fängt bei 200^ an zu sieden, der Siedepunkt steigt aber nur bis 220". Keine Karbolsäure siedet constant bei 180*'. Enghsches Kreo- sot ist in Glj^cerin unlöslich, deutsches löslich, Karbolsäure löst sich in jedem Vei-hältniss. Enghsches Kreosot, in Kali- lauge gelöst, giebt beim Verdünnen mit Wasser eine milchige Elüssigkeit und liefert bei der Destillation eine merkliche Menge leichtes Oel. Die Lösung des deutschen Kreosots trübt sich nicht mit Wasser und giebt kein Oel. Da Guaja- col in Glycerin unlöslich ist, so war zu ermitteln, warum sich das deutsche Kreosot hierin anders verhalte , man durfte um so eher auf einen Gehalt an Karbolsäure kommen, da engli- sches Kreosot wie Guajacol durch einen Zusatz von Karbol- säure bis zu 50*^/0 in Glycerin gleichfalls löslich werden. Wie ist nun Karbolsäure in reinem Kreosot nachzuweisen? Nach Flückiger soll man zur Unterscheidung von Kreosot und Karbolsäure etwas davon zu einer sehr geringen Menge Eisenchloridlösung thun, dann Alkohol und schliesslich viel Wasser hinzufügen. Karbolsäure bewirkt alsdann eine schöne blaue Färbung, Kreosot aber ein schmutziges Braun, Der Verfasser hat diese Probe für reine Substanzen völlig richtig gefunden, aber nicht ausreichend für Mischungen von Kar- bolsäure und Kreosot, in denen stets die braune Farbe auf- tritt. Nach den Chemical News scheidet Bromwasser aus einer wässrigen Lösung von Karbolsäure ein weisses, aus einer Lösung von Kreosot und Guajacol aber ein braunes Oel ab. Diese Probe, auf Mischungen von beiden angewen- det, führt nicht zum Ziele, da das sich ausscheidende Oel immer braun ist. Starke Aetzammoniakflüssigkeit löst Karbolsäure mit Leichtigkeit (die Lösung wird an der Luft bald blau), Gua- jacol und Kreosot aber, englisches wie deutsches, sind in Aetzammoniak nur theilweise löslich, dies etwa zur Hälfte, jenes zu einem Viertel. Aus der ammoniakalischen Lösung scheidet sich durch Neutralisation mit Säuren das Kreosot wieder ab. Der aus dem Englischen so wieder erhaltene Antheil roch, nachdem er destillirt worden, mehr nach Guajacol 64 Zusammenhang zwischen d. Geruch u. d. Condensirbarkeit d. Gase. als das ursprünglich verwendete Kreosot, der Siedepunkt näherte sich 210°, bei 220" ging Alles über. Er war unlös- lich in Glycerin. Der in Ammoniak unlösliche Antheil des englischen Kreosots roch sehr unangenehm, der Siedepunkt niedriger als der des löslichen Antheils. Unlöslich in Glyce- rin. Der lösliche Theil des deutschen Kreosots roch dem Guajacol ganz ähnlich. Der Siedepunkt nicht merklich ver- ändert. Löslich in Glycerin. Der unlösliche Antheil hatte den früheren Siedepunkt des Kreosots behalten, war aber in Glycerin unlöslich. Die Körper der Phenolreihe geben mit Salpetersäure Trinitrophenol , Ki'eosot oder Guajacol hingegen sollen nur Oxalsäure liefern. Letzteres findet der Verfasser nicht be- stätigt; er erhielt bei Behandlung des Oxydationsproducts von Kreosot und Guajacol mit Chlorkalk ebensowohl Chlor- pikrin, erkennbar an seinem widerlichen Gerüche, wie aus dem der Karbolsäure Sulphosäuren , einestheils mit Karbol- säure, anderntheils mit Kreosot oder Guajacol dargestellt, zeigten sich in ihrem Verhalten so ähnlich, dass dadurch kein Mittel gegeben war, Karbolsäure im Kreosot aufzu- finden. Der Verfasser kommt zu dem Schluss, dass englisches Kreosot ein echtes Product, jedoch kein homogener Körper, vielmehr ein Gemisch isomerer Substanzen sei. Da im deut- schen Kreosot trotz seiner Löslichkeit in Glycerin Karbol- säure sich nicht nachweisen lässt, so muss der Unterschied desselben entweder in dem verschiedenen Ursprünge, oder in einer besondern Bereitungsweise seinen Grund haben. Das Deutsche nähert sich im Geruch und Siedepunkt mehr dem Guajacol, als das Englische. {The Phannac. Journ. and Transact. Thinl. Ser. Part. XXVIl Nr, CXV—CXVIIl Septhr. 1872. p. 231 f.). Wp. Zusaiumeiihaiig zwischen dem Oerucli iiiicl der Con- densirbarkeit der Oase Yon Treres. Der Verfasser macht darauf aufmerksam, dass nur die- jenigen Gase zu Flüssigkeiten oder festen Körpern verdichtet werden können, welche Geruch haben und umgekehrt, dass die geruchlosen Gase jeder Verdichtung widerstehen. Dieser Carbazoi. 65 Zusammenhang findet für einfache und zusammengesetzte (Tase statt. Das stark riechende Chlor ist leicht flüssig ge- macht, während der geruchlose Sauerstoff, Wasserstoff", Stick- stoff" unter jedem Druck und bei jedem Kältegrade ihren (laszustand beibehalten; das geruchlose Kohlenoxydgas lässt sich nicht condensiren, wohl aber die riechende Kohlensäure. In den meisten Fällen kann man sogar ein Verhältniss zwi- schen der Geruchsstärke*') bei Gasen und ihrer Verdich- tungsfähigkeit nachweisen. (^The Pharmac. Journ. and Transact. Third. Ser. Part. XXVII. Nr. GXV—CXVIIl Septbr. 1872. p. 181.). Wp. Carbazoi. Dieser neue stickstoffhaltige Bestandtheil des Steinkoh- lentheers wurde von Grabe und Glaser gelegentlich gefun- den bei der Reinigung des ßohanthracens im Grossen. Die Verfasser geben demselben die Formel C^^H^N und haben sie die gleiche Verbindung auch durch Hindurchleiten von Anilin und Dipheuylamin durch glühende Röhren erhalten. Das dem Rohanthracen sehr ähnliche Rohmaterial wird in 8 Theilen über 100*^ siedender Theeröle (Gemenge von To- luol und Xylol) gelöst, eventuell filtrirt, 1^2 Theile Pikrin- säure zugesetzt und zur Lösung erwärmt. Beim Erkalten scheidet sich die Verbindung Carbazoi - Pikrinsäure in rothen Säulenkrystallen aus, welche mit Theeröl gut gewaschen und zur Abscheidung des Carbazols mit ammoniakhaltigem Was- ser gekocht werden. — Es scheidet sich so in Krystallen aus, die durch ümkrystallisiren aus Spirit. alkoholisat. farb- los erhalten werden und dann weisse Blättchen und Tafeln bilden. Von den Eigenschaften dieses theoretisch interessanten Stoffes heben wir hervor, dass es bei 238^ schmilzt, leicht- löslich ist in Aether, Alkohol, Benzol, Schwefelkohlenstoff, *) Wie aber die Geruchsstärke messen , ;bei der notorisch so grossen Verschiedenheit der Empfindung der Geruchsorgane .•■ bei verschiedenen Individuen sowohl, als bei demselben Individuum je nach der sanitarischeu Disposition? So lange es keinen Geruchsstärke - Gradmesser giebt, wird man wissenschaftlich auch nicht wagen dürfen, obiges Verhältniss zwischen Geruchsstärke und Verdichtungsfähigkeit nachweisen zu wollen. Arcb. d. Pharm, III. Keihe. II. Bds. 1. Heft, 5 66 Zur Kenntniss des Nicotins. Eisessig und Chloroform und von Salzsäure und verdünnter Schwefelsäure nicht verändert wird. Löst man dagegen Car- bazol in reiner concentrirter , auch rauchender Schwefelsäure in der Kälte, so ist die Flüssigkeit gelb und wird bei der Sättigung branngelb. Die geringste Spur Salpetersäure oder salpetrige Säure tarbt die Schwefelsäure auch bei sehr klei- nen Mengen Carbazol intensiv grün. Gleich wirken auch andere Oxydationsmittel, wie Chlor, Brom, Jod, Chrom- säure etc. Die in der Kälte bereitete Lösung in concentrirter Schwefelsäure lässt beim Vermischen mit Wasser dasselbe zum grössteu Theil wieder fallen. Möglich, dass diese Reac- tion noch eine Verwendung in der Prüfung der Schwefel- säure findet. Wird Carbazol mit Jodwasserstoffsäure und Phosphor 8— 10 Stunden lang auf 220 — 240" erhitzt, so erhält man eine organische Base, die gleich C^^H^^N und sich durch grosse Krystallisationstahigkeit auszeichnet. (Aus Annalen d. Ch. u. Ph. 163. 3. Schiveiz. Wochenschrift 46. 1872.). H. L. Zur Kenntniss des Nicotins y. H. Weidel. Huber hatte (Ann. Chem. Pharm. 141. 277) durch Oxy- dation des Nicotins mit Chromsäure eine von ihm Pyridin- carbonsäure*) C^H-'^NO^ genannte Säure gewonnen, welche bei Behandlung ihres Kalksalzes mit Aetzkalk Pyridin gab: C^H^N. Der Verf. stellte nun mittelst rauchender Salpetersäure aus Nicotin eine Verbindung dar vom Character der Amidosäu- ren, die gleichfalls Pyridin ausgab und sich der Huber'schen Säure sehr ähnlich zeigte. Sie selbst krystallisirt gut und bildet zum Theil ausgezeichnet krystallisirende Verbindungen: mit Salpetersäure, Schwefelsäure, ein Platindoppelsalz, ein Kalksalz u. s. w. Durch sehr umfassende Bestimmung wurde für die Säure, die Verf. Nicotinsäure nennt, die Formel CIO H 8^2 03 festgestellt. Eine durchaus identische Verbindung erhielt Verf. auch nach dem Huber'schen Verfahren und schiebt er die Abwei- chung auf die Bestimmungsmethoden , besonders des Stick- stoffs. Verfasser hielt es ferner für möglich, aus dem Alde- hyd der Brenzweinsäure zur Synthese des Nicotins zu ♦} C = 12. lieber Frangulin und Frangwlinsäure, Cil gelangen, wie A. Bayer ans Crotonaldehyd das Aldehydin gewann nach der Gleichung: 2(C'^H60) + NH3 = C^HiiN + 2H20 Crotonaldehyd. Aldehydin. 2(C5H802) + 2NH3 = Cioiii4]vf2_j_ 4j.po Aldehyd des Brenzweins. Nicotin. (Afmal d. GJiem.- Pharm. GLXV. (n. R. LXXXIX.) Bft. 2 u. 3. 329.). Et. lieber Frangulin und Frangulinsäure y. Aug. Faust. Aus der Faulbaum rinde (Rhamnus Prangula) hat Verf. reines Frangulin gewonnen durch Ausziehen mit 90procen- tigem Alkohol, Fällen der Lösung durch Bleizucker, wodurch Frangulin nicht niedergerissen wird. Aus dem Filtrat wird das- selbe sodann durch Bleiessig gefallt, die Bleiverbindung dui'ch Schwefelwasserstoff zerlegt, aus Alkohol umkrystallisirt. Das reine Frangulin schmilzt bei 225 '^, ist in Alkalien mit kirsch- rotlier Farbe löslich, verhält sich wie ein Glycosid und giebt mit Säuren behandelt: C2oj£2ooio ^ C^^HSO^ + C^Hi^Oe.*) Frangulin. Frangulinsäure u. Zucker. Die Frangulinsäure Ci^H^O* + 1 VgH^O ist krystallinisch und kann direct durch Ausziehen der Rinde mit natronhalti- gem Wasser, Versetzen des Filtrats mit Salzsäure, Aufneh- men in Alkohol, Fällen mit Bleizucker und Bleiessig u. s. w. gewonnen werden. Ihr Schmelzpunkt liegt bei 252 — 254", sie ist sublimabel , wird durch Zinkstaub in alkalischer Lö- sung entfärbt und , geleitet über glühenden Zinkstaub , zu Anthracen reducirt. Verf. stellte noch dar C^^IPBr^O'^, Dibromfrangulinsäure, durch Eintröpfeln von Brom in alkohol. Lösung und Gl* H6(C2H3 0)2 0^ Diacetylfrangulinsäure, durch Erhitzen mit überschüssigem Chloracetyl in verschmolzenen Röhren. Die Verbindung ist aufzufassen als Dihydroxyl -Anthra- chinon, also als isomeres Alizarin. {Ännal. d. Chem. u. Thann. GLXV {neue Reihe LXXXIX). Hfl. 2 u. 3. 229). Et. '') C = 12. 5-* 68 Samaderin. — TTeber die Gerüche der Pflanzen. Samaderin toii de Vry. Diesen Namen hat Rost v. Tonn in gen einem kry- stallisirbaren Bitterstoffe aus der Samaderarinde (Samadera indica Gärtn.) gegeben. De Vry gelang es nicht, den- selben anders als amorph zu erhalten, und zwar indem er das alkoholische Extract der Rinde mit Wasser behandelte, bis dies keinen bitteren Geschmack mehr annahm , dann der wässerigen Flüssigkeit mit Holzkohle den Bitterstoff entzog und schliesslich die Kohle mit heissem Alkohol behandelte, bei dessen Verdunstung das Samaderin zurückblieb. Es schmeckt äusserst bitter und ist vermuthlich ein Glycosid.*) (Zeitschr. d. allq. Österreich. Apoth. -Vereins Nr. 35. 10. Jahrg). B. L. lieber die Grerüche der Pflanzen theilt Ja mesB ritten Folgendes mit. Ist schon die Frage nach der Ursache des Geruches und der Farbe der Pflanzen eine der interessantesten der Physiologie, so erscheinen die unleugbaren Beziehungen , welche zwischen beiden bestehen , nicht minder beachtenswerth , und unterliegt es, den darüber gemachten Erfahrungen zu Folge, keinem Zweifel, und Jedermann kann sich leicht davon überzeugen , dass unter den riechenden Blu- men die weissen die Mehrzahl bilden, dann folgen zunächst die gelben , hierauf die rothen und zuletzt kommen die blauen. Ferner sind unter den weissen Blumen widrig riechende am seltensten, während orangegelbe und braune häufig unangenehm riechen. Hierbei darf jedoch nicht ausser Acht gelassen wer- den , dass in Würdigung der Gerüche die verschiedenen Na- tionen keineswegs unter einander übereinstimmen; was die eine für angenehm findet, erklärt die andere für unangenehm. Den strengen Geruch von Tagetes patula und F, erecta lieben Manche; Andere, wozu auch die bekannten Fuchsjäger gehö- ren, behaupten, das liebliche Veilchen sei eine stinkende Blume. Es giebt sogar Menschen — hoffentlich nur wenige — welche den Geruch der Rose nicht ertragen können. Dazu kommt noch, dass der Geruchsinn nicht bei allen Menschen gleich stark entwickelt ist, und wir haben bei mehreren unserer Freunde häufig eine Analogie der Farbenblindheit in dem Mangel an Geruchswahrnehraung deutlich ausgeprägt gefunden. *) Tlip Pharm. Journ. and Transact. 1872. S. 644. Üeber die Gerüche der Pflanzen. 6i< Eine gute üebersicht und Vergleichung von Geiiichen findet sich in Lecoq's „Etudes sur la Geographie botanique de TEurope/' woraus mehrere der nachfolgenden Mittheilungeu entlehnt sind. In fast jedem Falle jedoch werden dem Leser Beispiele von Aehnlichkeit begegnen, namentlich wenn er mit einer feinen Nase und einem guten Gedächtnisse für Gerüche begabt ist. Vor Allem kann es als eine allgemeine Regel betrachtet werden, dass, wie schon bemerkt, unter den riechenden Blu- men die weissen vorherrschen , und auf diese in absteigender Ordnung die gelben , rothen und blauen folgen ; an diese schliessen sich dann noch die violetten, grünen, orangegelben, braunen und schwarzen Blumen. Unter den weissen Blumen sind gewisse Geruchstypen sehr vorherrschend. So besitzen viele ITmbelliferen einen starken Geruch nach Honig, welcher namentlich bei Anthris- cus sylvestris hervortritt. Man trifft ihn auch bei den Was- serranunkeln, ferner bei Eucalyptus glandulosa. Bittermandel- geruch entwickelt der Hagedorn, die Spiraea ulmaria; in Sp. filipendula ist er modifizirt durch eine Andeutung des- jenigen Geruches, welcher auch im Hartriegel, in Actaea spicata und noch mehr im Hollunder auftritt. Mehrere Rubia- ceen- Stauden riechen ähnlich und gleichen darin gewissen Apocyneen. Philadelphds coronarius erinnert im Gerüche an die Orangeblüthe , weniger an den Jasmin, obgleich er auch wilder Jasmin genannt wird. Andere Geruchstypen unter den weissen Blumen werden repräsentirt durch die weisse Lilie, Jasmin, Tuberose und Maiblume. Bemerkenswerth ist, dass unter den kultivirten Pflanzen die weissblüh enden Yarie- täten sehr oft — wo nicht ausschliesslich — riechen; so die weisse Petunia (?) und die weissblühende Verbena (?). Auch verdient es Bemerkung, dass einige Gerüche weisser Blumen nur in starker Verdünnung angenehm, in Masse dagegen widerlich sind, z. B. beim Hagedorn und der weissen Lilie. Unter den gelben Blumen begegnet man häufig dem Orangeblumengeruch, so beim gemeinen Ginster, Biscutella saxatilis und anderen gelben Cruciferen. Der merkwürdige weingeistige Geruch, welcher dem I^uphar luteum den eng- lischen Namen „Brandweinflasche" gegeben hat, ist auch der gelben Brugmansia floribunda und den gelben Kätzchen der Salix caprea eigen. Hippocrepis comosa riecht nach Käse und noch mehr die Blume der Genista Scorpius. Honiggeruch verbreiten mehrere gelbblühende Pflanzen, Galium verum und Mahonia intermedia. Wenn von angenehm riechenden Blumen 70 Ucbcr die Gerüche der Pflanzen. die Rede ist, denkt man zunächst an die Rose und Nelke; aber abgesehn von diesen beiden, ist es schwer, die Gerüche der rothblühenden Pflanzen zu charakfcerisiren; die lilafarbigen Blumen besitzen viel üebereinstimmendes im Gerüche ; so trifft man den lieblichen Vanillegeruch, der in dem Heliotrop so kräftig auftritt, in verschiedenem Grade auch bei Petasites fragrans , Valeriana officinalis und dem gemeinen Lilak , fer- ner bei Plantago media, welche in dieser Beziehung eine Aus- nahme von den Wegericharten macht, Blaue Blumen riechen sehr selten, und wenn, dann nur in geringem Grade. Die blaue Varietät Phyteuma spicatum haucht ein schwaches Partum aus, und eine oder zwei Cam- panulas riechen ebenfalls schwach. Franciscea Hopeana jedoch bringt ausgezeichnet riechende Blumen hervor, welche an Orangen und Tuberosen erinnern; aber obwohl anfangs blau, verlieren sie doch bald diese Farbe und werden weiss. Gewisse Arten, deren Blumen eine dunkle Farbe haben, riechen sehr kräftig. So findet man unter den früh blühenden Calycanthus praecox, deren Geruch an Rosen, Jasmin und Tuberosen erinnert. Matthiola tristis , Hesperis tristis und noch einige andere entschädigen durch ihren Geruch für den Mangel an schöner Farbe , während wieder andere dunkel- blühende Pflanzen, z. B. der Bilsen, sehr unangenehm riechen. So sehen wir , dass nicht die am schönsten gefärbten Blumen die wohlriechendsten sind ; im Gegentheil besitzen mehrere von jenen gar keinen Geruch, so die schönen Mal- vaceen des äquatorialen Amerikas , die Pelargonien des (Japs, die Passionsblumen (?), die Schwertlilien und einige der auffallendsten (most striking) Leguminosen. Ein oder zAvei Schlüsse lassen sich über die geographische Verbreitung der angenehm riechenden Pflanzen aus den mit- getheilten Thatsachen schon ziehen. Wir haben gesehen, dass sehr viele blasse und weisse Blumen angenehm riechen ; sie gehören vorzugsweise den nördlicheren Distrikten an; wir können entnehmen, dass die Anzahl wohlriechender Blumen nach den Polen zu wächst. Es scheint, als wenn die zu kräf- tige Einwirkung des Lichtes und der Wärme das Aushauchen der Wohlgerüche nicht begünstige; riechen doch viele Arten am Tage schwach, aber stark während der Nacht. Aber während die riechenden Blumen mehr im Norden vorkommen, ist das Umgekehrte der Fall mit den in den Drüsen ein- geschlossenen ätherischen Oelen. Pflanzen mit wohlriechenden Blättern, aromatischen Früchten und von mit ätherischem Oele durchdrungenem Holze kommen, ausgenommen in warmen und Eiu sehr einf. u. pract. Mittel etc. — Zur Prüf. d. Perubalsams. 71 tropischen Ländern, nur selten vor. (Wittst. Viertelj. Bd. XXI, {1872). S. 595 aus Zeitschr. d. allg. Östr. Apoth.-Ver. Nr. 3i. 1 Bec. 1872. S. 76A). B. L. Ein sehr einfaches nnd i)ractisches Mittel, einen Alkoliolgehalt in ätherischen Oelen nachzuweisen und quantitativ zu bestimmen. Es gründet sich dieses Verfahren' auf die Eigenschaft des wasserfreien Glycerins, mit ätherischen Oelen keine Ver- bindung einzugehen, hingegen in Alkohol leicht löslich zu sein. Um einen Alkoholgehalt nachzuweisen und annähernd quan- titativ zu bestimmen, nimmt man nach Prof. Böttger einen kleinen, einige mm. weiten, in 12 Cubikcentim. genau ein- getheilten Messcylinder, füllt denselben zur Hälfte mit reinem Grlycerin von 1,25 spec. Gew., und hierauf zur andern Hälfte mit dem zu prüfenden ätherischen Oele. Nachdem kräftig durch- geschüttelt, überlässt man das Gemisch einige Zeit der Ruhe, bis er sich völlig wieder geklärt hat und die Flüssigkeiten sich getrennt haben. Bei leichten ätherischen Oelen tritt diese Trennung nach Verlauf einiger Minuten ein. An der Volumzunahme des Glycerins lässt sich die beigemischte Alkoholmenge genau erkennen. — ]!^aoh C. Frederking lässt sich dieses Verfahren auch zur Prüfung des Aethers und Essigäthers auf einen Alkoholgehalt anwenden, so wie auch um dem Aether vor der Rectification , behufs Eein- darstellung, seinen Wasser- und Alkoholgehalt zu entziehen, wobei das Glycerin durch Abdampfen zu neuer Verwendung immer wieder brauchbar gemacht werden kann. (Neues Repert. f. Pharm. Bd. XXI. 1872. S. 566. Zeitschr. d. aUge?n. östr. Apoth. Vereins. 11. Jahrg. Nr. 1. S. 6.) C. Schulze. Zur Prüfung des Peruhalsams. Man giebt in einen Eeagircylinder 2 — 3 Cubikcentim. des fraglichen Balsams und giesst 6 — 8 Cubikcentim. Petro- leumäther zu, Bchliesst mit dem Finger und schüttelt tüchtig 7'j Kaegoed (Xoukwood). durch. Bei Beginn der Ruhe scheidet sich das Gemisch in eine schwarzbraune Masse und eine klare farblose Schicht. Giesst man die klare farblose Schicht sogleich nach dem ümschüiteln in ein Porzellanschälchen ab, wobei man den Cjlinder während des Augenblicks des Abgiessens umkehren kann, ohne dass auch nur ein Tropfen der braunen, sehr dick fliessenden zum Theil an der Gefässwandung hängenden Masse mit der klaren Flüssigkeit ausfliesst. Die letztere ist ganz klar und beinahe farblos und hat öfters nur einen leichten Stich ins Gelbliche. Nach dem Abgiessen dauert es über eine Minute, gewöhnlich zwei Minuten, ehe die im Cylin- der hängen gebliebene braune Masse zusammenfliesst und sich im Grunde des Gefasses sammelt. War Perubalsam mit irgend einem der bekannten Ver- fälschungsmittel versetzt, so ist der Verhalt folgender: Die Pütroleumätherschicht ist entweder 1) stärker als gelblich oder sie ist braun gefärbt, oder 2) trübe, und der dunkel- braune Rückstand fliesst 3) in einigen Tropfen mit der Petro- leumätherschicht ab, oder 4) er fliesst nach dem Abgiessen der Petroleumätherschicht schon im Verlauf von Ys Minute zusammen, oder 5) er hängt sich beim Schütteln gar nicht an die Cylinderwendung, entweder weil er zu dünnflüssig oder weil er scheinbar zu bröcklich ist. — Die Probe dauert kaum zwei Minuten. {Leipziger Apotk. Zeitung Nr. 49 v. 5. De- cetnler 1872.) C. Schulze. Kaegoed (Koukwood). lieber diese neue Drogue aus dem südlichen Afrika be- richtet G. A. Keyworth, Hastings. Sie wächst in grossem Ueberfluss wild im Buschmannland an den Grenzen von Nama- gualand. Das untersuchte Exemplar war von C. J. Small, der dort in der Nachbarschaft wohnt, nach England gebracht. Die Benennung „good" bedeutet im Hottenttotischen „wood," Holz. Die Wurzel dieser Pflanze kriecht an der Oberfläche des Bodens hin, sie ist durchtränkt mit salpetersaurem Na- tron und sieht ganz weiss davon aus. Die Pflanze hingegen hat einen Salzgeschmack. Weder Blätter noch Blüthen konn- ten beobachtet werden. Es wird bei den Eingebornen als ein Alterans betrachtet, wird aber hauptsächlich als ein Ge- würz für das Grossvieh gebraucht, vermischt mit Hafer als Carbolsäurepapier. — Nachtr. Bemerkung üb. d. Meteoreisen etc. 73 Futter. Es ist ein Heilmittel gegen Entzündung des Ma- gens, welche die Maulthiere und Pferde dort oft heimsucht in Folge des Saufens von brakischem Wasser. Eine Hand voll Wurzel mit 1 Quart Wasser auf eine Pinte eingekocht v^ird angewendet mit ^2 Theetassenkopf voll Brantwein. Die Wirkung ist eine leicht purgirende, die allgemeinen Eigen- schaften dieser Wurzel werden als schwach narkotisch oder beruhigend, aber auch ein wenig reizend, Magen anregend und carminativ beschrieben. E. J. Austin, Mitglied the ßeading Microscopical Society berichtet über die fasrige Natur dieser Wurzeln, dass die hervortretenden Gänge in dem Holze und die verdickte Wan- dung desselben Zellen enthalten, die ähnlich den Holzfasern des Ingvers seien. (^The Fharmacist and Cham, ^ecord. Nr. 72. p. 257). R. L. Carbolsäurepapier ist nach Homburg mit 100 g. Carbolsäure pr. Quadratfuss imprägnirt und dient zur Desinfection der Luft. In Amerika benutzt man dasselbe auch zum Einpacken von frischem Fleisch. Es wird dargestellt, indem man bei gelinder Wärme 5 Thle. Stearin, 5 Thle. Paraffin und 2 Thle. Carbolsäure schmilzt und das Gemisch mit einer Bürste in Papier einreibt. (Journ. Pharmac. et Chim. (JL) 16. 363. Chem. Centr. Blatt. Nr. 50. 11. Becember 1872.). C. Schulze. Nachträgliche Bemerkung über das Meteoreisen ron Oyifak von Wöhler. Verfasser findet in von Daubree ausgeführten Analysen grönländischer Meteoreisen die Thatsache ihres bedeutenden Sauerstoffgehalts bestätigt und leitet eine erheblichere Abwei- chung der Bestimmungen beider im Eisengehalt des einen Vorkommens von der Verschiedenheit des Materials ab. Daubree fand in einem Vorkommen Eisen zu 71 Proc, im 7{ Heb. eine neue Art v. Harnsteinen etc. — Z. Bestimm, d. Harnsäure <> andern 82 Proc. , ^Yährend Wöhler in der letzteren Sorte 80,64 nachwies. {Annal. d. Chem. ii. IJiarm. Bd. CLXV. p. 313.). Et, Uol>er eine neue Art Ton Harnsteinen des Ochsen, iithxirsaurcs 3Iagncsiiini , von Gr. Koster. Harnsteine , welche schwer arbeitende , mit vStengeln von in der Blüthe begriffenem Mais gefutterte Ochsen mit dem Urin von sich gaben, wurden von einem Thierarzte im Tosca- nischen gesammelt und von dem Verf. untersucht. Dieselben unterschieden sich wesentlich von bisher beobachteten ähnli- chen Hai'nsedimenten der Herbivoren und erkannte sie der Verf. als die Magnesiumverbindung einer neuen organischen, von ihm vorläufig „ Lithursäure " genannten, stickstoffhaltigen Säure. Er fand für das Salz die Formel C^^HseN^MgOi'*) oder C^*^H3^N^MgO^^, dasselbe ist in heissem Wasser ziemlich löslich, und die reine durch Salzsäure abgeschiedene Säure hatte einen Schmelzpunkt von 20i,5 — 205*^. Verf. wird, wenn er wieder ausreichendes Material in Händen hat, die Untersu- chung weiter und genauer fortführen. (Annal. d. Chem. und Pharm. Bd. CLXV. p. 104.). Et. Zur Bestimmung der Harnsäure v. Ricli. Maly. Salkowski entdeckte, dass eine bedeutende Menge der Harnsäure im Harn durch Salzsäure nicht völlig ausgefällt werde, er fällte desshalb die von der so zum Theil abgeschie- denen Harnsäure abfiltrirte Flüssigkeit mit Ammoniak, filtrirte, fällte mit ammoniakal. Silberlösung, zerlegte den Silbernieder- schlag durch Schwefelwasserstoff, brachte das Filtrat hievon auf ein kleines Volum und fällte nochmals mit Salzsäure. Später fällte er statt mit Ammoniak mit ammoniakal. Magne- siamixtur. Verf kam zu gleichen Resultaten wie Salkowski, beschäftigte sich sodann noch ausführhcher mit der Unter- suchung der bei den Fällungen mit ammoniakal. Silberlösung gewonnenen Verbindungen: er fand, dass dieselben Doppel- verbindungen des harnsauren Silbers mit harnsaurera Kalk, Kali, Magnesia und Ammoniak seien, die viel schwerer lös- lich seien als freie Harnsäure unter entsprechenden Verhält- *) C= 12, Ueber Magnesiunioxychlorid. 75 nissen. Es scheint überhaupt, dass harnsanres Silber für sich nicht existiren kann, (Annal. dj. Chem. u. Phavin. Bd. CLXV. p. 315.). Et. Ueber Magnesiunioxychlorid Ton 0. Krause. Magnesiumoxychlorid , oder bas. Chlormagnesiiim ent- steht beim Vereinigen von gebrannter Magnesia mit Chlor- magnesium im üeberschuss, wobei die Kohlensäure abzu- schliessen und die im Wasserbade gehaltene Mischung öfters umzuschüttein ist. Verf wandte auf 30 g. frisch geglühter Magnesia 1500 g. (gesättigter?) Chlormagnesiumlösung an und gewann die Verbindung in mikroskopischen Nadeln, welche, über Natronhydrat getrocknet, ergaben: Magnesia 53,20; Chlor 8,22. (5,5 : l), und entspräche dies einer procentischen Zusammensetzung von : Chlormagnesium 10,99 Magnesia 48,58 Wasser 40,43 100,00, woraus die Formel abzuleiten*) MgCP -f- lOMgO + ISH^O. Wurde die Substanz bei HO*' C. getrocknet, so fanden sich folgende Verhältnisse: Magnesia 58,74 und 58,81, Chlor 9,62 u. 9,67 (5,5 : 1) woraus unter Weglassung der procent. Berechnungsich die Formel: MgCP+10MgO+14H20 ableitet. Im feuchten Zustande w'd die Verbindung durch Koh- lensäure zerlegt, wesshalb auch die von Bender gewählte Darstellungsweise (Annal. Chem. u. Pharm. 159. 341) und die Bestimmungsmethode seines sogen. Oxychlorides — durch Be- stimmung sämmtlicher Bestandtheile , einschliesslich der Koh- lensäure, und folgender Subtraction der kohlensauren Magnesia, die zu der Formel MgCP + 5MgO + 12H20 führte — zu verwerfen ist. Das reine Oxychlorid enthält weder Kohlen- säure, noch wird es durch dieselbe in trockenem Zustande angegriffen. K"ach der Meinung des Verf besteht nun die hydraulische Masse, welche man aus einem aus Magnesia und Chlormagnesium angerührten, der Luft ausgesetzten Teig erhält, wesentlich aus basisch - kohlensaurer Magnesia und dem basischen Chlormagnesium mit 18 Mol. H^O, während überschüssiges Chlormagnesium durch Wasser ausgelaugt werden kann. {Annal. d. Chem. und Fkarm. Bd. CLXV. p. 38.). Ei *) ~ 16 u. s. w. 7(i Ueber durch Alkohol gefälltes soliwet'els. Eisenoxydul etc. i'eber clurcli Alkohol gefülltes schwefeis. Eisenoxydul luid über den Wassergehtilt des sehwefels. Eisenoxy- dulammoniaks und Eisenoxydulkali's v. L. Caro. Verf. bestätigt die von Barkhausen (Arch. d. Pharm. 198. 192) aufgestellte Behauptung, dass auch das durch AI kohol gefällte schwefeis. Eisenoxydul 7 Mol. Wasser enthalte, wie das krj'stallisirte , verwirft dagegen des letzteren Bestim- niungsweise mittelst titrirter Chlorkalklüsung und wandte seinerseits Chamäleonlösung an. Er fand hierbei den Eisen- gehalt zu 20,27 Proc. und 20,04 Proc, während die Formel*) EeSO^ + 7H20, (FcOSO^ + 7 aq.) 20,14 Proc. verlangt. Gleichzeitig erwies sich, dass sorgfältig getrocknetes Salz kei- neswegs so rasch oxydirt wird, da das frischgefällte und sol- ches, welches einen Monat lang dem freien Luftcontact aus- gesetzt blieb, gleiche Mengen Chamäleon reducirten. Zur Untersuchung gewann Verf. sein Material auf folgende Weise : Er löste 50 g. reines krystalls. Salz in 50 CC. AV asser auf, fällte mit 50 CC. absoluten Alkohols bei 40*^ C, befreite den Niederschlag von der Mutterlauge mittelst der Bunsen'schen Wasserluftpumpe, wusch mit 25 CC. absoluten Alkohols nach, presste das Salz mehrmals zwischen Fliesspapier aus , wo- durch es vollkommen trocken wurde und, gewichtsanalytisch bestimmt, folgende Zusammensetzung in 100 Thln. erwies: S03 28,82, FeO 25,59, H^O 45,59, während die Berech- nung für FeO. S03 + 7 aq. erfordert: SO^ 28,78. FeO 25,90. H^O = 45,32. Das Wasser wurde durch Glühen der Sub- stanz , Hinüberleiten der Dämpfe über glühendes chromsaures Blei, um die Schwefelverbindungen zurückzuhalten, durch Auf- fangen und Wägen im Chlorcalciumrohr bestimmt. Bezüglich der Kali- und Ammoniakdoppelverbindungen kam Verf. zu demselben Resultate, wie E. Fleischer (10. Heft des Journ. f. pract. Chem.), nemlich, dass diese Salze 6 Mol. Wasser enthalten und nicht wie Eheineck (Chem. Centralbl. Dec. 1871. Nr. 49) behauptet hatte, 5 Mol. Beim Kalisalze wurde das Wasser wie oben bestimmt und zu 24,9 und 24,85 Proc. gefunden, während 24,88 der Formel entsprechen. Hingegen war diese Methode bei dem Ammoniaksalz nicht zulässig, die Analyse ergab aber einen Gehalt von 40,92 Proc. SO 2, während die Formel zu 6 Mol. 40,82 verlangt. {Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. CLXV (neue Beihe LXXXIX.). Heft 1. p. 20). Et. * ' = 1 6. 11 Tl. IVLineralogie und Oeognosie. Der Kalkstein des Djurdjura - OeMrges in Algerien. Beim Ersteigen des Col de Tirourda sammelte A. Petz- holdt von unten nach oben folgende Gesteine, von welchen sich jedoch nicht behaupten lässt, dass auch ihre geologische Reihenfolge dieselbe sei, da an dem genannten Gebirge zahl- reiche Verwerfungen und Schichtenstörungen vorkommen: 1) Granit, sehr feinkörnig und reich an Glimmer; 2) sehr feinkörniger, rothgefärbter Sandstein, überaus reich an feinen, mit der Schichtung des Gesteines parallel liegenden kleinen Glimmerblättchen, Dem „alten rothen Sand- stein" vieler Gegenden zum Verwechseln ähnlich; 3) normaler Thon schiefer; 4) glimmerreiches geschichtetes Conglomerat, täuschend ähnlich den anderwärts auftretenden Vorkommnissen von „ Grauwacke ; " 5) hellgrauer Kalkstein, etwas thonig; 6) Kalkstein, äusserst feinkörnig, im Bruche schim- mernd, mit zahllosen kleinen unregelmässig gestalteten Höh- lungen versehen , deren Wände mit mikroskopischen Kalk- spathkrystallen ausgekleidet sind; 7) dichter, scharfkantig und muschelig brechender, wie „Hornstein" aussehender, dunkelgrauer Kalkstein, mit äusserst zarten und gröberen Adern eines blendend weissen mikrokrystallinischen Kalksteines nach allen Richtungen hin netzförmig durchzogen ; 8) äusserst feinkörniger, im Bruche schimmernder, hell- grauer Kalkstein; die Hauptmasse des ganzen Gebirg- stockes bildend: 78 Die Dünenbindung in Frankreich. 9) feinkörniger, im Bruche schimmernder, ganz hellgrau gefäi'bter Kalkstein, mit freien, schon unter der Loupe sichtbaren , weit deutlicher jedoch nach Zersetzung des Kal- kes mit Salzsäure zum Vorschein kommenden Quarzkörnchen durchspickt; 10) ein weisser, zerreiblicher, von Adern festen Kalkspa- thes nach allen Eiehtungen hin durchsetzter Kalkstein. Vei'steinerungen sind dem Anscheine nach nicht vorhan- den, nur Nr. 4 (Conglomerat, Grauwacke) schien Reste einer „Kohlenpflanze" zu enthalten. Der unter Nr. 8 aufgeführte Kalkstein hatte folgende procentische Zusammensetzung: In Salzsäure unlöslich (zahlreiche gut ausge- bildete, mikroskopische Quarzkrystalle) 0,26 Organische Substanz 0,09 Kohlensauren Kalk 58,85 Kohlensaure Magnesia 40,80 100,00. Man hat demnach diesen Kalkstein als einen Dolomit (aus gleichen Atomen CaO,CO^ und MgOjCO^ bestehend), dem etwas CaO,CO^ beigemengt ist, zu betrachten. (^A. Petzholdi, Frankreich und Algerien). B. Die Düiieiibinduiig in Frankreich. Um das Vorschreiten des Dünensandes in das Innere des Landes aufzuhalten, hat man längs der Küste des Golfes der Gascogne (Golf von Biscaya) in den Landes, schon seit länger als 80 Jahren einen Anfang mit der Befestigung („Bindung") dieses Sandes gemacht und zwar vorzugsweise durch das Anpflanzen von Pinus maritima. Das ist denn auch bei Capbreton der Fall gewesen, obschon die dorti- gen Seekieferanpflanzungen auf den Dünen sehr neuen Da- tums, also noch sehr jung sind, auch nur sehr vereinzelt auf- treten , da man bei der in Frage stehenden Sandbindung zu andern Hülfsmittebi, nemlich zu sogenannten „Coupir- Zäunen" seine Zuflucht genommen hat. Bei den dort vorkommenden Dünen kann man sehr deutlich mehrere der Küste parallel laufende Reihen von Sandborgen, mit dazwischen liegenden Sandthälern unterscheiden, und überall hat man dem landein- Ueber Kamala. 79 wäx-ts fortschreitenden Sande durch aus starkem Eeisig, seltener aus lebendigem Tamarix - Gesträuch angefertigte Zäune Hindernisse in den Weg gelegt. Solcher Zäune folgen ge- wöhnlich in angemessener Entfernung mehrere hinter einan- der und sind dann nur um so wirksamer. Man erkennt auch den bereits erzielten Erfolg. Ueberall, wenn auch vorläufig nur sehr sparsam, trifft man auf sprossende Sandpflanzen, unter denen sich besonders das scharf stechende Eryngium maritimum dem nackten Eusse in sehr unangenehmer Weise bemerkbar macht; ja auf der Binnenseite der Sand- berge hat man sogar, natürlich bis jetzt ebenfalls nur sehr vereinzelt, Weingärten angelegt. Ein solcher Weingarten ist nicht nur mit einem hohen Zaune aussen umgeben; auch sein Inneres wird von sich wiederholenden Reihen solcher Zäune durchzogen, um die gepflanzten Weinreben um so zuverlässi- ger vor dem Bedecktwerden mit Sand zu schützen. Man sagt, dass die Qualität des hier producirten Weines eine aus- gezeichnete sei. Zwischen Montpellier und Cette bedient man sich zur Dünenbindung ausschliesslich der Tamarix, indem man diese Sträucher in mehrfachen der Küste parallelen Reihen an- pflanzte und so das weitere Fortwehen des Sandes hinderte. Solche Anlagen kommen in bedeutender Ausdehnung vor, und vielfach sind auch hier zwischen den Reihen der Tamarix- sträucher Weinreben gepflanzt, welche in solchem Schutze und trotz dem Sande ein ganz vortreffliches Fortkommen zeigen. {A. Petzholdt, Frankreich und Algerien). B. TJelber Kamala Ton Crrores. Die Existenz des von Andrews aus der Kamala darge- stellten Rottlerin's ist von Leube und Andern nicht bestätigt worden. Groves erhielt von Hanbury einen concentrirten ätherischen Kamalaauszug, in welchem eine Menge fedriger Krystalle schwammen, die sich durch kalten Alkohol nicht wieder lösten. Diese Krystalle waren nicht Rottlerin, wie zu vermuthen, sondern eine Art Wachs. Groves erhielt dasselbe durch Abfiltriren und Pressen zwischen Elusspapier. Mit Alkohol gekocht, löste sich die Substanz grossentheils auf, schied sich aber beim Erkalten wieder aus und stellte nun 80 Einige Bestandtheile des Rhizoms von Sanguinaria Canadensis. ein schwach gelbes Pulver dar, das im völlig reinen Zustande wohl weiss sein würde. Unreines Rottlerin blieb in der alko- holischen Mutterlauge gelöst. Dieselbe wurde rasch abge- dampft und der Rückstand mit Aether aufgenommen. Die ätherische Flüssigkeit bildete beim freiwilligen Verdunsten ein braunes, mit fedrigen Krystallen durchzogenes Extract. Durch behutsames Abgiessen wurden sie von dem Flüssigen getrennt, aui einem Filter mit Aether etwas gewaschen und dann auf Fliesspapier gebracht. Eine vollständige Reinigung auf diesem Wege war wegen zu grosser Löslichkeit der Substanz in Aether nicht möglich. An der Luft auf Gflas- platten getrocknet, stellte sie jetzt ein orangegelbes Pulver dar, an dem sich nichts Krystallinisches mehr wahrnehmen Hess und das auch in den krystallinischen Zustand nicht zurückzubringen war, Grr, vermuthet, dass dies Folge der Einwirkung der Luft sei. {The Pharmc. Journ. and Transact. Third. Ser. Part XXVIl Nr. CXV—CXVIII. Septbr. 1872. p. 228.). Wp. Einige Bestandtheile des Rhizoms von Sangninaria Canadensis Ton Peerpoint. Zur Darstellung des Sanguinarins digerirt man das Rhizom mit stark durch Salzsäure angesäuertem Wasser, presst, filtrirt und präcipitirt mit Ammoniak. Der Nieder- schlag wird sammt dem Filter mit Alkohol digerirt, die Al- kohollösung zur Trockne gebracht, zur Neutralisation von etwa vorhandener Säure mit etwas Ammoniak gemischt und so lange mit Aether ausgezogen, als dieser etwas aufnimmt und beim Verdunsten einen mit verdünnter Schwefelsäure sich roth färbenden Rückstand giebt. Schliesslich werden die ätherischen Flüssigkeiten mit einer Mischung von Schwefel- säure und Aether gefällt, der Niederschlag wird in Alkohol aufgenommen und zum freiwilligen Verdunsten desselben hin- gestellt. Die nach Fällung des Sanguinarin's mit Ammoniak erhal- tene klare Flüssigkeit, scheint noch ein Alkaloi'd zu enthalten, indem .Todquecksilberkalium darin einen braunen Niederschlag erzeugt, den man mit einer concentrirten Sodalösung digerirt, dann zur Trockne bringt und nun mit Alkohol auszieht. Der jiach Verdunstung des Alkohols bleibende Rückstand tintt an üesvinnung des Korkes. 81 Aether kein Sanguinarin mehr ab. Er löst sich in verdünn- ter Schwefelsäure und giebt nach Behandlung mit Thierkohle beim Abdampfen feine nadelartige Krystalle, die beim Ver- brennen auf Platinblecb etwas Gyps hinterlassen. Die alko- holische Solution dieser Krystalle giebt beim Verdunsten durchsichtige Krystalle von scharfem stechenden Geschmack, die beim Erhitzen aufschwellen, verkohlen und sich gänzlich verflüchtigen lassen. Vermuthlich hat man es hier mit C h e - li donin zu thun. Die ätherische Flüssigkeit , aus der das Sanguinarin mit verdünnter Schwefelsäure gefällt worden, setzt beim längeren Stehen noch Krystalle von schwefelsaurem Sanguinarin ab. Die davon abgegossene und sorgfältig von der freien Schwe- felsäure getrennte Flüssigkeit hinterlässt beim Destilliren einen geringen bräunlichrothen Rückstand, welcher nach schwefelsaurem Sanguinarin riecht und sich überhaupt diesem ähnlich zeigt, nur dass er sich in Aether wieder löst, während jenes darin unlöslich ist. Wahrscheinlich ist hierin dasPuc- cin zu finden, welches nach Einigen mit den Sanguinarin identisch sein soll. Nachdem der durch Jodquecksilberkalium entstandene Niederschlag abfiltrirt worden, giebt essigsaures Blei in dem Filtrate ein Präcipitat von sanguinarinsaurem Blei. Man zer- setzt den Niederschlag unter Wasser mit Schwefelwasserstofl'. Die filtrirte Flüssigkeit giebt eine krystallinische Masse von dunkelrother Farbe, saurem und scharfen Geschmack, unlös- lich in Alkohol. (Americ. Journ. of 'Pliarmacy. Vol. XLIV. Nr. VIII FouHh. Ser. Äug. 1872. Vol.^ U. Nr. VIII p. 349 f.). Wp. Die Behandlung der Korkeiclie ((^uerens. Suber) zur (xewimiung des Korkes in Frankreieli. Mittels eines Beiles wird am untern Stammende die gesammte 1^2 bis 2 Zoll dicke Rinde des Baumes bis zum Splint horizontal, also ringförmig, durchgehauen; dasselbe geschieht am oberen Ende des Stammes unmittelbar untei- der Stelle, von wo die ersten Aeste abgehen. Hierauf wer- den durch einen vertikalen Einschnitt die beiden horizontalen (ringförmigen) Einschnitte mit einander verbunden, und e>ä Arch, d, PUarm. IH. Reihe. IT. Bds. 1. Heft. t) 82 Die Orangencultur in Algerien bei Blidah. ist jetzt ein Leichtes mittels eines hölzernen Keiles die ge- samrate Rinde im Znsammenhange loszulösen. Die so erhal- tene Rinde wird mit anderen abgetrennten Rinden gemeinsam platt zusammengeschichtet, beschwert und dem Trocknen überlassen, wornach sie als mehr oder weniger breite und lange Platten, in grossen Ballen vereinigt, in den Handel gebracht werden. Der entrindete nackte Baumstamm sieht unmittelbar nach der Operation ganz weiss aus, färbt sich aber sehr bald unter dem Einfluss der Luft intensiv schmutzig rothbraun und zuletzt ganz schwarz , bis er nun endlich in dem Maasse , als sich neue Rindensubstanz zu bilden anfängt, seine ursprüngliche graue Farbe wieder erhält. Bei sehr alten Bäumen beschränkt man sich übrigens nicht auf die Hinwegnahme der Rinde des Stammes , sondern man unter- wirft auch den unteren Theil der stärkeren Aeste, welche bei jungen Eichen verschont bleiben, derselben Operation. Nach 8 bis 10 Jahren hat die neue Rinde eine hinreichende Dicke erlangt, und das oben geschilderte Verfahren der Wegnahme wird wiederholt. Man unterwirft die Korkeiche erst im Alter vou 30 Jahren der Benutzung auf Kork und veranschlagt den Reinertrag einer mit Quercus Subor bestandenen Hectare während der Zeitdauer von 100 Jahren auf 16,500 Eres. (^A. Pctzholdt, Franheich und Algerien). R. Die Orangencultur in Algerien bei Blidah. Zu den hier cultivirten Orangen gehören: Citrus Aurantium (Risse) die Pomeranze (franz.: Oranger); C. Limonum (Risse) die Citrone (franz.: Citronnier); 0. Limetta (Risse) die süsse Citrone (franz.: Limonier); C. Medica (Risse) die Cedrate (franz.: Cedratier); C. vul- garis (Risse) die Apfelsine (franz.: Oranger chinois); C. vulgaris, varietas, die Mandarinen- Apfelsine (franz.: M and ar inier). Die Orangerien verbreiten sich über eine Strecke von 110 Hektaren mit 10,781 tragbaren Pomeranzen - Stämmen, 4,119 Citronen, 265 Cedraten, 2,148 Apfelsinen, 4,502 Mandarinen -Apfelsinen, Im Jahre 1861 wurden 8,000 Kisten Pomeranzen ausgeführt, ä Kiste im Durchschnitt zu 15 Eres, am Platze. Die Eelder verbreiten sich nach Wor- den, Westen und Osten von der Stadt Blidah und ziehen Cactua Opuntia in Algerien. 80 sich durch die Ebene von Metidja bis zu Sahel de Kolea und Chenoua. [A. Vdzholdt , Frankreich und Algerien). B. Cactus Opuntia in Algerien. Diese Pflanze jst für die Algerie von einer ähnlichen, ja noch viel grösseren Wichtigkeit, wie etwa die Arbuse für die Steppengegenden des südlichen Hussland, insofern ihre Früchte vom Juli bis October beinahe das ausschliessliche Nahrungsmittel der arabischen Bevölkerung mancher Districte bilden. Die Frucht dieses Cactus, bei den Arabern „Feige der Christen" (Kermous-el-nesara)-, bei den Franzosen „Figue de Barbar ie" genannt, hat die Grösse und Form einer kleinen dicken Gurke (wenigstens ähnelt die Frucht ihrer Form nach weit mehr einer Gurke als einer Feige j, und birgt unter ihrer Schale ein äusserst wohlschmeckenden süsses Mark, welches sich nach dem Durchschneiden der Frucht sehr leicht herauslösen lässt. Es giebt zwei Varie- täten dieser Pflanze, von einander dadurch geschieden, dass die fleischigen grünen Glieder der einen glatt sind, während die der anderen Varietät mit grossen und kleinen Stacheln besetzt sind. Dieselbe Verschiedenheit zeigen auch die Früchte, Die Cultur der Pflanze, die übrigens dort überall auch wild vor- kommt, ist eine äusserst mühelose. Ein abgeschnittenes Glied wird, nachdem man es einige Zeit Behufs des Abwelkens und Ver- harrschens der Schnittfläche an der Luft hat liegen lassen, ohne Weiteres in die Erde gesteckt, und nicht lange, so treibt es neue Glieder und sehr bald steht eine mächtige fruchttragende Pflanze da. Auch benutzt man diese Pflanze;, ganz abgesehen von ihren Früchten, sehr häufig, um mit ihrer Hülfe eine für Menschen und Vieh undurchdringliche lebendige Umzäunung irgend eines Grundstückes herzustel- len. Koramt endlich noch hinzu, dass dieser Cactus auf dorn schlechtesten Boden dennoch gedeiht, und dass man mit den grünen Gliedern der Pflanze, wegen der Stacheln unbesorgt, sogar das Vieh zu füttern vermag, so kann man sich gar leicht eine Vorstellung von der Nützlichkeit dieses Cactus für die dortigen Verhältnisse machen. (A.PetzhoIdt, Frank- reich und Algerien). B, 84 üeb. (1. Abstamin. d. Olibanum. — Ueb. d. ehem. Vorgänge in d. Pflanze. Uelber die Abstammung des Olibanum. Batka gab in einem Vortrage d. Leipzig. Natui'f. - Ver. weitere Aufklärung über die Stammpflanze des Olibanum. Nicht die Boswelliapapyrifera Richard, welche Endlicher Plösslia floribunda taufte, auch nicht die Bosw. serrata und glabra Bxbg., die Colebrocke in Bosw. thurifera umwandelte, liefern den ächten Weihrauch des Handels. Nach Birdwood kommt die Handelswaare von Boswellia Carteri , unter den Namen Mohr Madow in Soumali und Mäghrayt d g'huhaz in Hadramaut allein, ausser diesen liefern noch Bosw. Bhau- Dajana-Mohr Add. und Bosw. Freriana - Yegaar Olibanum; letztere zwei Species ausschliesslich in den Soumali - Bergen auf Kalkfelsen wachsend. — Macalla ist der Ausfuhrhafen aus Arabien und Guarda für den aus Gallus und den Soumali - Ländeim, vorzüglich nach Bombay und über Suez nach Lon- don, Triest und Marseille. Die Pflege von Bosw. serrata unterscheidet sich dadurch, dass die Blätter nicht undulirt, auch nicht behaart sind, wie bei Bosw. Carteri und Bhau-Dojana und dass Bosw. Freriana gar nicht serratifolia ist. {^Leipzig, Apotheker -Zeitung. N. 40 d. U. Novhr. 1872.). C. Schulze. lieber die chemischen Vorgänge in der Pflanze. Um Aufschluss darüber zu erhalten, welcher Art in den Pflanzen die Umsetzungen aufgenommener Mineralsalze mit den vorhandenen freien Pflanzensäuren sind, hat A. Emm er- lin g die Einwirkung der letzteren, namentlich der Oxal- säure auf diejenigen Mineralsalze studirt, welche für das Pflanzenleben hauptsächlich von Bedeutung sind, nämlich die salpetersauren Salze von Kalk, Kali und Natron. Es ergab sich nun mit Leichtigkeit für den salpetersau- ren Kalk, dass derselbe durch freie Oxalsäure zersetzt wird und zwar um so energischer, je weniger verdünnt die Lö- sungen sind. Bei längerer Dauer der Einwirkung steigt die Quantität des ausgeschiedenen Oxalsäuren Kalkes. Ein gänz- liches Ausbleiben der Fällung dagegen findet erst bei so ausserordentlicher Verdünnung statt, dass der gebildete oxal- Ueber die chemischen Vorgänge in der Pflanze. 85 saure Kalk eine genügende Menge Wasser zu seiner Lösung vorfindet. Der Oxalsäure Kalk scheidet sich unter diesen Umstän- den in derselben Form aus, welche derselbe in den, in Pflan- zenzellen so häufigen sogenannten Morgensternen besitzt. Dagegen konnte er niemals nach Art der Eaphiden krystalli- sirt erhalten werden. Um zu entscheiden, ob auch salpetersaure Alkalien in wässriger Lösung durch Oxalsäure zersetzt werden, wurde folgender Versuch vielmals mit stets gleichem E,esultate angestellt: Auf ein Liter einer sehr verdünnten Lösung von äqui- valenten Mengen salpetersauren Kalis und Oxalsäure wurde ein Liter destillirtes Wasser mit der Vorsicht geschichtet, dass eine directe Mischung der Flüssigkeiten vermieden wurde. Fand nun in der untern Schicht keine Zersetzung des Salpeters durch Oxalsäure statt, so mussten auch äqui- valente Mengen von Salpetersäure und Kali in die obere Schicht diffundiren; hatten die Stoff"e sich dagegen zersetzt, so mussten, vorausgesetzt, dass oxalsaures Kali und freie Salpetersäure ein von einander verschiedenes Diff'usionsver- mögen besitzen, bevor die Diff'usion vollendet war, in gleicher Höhe einander nicht äquivalente Mengen von Kali und Sal- petersäure gefunden werden. In der That bestätigten alle Versuche die Hichtigkeit dieser Annahme: durch die Analyse Hess sich stets in der obern Schicht mehr, in der untern weniger, als die dem vor- handenen Kali äquivalente Menge Salpetersäure nachweisen. Es ist somit erwiesen , dass auch salpetersaure Alkalien in wässriger Lösung durch freie Oxalsäure unter Bildung freier Salpetersäure zersetzt werden. Es ergiebt sich aus dieser Untersuchung, dass in den Pflanzen , welche ja freie Oxalsäure enthalten und salpeter- saure Salze von Kalk, Kali und Natron aufnehmen, das Oxal- säure Kali und der oxalsaure Kalk dadurch entstanden sind, dass die Oxalsäure Salpetersäure frei gemacht hat, welche ihrerseits, im weitern Verlaufe des Assimilationsprocesses reducirt , zur Bildung der stick8tofl"haltigen Pflanzenbestand- theile verwendet w^orden ist. (Ber. d. deutschen ehem. Ges. z. Berlin. 5. Jahrg. Heft 15. 28. Odob. 1872. S. 780). E. M. 86 Studien über den Krapp. Studien über den Krapp. Von A. Petzhold t, Professor in Dorpat. Zu den nachfolgenden Untersuchungen der Asche der Krappwurzeln und der Bodenbestandtheile des Landes dien- ten aus Holland (Provinz Zeeland) und Frankreich (Depar- tement Vaucluse) folgende Objecte: Holland (Provinz Zeeland), Nr. L Vierjährige, d. h. 42 Monate alte Krappwiirzeln, auf schweren^ Boden (Nr. IV) gewachsen, aus dem Anna- Jacoba- Polder*) auf Zeeland. Nr, II. Zweijährige, d. h. 18 Monate alte Krappwurzcln auf etwas leichterem Boden gewachsen. Gleichfalls aus dem Anna - Jacoba - Polder. Nr. III. Dreijährige Krappwurzcln ; im Uebrigcn wie obige. Nr. IV. SchM^erer, mit Krajip Nr. I bestandener Boden. Nr. V. In Holland sogenannter sehr leichter Boden, Frankreich (Departement Vaucluse). Nr. VI. Dreijährige Krappwurzeln. Die Ernte sollte in einigen Wochen beginnen. Von der Earme Grande - Bastide südlich von Carpentras. Dieser Krapp wurde als Garance rose bezeichnet. Nr. VII. Zu Nr, VI gehöriger Boden , hellbraun , ohne alle Steine oder sonstige gröbere Beimengungen. Nr. VIII. Dreijährige Krappwui'zeln von einem Felde des Maire von Athen les Paluds, südwestlich von Carpentras, als Garance rouge bezeichnet. Nr. IX. Zu Nr. VIII gehöriger Boden, grau, sehr fein ohne alle Steine. Nr. X. Vierjährige Krappwurzeln von einem Felde des Herrn Vialis im Quartier Darou bei Mormoiron, östlich von Carpentras, als Garance jaune bezeichnet. *) Mit drin Namen „Polder" bezeichnet m.'xn in Holland alle dieje- nigen Landereien, webhe, früher mit Wasser bedeckt, durch Auüühruiig \i)n Uiinimeu und Ausschöpfen des Wassers trocken gelegt sind. Studien über den Krapp. 87 Nr. XL Zu Nr. X gehöriger Boden, hellgrau, mit einer Menge kleiner Bruchstücke von Feuersteinen, Kalkstein, kal- kigem Sandstein ohne aber steiniger Boden zu sein. Nr. Xll, Dreijährige Krappwurzeln von einem Felde des Herrn Eey im Quartier Sablou, ebenfalls «bei Mormoiron. Nr. XIII. Zu Nr. XII gehöriger Boden, roth gefärbt. Die Kesultate der Analysen zeigen folgende üeber- sichten: Holland (Provinz Zeeland). 100 Theile der Asche von Krappwurzeln (frei von Sand, Kohle und Kohlensäure) waren in folgender Weise zusammengesetzt: I. II. III. Kieselsäure 5,055 6,134 3,476 Schwefelsäure 1,320 1,631 1,643 Phospliorsäure 6,732 5,688 9,220 Eisenoxyd 2,783 2,364 0,256 Kalkerde 25,955 21,698 32,358 Magnesia 4,639 4,265 4,923 Kali 44,132 47,924 49,574 Natron — — — • CMornatrium 7,142 2,777 4,323 CUorkalium 2,242 7,519 1,227 Summa 100,000 100,000 100,000 Holland (Provinz Zeeland). 100 Theile wasserfreier Boden (nach Zerstörung der Humus- substanzen und nach Eliminirung der davon zurückbleibenden Kohle) enthielten: IV. V. ünlösliclies 71,207 82,955 Thonerde u. Eisenoxyd 10,279 5,524 Kieselsäure 9,164 3,991 Schwefelsäure 0,408 0,274 Phosphorsäure 0,158 0,123 Kalkerde 3,543 2,747 Magnesia 1,343 0,766 Kali 0,473 0,358 Natron 0,157 0,019 Chlornatrium 0,017 372 5l 0,020 Kohlensäure 2,223 Summa 100,000 100,000 Humus 6,21% 4,l5'Vo Spec. Gewicht 1,233 1,405 88 Studien über eleu Krapp. Frankreich (ly-partcnicjit Vaucluse). tOU iheilc der Asche von Krappwurzeln (frei von Sand, Kohle und Kohlensäure) waren in folgender Weise zusammen- , gesetzt : VI. VIII. X. XII. Kieselsäure 1,328 0,588 1,698 2,645 Scbwet'elsäure ! 2,554 2,393 2,053 1,840 Phosphorsäure 5,483 4,905 4,631 8,750 Eisenoxyd 0,318 0,443 0,628 2,792 Kalkerde 28,144 32,934 36,-217 28,677 Magnesia ' 5,556 5,128 4,191 3,061 Kali 47,821 46,913 41,219 43,084 Natron — 0,561 — — Chlornatriuni 4,302 6,135 0,680 3,227 Chlorkalium 4,494 — 8,683 5,924 Summa 100,000 100,000 100,000 100,000 Frankreich {Btpartemeiit Vaucluse). 100 Theile wasserfreier Eoden (nach Zerstörung der Humus- substanzen und nach Eliminirung der davon zurückbleibenden Kohle) enthielten : VII. IX. ! XI. XIII. Uulosliehes 45,390 9,022 41,309 94,938 Thonerde u. Eisenoxyd 6,263 1,583 5,449 3,442 Kieselsäure 3,037 0,482 2,481 0,819 Schwefelsäm-e 0,101 0,160 0,077 0,017 Phosphorsäure 0,164 0,091 0,111 0,061 Kalkerde 24,800 50,241 26,815 0,263 Magnesia 0,587 0,944 1,951 0,093 Kali 0,366 0,143 0,488 0,164 Natron 0,048 0,1-52 1,666 0,100 Chlomatrium 0,010 0,017 0,009 0,004 Kohlensäure 19,234 37,165 19,644 0,099 Summa 100,000 3,53V„ 100,000 100,000 100,000 Humus 5,21'Vo 3,24% 1,40%, Spec. Gewicht 1,311 1,064 1,239 0,407 Untersuchungen def Aschenbestandtheile des Krapp aus dem Departement Vaucluse existiren bis jetzt noch gar nicht-, die in der vorstehenden Tabelle eingetragenen sind die ersten, welche verüflentlicht werden. Daher kam es denn auch, dass allerwärts, wenn Jemand diesen Gegenstand Studien über den Krapp. 8§ (Zusammensetzung' der Asche der Krapp wurzeln) berührte, er sich auf die älteren Untersuchungen der Asche von Elsasser Krapp, ausgefiihrt von Köchlin,*) oder der Asche von hol- ländischem (zeeländischem) Krapp, ausgeführt von A. May,**) oder auch die neuere Untersuchung eines ebenfalls holländi- schen (zeeländischen) Krapp , ausgeführt von V 1 a a n d e - ren,***) berufen und verlassen musste. Man muss jedoch gerechte Zweifel hegen , dass diese Untersuchungen zuver- lässig sind, da, abgesehen von anderen Unwahrscheinlichkei- ten, 13,25 7o Chlor (Köchlin), oder 16,84 und 13,62 7o Phosphorsäure (May und Via an deren) in der Asche der Krappwurzeln höchst bedenklich erscheinen. Aehnlich verhält es sich mit der Untersuchung hierher gehöriger Bodenarten. In Betreff französischen Bodens lag und liegt bis jetzt nur eine einzige Untersuchung, gleichfalls von V^laanderen ausgeführt, vor. In dieser Untersuchung wird der Phosphorsäure - Gehalt des Bodens auf 1,566^0 ^^S^' geben, eine ganz unerhörte, in keiner anderen von irgend .Jemand bis jetzt untersuchten Bodenart vorkommende Menge ; ja, in dem Obergrunde eines von ihm untersuchten holländi- schen Bodens findet Viaanderen sogar 2,68 7o Phosphor- säure. "Wer hat jemals von 2,7% Phosphorsäure in einem, wenn auch gedüngten, Alluvial - Thon gehört ? Perner findet man überall angeführt, dass guter Krapp nur auf Kalkboden gedeihen könne. Nun entsprechen aber 60, resp. 937o kohlensaurer Kalk 33,67 und 52,18^/0 Kalk- erde, und die Bodenarten von Vaucluse (mit Ausnahme von Nr. XIII) enthalten annähernd eine solche Menge Kalkerde; das ist aber nicht der Kall mit dem holländischen Boden, dessen Krapp doch ebenfalls als sehr gut bekannt ist. Van Bemmelen konnte bei Untersuchung einer grössern Anzahl zum Krappbau verwendeter holländischer Bodenarten höch- stens 8*^/^ nachweisen, die obigen Tabellen zeigen noch nicht 4^0 Kalkerde. Ebenso producirt der transkaukasische Boden am kaspischen Meere einen notorisch vorzüglichen Krapp, und doch konnten bei der Untersuchung von 9 verschiedenen Bodenarten im günstigsten Ealle noch nicht T^Jq Kalkerde *) Liebig's Annalen der Chemie. Bd. LIV (1845). S. 345. **) Ebenda. S. 346. ***) Vergl. Van Eemmelen, over de zamenstelling en den aard der grondsoorten, die voor de meekrepcultuur gescbiickt zijn. Harlem 1864, S. 32. ÖO Studien über den Krapp. ermittelt werden. Man erkennt, dass die Behauptung von der NothLwendigkeit eines „Kalkbodens" zur Production gu- ten Krapp's völlig in der Luft steht, wenn schon auf der anderen Seite anerkannt werden niuss , dass der Krapp zu seinem Wachsthum grössere Mengen von Kalk braucht als viele andere Pflanzen, wie mit Entschiedenheit aus den Aschenanalysen der Tabelle hervorgeht; es ist der Kalk nach dem Kali das wichtigste Nahrungsmittel, welches der Boden an die Krapppflanze abgeben muss. Allein , dass für solchen Zweck ein weit geringerer Gehalt des Bodens an Kalk voll- kommen ausreicht, das ersieht man deutlich an den zusam- mengehörigen Nummern XII und XIII, wie überhaupt der Boden Nr. XIII eine höchst interessante Erscheinung ist, da er trotz seiner grossen Armuth an pflanzenernährenden Stof- fen, und trotz seinem grossen Eisengehalte (in der Tabelle nicht zu ersehen, weil daselbst Eisenoxyd und Thonerde gemeinsam aufgeführt sind), wodurch er dunkelroth gefärbt Avird, und trotz seinem geringen Gehalte an Humus, doch einen ganz vorzüglichen Krapp producirt, {A. Petzholdt, Frankreich und Algerien). B. 91 C. Literatur und Kritik. Die Pflanzenteinde aus der Klasse der Insecten von I. H. Kaltenbach. I. Abtheilung. Stuttgart, Julius Hoffmann, K. Tliienemanns Verlag, 1872. Die erste bereits in Druck erschienene Abtheilung dieses Werkes ijnifasst die Insecten, welche den Pflanzenfamilien der polypetalen Dicoty- k'douen , Deralich den Thalamifloren und Calycifloren nachtheilig werden; sie beginnt mit der Familie der Eanunculaceen , und schliesst mit den Umbelliferen. Jedem Genus und jeder Species hat der Verf., soweit die Beobachtungen reichen, die Insecten aller Ordnungen beigefügt, die in und an Wurzein, Stengeln, Blättern, Blüthen, Früchten und Samen hausen ; aber nicht die europäischen Pflanzenfamilien , wie der Prospectus sagt, sondern nur die deutschen sind in diesem Werke berücksichtiget worden, und mit Eecht. Der Yerf. will ja eine Zusammenstellung aller nicht in Europa , sondern nur in Deutschland vorkommenden Insecten auf obenangegebene Weise entwerfen, weshalb eine bloss namhafte Anfüh- rung nicht deutscher Familien, wie Capparideen, Granateen, Myrtaceen u, a., die durch Species wohl in Europa, nicht aber in Deutschland ver- treten werden , sehr unzweckmässig gewesen wäre. Dass der Yerf. gleich nach dem systematischen und deutschen Namen der Pflanzen, ohne weitere Beschreibung derselben, die Liste der ihnen schädlichen Insecten , mit den dazu nöthigen Bemerkungen folgen lässt, finden wir dem Zwecke dieses Buches völlig entsprechend: denn der Botaniker und Freund der Botanik braucht dergleichen Beschreibungen nicht, die in jedem botanischen Werke nachgelesen werden können, und dem Laien in der Botanik würden sie von geringem Nutzen sein, weil ihm die Terminologie der Botanik fremd ist. Weit zweckmässiger war es , dass der Verf. für Laien in der Botanik gute Holzschnitte beigefügt hat, mit deren Hülfe man die Pflanzen in der Natur wiederfinden, oder, wenn sie bekannter waren, sich in das Gedächtniss zurückrufen kann. Dergleichen Holzschnitte enthalten, der Erspar ung des Eaumes wegen, zwar meist nur die obersten Blüthen- und Fruchttheile der Pflanzen mit Beilage eines Wurzel- oder unteren Stengelblattes, und nicht selten sogar in verkleinertem Maassstabe; aber dennoch glauben wir, dass sie zur Versinjilichung genügen werden. Weil der Verf. natürlich auch die Cul- turgewächse Deutschlands berücksichtiget hat, in soweit sie allgemein vor- kommen, so sind die Abbildungen bekannter Culturgewächse , wie Raps, Rübsen, Lein und dergl. selbstverständig als unnöthig ausgelassen worden. Uebrigens ist nicht jeder Pflanzenfamilie, wie der Prospectus sagt, son- dern jedem Pflanzengenus, bei welchem der Verf. Insectenfeinde nennt, die Abbildung einer oder mehrerer Pflanzenspecies beigefügt worden. ?>2 Lifcratur und Kritit. Pflanzeugenera oder Pflanzenfaniilien, an welchen der Verf. keine Insecten- feinde kennt, hat er bloss mit ihrem Namen beidruckeu lassen, um die Lücken zu zeigen. In der dritten Abtheilung dieses Werkes folgt ein Inhaltsverzeichniss nach, welches eine klare Uebersicht über das behandelte Material geben soll. "Was nun zuerst die Aufgabe betrifft, die sich der Verf. gestellt hat, so finden wir sie ebenso zweckmässig als zeitgeniäss. Wir haben wohl eine ziemliche Anzahl entomologischer Schriften, die theils im Allgemeinen über das Reich der Insecten, theils speciell über verschiedene Ordnungen derselben handeln; auch werden in allen diesen Büchern die Aufenthalts- orte und die Nahrung der Thiere mehr oder weniger ausführlich genannt; aber wir besitzen noch kein Werk, welches solche Insecten, die auf Gewächsen hausen , gleichviel ob es wilde oder cultivirte Pflanzen sind, je nach Pflanzenart zusammenstellt; und dennoch ist das ebenso für den Botaniker als für den Entomologen interessant und nützlich zugleich, interessant ist es jedenfalls, die Familien, Geschlechter und Arten der Pflanzen nach einer ganz neuen Rücksicht zu überblicken , die uns keines- weges gleichgültig sein kann. Man findet mehrere Genera, wie Tilia (Ijinde), Acer (Ahorn) , Genista (Ginster), mit einer Menge von Feinden geplagt; ungleich geringer ist das bei Spergula (Spergel), Polygala (Kreuzblume) , luglans (Wallnuss) der Fall , und bei Staphylea (Pimper- nuss) kennt der Verf. nur einen einzigen Feind. Einige Familien, wie Rosaceen und Papilionaceen haben eine gewaltige Masse Verderber; bei Ranunculaceen und Caryophylleen , die bei uns nach Zahl der Species in ähnlicher Weise wie jene vertreten sind , ist die Menge derselben viel geringer; überhaupt beträgt die Zahl der Feinde, die auf Thalamifloren hausen, kaum den vierten Theil der Insecten, die den Calycifloren nach- theilig werden. Aber auch Nutzen schafi't eine Zusammenstellung der Insecten in solcher Art. Wenn der Botaniker, dem die Entomologie in seinem Studium ferner liegt, auf einer gewissen Pflanze einen Verderbet entdeckt, so kann er, durch die Zusammenstellung aller Feinde, welche nach den Ordnungen der Insecten ausgeführt ist, seinen Namen auf die leichteste Art finden; und umgekehrt wird der Entomolog , der sich um Botanik wenig bekümmert hat , auf den Pflanzennamen hingewiesen, wenn er auf irgend einem ihm unbekannten Gewächse ein Insect erblickt. Zu- gleich wird ihm aber auch eine Zusammenstellung dieser Art Veranlassung geben, die Lücken derselben auszufüllen, die sich hei allem Fleisse, den der Verf. auf sie verwendet hat, dennoch in geringer Zahl vorfinden, wie später gezeigt werden soll. Doch der Prospectus hat selbst auch Forstmänner, Gärtner und Landwirthe auf dieses Buch verwiesen. Aber gerade diejenigen Werke, welche speciell die schädlichen Insecten der Gärten , Obstculturen, Felder, Wiesen und Forsten besprechen, besitzen schon eine Zusammenstellung der lusecteu in obiger Weise, die sich natürlich auf das Boreich der hctrefl'enden Cultur beschränkt, aber immerhin für diese zu genügen, und das vorliegende Buch für solche Zwecke entbehrlich zu machen scheint. AVir glauben das nicht. Wenn wir auch gern zugestehen wollen , dass dergleichen Werke sehr schätzbare Beobachtungen enthalten, und mehrcn- thcils die schädlichen Insecten mit ziemlicher Vollständigkeit anführen, auch neben dem vorliegenden Werke nicht entbehrt werden können, zumal sie, mit einer ausführlichen Lebensbeschreibung der Thiere, noch die Art ihrer Vertilgung angeben; so besprechen sie doch nur solche, deren Schaden bisher bemerkbar %vurde. Aber wir fragen : wie lange ist es denn her, seitdem überhaupt dergleichen Beobachtungen für Culturgewächs« Literatur und Jiritik. 9B gemacht worden sind? Haben wir nicht in dieser kurzen, nur zwei Men- schenalter umfassenden Zeit neue und wiederum neue Verderber kennen gelernt, die früher nur vereinzelt auftraten, nach einigen ihnen günstigen Jahrgängen plötzlich in grosser Zahl oder in unabsehbaren Massen erschie- nen? Um einige Beispiele dieser Art zu geben, wollen wir uns, der Kürze wegen, nur auf unsre nächste Umgebung beschränken. Wer hätte geglaubt, dass ein Jahrgang käme, der uns die Lytta vesicatoria (spanische Fliege), um Jena ein ziemlich seltner Käfer, in grossen Massen brächte; und den- noch erschien sie 1828 so zahlreich, dass sie die Eschen strichweise förm- lich bedeckte. Wer hätte verrauthet, dasa uns Scolytus (Eccoptogaster) rugulosus, dieses kleine, mu- von Entomologen beachtete, höchst sparsam vorkommende Borkenkäferchen , die jungen Zwetschenbäumc verderben würde; und gleichwohl kam er 1861 so massenhaft vor, dass er im Saal- thale drei Meilen weit mehrere Tausende von jungen, noch glattrindigen Bäumen vernichtete: Im Jahre 1869 sah man im Saalthale um Jena einer reichen Zwetschenernte entgegen ; allein es war eine fliegengrosse schwarze Sägewespe: Seiandria (Tentbredo) Morio , in so grosser, massenhafttr Zahl in die Bllithe gekommen, dass ihre weisse, schwarzköpfige Larve, die in den mehreren Hunderttausenden von Zwetschenbäumen hauste, die Früchte in Mandelgrösse fallend machte , und so die ganze Ernte verdarb. Sollte es nun nicht von Nutzen sein, nicht bloss bereits als schädlich erkannte, sondern alle Insecten in einem Buche, wie vorliegendes, auf- gezeichnet zu finden, indem wir nicht wissen, wann auch andere uns schädlich werden? Dazu kommt noch, dass manche dergleichen Bücher, welche die schädlichen Insecten der Culturen besprechen , nur von denjenigen Thie- ren handeln, die in ihrer Gegend verderblich werden; und dennoch ist es bekannt, dass sich die Insectenarten , hinsichtlich der Zahl, in welcher sie auftreten, und des Sehadens, den sie anstiften, in den verschiedenen deutschen Ländern sehr verschieden verhalten. Um hier wiederum einige wenige Beispiele anzuführen, bemerken wir, dass nach Freyer Acidalia brumata, der kleine Frostspanner, südlich der Donau eine sehr vereinzelte Erscheinung ist, und durchaus keinen bemerkbaren Schaden stiftet, wäh- rend er in Thüringen, wo der Zwetschenbau als vornehmster Zweig der Obstcultur gilt, in sehr vielen Jahrgängen grossen Nachtheil bringt, und bevor das Vertilgungsmittel durch Theerringe bekannt wer, mehrere Jahre hinter einander die Ernte vernichtete , selbst jetzt noch als Hauptfeind der Obstzucht gefürchtet wird. Dagegen lebt Tephritis cerasi, die Kir- schenfliege , in Thüringen sehr einzeln , welche am Ehein in grosser Zahl vorkom.mt, und dort einen ähnlichen Schaden an Barschen stiftet, wie bei uns der rothe Wunn in den Zwetschen, der bekanntlich von der kleinen Motte Grapholitha funebrana stammt. Die Traubenmotte CochyKs uvaeana, deren Eaupen die Weinscheine als , .Heuwurm" und die Weinbeere als „Sauerwurm" verderben, haben wir um Jena noch gar nicht gefunden. Aber wer bürgt dafür, dass nicht eines Jahres der kleine Frostspanner den südlichen Donauländern , oder die Kirschenfliege unserm Thüringen verderblich wird? Daher ist es gut für jede Pflanzenart nicht bloss die nachtheiligen heimischen, sondern alle deutschen Insecten im Eegister zu haben. Als Aufenthaltsorte dürfen nicht allein Lieblingspflanzen genannt, sondern es müssen auch solche erwähnt werden, die das Insect selten, oder nur unter Umständen besucht, wie das im vorliegenden Werke mehr- fach geschehen ist. Wir wissen nemlich, dass das Insect, aus Mangel gewöhnlicher Nahrung-, auch andere von ihm sonst selten oder gar nioLt Ö4 Literatur und Kritik, besuchte Gewächse angreift. Der Maikäfer , der sich von seinem Larveu- Wohnsitze nicht weit verfliegt, fällt, bei massenhaftem Erscheinen, auch Nadelholz an , wenn er mit den Laubbäumen fertig ist. Die Non- nenraupe Liparis Monacha entkahlt, in Jahrgängen grosser Verwüstung, zuerst die liothtanne oder Fichte , und wenn deren "Wälder entlaubt sind, setzt sie ihren Frass in Kieferwaldungen fort. Bevor man im Saalthale Oelfrucht baute, kam der Glanzkäfer, Mcligetbes (Nitidula) aeneus in die Eanunkelblüthen. Die Lieblingsnahrung des Baumweisslings, Pontia cra- taegi, ist Weissdorn; aber 1831 kam seine Eaupe bei Jena in solchen Unmassen auf, dass sie zuerst die Kernobst - dann auch die Steinobst- bäume völlig entkahltc, und der ganzen Gegend, mitten im Mai, das traurige Gepräge des Winters gab. Evonynius europaeus, ein Strauch, den man in Thüringen Pfaflenhütohen, südlich Paffenkäppli nennt, dient einer Mottenart: Hypomeneuta evonymcUa zur Nahrung; vermehrt sie sich aber so stark, dass der Strauch zu ihrer Sättigung nicht mehr ausreicht, so befällt sie auch die Apfelbäume, wie das 1870 um Jena geschah; und sie würde im folgenden Jahre noch weiter gegangen sein, wenn man, durch Zerstörung der Cocons, nicht vorgebeugt hätte. Acridium apri- carium , eine kleine , an Zahl der Individuen gewöhnlich sehr unbedeu- tende Heuschreckenart, trat um Johannis 1849 in der fruchtreichen, Y2 Qundratmeilen haltenden Flur Oldisleben an der ünstrut in so erschre- ckenden Massen auf, dass sie, nach gänzlicher Entkahlung der grossen AViesenflächen, zuerst das Sommergetreide gänzlich abfrass , dann Klee und Hülsengewächse anfiel , und zuletzt sich sogar auf die ßuukeln und die Kartofleln stürzte. Das Alles beweist, wie nützlich und interessant es ist, wenn man im vorliegenden Buche bei verschiedenen Insecten auch aussergewöhnliche Nahrungsmittel angemerkt findet. Nach allen diesen Bemerkungen gehen wir nun zu der Frage über, in welchem Grade der Vollständigkeit vom Verf die Aufgabe , die er sicli stellte , gelöst worden ist. Schon bei flüchtiger Durchblätteriing des Buches, aber weit mehr noch bei genaiierer Durchsicht der reichen Insec- tenrcgister desselben, stellt sich zweifellos heraus, dass der Verf. sehr grossen Fleiss auf sein Werk verwendet hat; denn ein solches Unterneh- men: grosse Massen von Notizen aus so vielen Schriften auszuzielion, wobei noch ein Schwall von Synonymen hinderlich entgegentritt, ist sehr mühsam und zeitraubend, und setzt grosse Geduld und Ausdauer voraus. Dass man in den Registern hier und da einige Lücken findet, die aber im Ganzen nur unbedeutend sind, finden wir sehr erklärlich, indem der Verf. bei seinem Unternehmen wenige Vorarbeiten fand, und daher in der gros- sen Masse der Insecten einige theils vergessen , theils übersehen hat. Es würde nun den Raum dieser Kritik übersteigen , wenn wir alle kleinen Lücken, die sich auf den 288 Seiten des Buches finden, angeben wollten. Hier kommt es nur darauf an, zu zeigen, dass sich hier und da im Buche kleine Mängel finden, welche auszufüllen wir dem Verf. über- lassen. Wir glauben um so mehr dergleichen Lücken angeben zu müssen, damit der Verf, in einer zweiten Auflage, die wir für dieses Werk hoflFen und wünschen, sie ergänze, und sind auch überzeugt, dass sein grosser Fleiss noch andere, die sich vorfinden dürften, beseitigen wird. Bei Durchlcsung der Cruciferen fiel uns zunächst auf, dass Camc- lina (Leindotter) keine Feinde haben soll. Das glaubte man vor .^0 Jah- ren wirklich, und wir hörten die Landwirthe prahlen, dass sie eine Pflanze besässen, welche alle Insecten verschonten. Später jedoch stellte sich heraus, dass der gefrässige Polyphng Plasia gnmmu, den der Verf. leim Leiu erwähnt hat, die Leindotter ebenso wie den Lein angeht. Lit,eratur und Kritik. 95 Watrscheinlich ist , dass er bei Camelina zu nennen vergessen worden ist ; aber auch Haltica oleraeea und atra fressen an ihr, und in manchen Jahr- gängen siud sie sehr häufig; selbst Ceatorrhynchus assirailis stellt sich ein. Bei Barbarea (Winterkresse) ist nur eine Fliege genannt; sie hat aber auch Käfer zu Feinden, besonders Ceutorrynchus Erysimi und aus- serdem noch Haltica - Arten , was schon die öfters zerfressenen Blätter bekunden. Auf dem Waid (Isatis), bei uns häufig in Wildniss, wohnt nicht allein Aphis Brassicae , sondern auch Pontia Napi. Bei dem Eet- tig (ßaphanus) hätte die Radischenraade Anthomyca radicum erwähnt wer- den sollen. Beim Meerrettig (Cochlearia Arraoracia) fehlt eine Blattlaus: Aphis Eumiois , desgleichen der bei uns sehr gemeine Erdfloh (Haltica nemorum) und Ceutorrhychus Rapae. Das grosse Register der Insecten von Brassica (Kohl), wozu der Verf. auch Sinapis (Senf) geschlagen hat, finden wir sehr ausführlich, und wünschten nur die Larve des Elater sege- talis (Drahtwurm), die Aphis Dianthi, und ganz besonders die Raupe von Agrotis exclamationis beigefügt zu sehen, die als Feind der Rapssaat von Thüringen bis nach Franken zu hausen seheint. Obgleich wir bei den Cruciferen die meisten Lücken gefunden haben, so sind uns doch noch hier und da einige, wenn auch im Ganzen nur unbedeutende Mängel aufgestossen. Bei den Reseden fehlt z. B. Pontia Brassicae, die freilich erst dann die Reseda angeht , wenn sie im Garten mit den Kohlarten fertig ist. Beim Weissdorn (Crataegus) und beim Schwarzdorn (Prurus spinosa) vermissen wir die Lagnaia (Clytra) longi- pes. Beim Schlehen - oder Schwarzdorn fehlt auch noch Papilio Poda- lirius und beim Pflaumenbaum sowohl Solandria ruflcornis mit gelbköpfi- ger Larve, die in Schwaben vorkommt, als auch Solandria Morio mit schwarzköpfiger Larve, die in Thüringen zuweilen so häufig ist. Sie war es, die, wie erwähnt, im Jahre 186Ö den reichen Segen der Zwet- schenbäume verdarb, und soll schon 1822 in gelinderem Grade geschadet haben; auch Schmidberger gedenkt ihrer, desgleichen Koller S. 276. Es waltet darüber gar kein Zweifel, dass Nördlingers Solandria ruflcornis eine der unsrigen sehr verschiedene Species der Sägewespen, die unsrige aber eben Solandria Morio ist. Bei den Erdbeeren fehl Pentatoma bac- carum, bei Pimpinella muss nothwendig noch Depressaria daucella hinzu- gefügt werden, die nicht allein auf JKümmel und Möhren wohnt, sondern auch der Hauptfeind der Anissaaten ist. Das möge genügen, um zu zeigen, dass sich in den Insectenregistern noch einige, wenn auch, hin- «ichtlich ihrer Reichhaltigkeit, im ganzen bloss unbeträchtliche Lücken vorfinden. Ueber die Art der Anfertigung der Insectenregister haben wir aber noch Einiges zu bemerken. Es ist zuerst nicht gut, dass der Verf. in Anführung der verschiedenen Species, von der Reihenfolge zuweilen ab- geht; es erschAvert das die üebersicht und den Gebrauch. Bei Prunus (Pflaume). S. 151 findet man z. B. unter den Käfern nach den Curculionen und Rhinosimen zwei Xylophagen (Eccloptogaster); dann folgen Chrysome- linen und Cerambyceen, und nun kommen wiederum Xylophagen. Bei den Faltern kommen zuerst zwei Penthina- Species; ihnen folgt das Genus Graphoiitha, dann kommt wieder eine Penthina -Art. Die Grapholitha wird in ihren Species dreimal erwähnt: zuerst vor Penthina, dann nach derselben, und endlich kommen noch zwei Species nach den Geschlechtern Paedisca und Carpocapsa. Auch würde der Verf. besser gethan haben, wenn er die alten Namen der Insecten, zur Erleichterung der Unkun- digen, gewählt hätte, weil die neue iN^oraenklatur voll von Synonymen ist, und die alte jeder Kundige ebenfalls kennt. Wegen der grossen 9ü Literatur uiiu Kritik. Masse der Synonymen in den Geschlechtern der Falter war ja Dr. Hey- denreich gez\vungen worden, sein Register nur nach Speciesnamen zu ordnen. Zweitens that der Verf. wegen unnöthiger Wiederholung und Eaum- ersparung, wohl recht, wenn er seine Bemerkungen bei lusectcn, die auf verschiedenen Pflanzen vorkommen, nur an einer Stelle gab und daselbst auf die andere Pflanze verwies; die Bemerkungen mussten aber doch bei solchen Pflanzen gegeben werden , die dem Insect hauptsächlich zur Nah- rung dienen, und nicht bei andern, auf welchen sie nur sehr ausnahms- weise erscheinen, me das S. 102 z. B. bei Hypomeneuta evonymella, wie wir glauben, nur desshalb geschehen ist, weil S. 100 Ehamnus im Buche früher als Evonymus angeführt wird. Drittens wäre zu wünschen gewesen, dass die Bemerkungen , im Ganzen sehr gut , doch zuweilen noch etwas schärfer ausgeführt worden wären. Eei Botys margaritalis S. 32 führt z. B. der Verfasser in seinen Bemerkungen , unter andern , ganz richtig an: ,,Als verheerend durch ihre grössere Menge wurde sie bis jetzt auf „Kohlarten, besonders Brassica llapa dem Rübsenkohl beobachtet." Aber diese Species theilt sich in die Varietäten Wasserrübe oder Wei^srübe, Winterrübsen und Sonimenübsen. ünsers Wissens ist sie nur dem Som- merrübsen gefährlich gewoiden, doch in dem Maasse, dass man in meh- reren Gegenden dessen Cultur aufgeben musste. Alle Winterfrüchte blühen ja auch zu einer Zeit, in welcher diese Motte noch gar nicht fliegt. Üeber die Abbildungen haben wir Weniges zu sagen; denn wie schon bemerkt , ist die Ausführung derselben gut, und auch bei weitem die mei- sten sind naturgetreu; nur bei zweien finden wir das nicht. Anemone Pulsatilla 5. 6 ist im letzten Stadium der Blüthe, wann die früher glocken- artig zusammengelegten Blumenblätter, kurz vor dem Abfallen, sich aus- sperren, gezeichnet worden. Das war schon nicht gut. Aber die Blume sieht auch der Pulsatüla gar nicht ähnlich, deren Blumenblätter, weit länger als breit, vorn kurz zugespitzt, und nicht abgeruiulet wie in Figur sind. Dann sieht S. 23 Corydalis bulbosa gerade so aus wie Corydalis fabacea, wäre es auch, wenn unten am Stengel das Schüppchen nicht fehlte; aber C. bulbosa, mit ihren reichblüthigen grossen, von weitem wie Hyazinthen aussehenden Blüthentrauben, ist es nicht. Der Name Geranium sanguineum unter der Zeichnung S. 80 ist falsch , es muss Geranium syl- vaticum stehen ; denn G. Sanguineum hat einblüthige Blumenstiele , auch grössere Blumen. Das sind unter den 170 Abbildungen, die wir im Buche gezählt haben , sehr wenige Versehen ; alles Uebrige ist gut und richtig. Schliesslich konmien wir noch einmal darauf zurück, dieses Werk wegen seiner Brauchbarkeit und Reichhaltigkeit Allen zu empfehlen, welche Insecten, die ihnen unbekannt sind , auf Pflanzen finden, und deren Namen erfahren wollen, und solchen, die durch die auf Pflanzen gefundenen Insecten den Namen der Pflanzen wissen möchten; auch hoften wir zugleich eine zweite Ausgabe recht bald in unsern Händen zu haben. Jena, den 27. Nov. 1872. Prof. Dr. Lantjcthal. AKCflIV DER PHARMACIE. 3. Eeihe, 2. Band, 2. Heft. A. Origiiialmittheilungeii. I. Pliarmacie , pliarmaceiit. Tind pliy.s. diemie. Mittheilungen nhev einige ciiemische Präparate der deutsclieii Pharmacopöe. Von Dr. C. Schacht in Berlin. I, Bismuthum valerianicum. Es heisst am Schlüsse des Artikels über Bismuthum valerianic. : „Gramma unum pulveris acido nitrico saepius humectatum aestu circiter 0,79 grammatis bismuthi oxydati praebeat." Die von der deutschen Pharmacopöe aufgenommene Vor- schrift für die Bereitung des Bismuthum valerianic. ist die von Duflos in seinem Apothekerbuch (1867) gegebene. Die- selbe giebt nach Duflos ein Präparat von der Zusammen- setzung 3Bi203 -j- 2C10H9O3 i- 4H0-, dasselbe enthält 75,8% Wismuthoxyd und 3,9 7o Wasser. In einer früher mit- getheilten Arbeit über denselben Gregenstand hatte ich mich (conf. Archiv der Pharm. Bd. 189 S. 199) dahin ausgesprochen, das» diese Methode der Darstellung des Bismuthum valeriani- cum zwar die einfachste sei, aber nicht ein Salz von der Formel 3Bi203+ 2C10H9O3 4- 4H0 giebt, sondern ein solches von der Formel 2Bi2 03-|- CiöH^O^^ -h 3H0, Arch. .1. Pharm. TU. Reihe. II. Bds. 2. Uft. 7 98 C. Schacht, Chemische Präparate d. deutsch. Pharmaeopöe. dem 79,46% Wisrautlioxyd und 4,63 "/o Wasser entsprechen. Bei der Prüfung von verschiedenen von der P'irma J. D. Rie- del in Berlin bezogenen Proben von Bismuthum valerianicum erhielt ich folgende Resultate: 1) 0,3690 g. gaben 0,2750 g. Wismuthoxyd, also 74,537o. 2) 1,150 g. gaben 0,8950 g., also 74,35 "/o- 3) 0,9060 g. gaben 0,6810 g., also 75,177o- Erhitzt man in einem kleinen Porzellantiegel eine abge- wogene Menge des zu prüfenden Präparates, benetzt nach dem Erkalten den Rückstand mit einigen Tropfen reiner Salpetersäure und erhitzt wiederum, so ist es mir wenigstens trotz der grössten Vorsicht nicht möglich gewesen, befriedi- gende Resultate zu erhalten. Bei dem Verdampfen der Sal- petersäure', auch wenn man noch so alimählig den Tiegel der kleinen Flamme nähert, kommt stets ein Zeitpunkt, wo ein Spritzen gar nicht zu verhindern ist. üebergiesst man dagegen die in dem kleinen Porzellantiegel abgewogene Menge des Präparates mit reiner Salpetersäure, dampft das Gemenge im W a s s e r b a d e bis zur Trockniss ein und erhitzt dann mit grösster Vorsicht, so erhält man leicht befriedigende Resul- tate. Jedenfalls muss aber das Glühen ein starkes sein, da das erhaltene Salpetersäure Wismuthoxyd nur schwer die Salpetersäure abgiebt. Meine frühere Angabe, dass das nach der Methode von Duflos erhaltene Bismuthum valerianicum die Formel 2Bi2 03 -|- C^ouso^ -f 3H0 hätte, war eine irrthümliche. Das Bismuthum valerianic. der deutschen Phar- maeopöe ist nach der Formel SBi^O^ -|- 2C^<^H90=^ -{- 4H0 zusammengesetzt und enthält 75,82^0 Wismuthoxyd. II. Auro-Natrium chloratum. Das reine XaCl,AuC13 -{- 4H0 enthält 54,7% Gold. Das Goldsalz der deutschen Pharmaeopöe ist ein Gemisch dieses Doppelsalzes mit Chlornatrium und enthält von letzte- rem circa 43%. Die von der deutschen Pharmaeopöe für die Bereitung des Auro-Natrium chloratum gegebene Vor- schrift ist die der Pharmacopoea Germaniae edit. alter., doch C. Schacht, Chemische Präparate d. deutsch. Pharmacopöe. 99 war in letzter die Menge des in demselben enthaltenen Gold- chlorides nicht angegeben. Ich habe von der Firma J. D. Riedel in Berlin bezoge- nes Auro- Natrium chloratum untersucht. 0,0670 g. gaben 0,0210 Gold, also 0,0331 AuCl^, d. i. 507o. III. Bismuthum subnitricum. Die deutsche Pharmacopöe sagt am Schlüsse der Cha- racteristik des Bismuthum subnitricum : „ Ad explorandum, num ab acido ai"senicoso liberum sit, praeparatum cum pari pondere acidi sulfurici concentrati caleüat, donec acidum nitri- cum plane avolaverit, tum aquae sextuplo dilutum eodem modo quo acidum hydrochioricum tentetnr." Bismuthum sub- nitricum nach dieser Methode auf arsenige Säure geprüft, giebt auf dem Silberpapier einen starken schwarzen Fleck, während durch den Marsh 'sehen Apparat keine Spur die- ser Verunreinigung aufzufinden ist. Eine Bildung von Schwe- felsilber kann nicht stattgefunden haben, da das mit einer Lösung von essigsaurem Bleioxyd benetzten Baumwollen- stopfen völlig ungefärbt geblieben M^ar. Der bei der Behand- lung des Bismuthum subnitricum mit conc. reiner Schwefelsäure erhaltene Bückstand muss nicht allein, wie die deutsche Pharmacopöe vorschreibt, mit dem sechsfachen Gewichte de- stillirten Wassers verdünnt werden, sondern derselbe muss mit Wasser angerieben werden, geschieht dies nicht, so bilden sich viele kleine Klümpfe, da der oben erwähnte Rückstand sich bei der Berührung mit Wasser wie ein hydrau- lischer Mörtel verhält und steinhart wird. IV. Aether aceticus von der Firma J. D. Riedel in Berlin bezogen, zeigte bei 17" ein specifisches Gewicht von 0,904, war absolut indif- ferent gegen Lackmuspapier und hielt die Wasserprobe gut aus. Derselbe war auch frei von jedem Geruch nach Butter- äther. Berlin, den 18. December 1872. 7* 100 Leiner, Salmiak - Einäthmer. Salmiak - Einäthmer. Von Ludwig Leiner. Wenn schon die Salmiak - Dämpfe in der neuern Me- dicin nicht mehr die viel- fache Anwendung wie früher finden , so werden sie aber doch immer wieder ver- ordnet. Die Verdampfung in Ab- dampfschälchen mittelst einer Lampe hat ihre Unannehm- lichkeiten und die Ver- stäubung wässriger Lösungen mittelst Inhalations- Apparaten ist auch nicht überall ange- zeigt. Die bekannte Bildung von Salmiak bei Zusammen- kommen von Dämpfen der Chlorwasserstoffsäure und des Ammoniaks legt aber eine Verwendung dieser Bildungsart so nahe, dass die Abbildung eines hiezu dienlichen Apparates mehr nur den Zweck hat, anzuregen, fvir diese Salmiakpfeife eine elegantere Form zu finden. Eines der weithalsigen Glasgefässe enthält Ammoniak - Liquor, ein zweites, reine Chlorwasserstoflfsäure und das dritte grössere reines Wasser. Am Saugi'ohre gezogen äthmen , wenn dem Nachdringen der Luft zum Ersatz des Verdampften Gelegenheit geboten ist und die Gefässe durch ein Röhrensystem geeignet ver- bunden sind, begreiflich die Chlorwasserstoff- und Ammoniak - Dämpfe in das Wasser -Gefäss, werden da gewaschen und kommen, sofern Ammoniak - Liquor und Chlorwasserstoffsäure in der Stärke richtig zusammengestimmt sind, in Schlund und Nase ganz rein schmeckende Dämpfe von Salmiak. Ein hübsch polirtes Brettchen, in das die Gläser fest- passend eingesetzt sind, bildet das Ganze zu einem nicht unerwünschten neuen Hilfsversprecher katarrhalischer Kranker. H. Weppei), Rhizoma Veratri albi L. 101 Beitrag zur ehem. Kenntniss des Rhizoma Veratri albi L. Vou H ermann Weppen aus Markoldendorff. I. Nachdem Sertürners Untersuchungen über die wirksamen Bestandtheile des Opiums (1804) durch die Entdeckung des Morphins von so eminentem Erfolge gekrönt waren, indem dadurch die Chemie mit dem ersten Körper aus der Classe der organischen Alkalien oder Alkaloide beschenkt wurde, wandte sich die Aufmerksamkeit einer ganzen Reihe von Chemikern sehr bald ähnlichen Untersuchungen zu. Es lag nahe, dass dieselben, Sertürner folgend, zunächst solche Pflan- zen oder Pflanz entheile der Analyse unterwarfen, denen von Alters her eine kräftige oder heftige Wirkung zugeschrieben wnirde. Das Hauptaugenmerk richteten diese Chemiker auf die Isoliruug der wirklich wirksamen Stoffe, meisten theils den übrigen Stoffen der betreffenden, in Untersuchung gezogenen Pflanzen entweder gar keine oder nur beiläufige Beachtung schenkend. Daher rührt es denn auch wohl hauptsächlich, dass wir von Pflanzen oder Pflanzentheilen nur wenig voll- ständige Analysen besitzen, und dass eine erneute Unter- suchung von anderer Seite immer wieder noch neue Körper zu Tage fördert, die entweder bislang ganz übersehen, oder wenn das nicht der Fall, doch falsch gedeutet waren und daher einer Revision bedürftig sind. — Aber mögen nun auch diese Untersuchungen unvollständig, mitunter sogar recht mangelhaft sein, immerhin verdankt die Wissenschaft den in dieser Richtung thätig gewesenen Chemikern sehr viel. Unter denselben ragen vor vielen anderen Pelletier und Caventou hervor, denen vrir die Entdeckung einer ganzen Reihe sehr werthvoller Alkaloide, eine grosse Anzahl guter und für dir damalige Zeit wohl vortrefflich zu nennender Pflanzenanaly- sen verdanken. ''J Aus dessen Doctor- Dissertation-, Göttingen 1872. E. L. 102 H. Weppcii, Rhizoma Verutri albi L, Diese beiden waren es auch, die zuerst*) (1819) den Wurzelstock von „ Veratrum albura L. , " einer auf den Al- pen Deutschlands, Oestreichs und der Schweiz sehr häufig vorkommenden Coichicacee, einer Untersuchung unterwarfen. Es war derselbe schon im Alterthum unter dem Namen „Eadix Helleboi'i albi, weisse Nieswurzel oder Germer," als brechenerregendes Mittel bekannt, und bildet auch noch heut- zutage ein gangbares und nicht unwichtiges Arzneimittel. — Pelletier und Caventou verfuhren in der Weise, dass sie die Wurzeln erst mit Aether, dann mit Alkohol und zuletzt mit Wasser auszogen. In dem ätherischen Auszuge fanden sie Fett und eine flüchtige Fettsäure, ähnlich der von ihnen kurz zuvor im Sabadillsamen aufgefundenen Sabadillsäure , vielleicht auch identisch mit derselben. Der alkoholische Auszug lieferte ihnen Veratrin und einen gelben Farbstoff, ausserdem aber eine in Wasser lösliche Säure, die sie in kleinen Nadeln krystallisirt erhielten und von der sie angeben, dass sie ihnen die Eigenschaften der „Gallussäure" gezeigt habe. Ich werde Gelegenheit haben, von dieser Säure noch ausführlich zu sprechen. Alle diese Substanzen hatten Pelletier und Caventou auch in dem gleichzeitig von ihnen untersuchten Sabadillsa- men aufgefunden. Der wässrige Auszug der Nieswurz gab weiter nichts als Gummi und Starke. — Auch die Asche derselben wurde von Pelletier und Caventou analysirt. Sie fanden sie sehr reich an phosphorsaurem und kohlensaurem Kalk mit Spuren von schwefelsaurem Kalk und Kieselsäure. Chloride waren nicht vorhanden. Dasselbe Resultat lieferte eine von mir ausgeführte Aschenanalyse; namentlich fand ich den Gehalt an phosphorsaurem Kalk sehr beträchtlich, (etwa 25*^/o). — Später (1837) wies Simon**) in der weissen Nieswurzel neben dem Veratrin noch eine andere Pflanzenbase, das *) Annal, de Chem. et Phya. Tom. XIV. p. 69 ff. **) Poggendorfs Annal. Bd. 41, p. 569. H. Weppen, Rhizonia Veratri albi L. 103 „Jervin," nach, welches sich vor allen Alkaloideii durch die Schwerlöslichkeit seiner Salze, namentlich des schwefelsauren, auszeichnen soll. Die letzte Untersuchung oder eigentlich nur Versuche mit Ehizoma Veratri albi rühren von Weigand (1841) her.*) Aus seiner Arbeit hebe ich Folgendes hervor. Weigand fand die Angabe von Pelletier und Caventou, dass die Nieswurzel Gallussäure enthalte, nicht bestätigt. Dagegen fand er „ G-allertsäure (Pectinsäure) " in beträchtli- cher Menge, (über lO^o)- Er stellte ein Decoct des Wur- zelpulvers dar , neutralisirte dasselbe mit kohlensaurem Na- tron, fügte dann Essigsäure im . stöchiometrischen Verhältniss der angewandten Sodamenge zu, wonach das ganze Decoct zum steifen breiigen Magma wurde. Dasselbe wurde einge- dampft und zum körnigen Extract ausgetrocknet, darnach mit Essigsäure haltigem Wasser ausgekocht, und nach dem Erkalten der Niederschlag von der Flüssigkeit getrennt. Er löste sich in kaltem Wasser sehr wenig, gar nicht in Alko- hol und Aether, wurde aber auf Zusatz alkalischer Flüs- sigkeiten in einen dünnen Schleim übergeführt. „Er ver- hält sich in jeder Beziehung als poetische Säure," sagt Weigand, ohne die damit angestellten Versuche näher nam- haft zu machen. Weiterhin theilt Weigand mit, dass er auch Nies wurzel- pul ver angetroffen habe, (er untersuchte also offenbar kein selbstbereitetes, sondern gekauftes Pulver), in dem keine (rallertsäure aufzufinden gewesen sei. Ich bemerke, dass ich die Versuche Weigands genau in derselben Weise wiederholt habe und zwar mit frischer Wurzel, ohne dass es mir mög- lich gewesen wäre, Grallertsäure oder überhaupt irgend eine ähnliche schleimige Substanz nachzuweisen. Nicht unwahr- scheinlich scheint es mir daher, dass die Zeit der Einsamm- lung auf das Fehlen oder Vorhandensein von Pectin von Bedeutung ist. Vielleicht enthält nur der im Frühling ge- sammelte Wurzelstock dasselbe. Mein Material war jedenfalls *) Chem. Ceutralbl. XTII. Jahrg. Bd. 1, p. 309. 104 H. Weppen, Khizoma Veratii albi L. später, wahrscheinlich im Spätsommer oder Herbst g^esammelt. Entscheidende Versuche über diesen Punkt anzustellen, war mir leider nicht möglich. Nicht undenkbar ist es freilich auch, dass das Pectin, welches Weigand fand, aus einer mit dem Nieswurzelpulver versetzten, fremden Substanz herrührte und dass dasjenige Pulver, worin er Pectin vergebHch suchte, eben reines unverfälschtes war. Weigand bemerkte ferner, dass der wässrige Auszug des Rhizoma Veratri albi durch Bleisalze , namentlich basi- sches Bleiacetat stark gefällt werde, untersuchte diesen Nie- derschlag aber durchaus nicht weiter. Er fügt dann noch hinzu , dass der wässrige Auszug weder durch kohlensaures Kali, noch durch Eisenoxydsalze, noch durch Kaliumeisencya- nur eine Yerändei'ung erleide, die auf Gegenwart von Gallus- säure zu schliessen berechtige. Vergleicht man nun die Abhandlung von Pelletier und Caventou mit der von Weigand über diesen Gegenstand , so findet man, dass die ersteren den Bleiniederschlag untersuch- ten und dass sie darin die Säure fanden, welche sie als Gal- lussäure bezeichnen. Weigand hat sich um den Bleinieder- schlag gar nicht bekümmert, und so war es denn auch nicht möglich , dass er jene fragliche Säure fand , um so mehr , da Pelletier und Caventou ausdrücklich angeben, dass dieselbe nur in geringer Menge vorhanden sei. Dass diese in dem mehr oder weniger dunkel gefärbten, wässrigen Auszuge keine wahrnehmbaren Farbenveränderungen mit kohlensaurem Kali oder Eisenoxydsalzen hervorbringen konnten , kann nicht Wunder nehmen. Weigand würde nach dem von ihm einge- schlagenen Verfahren keine Gallussäure gefunden haben, auch wenn sie vorhanden gewesen wäre. Endlich erhielt er auch durch Ausziehen mit Weingeist und Aether Substanzen, die er als Hartharz und Weichharz bezeichnet; und aus dem wässrigen Auszuge durch kohlen- saures Natron noch einen Niederschlag, den er als aus Vera- trin und Jervin bestehend angiebt. Alle diese Substanzen wurden in geringer Menge erhalten und Analysen oder auch nur Versuche damit weiter nicht angestellt, — H. Weppen, Rhizoma Veratii albi L. 105 Prof. Flückiger in Bern hatte bemerkt, dass ein Auszug von Veratrumwurzel, nachdem die Alkaloide aus demselben entfernt waren, noch stark bitter schmeckte. Er schloss daraus auf das Vorhandensein eines noch nicht isolirten Bit- terstoffs und veranlasste mich, dahin gehende Versuche anzu- stellen, die ich in Folgendem mittheile. 1 Kg. gröblich gepulverte Nieswurzel wurde mit der gehörigen Menge destillirten Wassers drei Tage hindurch mäcerirt. Der erhaltene Auszug wurde auf dem Wasserbade bis auf Zvveidrittel des ursprünglichen Volums abgedampft und filtrirt. In der klaren Flüssigkeit ei-zeugte frisch berei- tete Tanninlösung einen beträchtlichen Niederschlag; von der letzteren wurde daher ein geringer Ueberschuss zuge- setzt. Der entstandene Niederschlag wurde abfiltrirt, auf dem Filter gut ausgewaschen, noch feucht vom Filter ent- fernt, dann mit Blei weiss zusammengerieben und das Ge- misch auf dem Wasserbade eingetrocknet. Die trockne Masse wurde gepulvert und darnach in drei Theile, A, B, C, getheilt. Der Theil A würde mit Aether behandelt. Der äthe- rische Auszug Hess nach dem Verdunsten einen geringen Eückstand, der fin kaltem, schwach angesäuertem Wasser aufgenommen wurde. Es blieb dabei wenig Unlösliches von grüner Farbe, mit dem keine weiteren Versuche angestellt wurden, das aber wahrscheinlich aus etwas Chlorophyll be- stand. Die angesäuerte, wässrige Lösung wurde vorsichtig mit x\.mmoniak versetzt, wodurch schon in der Kälte ein geringer, reichlicher beim Erhitzen ein flockiger Niederschlag entstand, der nach dem Abfiltriren beim Behandeln mit con- centrirter Schwefelsäure sich als unreines Veratrin erwies. Das Filtrat, in gelinder Wärme verdunstet, gab nur einen ganz geringen, völlig amorphen Rückstand, der nicht kratzend, aber auch nicht bitter schmeckte. Der fragliche Bitterstoff war also durch Aether nicht gelöst worden. Der Theil B wurde mit BO^^/o igem Weingeist ausge- kocht. Von dem Auszuge wurde der Weingeist bis auf einen kleinen Pwest abdestillirt und die letzten Antheile des- lOß H. Wcppcu, Khizonia Veratri albi L. selben vordunstet. Es blieb ein gelbbrauner Rückstand , der sich in schwach angesäuertem Wasser vollständig löste. Diese Lösung gab auf Zusatz von Ammoniak in der Siedhitze ebenfalls einen flockigen Niederschlag, der mit conc. Schwe- felsäure, wie bei A, Veratrinreaction gab. Die von demsel- ben durch Filtration getrennte Flüssigkeit wurde mit Essig- säure vorsichtig neutralisirt und Proben derselben einerseits mit neutralem Bleiacetat versetzt, wodurch keine Veränderung in der Kälte, ein geringer Niederschlag in der Wärme wahr- genommen wurde; anderseits gab basisches Bleiacetat sofort einen starken Niederschlag. Der ganze E,est des Filtrats wurde desshalb mit basischem Bleiacetat ausgefällt, der Nie- derschlag abfiltrirt, ausgewaschen, in Wasser suspcndirt und mit H^S zersetzt. Die Flüssigkeit, vom entstandenen Schwe- felblei abfiltrirt, war schwach gelblich gefärbt; sie wurde, anfangs in gelinder Wärme, später über Schwefelsäure der Verdunstung überlassen. Es resultirte ein geringer, zäher Rückstand von gelbbrauner Farbe, der schwach sauer reagirte und intensiv bitter schmeckte. Der Theil C wurde direct mit Wasser ausgekocht, der wässrige Auszug aber genau ebenso behandelt wie der Theil B. Es resultirte schliesslich ein zwar immerhin geringer, aber doch reichlicherer Rückstand als bei B, von Farbe etwas dunkler, von ausserordentlich bitterem Geschmack und schwach saurer Reaction. Der Bitterstoff ist also ohne Frage vorhanden, in Wein- geist, leichter noch in Wasser löslich, in Aether unlöslich. Er wird aus seiner Lösung nicht oder doch nur in sehr ge- ringem Grade durch neutrales essigsaures Blei, wohl aber vollständig durch basisches gefallt. Ich bemerke gleich, dass es mir hier und auch bei allen späteren Versuchen nicht gelungen ist, ihn irgendwie krystallisirt oder auch nur kry- stallinisch zu erhalten. — In der Hoffnung eines besseren Resultates wurden nun nochmals mit 1 Kg. zerschnittener Wurzeln Versuche in abgeänderter Weise angestellt. Statt reinen Wassers wurde zum Ausziehen mit etwas Kalkmilch versetztes Kalkwasser angewandt, um das Ein- H. Weppen, Rhizoma, Vcratri albi L. 107 gehen der Alkaloide in die Losung- von vornherein auszu- schliessen. Es wurde nur macerirt;, alles Erwärmen vermie- den, um eine etwaige schädliche Einwirkung der alkalischen Flüssigkeit auf den Bitterstoff zu verhüten. Um aus dem erhaltenen Auszuge den überschüssigen Kalk wieder zu ent- fernen, wurde ein anhaltender Strom von Kohlensäure einge- leitet, darnach einmal aufgekocht, wobei sich neben kohlen- saurem Kalk auch Flocken von Eiweisssubstanz etc. aus- schieden. Die Flüssigkeit war nach dem Filtriren ganz klar, von gelbbrauner Farbe. In einer Probe erzeugte neutrales Bleiacetat einen reicHichen ISTiederschlag , die über dem Nie- derschlage stehende Flüssigkeit schmeckte aber deutlich bitter. Es war also auch hier der Bitterstoff nicht durch neutrales Bleiacetat niedergeschlagen, ein willkommener Fin- gerzeig, um denselben von den durch Bleizucker fällbaren Substanzen frei zu erhalten. Die ganze Flüssigkeit wurde nun mit einem Ueberschuss von Bleizuckerlösung versetzt, der entstandene Niederschlag wurde, nachdem er sich abgesetzt hatte, sofort abfiltrirt und ausgewaschen. Das Filtrat wurde vorläufig bei Seite gesetzt. Der auf dem Filter befindliche Niederschlag war flockig gefallen und erwies sich auch unter dem Mikroskop als durchaus amorph. Er wurde noch feucht in möglichst wenig Wasser suspendirt und mit Schwefelwasserstoff zersetzt. Die von dem entstandenen Schwefelblei abfiltrirte Flüssigkeit war gelblich, von freier Essigsäure schwach sauer. Sie lieferte nach dem Verdunsten einen schmierigen Bückstand von schwach saurer Eeaction, ohne Geruch und von fadem Ge- schmack. Da derselbe wohl zum grössten Theil aus Gummi bestand, so wurde er nicht weiter berücksichtigt. Zur weiteren Abscheidung des Bitterstoffs wurde jetzt das während einiger Tage bei Seite gestellte Filtrat von dem durch neutrales Bleiacetat entstandenen Niederschlage wieder hervorgeholt. Es zeigten sich an den Wandungen des Gefässes kleine Wärzchen, die sich unter dem Mikroskop als concentrisoh geordnete Krystallhäuf'chen erwiesen. Es wurde daher das Ganze noch acht Tage bei Seite gesetzt. ^^^' H. W»ppen, Rhizoma Veratri albi L. Nach Verlauf dieser Zeit hatte sich die Wandung des Gla- ses ganz und gar mit einer dünnen, bräunlichen Kruste überzogen, von der sich die Flüssigkeit klar abgiessen liess. Ich werde gleich weiter unten auf diese Kruste wieder zu- rückkommen. Als die in ein anderes Gefass gegossene Flüssigkeit auch nach tagelangem Stehen nichts weiter mehr absetzte, wurde sie mit basischem Bleiacetat in geringem Ueberechuss gefällt. Der entstandene Niederschlag war amorph, blieb es auch nach tagelangem Stehen, und unter dem Mikroskop liess sich nichts von Krystallinität bemerken. Die überstehende Flüssigkeit schmeckte nicht mehr bitter. Der Niederschlag wurde auf ein Filter gegeben und so lange ausgewaschen , bis das Waschwasser durch Schwefel- wasserstoff kaum noch verändert wurde, dann wieder in mög- lichst wenig Wasser suspendirt und mit SchwefelwasserstoiF zersetzt. Nach dem Filtriren wurde der Schwefelwasserstoff durch Aufkochen verjagt, die erkaltete Flüssigkeit sofort mit frischbereiteter Tanninlösung ausgefällt. Der entstandene, gelb weisse Niederschlag wurde wiederum abfiltrirt, ausge- waschen, dann noch feucht mit frisch gefälltem, vollständig ausgewaschenen, breiigen Blcioxydhydrat im Ueberschuss versetzt, und das Ganze auf dem Wasser bade völlig ausge- trocknet. Aus der trocknen Masse zog 40°/o ^g^r Weingeist den Bitterstoff als. hellgelben Körper aus , der nach dem Ab- destilliren des Weingeistes und Verdunsten des rückständi- gen Wassers über Schwefelsäure hinterblieb. Der Bitterstoff wurde aber auch diesmal nur in so geringer Menge erhalten, dass Versuche nicht damit angestellt werden konnten. Später habe ich mit grossen Mengen Rohmaterials, mit 30 Kg. und mehr, behufs Abscheidung des Bitterstoffs genau in derselben Weise , doch ohne Kalkwasser zum Ausziehen zu verwenden, gearbeitet. Aber auch hier habe ich nur so geringe Mengen desselben erhalten, dass eine weitere Unter- suchung leider nicht gestattet war. Nur eines V'ersuches, der bezüglich seiner Natur angestellt wurde, darf ich erwäh- nen. Eine geringe Menge des hellgelben Bitterstoffs ver' H. Weppen, Rhizoma Veratri albi L. 109 änderte, in wässriger Lösung mit alkalisclier Kupferlösung gekocht, dieselbe nicht. Eine andere, etwas beträchtlichere Menge, zuvor kurze Zeit hindurch mit etwas conc. Salzsäure gekocht, reducirte nach dem Uebersättigen mit Natronlauge die Fehling'sche Lösung sofort und auch Wismuthnitrat wurde reducirt. Es wird der Bitterstoff also, wie die meisten der- artigen Körper, sofern sie nicht organische Basen sind, gly- kosidischer Natur sein. — Sein eigenthümliches Verhalten gegen Lösungsmittel, nemlich seine grosse Löslichkeit in Was- ser, seine Unlöslichkeit in Aether und, wie ich mich über- zeugte, in Benzol, Chloroform und Petroleumäther erschweren die Abscheidung im hohen Grade. Ueberdies scheint er ausserordentlich leicht angegriffen zu werden, so dass er, falls er wirklich in beträchtlicher Menge vorhanden sein sollte, schon während des Arbeitens eine Zersetzung erleidet. Er ist sehr hygroskopisch, zerfliesst an der Luft schon wäh- rend einiger Minuten und wird sehr bald missfarbig dunkel- braun. Weitere Angaben darüber zu machen, bin ich leider vor der Hand nicht im Stande. — Ich schlage noch vor, den Bitterstoff vorläufig „ Yeratramarin" zu nennen. Soviel aus der Untersuchung von Pelletier und Caven- tou zu schliessen ist, müsste der Bitterstoff wenn nicht den grössten, so doch einen gewissen Theil der Substanz aus- machen, die sie als gelben Farbstoff („matiere jaune colo- rante") bezeichnen. — II. Ich kehre zurück zu der Substanz, die sich aus dem mit neutralem Bleiacetat im Ueberschuss versetzten Wurzel- auszuge als krystallinische Kruste ausgeschieden hatte. Dieselbe wurde von der Wandung des Glases mit Hülfe «ines Glasstabes losgelöst. Eine kleine Probe zeigte sich sowohl in der Kälte, als auch beim Kochen in Wasser und 110 H. "Weppen, Rhizonia Veratri albi L. Weingeist unlöslich. Mit Scliwefelwasserstoffwasser über- gössen wurden die Kryställchen oberflächlich schwarz. Es lag also die Vermuthung nahe, dass man es mit dem Blei- salz einer organischen 8äure zu thun hatte. Die ganze Masse, welche etwa 2 g. betragen mochte, wurde in ein kleines Beclierglas gespült , mit destilUrtem Wasser wiederholt abgewaschen, dann in mehr Wasser sus- pendirt, und ein anhaltender und starker Strom von Schwe- felwasserstoff eingeleitet. Unter Ausscheidung von Schwefel- blei verschwanden die Kryställchen. Nachdem sich aber der Niederschlag abgesetzt hatte, wurden nach kurzer Zeit in der klaren, über dem Schwefelblei stehenden Flüssigkeit wiede- rum kleine, weisse Krystallnadeln sichtbar, die beim Erhitzen des Ganzen sich wieder lösten. Es wurde nun noch etwas mehr Wasser zugefügt, dann aufgekocht und die Flüssigkeit siedend heiss filtrirt. Das Filtrat enthielt hiernach keinen Schwefelwasserstoff mehr, reagirte auf Lackmuspapier stark sauer und schmeckte auch rein sauer. Es wurde auf dem Wasserbade bis zum Sichtbarwerden eines feinen Häutchens abgedampft, worauf der Rest in der Kälte zu einem Krystall- brei erstarrte. Die Muttei'lauge, durch ein kleines Filter von den Krystallen getrennt, lieferte beim weiteren Eindampfen noch eine geringe Menge der Krystalle , die mit den vorigen vereinigt, mit einer geringen Menge kalten Wassers abge- waschen und zwischen Fliesspapier getrocknet wurde. Die ganze, nicht bedeutende Menge war darnach fast rein weiss. Ohne Zweifel ist dies dieselbe Krystallmasse , welche schon Pelletier und Caventou unter Händen gehabt und auf ähnliche Weise erhalten haben. Sie hielten sie für Gallus- säure. Leider übergehen sie in der Abhandlung (a. a. 0.) die Versuche ganz, welche sie mit dieser Substanz angestellt haben. Allerdings konnte eine oberflächliche Betrachtung des Verhaltens dieser Säure wohl auf die Vermuthung füh- ren, sie sei Gallussäure; denn in mancher Beziehung verhal- ten sich beide ähnlich, weichen aber in anderer wieder sehr von einander ab. So giebt meine Säure auf keine Weise mit Eisenoxydsalzon einen blauen Niederschlag oder auch H. .Weppeii, Rhizoma Veratri albi L, 111 nur eine blaue Färbung, eine Eigenschaft, die bekanntlich ganz characteristisch für Gallussäure ist. Dieser Versuch wurde sofort ausgeführt. Eisenchlorid in geringer Menge zugesetzt, liess die Lösung meiner Säure unverändert. Beim grösseren Zusatz wurde sie dunkler braun, beim Kochen schieden sich schwarzbraune Flocken aus. Ausser diesem Versuche wurden betreffs des qualitativen Verhaltens noch folgende Versuche angestellt: Von den reinsten, (weissesten) Parthien der Xrystalle wurde Etwas auf blankem Platinblech erhitzt. Sie verbrann- ten, ohne vorher zu schmelzen und ohne sich zu verflüchti- gen, mit heller Flamme und Hinterlassung eines nicht unbe- deutenden fixen Rückstandes. Eine zweite Probe wurde in einem an einem Ende zuge- schmolzenen Glasröhrchen, anfangs behutsam, erhitzt. Die Substanz schmolz nicht, sublimirte auch nicht und verkohlte bald unter Ausstossung brenzlich riechender Dämpfe. Kaltes Wasser löste die Krystallmasse nur sehr schwie- rig auf, erst beim Kochen trat leicht und völlig Lösung ein. Dieselbe reagirte stark sauer und besass einen rein sauren Geschmack. Proben der kalt gesättigten Lösung verhielten sich gegen Reagentien wie folgt: Chlorcalcium erzeugte keinen Niederschlag, auch nach längerem Stehen nicht. — Chlorbarium erzeugte nur eine geringe Trübung, die, wie sich später erwies, von etwas Gyps herrührte. Natronlauge erzeugte, in geringer Menge zugesetzt, keine Veränderung; durch einen Ueberschuss derselben wurde die Lösung sofort gelblich, nach dem Kochen intensiv citro- nengelb. Barytwasser erzeugte, in geringer Menge zugefügt, kei- nen Niederschlag; durch einen Ueberschuss entstand ein weisser Niederschlag, der in der Kälte nach einiger Zeit, beim Kochen sofort citronengelb wurde. — Kalkwasser rex- hielt sich gegen die Lösung ebenso. 112 H. Weppen, Rhizoma Veratri albi L. Ammoniak, in geringer Menge zugefügt, gab keinen Niederschlag; durch einen Ueberschuss desselben erhielt die Lösung einen deutlichen Stich ins Gelbe. Durch neutrales und basisches Bleiacetat wurden weisse krystallinische Niederschläge erhalten, unlöslich im Ueber- schuss des Fällungsmittels und in Essigsäure, aber löslich in Salz- und Salpetersäure. Silbernitrat gab einen weissen krystallinischen Nieder- schlag, löslich beim Kochen, in der Kälte wieder auskrystalli- sirend; Ammoniak, im Ueberschuss zugefügt, bewirkte eben- falls Lösung, aus welcher das Salz nach dem Ansäuern mit Salpetersäure sich anscheinend unverändert wieder ausschied. — Das gelallte Silbersalz vertrug Siedhitze, ohne unter Ab- scheidung von metallischem Silber zersetzt zu werden. Auch am Lichte hielt es sich unverändert. — Es lag also eine Säure vor, verschieden von Oxalsäure, Bernsteinsäure, Aepfelsäure, Weinsäure, Citronsäure. Auch die von Merck im Sabadillsamen aufgefundene Veratrnm- säure konnte es nicht sein, denn diese ist schmelzbar und flüchtig. Es war nun vor Allem geboten, grössere Mengen dieser Säure darzustellen. Zu dem Behufe wurden im Herbst voi'igen Jahres 30 Kg., später im Winter noch einmal 50 Kg. des Rhizoma Veratri albi in Arbeit genommen. Ich bezog dasselbe von der Dro- guenhandlung der Herren Rump & Lehners in Hannover, welche die Güte hatten, mir das Material im Sommer zuvor frisch in den bayrischen Alpen sammeln zu lassen. Um zu entscheiden, ob die Wurzelfasern nicht einen reicheren Gehalt an Säure besässen als der eigentliche Wur- zelstock, (jene sollen bedeutend reicher an Alkaloid sein, als dieser) , so wurden von den ersten 30 Kg. die Nebenwurzeln sorgfältig vom Wurzelstock getrennt und beide Theile geson- dert, aber nach gleicher Methode verarbeitet. Da sich in H. WeppeB, Rhizoma Veratri albi L. 113 dem Verhalten der beiden Wurzeltheile keine "Verschieden- heit zeigte, sich auch keine wesentliche Differenz in der Aus- beute herausstellte, so nehme ich in Folgendem auf diese getrennten Operationen keine Rücksicht. Die Darstellung geschah nun folgendermassen : Die Wurzeln wurden zunächst behufs der bequemeren Zerkleinerung in wenig kaltem Wasser aufgeweicht. Sie sogen die gesammte Menge des angewandten Wassers nach einiger Zeit vollständig auf, und Hessen sich darnach, wie im frischen, ungetrockneten Zustande, mit dem Schneidemes- ser leicht zerhacken. Es ist dies Verfahren der Zerkleinerung bei Weitem dem Zerhacken oder Zerstampfen der trocknen Wurzel vorzuziehen. Da sie sehr zähe ist, so erfordert das letztere viel Kraftaufwand, überdies kann man sich dabei dem in bekannter Weise zum Niesen reizenden Staube nicht ent- ziehen. Beide Uebelstände hebt das eingeschlagene Verfahren aber vollständig. Das gröblich zerhackte Rohmaterial wurde nun in einen grossen, hölzernen Kübel gethan und mit soviel kaltem, gemeinen Brunnenwasser übergössen, dass dasselbe etwa handhoch über den Wurzeln stand. Der Kübel besass unten ein durch einen Krahn zu öffnendes und schliessendes Abfluss- rohr, wodurch es möglich wurde, den Auszug mit Bequem- lichkeit vollständig und fast klar ablaufen zu lassen. Nach dreitägiger Maceration und häufigem Durchkneten der gan- zen Masse öffnete ich den Krahn, und dampfte den abfliessen- den, braungefärbten Auszug sofort in grossem, kupfernen Kessel ein. Die rückständigen Wurzeln wurden in gleicher Weise noch zweimal mit gleichen Mengen Wasser behandelt, die Auszüge wie der erste eingedampft. Der letzte Auszug war nur noch gelb gefärbt; um aber die Erschöpfung der Wurzel mit Sicherheit zu erlangen , wurde sie darnach mit siedend heissem Wasser übergössen. Nach zweitägigem Stehen Hess ich wieder ablaufen und wiederholte dieselbe Operation noch einmal. Endlich wurde der ganze Rückstand scharf ausgepresst. Arcb. (1. Pharm. III. RQibe. II. Bda. ?. Hft. g 114 H. Weppen, Rhizonia Veratri albi L. Sämmtliche Auszüge wurden zusammengegeben, bis auf etwa ein Fünftel ihres ursprünglichen Volums eingedampft, dann in Steintöpfe gethan und zum Klären und Absitzen bei Seite gestellt. Nachdem dies geschehen, heberte ich die klare Flüssigkeit von dem Bodensatze ab, und gab dazu soviel einer concentrirten Lösung von neutralem Bleiacetat, bis auf weiteren Zusatz die über dem gebildeten Niederschlage stehende Flüssigkeit durchaus nicht mehr verändert wurde. Nach einigen Tagen zeigte sich der anfangs amorphe Niederschlag unter dem Mikroskope mit sehr zahlreichen, nadeiförmigen Ivryställchen , bald einzeln, bald zu sphäroidi- schen Häufchen vereinigt, durchsetzt. Um die Ausscheidung des Bleisalzes vollständig zu bewerkstelligen, Hess ich dem Niederschlage mit der Flüssigkeit noch etwa vierzehn Tage hindurch Euhe, Nachdem ich mich darauf mit einer Probe der klaren, überstehenden Flüssigkeit überzeugt hatte, dass dieselbe bei weitei*em Stehen nichts mehr absetzte, daraus auch beim Concentriren durch Eindampfen nichts mehr abge- schieden wurde, so trennte ich nun den Niederschlag von der Flüssigkeit durch Abgiessen, gab den Niederschlag selbst auf ein lockermaschiges Colirtuch, Hess ihn darauf abtropfen und wusch ihn einige Male mit reinem Wasser aus. Um das Bleisalz , bevor ich zur Zersetzung desselben schritt, gleich möglichst frei zu erhalten von dem beträcht- lichen amorphen Niederschlage, so versuchte ich zunächst den letzteren zu trennen. Es gelang mir dies annähernd durch Kochen des ganzen Niederschlages, wie er war, mit verdünnter Essigsäure; dieselbe löste einen grossen Theil der amorphen Masse zu einer dunkelbraunen Flüssigkeit mit Leichtigkeit auf, Hess aber die Bleisalzkrystalle ganz intakt. Beim Erkalten schied sich aus der Essigsäure -Lösung wie- der ein brauner Niederschlag ab, derselbe war aber wie vor- hin amorph. Durch Zersetzen desselben mit Schwefelwasser- stoff und Abdampfen des Filtrats überzeugte ich mich ausser- dem, dass er nichts von der Säure enthielt. Es blieb ein brauner, syrnpartiger Rückstand, der auch nach längerem Stehen keine Säurekrystalle ausschied. H. Weppen, ßhizoma Veratri albi L. , 115 Durch Absitzenlassen und Decantiren wurde darnach der Niederschlag so lange ausgewaschen, bis das Waschwas- ser nur noch ganz schwach sauer reagirte und nur noch wenig gefärbt war. Dann Hess ich ein weiteres Trennungs- verfahren in der Weise eintreten, dass ich den Niederschlag mit Wasser schlemmte ; die schwereren Bleisalzkrystalle setz- ten sich rasch zu Boden, der leichtere amorphe Antheil, mit Krystallen freilich noch vielfach vermischt, war längere Zeit in Wasser suspendirt und wurde möglichst rasch abgegossen. Beide Theile wurden nun getrennt weiter behandelt, indem sie portionenweis in grosse, mehre Kg. fassende Glaskolben gethan, mit Wasser kräftig umgeschüttelt, und mit Schwefel- wasserstoff so lange behandelt wurden, bis das Ganze, nach häufigem Umschütteln, damit vollständig gesättigt war. Jetzt wurde in dem Kolben zum Sieden erhitzt und die Lösung- siedend heiss von dem ausgeschiedenen Schwefelblei abfiltrirt, in der Weise, dass das letztere zunächst nicht mit auf das Filter gegeben, sondern erst noch einige Male mit reinem Wasser ausgekocht und darnach auf dem Filter mit kochendem Wasser vollständig ausgewaschen wurde, d.h. so lange, bis blaues Lakmuspapier von dem ablaufenden Filtrate durchaus nicht mehr verändert wurde. Getrennt, wie die Niederschläge durch Schlämmen erhal- ten und der Zersetzung mit Schwefelwasserstoff unterworfen waren, wurden nun auch die resp. Filtrate auf dem Wasser- bade eingedampft, das erstere, aus dem reineren Bleisalz resultirende , bis zum Auftreten eines dünnen Häutchens auf der heissen Flüssigkeit, worauf in der Kälte der ganze Best zum Krystallbrei erstarrte. Das letztere, aus dem unreineren Antheile des Niederschlages resultirende war bedeutend dunk- ler gefärbt, Hess beim Einengen kein überlagerndes Häut- chen erkennen und wurde deshalb bis zum dicken Syrup eingedampft. Es schieden sich beim Erkalten sehr bald geringe Mengen der Säurekrystalle aus, die sich nach tage- langem Stehen noch bedeutend vermehrten. In einem hohen Becherglase setzten sie sich langsam aber vollständig aus dem dicken Syrup ab, diesen entfernte ich, Hess den Bückstand 116 H. AVejipcn , Ehizonia Vcratri albi L. auf einem Filter abtropfen und wusch ihn mit wenig kaltem "Wasser ab. Da die so erhaltene Säure sehr dunkel und unrein war, so wurde sie sofort in heissem Wasser wieder gelöst, die Lösung mit neutralem Blciacetat gefällt, der Nie- derschlag nach dem Absitzen abfiltrirt und, gewaschen, in Wasser suspendirt und von Neuem durch Schwefelwasserstoff zersetzt. Die Lösung lieferte jetzt beim Abdampfen Säure, die bedeutend besser aussah, mit der aus dem ersten Antheil des ursprünglichen Niederschlags erhaltenen völlig überein- stimmte und daher mit ihr vereinigt wurde. Sämmtliche erhaltene Säure Hess ich auf einem Filter abtropfen, wusch sie mit wenig kaltem Wasser ab und trock- nete sie zwischen mehrfachen Lagen Fliesspapiers ohne An- wendung von Wärme. Die Mutterlauge lieferte nach dem Eindampfen neue, nicht unerhebliche Mengen der Säure, die letzten Reste jener, syrupsartig geworden, schieden nach längerem Stehen noch geringe Mengen ab. Diese aus der Mutterlauge noch erhaltene Säure wurde nun ebenso behan- delt, wie oben bei der unreinen Säure angegeben ist, an Blei gebunden und das Bleisalz mit Schwefelwasserstoff zer- setzt. Dann reiner, wurde sie der Hauptmenge beigefügt. Aus 80 Kg. Wurzeln erhielt ich etwa 40 g. Säure, die aber noch unrein und von hellbraungelber Farbe war. Beim'gung der Säure. Die rohe Säure wurde in soviel heissem Wasser gelöst, dass ein Theil derselben sich beim Erkalten wieder ausschei- den musste. Bevor diese Ausscheidung stattfand, wurde die noch warme Lösung mit dem Gfachen Volum 90°/oigen Weingeists versetzt, wodurch sofort eine Trübung, später nach völligem Erkalten ein nicht unerheblicher, krj^stallinischer Niederschlag entstand. Nachdem sich derselbe gut abgesetzt hatte, wurde die weingeistige Lösung klar abgegossen, der Niederschlag selbst mit neuen, geringen Portionen absoluten Alkohols zu wiederholten Malen ausgekocht. Die ersten Por- tionen nahmen aus dem Niederschlage noch mit ausgeschie- H. Weppen, Rhizoma Veratri albi L. 117 dene Säure auf, die letzten lösten nichts mehr, und hinter- Hessen weisse Krystallnadeln , die sich in heissem Wasser leicht lösten. Diese Lösung erwies sich, einerseits mit Essig- säure angesäuert, nach Hinzufügung von osalsaurem Ammon, anderseits mit Salzsäure angesäuert und mit Chlorbarium versetzt, als eine Lösung von schwefelsaurem Kalk. Von der alkoholischen Lösung wurde der Weingeist im Wasserbade abdestillirt. Der Rückstand im Kolben erstarrte in der Kälte zum Krystallbrei , den ich auf einem Trichter abtropfen Hess und mit wenig kaltem Weingeist nachwusch. Darauf wurde er sogleich mit absolutem Weingeist in eine Kochflasche gespritzt, dann noch mehr davon zugesetzt und das Ganze auf dem Wasserbade zum Kochen erhitzt. Da sich das Ungelöste rasch absetzte, so konnte die Lösung, noch heiss, klar von dem Rückstände abgegossen werden. Letz- terer wurde wiederholt mit neuen Portionen absoluten Alko- hols ausgekocht und die Lösung jedesmal der zuerst erhal- tenen beigefügt. Es blieb schliesslich nur eine geringe Menge weisser Kryställchen zurück, die sich ebenfalls im Wesent- lichen als Gyps erwiesen. Yon der erhaltenen Lösung wurde wieder der Alkohol im Wasserbade abgezogen, die zurück- bleibende Säure in Wasser gelöst und die wässrige Lösung zur Krystallisation verdunstet. Die so erhaltene Säure war weiss mit nur einem Stich ins Gelbliche. Eine Probe der Lösung erwies sich als frei von Kalk und Schwefelsäure, nichts desto weniger hinterliess eine kleine Menge, auf blankem Platinblech verbrannt, noch einen zwar nicht erheblichen, aber immer noch deutlichen, fixen Rückstand, der angefeuchtetes, rothes Lakmuspapier bläute. Er wurde in einigen Tropfen Wasser gelöst. Ein reiner, ausgeglühter Platindraht mit der Lösung befeuchtet, gab in der Elamme deutliche Kalireaction und ein Tropfen der Lösung zeigte auf einem Objectgläschen, mit einem Tropfen Platinchlorid vermischt, unter dem Mikroskop sofort die cha- racteristischen Oktaeder von Kaliumplatinchlorid. Um nun die Säure von dem noch anhängenden Kali (Kalisalz) zu befreien, wurde sie wieder in so viel siedendem, HS H. Weppen, Rhizoma Vorsitri albi L. absoluten Weingeist gelöst, dass sich beim Erkalten nichts wieder ausschied, darauf dieser Lösung das dopi>clte Volum Aether zugefügt und das Ganze, wohl verschlossen, 24 Stun- den bei Seite gestellt. Es hatte sich darnach ein flockiger, weisser Niederschlag in geringer Menge gebildet, der durch ein kleines Filter von der Aetherweingeistlösung getrennt wurde und sich durch einen Versuch in der That als stark kalihaltig erwies. Als einige Tropfen der Aetherweingeistlösung in einem kleinen Platinschälchen der freiwilligen Verdunstung überlas- sen, der Rückstand darauf verbrannt und gelinde geglüht wurde , blieb dennoch ein fixer Rückstand , der alkalisch reagirte. Es wurde deshalb, nachdem der Aetherweingeist im Wasserbade völlig abdestillirt war, die rückständige Säure wieder in heissem, absoluten Weingeist gelöst und die gesät- tigte Weingeistlösung jetzt mit dem vierfachen Volum Aether versetzt. Nach längerem Stehen schieden sich auch aus die- ser Lösung wieder geringe Mengen von Flocken aus, die wie vorhin abgeschieden wurden, und sich als kalihaltig erwiesen. Dieselbe Operation wurde nun zum dritten Male mit der Säure ausgeführt, nur wurden statt vier Volum Aether jetzt sechs Volume angewandt. Aber es schieden sich dar- nach durchaus keine Flocken mehr aus, wohl aber in nicht unerheblicher Menge kleine Kryställchen der Säure. Es musste darnach ein anderes Verfahren zur Reinigung der Säure eingeschlagen werden, und zwar blieb nichts Anderes mehr übrig, als sie wieder an Blei zn binden und das Bleisalz mit Schwefelwasserstoff zu zersetzen. Zu diesem Ende wurde die beträchtlich verdünnte, wässrige Lösung der Säure heiss mit einer Lösung von neutralem Bleiacetat aus- gefällt. Das Bleiacetat wurde zu diesem Zwecke durch mehr- raaliges ümkrystalliren gereinigt und erwies sich darnach ganz frei von Verunreinigungen , namentlich auch frei von Kalk und Alkalien. Das gefällte Bleisalz wurde, nachdem es zuvor auf einem Filter mit heissem Wasser vollständig ausgewaschen , — eine Arbeit, die immer viel Zeit in An- spruch nahm, da der Niederschlag ziemlich voluminös fiel, — H. Weppen, Ehizoma Veratri albi L. 119 genau in derselben Weise weiter behandelt, wie oben bei der Darstellung der Säure angeführt ist. Ich habe diese Operationen des Auflösens, Fallens, Zer- setzens des Bleisalzes mit Schwefelwasserstoff, Krystallisiren- lassens der Lösung, Wiederauflösens u. s. w. wohl zwanzig - und mehrmal ausgeführt, und in&ofern nicht ohne Erfolg, als sich bei angestellten Versuchen der fixe Bestandtheil der Säure jedesmal verringerte. Sie aber ganz und gar frei von allem Alkali zu erhalten, ist mir nicht möglich gewesen. Auch die reinste , weisseste Säure hinterliess beim Verbren- nen auf Platinblech noch einen, wenn auch ganz geringen B,ückstand. Ich musste schliesslich die mühevolle und zeit- raubende Arbeit aufgeben. Einige andere Versuche, die Säure ganz frei von unver- brennlichem Rückstände zu erhalten, schlugen ebenfalls gänz- lich fehl. So trocknete ich einen Autheil der Säure im Wasserbade vollständig aus, und schüttelte die ganz trockne Masse mit grossen Mengen absoluten Aethers, von dem ich mich zuvor überzeugt hatte, dass er ohne irgend einen Rück- stand zu hinterlassen verdunstete. Der Aether nahm nur ganz unerhebliche Mengen von der Säure auf, und selbst diese erwiesen sich nicht reiner als die angewandte Säure selbst. Ein ebenso ungünstiges, wenn nicht ungünstigeres Resultat ergab ein Versuch, aus einer behufs Abscheidung des Kalis mit verdünnter Schwefelsäure versetzten Säurelösung die Säure durch Schütteln mit Aether in letzteren überzuführen. — Eines Umstandes muss ich schliesslich noch Erwähnung thun. Bevor ich dazu schritt, die Säure durch Fällen mit Bleizuckerlösung u. s. w. zu reinigen, wurde #ne Prüfung derselben auf Stickstoff angestellt. Der Versuch wurde nach der von Lassaigne angegebenen Methode ausgeführt, indem eine nicht zu kleine Menge der Säure in einem Glasröhrchen mit einem Stückchen Natrium erhitzt, die verkohlte Masse in Wasser aufgenommen, nach dem Eiltriren mit Eisenoxydul- oxydlösung und darnach mit Salzsäure in geringem Ueber- schuss versetzt wurde. Es trat ein freilich nicht sehr bedeu- tender ISTiederschlag von Berliner Blau auf, die Säure war 120 H. Weppen, llhizoma Veratri albi L. also anscheinend stickstofflialtig-. Als nun nach mehrmaligem Reinig-en der Säure in der angegebenen Weise der Versuch wiederholt wurde, schieden sich erst nach längerem Stehen einige wenige Flocken von Berliner Blau aus , und als später der Versuch zum dritten Male angestellt wurde, blieb die Reaction ganz aus. Die Säure ist also stickstofffrei, und die Reaction rührte von einer mehr oder minder starken, stick- stotflialtigen Verunreinigung her, die durch das Fällen mit Bleiacetatlösung schliesslich ganz entfernt wurde. — Um zu entscheiden, ob der Rückstand, den die gereinigte Säure hinterliess, von wesentlichem Einfluss auf die Analyse derselben sein könnte, wurde eine Bestimmung des ersteren vorgenommen: I. 0,1212 Grm. wasserfreier Säure gaben nach dem Ver- brennen und Glühen im Platintiegel 0,0004 g. Rückstand, entsprechend 0,330 ^/y. — II. 0,1843 g. einer anderen Portion ebenfalls wasser- freier Säure gaben nach dem Verbrennen und Glühen im Platintiegel 0,0005 g. Rückstand, entsprechend 0,271 %• — Die so gereinigte Säure stellt ein weisses, leichtes, kry- stallinisches Pulver dar. Auf einem Objectgläschen unter dem Mikroskope betrachtet zeigt sie sich als aus kleinen, durchaus verfilzten Krystallnadeln bestehend; nur hier und da zeigen sich auch einzelne isolirte Nadeln, die aber so klein sind, dass es nicht möglich ist, über ihre Krystallform ins Reine zu kommen. Verschiedene Versuche, die Säure durch langsames Verdunsten der wässrigen Lösung bei ge- wöhnlicher Temperatur über Schwefelsäure in grösseren, ansehnlicheren Krystallen zu erhalten, blieben erfolglos. Wird die Säure mit kaltem Wasser Übergossen und geschüttelt, so trübt sich die Flüssigkeit milchig. Erst nach längerer Zeit setzt sich die fein suspendirte Säure wieder zu Boden und die überstehende Lösung ist darnach farblos und klar. In Betreff der Löslichkeit der Säure in Wasser wurden die nachstehenden Bestimmungen gemacht: H. Weppen, Ehizoma Veratri albi L. 121 Zu reinem, destillirten Wasser von 17,5 <>R. wurde eine überschüssige Portion der Säure gegeben, das Gemisch einige Zeit hindurch anhaltend geschüttelt und nach dem Absetzen filtrirt. I. 10 CO. des Filtrats, im Wasserbade zur Trockne gebracht, gaben 0,0930 g. Säurerückstand. IL 7,3452 g. des Filtrats, bei gewöhnlicher Tempe- ratur verdunstet, darauf bei 80 <^C. bis zum con- stanten Gewichte getrocknet, gaben 0,0724 g. Säurerückstand. Demnach lösen nach Vers. I. 100 Th. Wasser von 170,511. 0,94 Tth. Säure, und nach Vers. II. 0,99 Th. Säure, also etwas weniger als ein Procent. Ferner wurden zwei Portionen der Säure in zwei Probir- gläschen mit einer nicht hinreichenden Menge destillirten Wassers übergössen und vier Stunden lang im siedenden Wasserbade unter häufigem ümschütteln erhitzt; darnach wurde siedend heiss filtrirt durch ein im Wasserbadtrichter befindliches Filter: I. 3,5550 g. des Filtrats gaben nach dem Verdunsten in gelinder Wärme und nach dem Trocknen bei 80 ^C bis zum Constanten Gewicht, 0,2165 g. Säure- rückstand. IL 6,3456 g. des Filtrats gaben, auf gleiche Weise behandelt, 0,5884 g. Säurerückstand. Demnach lösen nach Vers. I. 100 Th. siedenden Was- sers 9,28 Th., nach Vers. IL 10,22 Th. der Säure, im Mittel also 9,750 Th. In kaltem, absoluten Weingeist löst sich die Säure ebenfalls schwierig, leichter in siedendem. Wässriger Wein- geist nimmt um so mehr davon auf, je grösser der Gehalt an Wasser ist. Absoluter Aether nimmt von der Säure nur Spuren auf, etwas mehr, aber immerhin geringe Mengen löst wasser- und weingeisthaltiger. Beträchtliche Mengen der Säure löst endlich ein Gemisch von einem Volum Aether und drei Volumen Alkohol. Unlöslich ist die Säure in Benzol, 122 H. Weppen, Rhizoma Veratri albi L. Schwefelkohlenstoff;, Chloroform, Petroleumäther, Amylalkohol und in verdünnten S.äuren. Von dem Verhalten der Säure gegen Eeagentien ist bereits oben (p. 24.) die Rede gewesen. Nachzutragen sind hier noch folgende Reactionen, die später ermittelt wurden. Schwefelsaures Eisenoxydul verändert die Lösung der Säure nicht. Schwefelsaures Zinkoxyd erzeugt ebenfalls keinen Nie- derschlag. Schw^efelsaures Kupferoxyd , der Säurelösung direct zu- gefügt, bringt keinen Niederschlag hervor, die Flüssigkeit färbt sich nur gelbgrün. Wird aber die Säure zuvor mit Natriumcarbonat neutralisirt, so entsteht ein gelbgrüner, anfangs flockiger, nachher krystallinisch werdender Nieder- schlag. Quecksilberchlorid und salpetersaures Quecksilberoxyd erzeugten beide keine Niederschläge. Salpetersaures Quecksilberoxydul bringt sofort einen blendend weissen, krystallinischen Niederschlag hervor, der in Wasser unlöslich ist, löslich aber in kalter Salpetersäure, und in verdünnter Schwefelsäure beim Erhitzen. — Was die Benennung der Säure anbelangt, so befinde ich mich hier in einiger Verlegenheit. Am passendsten würde der Name.,, Veratrumsäure" erscheinen, indes ist der- selbe leider der von Merck in der Sabadilla entdeckten Säure beigelegt. Die Spanier nennen Veratrum album „Jerva"; so könnte man diese neue Säure denn „Jervasäure" taufen. Jedoch auch dieser Name hat etwas Misliches, er erinnert unwillkürlich an das in der Nieswurzel vorkommende Jervin, mit dem die Säure doch in gar keiner Beziehung steht. In Ermangelung eines Besseren erlaube ich mir dennoch, vor der Hand diesen Namen in Vorschlag zu bringen und werde sie also fortan „Jervasäure" nennen. H. Weppen, Ehizoraa Veratri albi L, 123 Analyse der Jervasäure. A, Wasserbestimmung. I. 0,5788 g. lufttrockner Substanz wurden zwölf Stunden hindurch im Luftbade einer Temperatur von 150 *'C. ausgesetzt. Das Gewicht blieb darnach constant. Es war ein Gewichtsverlust von 0,0518 g. eingetreten, ent- sprechend 8,949% H^o. IL 0,6195 g. lufttrockner Substanz verloren nach zwei- stündigem Erhitzen im Luftbade bei 150 °C. 0,0550 g. Wasser, entsprechend 8,878 7o H^O. — B. Elementaranalyse. L 0,2115 g. bei 150 *^C. getrockneter Säure gaben beim Verbrennen mit Kupferoxyd und Sauerstoff: 0,3490 g. 002 = 0,0951723 g. C. und 0,0457 g. H^O = 0,0050777 g. H. Daraus berechnen sich 44,998% C. und 2,400% H. IL 0,2644 g. wasserfreier Säure gaben beim Verbrennen auf gleiche Weise: 0,4354 g. C02 = 0,11873358 g. C. und 0,0645 g. H^O = 0,0071666 . . . g. H. Daraus berechnen sich 44,906 % C. und 2,710 % H. III. 0,2575 g. wasserfreier Säure gaben ebenfalls beim Verbrennen mit Kupferoxyd und Sauerstoff: 0,4271 g. 002 = 0,11647017 g. C. und 0,0632 g. H20 = 0,0070222 . . . g. H. Daraus berechnen sich 45,231 % C. und 2,726 % H. Nach diesen Analysen berechnet sich für die Jervasäure folgende Formel: Eerechnet: Gefunden: I. II. III. *) Ci^= 168. = 45,4054% Hi«= 10. = 2,7027 „ 012= ;^g2. = 51,8919 „ 370. 100,0000. 2H20 =_36. = 8,867 %. 406. *) C = 12, ==. 16. 44,998. 44,906. 45,231 %. 2,400. 2,710. 2,726 %. 8,949. 8,878%. - 124 E. Reichardt, chemische Untersuchung einiger Eisenwasser. Die unter den Rubriken I. und II. aufgeführten Analysen weichen im C = Gehalt um ein nicht Unbedeutendes von der theoretischen Menge desselben ab. Dies erklärt sich leicht aus dem Umstände, dass die zur Analyse verwandte Säure, wie schon oben bemerkt, noch geringe Mengen Alkalis enthielt, welche entsprechende Mengen Kohlensäure zurück- halten miissten, bei der Analyse III. aber ohne Zweifel reinere Säure zur Verwendung gekommen war. Die Formel der Jervasäure lautet demnach: QU Hio 012 _^ 2H2 0. — Chemische Untersuchung einiger Eisenwasser. ' Von Dr. E. Eeichardt. I. Lobenstein bei Ebersdorf. In einer reizenden Gebirgsgegend liegt das kleine Städt- chen Lobenstein mit alten Burgruinen, Schloss und Schloss- garten, welche jetzt zur Benutzung der Badegäste bereitwil- lig freigegeben sind. Die herrschende Gebirgsforraation ist der Thonschiefer , welcher in unmittelbarster Kähe reiche Eisen- erze enthält, die schon seit lange abgebaut werden. Unter - und oberhalb Lobenstein durchbricht den Thonschiefer Grün- stein und an diesen Stellen, oder sehr nahe gelegen, treten unmittelbar aus dem festen Gesteine eine grosse Zahl eisen- haltiger Quellen hervor, von denen bis jetzt 2 näher unter- sucht sind und als Heilquellen in Gebrauch gezogen wurden. Die Analyse ergab in 1000 g. Wasser: Neue Stahlquelle: Agnesquelle: Chlor 0,01147. 0,001879. Schwefelsäure 0,00933. 0,008354. Lösliche Kieselsäure 0,01259. 0,000608. Kalium 0,01040. 0,002340. Katrium 0,01497. 0,004243. Kalk 0,03160. 0,006482. Talkerde 0,00888. 0,004135. Eisenoxyd 0,02849. 0,020740. E. Eeichardt, chemische Untersuchung einiger Eiscnwas3er. 125 Manganoxydoxydul Thonerde Organische Substanz (gelöste) Salpetersäure Kohlensäure Temperatur Specif. Gewicht bei 20 «C. Auf Salze berechnet unter Annahme 2 fach kohlensaurer Verbindungen ergiebt dies pro Litre oder ICOO g. Neue Stahlquelle: Agnesquelle: ae Stahlquelle: AgnesqueUe: 0,00662. 0,003740. 0,00397. 0,001216. 0,15800. ? 0. 0. 0,16861. 0,08825. 11025. 11^87 0. 1,00033. 1,0002. Chlornatrium 0,01897. Schwefelsaures Natron 0,01618. „ Kali — Schwefelsauren Kalk 0,00039. Natron ■» an organische Säuren 0,00297. Kali j gebunden 0,01253. Zweifach kohlensauren Kalk 0,08061. „ kohlensaure Talkerde 0,02807. „ kohlensaures Manganoxydul 0,01377. „ „ Eisenoxydul 0,05698. Thonerde 0,00397. Organische Substanz 0,15800. Lösliche Kieselsäure 0,01259. 0,40503. 33,69. 0,00311. 0,00619. 0,00521. 0,00422. 0,01244. 0,01307. 0,00780. 0,04148. 0,00122. 0,00061. 0,09535. 23,50. CG. 11«87G. freie Kohlensäure bei 0,760 M. B. und 11 «25 0. Der Eisengehalt beider Quellen ist ein hinreichend bedeu- tender, um das Wasser für Heilzwecke zu gebrauchen, die geringe Menge Kohlensäure beweist jedoch, dass es sich um Eisenquellen gew^öhnlicher Art handelt. Hervorzuheben ist sonst noch die grosse Eeinheit dieser Quellen hinsichtlich der anderen Bestandtheile. II. Liebenstein im Thüringer Walde. Das altberühmte Eisenbad Liebenstein besass früher nur eine Eisenquelle, in welcher sprudelnd die Kohlensäure zu l26 E. Reicbardt, chemische Untersuchung einiger Eiseuwasser, Tage tritt; um dem Bedürfniss nach mehr Wasser zu ent- sprechen, wurde in unmittelbarer Nähe der ersteren eine zweite erbohrt und gefasst und mit gleichgünstigem Resultate eine noch stärker wallende Quelle erschlossen. Die alte Quelle hatte sich in der ersten Zeit etwas getrübt, wodurch der Beweis gegeben, dass der gleiche Quellursprung getrof- fen worden. 1000 g. AVasser enthielten an einzelnen Bestandtheilen: neue Quelle 1870. alte Quelle 1858. Chlor Schwefelsäure Lösliche Kieselsäure Kohlensäure Phosphorsäure Arsensäure Kali Natron Lithion Kalk Talkerde Eisenoxyd Man ganoxy doxy dul Thonerde 0,17889. 0,13439. 0,02849. 2,58650. 0,00045. 0,00044. 0,00472. 0,15815. 0,00078. 0,30431. 0,13652. 0,04062. 0,00455. Spuren Die Prüfungen auf organische Substanz nach Entfernung des Eisengehaltes ergaben 0,6 Theile für 1 Million Theile Wasser. Das specifische Gewicht des Wassers wurde nach 24 stün- digem Stehen im offenen Gefässe bestimmt und ergab bei der neuen Quelle 1,0013, bei der alten früher 1,000—1,003. Die Temperatur der neuen Quelle betrug bei wiederhol- ten Messungen 9"9 — lO'^C, die alte Quelle zeigte zu gleicher Zeit 9''8C. gleich den in früheren Jahren erhaltenen Resul- taten. Auf Salze und zweifachkohlensaure Verbindungen berech- net enthalten Liebenstcin's Quellen folgende Bestandtheile in 1000 Theilen Wasser: 0,1531. 0,1365. 0,0275. 3,0732. > > 0,0028. 0,1361. 0,0015. 0,2427. 0,1265. 0,0388. 0,0050. 0,0008. E. Reichardt, chemische Untersuchung einiger Eisenwasser. 127 neue Quelle 1870. alte Quelle 1858. Chlornatrium 0,2829. 0,2471. „ kalium 0,0075. — „ lithium 0,0023. 0,0044. „ magnium 0,0031. — Schwefelsaur. Kalk 0,0228. 0,0295. » Talkerde 0,1825. 0,1841. )} Kali — 0,0052. n Natron — 0,0109. Zweif. kohleni 3aur. Kalk 0,7583. 0,5910. »> " Talkerde 0,2330. 0,2037. 5? J> Eisenoxydul 0,0812. 0,0775. » 5> Manganoxydul 0,0095. 0,0124. Thonerde — 0,0008. Lösliche Kieselsäui i*e 0,0285. 0,0275. Phosphorsäui'e 0,0005. p Arsensäure 0,0004. ? freie Kohlensäure 1,6125. 1,3941. = 1,9140. 2,5305. = 1003,9 Cub. Cent. = 1327,8. bei 10« C. Die Zusammensetzung beider Quellen zeigt die grösste üebereinstimmung, wie sie nur bei Quellen gleichen Ursprungs und gleicher Lage erwartet werden kann; die neue Quelle enthält etwas mehr Chloride der Alkalien und wurde bei der Untersuchung noch auf einige weitere Bestandtheile in klein- sten Mengen Rücksicht genommen. IIL Stehen bei Hof. Die eisenhaltigen Quellen zu Stehen im bairischen Ober- franken sind schon seit langer Zeit bekannt und als Heilmittel in Verwendung; früher Sitz eines Bergamtes hielt sich hier längere Zeit Alexander von Humboldt als Bergbeamter auf, wie eine Gedenktafel den Besuchenden es auch verkündet. In der Umgebung Stehens und zwar in einer Entfernung bis von einigen Stunden, jedoch in der Breite von geringer 128 E. Reichardt, chemische Untersuchung eiuigor Eisenvasser. Ausdehnung, treten sehr häufig kohlensäurereiche Quellen zu Tage mit mehr oder minder Eisengehalt. Bis 'jetzt war keine dieser Quellen genügend gefasst, d. h. von den Ein- und Zu- flüssen der benachbarten Oberfläche abgeschlossen, weshalb auf meinen Betrieb eine Bohrung bis auf das feste, untei'- liegende Gestein ausgeführt wurde. Die um Stehen herum, 2 Stunden von Lobenstein gelegen, auftretende Gebirgsformation ist der Thonschiefer mit häufigen und hier sehr mächtigen Durchbrüchen von Grünstein. Das Gebirge hält reichlich Eisenstein, namentlich Brauneisenstein und wurde früher ausgedehnt darauf bearbeitet. Die in Menge auftretenden Kohlensäureexhalationen sind jedoch jeden- falls tieferen Ursprungs. Sobald man das lockere, auflie- gende Gebirge durchsunken hatte , sprudelte eine reichlich Wasser gebende Quelle mit wallender Kohlensäureentwickelung versehen empor und wurde nach der nöthigen Fassung der chemischen Untersuchung unterworfen. Temp. der Quelle ~ 13" 6 C, specif. Gewicht des Wassers nach Entweichen der Kohlensäure = 1,003. 1000 g. Wasser ergaben : Chlor 0,00047 g. Schwefelsäure 0,00348 „ Kohlensäure 2,75000 „ Kieselsäure 0,06441 „ Phösphorsäure 0,00062 „ Kali 0,00302 „ Natron 0,03080 „ Lithion 0,00006 „ Kalk 0,18615 „ Talkerde 0,04603 „ Eisenoxyd 0,03349 „ Manganoxydoxydul 0,00962 „ Thonerde 0,00386 „ Die früher im Gebrauch befindliche Trinkquelle, welche nur ganz oberflächlich gefasst war, ergab 1866 nur 1,84210 g. Kohlensäure und 0,02375 g. Eisenoxyd nebst 0,00602 g. Manganoxydoxydul, E. llcicharclt, ehem. Untersuchung einiger Eiseuwasser 129 Auf zweifach kohlensaure Salze berechnet ergiebt dies für 1 g. Wasser: Chlornatrium 0,00078 g. Schwefelsaures Kali 0,00558 )) >» Natron 0,00163 )5 Zweifach kohlensaur. Lithion 0,00023 )J jj » Natron 0,07153 3J )j j) Eisenoxydul 0,06698 » j> >> Manganoxyd u! l 0,02001 » }) j; Kalk 0,47729 >J jj j> Talkerde 0,14550 5> Kieselsäure 0,06441 JJ Thonerde 0,00386 )) Phosphor säure 0,00062 » Freie Kohlensäure 2,27014 JJ Die freie Kohlensäure beträgt bei 13^0 3,12856 g. und 0,760 M. B. 1203,537 Cub. Cent. Ein Vergleich mit den Hauptbestandtheilen unserer anderen stärksten Eisenwässer: wie von Pyrmont, Driburg, Liebenstein, ergiebt die Gleichstellung Stehens : 1000 g. (= 1 Litre) Wasser enthalten: Pyrmont: Driburg: Liebenstein: Stehen: 0,15888 0,07363 0,2829 0,00078 g. 0,01648 0,02222 — 0,00558 „ 0,04193 0,36175 — 0,00163 „ 0,79293 1,04012 0,0228 — 0,45330 0,53512 0,1825 — Zweif.kohlens. Eisenoxydul 0,07707 0,07440 0,0812 0,06698 „ „ Manganoxydul 0,00620 0,00430 0,0095 0,02001 „ „ Kalk 1,04685 1,44710 0,7588 0,47729 „ Talkerde 0,08021 0,06772 0,2330 0,14550 „ „ Natron __ _ _ 0,07153 „ Freie Kohlensäure 2,39565 2,43384 1,9140 2,27014 „ Vermöge des Gehaltes an doppelt kohlens. Natron und der geringen Mengen der schwefeis. Salze, wie der Chloride, zeichnet sich die Stebener Stahlquelle als eine vorwiegend alkalische aus. Chlornatrium Schwefels. Kali „ Natron „ Kalk Talkerde Arch. d. Pharm, III. Reihe. II. Bds. 2, Heft. 130 E. Reichardt, jodhaltende Quelle auf Java, Uelber eine jodhaltende Quelle auf Java. Von E. R eichardt. Die jodhaltenden Quellen Java's sind längst bekannt, wer- den aber bis jetzt noch nicht zur Gewinnung des Jodes benutzt, oder die Versuche dazu scheiterten an örtlichen Schwierigkeiten, sei es durch Mangel an Arbeitskräften oder namentlich an Utensilien , selbst der einfachsten , deren Trans- port und Beschaffung die lohnende Ausbeute vereitelten; jedenfalls ist die Ausnutzung derselben aber nur noch eine Präge der Zeit. Durch Vermittelung meines Freundes B. E. Overbeck in Surabaja erhielt ich vor einiger Zeit eine grössere Menge solchen Wassers aus der Regentschaft Surabaja. Junghuhn (Java, seine Gestalt, Pflanzendecke und innere Bauart, deutsch von Hasskarl, Leipzig 1854. II. Abth. S. 896) führt über die in der Besidenzschaft Surabaja vor- kommenden Mineralquellen folgendes an: „71. Surabaja. Mineralquelle Plantungan oder Ajer putih in der Nähe der Desa Gunungsari, District Gunung KendSng. Hier grenzt der Alluvialboden des Delta von Kali-Brantes an die niedrigen Hügelreihen des tertiären Gebirges, welches hier hauptsächlich aus Mergel, Lehm und feinen kalkhaltigen Sandsteinlagen besteht. Ein kleiner Thal- boden liegt geöffnet zwischen den Hügelreihen, die ostwärts auslaufen und hauptsächlich mit einer stacheligen Akacie bewachsen sind. Auf dem Boden dieses Thaies, ein alluvi- aler blauer Thonboden, quillt der Born hervor, welcher sehr wasserreich und in ein Becken von 10' Durchmesser ver- wandelt ist. Auf zahlreichen Stellen des Thaies sickert Erdöl (Minjak -Lautung) aus dem Boden, während der Spiegel des Wassers der Mineralquelle selbst gewöhnlich mit einer dünnen Lage Erdöl bedeckt ist. Die Temperatur ist 82 »F (27 «,75 C) bei 8 7 ''F. Luftwärrae, Geschmack und Geruch salzig und erdöhg. Specif. Gew. bei 270,0 C. = 1,01246. Nach P. J. Mai er sind in 100 g. Wasser 0,003685 g. Jod- natrium enthalten. E. Reichardt, jodhaltende Quelle auf Java. 131 72. Surabaja. Mineralquelle in der Nähe von Desa- Molong. Man befindet sich hier in demselben niedrigen, tertiären Gebirge, wie am linken Ufer des Kali -Mas, früher Kali - Brantes. Die Quelle liegt am südlichen Abhänge eines der Hügel in der Nähe von Molong und ist schon aus einiger Entfernung durch ihren Geruch nach Schwefelwasserstoff zu erkennen. Das Wasser hat in dem durch Kunst vergrösserten Becken ein fast milchweisses Ansehen und setzt milchweisse Salzkrusten ab, welche der Oberfläche des Hügels das An- sehen geben, als wäre er mit Eis oder Reif bedeckt. Temp. der Quelle 92" F (32^,3 C) bei 84« F Lufttemp.; spec. Gew. bei 27° C. = 1.01932. 100 g. Wasser enthalten nach P. Maier 0,009338 g. Jodnatrium. 73. Surabaja. Mineralquelle Paras; am westlichen Ab- hänge des Hügels, wo die vorige entspringt. Sie liefert um 6 Mal grössere Mengen Wassers, welches salzig schmeckt, Temp. = 90 F. (32^,2 C.) bei 84 « Lufttemp.; sie muss eben- falls viel Jod enthalten. 74. Surabaja. Eine jodhaltige Quelle von salzigem Wasser an dem Südostabhange desselben Hügels. 75. Surabaja. Warme Quelle Padjet in der Regent- schaft Modjo kerto; das helle Wasser ist fast geruch- und geschmacklos; Temp. = 1200F (340,64C.) spec. Gew. = 1.00298 bei 79 ^F. . 76. Surabaja. Mineralquellen von Kedong waru, District Gunung Kendgng, Regentschaft Surabaja. Sie liegen noch weiter südwestwärts von Surabaja entfernt, als die Quelle bei Molong (Nr. 67), doch in demselben tertiären Gebirge von der linken , d. i. hier der Nordseite, In der morastigen Ebene liegen 25 Quellen, unter denen 7 grössere. Die tiefste hatte eine Temp. von 370,lC. bei 31^,7 Lufttemp. P. J. Maier hat 2 derselben untersucht und fand bei Nr. 2 ein specif. Gew. von 1.02 bei 28*' C. und in 100 g. Wasser 0,011602 g. Jod." Yon neueren Analysen jodhaltender Quellen Java's sind mir folgende bekannt: 9* 132 E. Reichardt, jodhaltende Quelle auf Java. 1. Von P. J. Mai er, welcher überhaupt eine grosse Anzahl der dortigen Mineral- und Heilquellen geprüft hat. Derselbe fand, in 4 Quellen von der Insel Samao Jod und erhielt, auf Jodnatrium berechnet, in 100 Tb. Wasser:*) a=;o,00717, b = 0,00414, c = 0,00479, d= 0,005667 Th. NaJ. 2. Untersuchten Maier und H. C. Dibbits 1857 und J. Michelsen 1855 das jodhaltende Wasser von Desa Molong**) und fanden in 100 Th. Wasser 0,00934 — 0,01040—0,00957 Jodnatrium. 3. A. Scharlee und J. C. Bernelot Moens analysirten 9 Quellen aus der Residenzschaft Surabaja und fanden in 100 Cub. Cent. Wasser:***) Kedong - Genock-Goenong - Sekar - Mergo- Gem. - Boeloe - Tare - Mad Waroe Watoe Tjie-Tro Koerong noto biang ban jenong 0,0174- 0,0121 - 0,0039 -0,00.'i3- 0,0067 -0,0067-0,0153 -0,0054-0,0036 Bei den ersten 6 Quellen Jodnatrium, den letzten 3 Jodmagnium. Die zahlreichen vulkanischen Verbindungen auf Java haben einen solchen Reichthum von heissen Quellen geschaflfen, salzhaltig oder arm daran , Sprudel u. s. w. , wie kaum irgendwo anders so massenhaft nachgewiesen. Von Wichtig- keit ist hier aber besonders der anderwärts derart noch nicht gefundene Gehalt an Jod, ingleichen die allerdings schon mehrfach erwiesene Verbindung der Salzquellen mit Erdöl, Erdharz u. s. w. ■ Das mir übersendete Wasser soll, nach der Angabe, von der Quelle Genock Watoe stammen und stimmen die Resul- tate der Untersuchung auch am Besten mit den schon be- kannten Analysen überein. Chemische Untersuchung. Das Wasser war klar, farblos, von salzigem, schwach alkalischem Geschmack, und enthielt einige wenige trübende, leicht verbrennliche Theile. *) Jahresber. von Liebig u. Kopp. 18C1. S. 1113 u. 14, D. E. F. G. **) Ebendas. 1862, S. 820. ***) Ebendas. 1864, S. 894. E. Eeichardt, jodhaltende Quelle auf Java. 133 Der Inhalt einer Flasche betrug 761 g. und gab solche organische, schwebende Stoffe 0,0220 g. = 0,0029 Th. pro 100 Th. Wasser. Das Wasser reagirte schwach alkalisch , nach dem Trocknen trat die Reaction, gleich den doppelt kohlensauren Alkalien , etwas stärker hervor. Kleister oder Stärke wurde von dem Wasser einiger Flaschen blau gefärbt, bei den meisten jedoch nicht, jeden- falls trat die Reaction sofort und äusserst stark ein, sobald salpetrige Säure zugefügt wurde, sodass dadurch das Jod in erheblicher Menge nachgewiesen wurde. Das Freiwerden von Jod in längere Zeit aufbewahrtem Wasser beobachtete schon W i 1 1 s t e i n *) bei der Adelheids- quelle von Heilbrunn und schrieb es der Einwirkung der Kohlensäure oder leichten Zersetzbarkeit von vorhandenem Jodammonium zu. Das specif. Gewicht des Wassers betrug bei 11 ''C 1,0198. Die weitere Untersuchung, deren Methoden unter den analytischen Belegen zu ersehen sind, ergaben an Bestand- theilen : in 100 Cub. Cent. 100 g. Wasser. K 0,0162 S- 0,0159 g. Na 0,9804 ji 0,9614 „ H3N 0,0087 j? 0,0085 „ Mg 0,0084 J3 0,0082 „ CaO 0,0288 T> 0,0282 „ S03 0,0022 5J 0,0022 „ Si03 0,0035 J3 0,0034 „ CO 2 0,1664 » 0,1632 „ NO« 0,0035 3J 0,0034 „ Gl 1,4640 7> 1,4357 „ J 0,0119 V 0,0113 „ Organ. Subst. 0,0029 V 0,0028 „ 2,6969 g- 2,6442 g. *) Vierteljahresschrift für pract. Pharmacie XIII, 180, 134 E. ßeichardt, jodlialtende Quelle auf Java. Auf Salze nach der üblichen Weise berechnet und J an Natrium gebunden, er giebt dies: ' iu 100 Cub. Cent. 100 g. Wasser KCl 0,0309 g. 0,0303 g. NaCl 2,3461 „ 2,3006 „ NaJ 0,0141 „ 0,0138 „ NaO,2C02 0,1754 „ 0,1720 „ MgCl 0,0340 „ 0,0334 „ CaO,S03 0,0037 „ 0,0036 „ CaO,2C02 0,0701 „ 0,0687 „ NaO,Si03 0,0059 „ 0,0058 „ H^N0,N05 0,0051 „ 0,0050 „ H^NO,2C02 0,0312 „ 0,0306 „ 2,7165 g. 2,6638 „ Um die auf kohlensaure Salze zu berechnenden Mengen von CaOjH^NO und NaO als doppelt kohlensaure zu erhalten wurden 0,1651 g. CO^ verbraucht, während 0,1664 g. ge- funden wurden, demnach bleiben nach Bindung der Kiesel- säure an Natron nur noch 0,0013 g. CO^ ungebunden. 100 Cub. Cent. Wasser gaben bei 120*^ C. an Abdampf- riickstand I 2,650 g., II 2,626 g. Nimmt man an, dass das kohlensaure Ammoniak, wie das 2. Aequivalent CO^ bei CaO,2CO^ hierbei entweichen, so würde dies bei den berech- neten 2,7165 g. Salzen in Abrechnung zu bringen sein und dann nur 2,6639 g. betragen, entfernt sich auch noch das zweite Aeq. CO^ vom NaO,2C02, so hinterbleiben 2,6109 g. oder incl. der 0,0029 g. organ. Substanz 2,6138 g. Die Verhältnisse stimmen, soweit es bei diesen theilweise ver- änderlichen Bestandtheilen erwartet werden kann. Scharlee und Bernelot Moens haben an schon citirtem Orte die vollständigen Analysen der neun untersuchten Quollen mitgetheilt , das specifischc Gewicht , wie die sonstige Miöcluing stimmen bei zwei Quellen sehr nahe mit den hier erhaltenen Resultaten überein. Es wurden in 1000 Cub. Cent. Wasser gefunden (bei Annahme freier Kieselsäure und einfach kohlensaurer Salze): E. Eeichardt, jodhaltende Quelle auf Java. 135 Ked ong Waroe Genock Watoe neue Untersuchung specif. Gew. 1,0208 1,0193 1,0198 NaO,002 0,583 0,768 1,281 g. CaO,C02 0,566 0,701 0,487 „ MgO,C02 0,476 0,295 — NaJ 0,174 0,121 0,141 „ NaCl 26,800 23,450 23,461 „ KCl 0,917 1,127 0,309 „ CaO,S03 — — 0,037 „ MgCl - — — 0,340 „ SiO^ 0,044 0,035 26,497 0,035 „ 29,560 26,091 g. Diese älteren Untersuchungen haben die äusserst geringen Mengen von Schwefelsäure, Ammoniak und Salpetersäure übersehen. Abgesehen von den leicht enstehenden Differenzen bei Berechnung der Salze, stimmen die Resultate bei der Quelle von Genock Watoe fast überein mit den von mir erhaltenen und bestätigen somit die mir gewordene Angabe des Ursprunges. Dass hier ein reiches Material zur Jodge- winnung vorliege, ist nach den Einblicke in die Bestandtheile der Quellen zweifellos und dass für die technische Ausbeute grosse Wasser- massen zur Verfügung stehen, ergab sich aus den vorangestellten Mittheilungen von Junghuhn. Am Geeignetsten dürfte die fast 2^/2 procentige Soole durch Verdunsten zu Kochsalz verarbeitet werden, was sich jetzt in Java noch sehr gnt verwerthet, und die Mutterlauge kann dann mit Kupfer- und Eisenvitriol gefällt, oder even- tuell auch direct mit Schwefelsäure und Braunstein zur Jod- gewinnung behandelt werden. In einigen Quellen befinden sich ferner bemerkenswerthe Mengen von Kalisalzen. Analytische Belege. Trockenrückstand. 100 Cub. Cent. Wasser gaben bei 120*' a I 2,650, II. 2,626 g. Rückstand, 136 E. lleicliardt, jodhaltciule Quelle auf Java. Alkalien. 50 Cub. Cent. Wasser gaben 1,2615 g. Chloride und diese 0,0507 g. KCl + PtCll 100 Cub. Cent. = K = 0,01G2 g. Na = 0,9804. RbO und CsO konnten spec- tralanaly tisch nicht nachgewiesen werden. Chlor, Brom, Jod. Drei nahezu übereinstimmende Versuche ergaben in 10 Cub. Cent. Wasser 0,5959 g. AgCl -j- AgJ, hiervon geht das dem Jod entsprechende AgJ in Abzug = 0,0220, und bleiben sodann auf 100 Cub. Cent, erhoben 5,9370 g. AgCl = 1.4640 g. Cl. Die Bestimmung des Jodes geschah in schwach ange- säuerter Lösung durch PdCl und wurden erhalten aus 100 Cub. Cent. Wasser 0,0165 g. PdJ = 0,0116 J. II. 200 Cub. Cent, gaben 0,0110 g. Pd = 0,02383 g. J. III. 200 Cub. Cent, gaben 0,0110 g. Pd = 0,02383 g. J, oder nach den beiden letzten übereinstimmenden Bestimmungen in 100 Cub. Cent. Wasser J = 0,011915 g. Zwei Prüfungen auf Brom in 200 Cub. Cent. Wasser ergaben negative Resultate. Nach der Entfernung des Jodes durch Palladium und des letzteren durch HS , wurde HS durch Fe^Cl^ zersetzt und die bekannte Chloraetherprobe ausgeführt. Bei einem zweiten Versuche wurde HS durch Kochen entfernt, jedoch war wiederum kein Br nachweisbar. K i e s e 1 s cä u r , Borsäure. Durch Abdampfen von 100 C. C. Wasser mit überschüs- siger HCl zur Trockne u. s. w. wurden 0,0035 g. löslicher SiO-'^ erhalten. Borsäure war nicht zugegen. Schwefelsäure. I, 50 C. C. Wasser gaben 0,0031 g. BaO, S03, II, 100 Cub. C. 0,0065 g. = 0,0022 g. SO.^ Kohlensäure. 100 C. C. Wasser wurden im Gasentwicke- limgsapparate mit Salzsäure behandelt und die entweichende Kohlensäure an Baryt gebunden, erhalten wurden 0,7456 g. BaO, C02 = 0,1664 g. CO.^ Kalk und Talkerde. 25 C. C. Wasser gaben 0,0130 g. CaO, CO 2 u. 0,0100 g. 2 MgO, PO^ = 0,0084 g. MgO und 0,0288 g. CaO in 100 C. C. Ammoniak und Salpetersäure. 100 C. C. Wasser wurden zuerst längere Zeit mit Natronlauge erhitzt, bis titrirte H. Ludwig, Igusursäure. 137 Säure keine Aufnahme von H-^JS' mehr zeigte, der Rückstand wurde mit Zn und Fe versetzt und nach längerem Stehen abermals H^N durch Kochen ausgetrieben. Es wurden durch Rechnung erhalten 0,0087 g. B.^1^ und 0,0035 g. IS^O^ Organische Substanz, Aus einer Plasche Wasser = 761 g. wurden 0,0220 g. schwebende leicht verbrennliche Theile erhalten = 0,0029 in 100 g. oder Cub. Cent. Notizen über die Igasursänre. Mitgetheilt von H. Ludwig, a. Prof. iu Jena. Auf meine Veranlassung stellte mein früherer Assistent Herr Heinrich Höhn hierüber Untersuchungen an. Es wurden Eabae St. Ignatii behufs Abscbeidung der Alkaloide mit Weingeist ausgezogen, der Alkohol verdunstet, das weingeistige Extract mit Wasser aufgenommen und die Lösung mit Bleizucker gefällt. Aus dem Piltrate wurden die Alkaloide abgeschieden. Der Bleiniederschlag wurde mit Schwefelwasserstoff zerlegt und das farblose Filtrat einge- dunstet. Es hinterblieb eine gelblich braune, amorphe Masse, welche mit wenig Wasser aufgenommen, weder bei längerem Stehen, noch bei langsamer Verdunstung über Schwefelsäure, von krystallinischer Beschaffenheit erhalten werden konnte. Sie reagirte stark sauer und besass einen sauren, etwas adst'ringirenden Geschmack. Eisenoxydulsaiz wurde nicht verändert durch dieselbe; Eisenoxydsalz gab eine dunkelgrüne Färbung. Mit etwas Ammoniak versetzte Silberlösung wurde rasch reducirt. Blei- zucker gab einen gelben, nicht krystallinischen Niederschlag. Ein Theil der Säure wurde mit Kalkwasser schwach übersättigt. Es entstand anfangs ein gelbbrauner Nieder- schlag, der sich jedoch in mehr Wasser wieder löste. Beim Verdampfen der Lösung hinterblieb ein bräunlichgrünes Kalk- 138 H. Ludwig, Notizen über die Igasursäure. salz, welches, wie die Säure selbst, ebenfalls nicht krystalli- sirt erhalten werden konnte. Durch Aetznatron wurde dasselbe intensiv gelbbraun gefärbt. Mit Eisenchlorid gab es eine grüne Färbung, die durch Zusatz von kohlensaurem Natron in violettbraun umge- wandelt wurde. Alle diese angeführten Eigenschaften und Reactionen der fraglichen Säure deuten darauf hin, dass sie zu der eisen- grünenden Gerbsäure gehört. Doch wurde bei'm Kochen derselben mit verdünnter Schwefelsäure kein Zucker erhalten und durch Sublimation des Kalksalzes mit wenig Borsäure (um den überschüssigen Kalk zu binden) im Glasröhrchen entstand zwar ein krystallinisches, sauer reagirendes Sublimat, dasselbe zeigte aber weder mit Eisenchlorid, noch mit Alka- lien die für Pyrogallussäure charakteristischen Reactionen. — Die Igasursäure wurde von Pelletier und Caventou bei Entdeckung des Brucins und Strychnins aufgefunden, ihre weitere Untersuchung aber unterlassen; sie schieden sie aus Krähenaugen. Corriol, der diese Säure später erhielt, gab Eigenschaften an , die Berzclius bestimmten , sie für Milchsäure zu erklären. Dagegen trat Th. Marsson auf, der (im Septemberheft d. Archivs d. Pharm. 1848. S. 295) zeigte, dass diese Säuren aus Sem. Strychni u. Fab. Ignat. durch essigsaures Bleioxyd gefällt werden, mit Kalk und Zinkoxyd keine kryst. Salze geben und sich mit freien Alkalien, so wie beim Abdampfen färben. Eine Beaction übersah Mars- son , nemlich die gegen Eisenoxyd - und Oxydulsalze. Sie würde ihm die Gerbsäure und Natur dieser Säure vor Augen gelegt haben. Das ist der Punkt, den ich in dieser Beziehung für diese Notiz in Anspruch nehme; eine weitere eisengrünende Gerbsäure. Schon Win ekler behauptete (Arch. d. Ph. 1831. Bd. 38. S. 69), dass Pell. u. Cav. Igasursäure eine unreine Gallus- säure, wurde aber überhört. 139 II. P*liarmacogiiosie und Botanik. Notiz über Schistostega osmuiidacea. Von 0. Borgstette. Wie es in jedem der drei Naturreiche gewisse Arten giebt, denen sich die Fachmänner mit ganz besonderem Interesse zu- wenden, so auch in der Pflanzenwelt. Ich glaube nicht Un- recht zu haben, wenn ich behaupte, dass zu dieser Kate- gorie für den Bryologen in erster Reihe die niedliche Schistostega osmundacea gehört. Dieses Moos, welches nicht nur durch seine ausserordentlich zierlichen Formen, sondern auch durch das leuchtende Protonema besonders merkwürdig ist, gehört wohl keineswegs zu den grossen Seltenheiten; in der Bergregion Deutschlands wenigstens scheint es allgemein verbreitet, so namentlich in Schlesien, in der Sächsischen Schweiz, dem Fichtelgebirge, dem Harz, im Rhöngebirge , für welches letztere es im Sommer 1869 von Ä. Geheeb in Geisa entdeckt wurde. Trotzdem aber em- pfindet wohl jeder Botaniker eine grosse Freude, wenn es ihm endlich gelingt, nach oft langem vergeblichen Suchen dieses Moos aufzufinden, da es wegen seiner Kleinheit ausserordentlich leicht übersehen und wegen des versteckten Standortes so schwer zu finden ist. Es wächst gern an sol- chen Localitäten , zu denen das Licht einen beschränkten 140 0. Borgstette, Schistostega osmundacea. Zutritt hat, also namentlich in Felsklüften, in Erd- und Ge- steins -Höhlen; ganz besonders bevorzugt es die Sandstein- formation. Für die Provinz Westfalen sind meines Wissens bis dahin nur zwei Standorte bekannt; Beckhans fand es in alten verlassenen Stollen bei Siegen, und Dr. H. Müller im südöstlichen Theile des Teutoburger Waldes am Lichtenauer Berge bei Willebadessen. Als dritten Standort kann ich nun noch Tecklenburg am nordwestlichen Ende des Teutoburger Waldes (270 Meter Meereshöhe) anführen. Ifachdem ich seit Jahren vergeblich darauf gefahndet, fand ich es am 27. I^ovbr. d. J. in einem schattigen Hohlwege der Hilssandsteinforma- tion. Es wächst in einer kleinen Erdhöhlung, welche da- durch gebildet wird, dass eine Baumwurzel aus der Böschung hervorspringt und die Decke der dadurch gebildeten Höhlung darstellt. Sterile Wedel von frischer blaugrüner Färbung waren um diese Jahreszeit nur wenige vorhanden, dagegen zahlreiche fructificirende Exemplare , welche alle einen roth- braunen Anflug in der Färbung zeigten. Den smaragdgrü- nen Lichtglanz des Vorkeims konnte ich nur in geringem Maassstabe wahrnehmen, da letzterer grösstentheils abgestor- ben schien. Dennoch war er an einzelnen Stellen deutlich zu sehen. Bei oberflächlicher Betrachtung glaubte ich an- fanglich , es sei eine Schnecke darüber hingekrochen , deren getrocknetes schleimiges Sekret irisirte. Wenn man das Moos einmal im lebenden Zustande gese- hen und von der eigenthümlichen Art des Vorkommens per- sönlich Kenntniss genommen hat, bekommt man eine gewisse Fertigkeit darin, es aufzufinden. Ich habe es wenigstens in den darauf folgenden Tagen noch an zwei anderen Localitä- ten der Sandsteinformation unter ähnlichen Bedingungen vege- tirend aufgefunden und zwar an solchen, wo ich früher oft vergeblich mein Augenmerk darauf gerichtet hatte. Tecklenburg, den 15. December 1872. Ludw. Leiner, Fragaria bella Leinef. 141 Fragaria bella Leiner. Von Ludwig Leiner. Aus der unter unsern Augen noch artenbildenden Fa- milie der Rosaceen haben die Gattungen ßubus und Eosa eingehende Berücksichtigung gefunden. Die Gattung Fra- garia verdient der Beachtung botanisirender Collegen ebenso. Die officinelle Fragaria vesca Linne's begreift zur Zeit eine ganze Entwicklungsreihe artenbildender Formen. Unter die- sen beschreibe ich hier meine hella. Blattstiele und Stengel fein, aber stark beflaumt von gerad abstehenden Haaren, Seitenständige und alle Blüthen- stiele aufrecht steif, angedrückt, fein behaart. Blatt grobgesägt, alle Blättchen sitzend; jüngste mit ihren Stielen angedrückt seidig behaart; ältere oben glatt, mit wenigen zerstreuten Härchen. Kelch aus 10 gleich massigen Sepalen gebildet, angedrückt Petalen schön weiss, ziemlich gleichmässig stark ge- kerbt, was bei der frischen Pflanze vor Allem in die Augen fällt. Petalen der ziemlich grossen Blüthe von der Länge der Sepalen oder kaum länger. Staubgefasse zum Theil so lang als das Köpfchen der Ovarien, zum Theil länger. Ganze Pflanze 15 Centimeter hoch, reichlich Ausläufer treibend. Von der jetzigen vesca unterscheidet sie sich durch weit grösseres Maass in allen Theilen. An elatior Ehrh. ist die Behaarung nicht so flaumig und rückwärts gebogen, der Kelch nicht so breitblättrig, die Länge der Staubfäden grösser; Blätter grösser, viel grober gesägt. Die silbernde Behaa- rung der jüngsten Blätter und die sonstige Tracht stellt sie der colli na Ehrh. am nächsten, deren Petalen aber gelblich, grösser und nicht gekerbt sind. Die Behaarung ist an der Hügel - Erdbeere allenthalben und die Sepalen nicht gleich wie bei meiner bella. Neigung zum Gestielt werden deü 142 Ludw. Leiner, Fragaria bella Leiner. mittleren Blättchens habe ich an allen Arten mehr oder min- der beobachtet, bei bella nicht. Ich betrachte sie als eine den Ehrhart'schen Arten gleichgestellte und gleichberechtigte Form der Entwicklungsreihe unserer alten Fragaria vesca und kann mit Geh. Hofrath Doli nicht übereinstimmen , der sie als weibliche Form der Ehrhart'schen collina in seiner Flora des Grossherzogthums Baden erklärt, die ich in der Bodenseegegend noch nicht fand. Die beschriebene schöne Erdbeere fand ich zuerst (1854) unter kleinblühenden gemeinen auf einem buschbeschatte- ten Basen am Gerolle des Bodensees, von menschlichen Wohnungen und Gärten entfernt, auf Thurgauer- Gebiet nahe bei Constanz. Später (1855) auch auf nun abgebroche- nen Stadtmauern von Constanz. Es ist Aufgabe einer Zeitschrift auf Punkte aufmerksam zu machen, wo die Forschung noch nicht geschlossen ist. 143 B. Monatsbericht. I. ^norganisolie dieroie. lieber den Kieserit theiltH. Grüneberg Folgendes mit: Der Kieserit, MgSO^H^O,*) bildet bekanntlich einen wesentlichen Theil des Stassfurter Abraumsalzes, welches davon ca. 12 Proc. enthält; er zeichnet sich vor dem Bittersalze, MgSO*, TH^O, aus durch seine Schwerlöslichkeit in kaltem Wasser und letztere bietet auch die Möglichkeit, ihn aus dem Abraumsalze leicht isoliren zu können. Das jetzt allgemein übliche Verfahren zur Abschei- dung des Kieserits ist folgendes: Die, nach dem Auskochen des Abraumsalzes (dem bekannten Verfahren , das Kalisalz daraus zu extrahiren) verbleibenden Salzrückstände werden auf trichterförmigen Gefässen mit kaltem Wasser überrieselt; Steinsalz und sonstige lösliche Salze der Rückstände lösen sich auf; sie fliessen mit dem dadurch freigemachten Kiese- rit - Krystallmehle und den sonstigen unlöslichen Theilen des Abraumsalzes (Anhydrit, Boracitschlamm , Thonschlamm) in die unter den Trichtern befindlichen Schlammkanäle. In die- sen Kanälen lagern sich Kieserit und die letztgenannten Stoffe nach ihrer specifischen Schwere ab; der Anhydrit vor- nehmlich in den der Einströmung zunächst liegenden Theilen derselben, darauf der Kieserit, schliesslich sonstige leichtere Beimengungen, welche in der Kegel fortfliessen, hier und da noch in besonderen Klärbassins abgesetzt werden. Das reinere Kieseritmehl wird aus den Schlämmkanälen alsbald in eiserne Formen gefüllt, erstarrt in denselben unter Erwärmung, indem sich ein Theil desselben in die 7 fach gewässerte Verbindung verwandelt und hierdurch den Rest zu einer festen Masse *) — 16. 144 Kieserit. zusammen kittet, und bildet nun den sogenannten Block- kieserit, rohen Kieserit, welcher mit einem Gehalte von ca. 60 Proc. MgSO^ in den Handel gebracht wird. Verwendung findet der Kieserit, ausser zur Darstellung von schwefelsaurem Kali und krystallisirtem Bittersalze, zu- nächst in England in grossen Massen in den Baumwollen - Appretur - Anstalten zum sogen. Beschweren der Gewebe. Ferner wird ein grosser Theil, wenn die Winterkälte es möglich macht, in Stassfurt, namentlich Leopoldshall, in Gemeinschaft mit dem Steinsalze der Abraumrückstände, zur Pabrication von krystallisirtem Glaubersalze verwendet und liefert ein, von den Glashütten, weil es eisenlrei ist, sehr gesuchtes Product. Geringere Qualitäten werden von Blanc- fix -Fabriken verbraucht, welche denselben an Stelle von Schwefels, zur Fällung des BaSO* aus dem Chlorbarium benutzen. Die Verwendung des Kieserits in allen ähnlichen Fällen, wo es sich darum handelt, ein schwerlösliches, schwe- felsaures Salz zu fällen, liegt nahe. Nicht unerheblich ist auch der Consum des Kieserits in der Landwirthschaft , seitdem Pincus nachgewiesen hat, dass die schwefeis. Magnesia, namentlich in der Kleedüngung, den Gyps zu ersetzen, ja denselben in seinen Ei-folgen zu über- bieten vermag; namentlich ist wiederum England in dieser Hinsicht vorgeschritten; und endlich, sollen wir uns auf das Gebiet der Vorschläge begeben, dürfte die Alaunfabrication unter Umständen Nutzen aus der löslichen Schwefelsäure des Kieserits ziehen. Das bekannte Thonerde - Mineral Bauxit, welches im südlichen Frankreich und in Wochhein (Böhmen) gefunden wird , in Salzsäure , wo diese geringen Werth hat, gelöst, die Lösung mit geringgradigem, also wohlfeilem Kali- salze und dem entsprechenden Kieserit versetzt, scheidet das Aequivalent Alaun fast vollständig ab, in der Mutterlauge Chlormagnesium zurücklassend und dürfte sich für diese Fabrication empfehlen. Alle diese Verwendungen genügen noch nicht, um die grossen Mengen Kieserit, welche alljährlich gewonnen werden (mehrere 100,000 Ctr.) zu consumiren. Versuche des Vfs. , das Mineral zu Baumaterial zu verwen- den, haben zur Darstellung einer marmorharten Masse ge- führt, die wie es scheint, sich poliren lässt und der Feuchtig- keit in gewissem Grade widersteht. Es wurden 2 Aeq. Kie- serit und 1 Aeq. Kalkhydrat unter Wasserzusatz gemischt-, die breiformige Masse erstarrte unter Erwärmung und nach- dem man das so erhaltene Product einer ziemlich starken Bild, faden. Silbers. — Schnell. Reductionsverf. d. Silbers etc. 145 Glühung ausgesetzt, dann aufs Neue gepulvert und darauf mit Wasser angerührt hatte, erhärtete es schnell." — {Ber. Chem. Ges. 5. 840. Chem. Centr.-Bl. Nr. 50. 1872). Bildung fadenförmigen Silbers. Bekanntlich findet sich, nach Gladstone, an manchen Stellen ein metallisches Silber in langen Eäden , die aller krjstallinischen Structur entbehren. Genau dieselben Fäden, jedoch in sehr minutiöser Grösse , bilden sich beim Zerlegen einer Silbernitratlösung durch Kupferoxydul. Es ist unge- mein hübsch, diese Zersetzung unter dem Mikroskope zu beobachten. {Berl. Chem. Ges. 5, 817. Chem. Centr.-Bl. Nr. 49. 4. JDec. 1872. S. 770.). H. L. Schnelles RednetlonsTerfaliren des Silbers aus alten Lösungen durch Phosphor. Zum vollständigen Niederschlage des Silbers aus alten Lösungen der Photographen ist Salzsäure nicht ausreichend. J.Krüger setzt daher eine beliebige Menge „Phosphor- Aether" zu und schüttelt wiederholt. Alsbald scheidet sich die Flüs- sigkeit und der Niederschlag, erstere mehr oder minder gelb, bis braun gefärbt, letzterer intensiv schv^arz. Zeigen sich in letzterem noch hellere Partikelchen, so ist die Yerwandlung des Silbers in Phosphorsilber noch keine vollkommene, und man fügt noch mehr des Phosphor - Aethers hinzu, bis eine .gleichmässige Farbe erzielt ist. Dann filtrirt man ab, wäscht aus und trocknet den schwarzen Niederschlag oder bringt ihn noch feucht in eine Porzellanschale, um ihn mit Aetzkalilauge zu kochen. Man erhält dann reines metallisches Silber. Will man einen festen B,egulus haben , so schmilzt man reine Potasche in einem Tiegel und setzt nach und nach den ge- trockneten Niederschlag der geschmolzenen Masse zu. Dieser Process ist in jedem Ofen oder auf jedem Heerde in kurzer Zeit auszuführen. {Phot Ärch. 13, 192. Chem. Centr.-Bl. Nr. 48. 4. Dec. 1872. S. 770.). H. L. Arch. d. Pharm, in, Reihe, IL Bds. 2 Hft- 10 14ß II. Organi^sclie Clieniie. Uelber Aether aceticns theilt Ad. Peltz mit: Bei Durchsicht der in der II. Ausgabe der E.USS. Pharmacopöe angegebenen Vorschrift dürften zwei Punkte nähere Berücksichtigung verdienen: 1) Soll zur Darstellung des Essigäthers eine Schwefel- säure von einem specifischen Gewichte 1,840 bei 17,5*' C. genommen werden. 2) Ist nicht angegeben, ob die Destillation aus dem Sand- oder Wasserbade vorgenommen werden soll. Ziehen wir Punkt 1 in nähei'e Betrachtung, so ergiebt sich, dass im Handel selten eine Schwefelsäure von 1,840 vorkommt. Es wäre also zur Erlangung einer solchen, eine englische mit der rauchenden Schwefelsäure zu mischen, um dadurch den inchtigen Stärkegi'ad der Säure herzustellen. Bisher gemachte Erfahi'ungen haben indess gelehrt, dass, wenn eine Schwefelsäure von einem geringeren specifischen Gewichte, als z. B. 1,830 oder 1,835 zur Bereitung des Es- sigäthers genommen wird, diese durchaus keinen Einfluss, weder auf die Verminderung in der Ausbeute des Essig- äthers, noch auf die Güte desselben übt, wenn nur das rich- tige Mengenverhältniss inne gehalten wird. Nimmt man also z. B. statt 20 Theile einer Schwefelsäure von 1,840, 20^2 Theile einer Säure von 1,830, so ist damit das Gleich- gewicht hergestellt. Diesen von Dr. Hager herrührenden Ausspruch kann ich als vollkommen richtig bestätigen, indem ich während eines Zeitraums von 12 Jahren oft Gelegenheit hatte, zur Bereitung des Essigäthers eine Schwefelsäure von verschie- dener Stärke, immer aber von geringerem specifischen Ge- wichte als 1,810 anzuwenden. Aether aceticus. 147 Was Punkt 2 anbetrifft, so hat auch hier die Erfahrung gelehrt, dass grosse Verschiedenheiten in der Ausbeute und in der Reinheit des Essigäthers entstehen, wenn die Destilla- tion aus dem Sand- oder Wasserbade zu Wege gebracht wird. Die Bildung des Essigäthers geht bei einer Tempera- tur zwischen 85 bis 90*^ C. vor sich, und nicht, wie einige Verfasser yon anderen Pharmacopöen der Meinung sind, ähn- lich der gewöhnlichen Aetherbildung bei 130" C. Befolgt man bei der Destillation des Essigäthers die richtige Tempe- ratur, so erhält man nicht nur die grösste Ausbeute an Essigäther, sondern das Destillat enthält neben Essigäther nur wenig freie Essigsäure, Alkohol und Wasser, selten aber Butteräther, während bei einer Temperatur von 130° C. und darüber, eine geringere Ausbeute an Essigäther erhalten wird, dem in der Regel mehr freie Essigsäure, Alkohol, viel But- teräther, manchmal sogar schweflige Säure und brenzliche Producta anhängen. Die Er-klärung ist hier einfach die , dass Butteräther bei 119° C. siedet, und dass die Erhitzung der Destillationsmasse in einem Sandbade nicht gleichmässig vor sich geht. Es tritt stellenweise eine üeberhitzung ein, die einen Theil des gebildeten Essigäthers in Weingeist und Essigsäure, einen Theil der Schwefelsäure in schweflige Säure umsetzt. Ausser Dr. Hager machte auch C. Frederking diese Erfahrung und geht somit daraus hervor, dass es nicht einerlei ist, ob die Destillation aus dem Sand- oder Wasser- bade vorgenommen wird. Die Vorschrift der Pharmacopöe lautet nun wohl, dass die Rectification aus dem Wasserbade geschehen solle, doch, hat man es mit einem Destillate zu thun, welches beträchtlich Butteräther enthält, so wird Man- cher, dem es darum zu thun, einen soviel wie möglich reinen Essigäther zu erhalten, gleich mir erfahren haben, wie schwer es selbst bei einet 2- bis 3 -maligen Rectification aus dem Wasserbade ist, den Butteräther ganz aus dem Essigäther zu beseitigen. Da die Verfasser der Russischen Pharmacopöe sich die Aufgabe gestellt zu haben scheinen, dieselbe zu einer Muster- pharmacopöe zu gestalten, so habe ich mir hier erlaubt, auf diese Erfahrungen hinzuweisen, vielleicht dass sie bei einer folgenden Ausgabe Berücksichtigung finden. Ausserdem möchte ich aber, diesen kleinen üebelstän- den gegenüber, noch auf die Vorzüge der Vorschrift aufmerk- sam machen, welche sind: 1) Das Eintragen des entwässerten essigsauren Natrons in die Aetherschwefelsäure, XO * 148 Methylalkohol. — Heptylsäure aus d. Hexylalkohol etc. 2) Die Art und Weise dei* Trennung des Alkohols aus dem Destillate mittelst Wasser*) und endlich 3) der Hinweis, dass das speeifische Gewicht des Essig- äthers nicht allein maassgebend für die Güte und Reinheit desselben ist , sondern dass die beim Schütteln von gleichen Volumen Essigäther und Wasser entstehende Verminderung an Essigäther im Vereine mit dem speeifischen Gewichte die Güte anzeigt. Wie die meisten Pharmacopöen , so verlangt auch die Russische Pharmacopöe, dass 10 % vom Wasser aufgenom- men werden, lässt also einen Alkoholgehalt zu, sonst ist er jedoch für den Gebrauch in den Apotheken vollkommen ent- sprechend. (Aus Pharm. Zeitschr. f. Rvssland 1872. Nr. 4.). H. L. Methylalkohol. Reiner Holzgeist darf nach A. Lieben mit alkalischen Flüssigkeiten und Jod kein Jodoform geben, dessen Bildung auf die Gegenwart von Aethylalkohol Aceton, u. s, w. hindeutet. Ann. d. Chem. u. Pharm. Suppl. 137. Amer. Journ. Pharm. July 70. Proceedings Amer. Pharm. Assoc. St. Louis 71. Philad. 72. p. 242. Nach Lieben's neuesten Untersuchungen bildet sich auch kein Chloroform aus reinem Methylalkohol; bildet sich solches, so ist Aethylalkohol zugegen. [Annalen der Chem. II. Pharm. Beehr. 1873.). H. L. Ueher Heptylsäure aus dem Hexylalkohol des Hera- cleumöles hat A. Franchimont im Anschlüsse an frühere von ihm in Gemeinschaft mit Zinke unternommene Versuche (C.-Bl. 1871, *) So mancher College wird die frühere Art der Entfernung des Al- kohols mittelst essigsaurer Kalilösung hefolgt hahen, daher unstreitig den Vorzug und Vortheil begreifen Heptylsäure aus dem Hexylalkohol des HeracleumÖles. 149 756 u. 1872. 580) aus dem Hexylalkohol des HeracleumÖles eine Säure mit 7 Afeom. Kohlenstoff dargestellt. Die Darstel- lungsweise war dieselbe wie früher für die Nonylsäure. Der Alkohol wurde also mit rothem Phosphor und Jod in Jodid verwandelt, dieses, nach fractionirter Destillation, mit Cyanka- lium und Alkohol erhitzt und das Gemenge schliesslich de- stillirt. Das Destillat wurde ohne weitere Eeinigung mit Kali gekocht und aus dem so erhaltenen Kalisalze die Säure durch Schwefelsäure abgeschieden, mit Phosphorsäureanhydrid getrocknet und destillirt. Die Heptylsäure bildet bei gewöhnlicher Temperatur eine farblose ölige Flüssigkeit von sehr schwachem Fettge- ruche. Sie siedet unter einem auf 0'' reducirten Barometer- stande von 762,7 Mmtr. , als der Quecksilberfaden des Ther- mometers ganz im Dampfe der Flüssigkeit war, bei 223 bis 224° C. Sie erstarrte in einem Gemische von Kochsalz und • Eis, dessen Tempei'atur — 1§^ C. betrug, sofort zu einer blät- terig kiystallinischen Masse, welche bei — 8*^ C. wieder völlig flüssig war; ebenso verhielt sich auch die aus dem krystallisirten Baryumsalze ausgeschiedene Säure. Ihr spec. Gew. beträgt 0,9212 bei 24*^ C. Dargestellt wurden der Aethyläther, das Natron-, Ammoniak-, Baryt-, Kalk-, Zink-, Cadmium-, Blei-, Kupfer- und Silbersalz. Da der Alkohol, aus welchem diese Säure dargestellt wurde, wahrscheinlich der normale ist, so kommt auch dieser Säure die normale Structur zu. Ob sie identisch ist mit der von Schorlem- mer aus normalem Heptan dargestellten Säure, ist vorläufig nicht zu entscheiden. Da Seh. fast keine Eigenschaften sei- ner Säure angiebt und destoweniger, weil er seine Säure identisch erklärt mit der Oenanthylsäure aus Bicinusöl, über welche eine ausführliche Untersuchung von Fi Hey existirt, dessen Resultate aber fast in allen Punkten verschieden sind von denen des Verf s. Eigentlich sollte man erwarten , dass die hier beschriebene Säure mit derjenigen aus normalem Heptan identisch sei; der geringe Unterschied zwischen den Siedepunkten hat vielleicht seinen Grund in nicht völliger Reinheit von Sch's Säure oder in einer verschiedenen Be- stimmungsmethode. Zu einer vergleichenden Untersuchung der aus Bicinusöl angeblich darstellbaren Oenanthylsäure fehlt dem Yerf. vorläufig die Gelegenheit, und es bleibt also eine offene Frage, ob diese Säure verschieden ist von der hier beschriebenen Heptylsäure. (Ber. Chem. Ges. 5, 786. dar. in d. Chem. Centr. - Bl. Nr. 18. 2L Nov. 1872. S. 754.). E. L. 150 Neue Untersuchungen üb. d. Buttersäure. — Valeriansäure. Neue Untersuehmigeii über die Buttersäure haben J s. Pierre und E. Puchot angestellt. Die durch Oxydation des reinen Gährungsbutylalkohols erhaltene But- tersäure, enthält im Zustande höchster Concentration 1 Aeq. Wasser, mit welchem sie regelmässig bei 155,5*^ unter einem Drucke von 760 Mtr. destillirt. Ihre Dichte beträgt bei 00 0,9697, bei 52,600,916, bei 99,80 0,8665 und bei 139,8« 0,822. Sie wirkt nicht merklich auf das polarisirte Licht. Ihr Barj'tsalz hat die Zusammensetzung C^H'O^, BaO; das Silbersalz C^H''0^,HgO. Der Buttersäureäthyläther siedet bei 1130 (760 Mtr.) und hat die Dichten: bei 0^0,89, bei 18,80 0,871, bei 55,60 0,831 und bei 100,1 0,7794. Der But- tersäuremethyläther siedet bei 93 (760 Mtr.) und hat die Dichten: bei'oo 0,9056, bei 38,650 0,8625 und bei 78,6" 0,815. (C. r. 75, 1006. Centralbl 50. 1872.). H. L. Ueber die Taleriansäure und deren Darstellung im Grossen stellten Js. Pierre und Ed. Puchot neue Untersuchungen an. Die durch Oxydation von Amylalkohol erzeugte Valeriansäure siedet im Zustande höchster Concentration bei 1780 unter einem Drucke von 760 Mtr. Ihre Dichte ist bei QO 0,947, bei 54,65 0,8972, bei 99,90 0,8542 und bei 147,500,8095. Sie enthält 1 Aeq. Wasser, welches ihr durch Destillation nicht entzogen wer- den kann. Mit überschüssigem Wasser erhält man ein Ge- menge, welches ziemlich regelmässig zwischen 99,8 und 100" siedet; die Dämpfe verdichten sich zu zwei Schichten, deren untere eine \vässerige Lösung von Valeriansäure und deren obere Valeriansäurehydrat ist. Das Volumenverhältniss die- ser beiden Schichten ist 23 : 77. Die Valeriansäure lenkt die Ebene des polarisirten Lichtes in demselben Sinne ab, wie krystallisirter Zucker, während der Amylalkohol die um- gekehrte Wirkung giebt. Der Valeriansäurebutyläther lenkt das Licht in demselben Sinne ab, wie Zucker, aber etwas schwächer als Valeriansäure. Am stärksten dreht der Vale- riansäureamyläther und ungefähr ebenso stark wie eine Zucker- lösung von 6,6 Proc. - Gehalt, (C. r. 75, 1005. Chem. Centralhl. Nr. 50. J)ec. 1872. S. 786.). H. L. Quereit- Schwefelsäure. — Reduction d. Rohrzuckers etc. 151 lieber die Quercit- Schwefelsäure und einen daraus abgeschiedenen, vom Quercit verschie- nen Zucker sagt C. Seh eibler: Uebergiesst man fein gepulverten Quercit mit conc. Schwefelsäure und erwärmt auf dem Wasserbade, so löst sich derselbe ohne Gasentwicke- lung und ohne jedej oder fast ohne jede Färbung auf. Ver- dünnt man nach einiger Zeit der Erwärmung mit Wasser, sättigt mit kohlensaurem Baryum und filtrirt, so erhält man das leicht lösliche Baryumsalz der Quercit - Schwefelsäure, welches nicht krystallisirt, sondern zu einem Syrup eintrock- net. Aus demselben erhält man durch genaue Zerlegung mit Schwefelsäure die freie Quercit - Schwefelsäure , eine farblose, stark saure Flüssigkeit, deren Lösung ohne Zersetzung auf dem Wasserbade eingedampft werden kann. Diese Säure konnte nicht krystallisirt erhalten werden und ebenso wenig gelang es, krystallisirende Salze derselben darzustellen. — Wenn man eine wässrige Lösung des Baryumsalzes in ein Rohr einschliesst und einige Zeit auf 120 — 125*^ erhitzt, so zerlegt sie sich unter Abscheidung von schwefelsaurem Baryum, während sich in der Lösung neben freier Schwefelsäure ein Zucker findet, der nicht Quercit ist. Derselbe krystallisirt in Form kleiner glänzender Nadeln oder Prismen. Es erscheint dem Verfasser nicht unwahrscheinlich, dass dieser von Quer- cit sich abscheidende Zucker mit dem Mannit oder Dulcit iden- tisch, also durch Aufnahme von 1 Mol. Wasser aus dem Quercit entstanden ist. (Ber. Chem. Ges. 5. 8i5. Polit. NotizU. Nr. 24. 1872). B. L. Uelber Eeduction des Rohrzuckers in der alkalischen Kupferlösung theilt E. Feltz mehrere Versuchsreihen mit. Hiernach sind die Bestimmungen von Ti'aubenzucker in Flüssigkeiten, die neben demselben noch Rohrzucker enthalten, ungenau und werden vollständig werthlos , wenn es sich darum handelt, geringe Mengen von Glykose in grossen Ueberschüssen von krystallisirbarem Zucker zu bestimmen. Scheibler hat schon im Jahre 1869 die relative Ungenauigkeit der Traubenzucker- bestimmungen in einem Gemenge beider Zucker hervorgeho- ben und dabei die Vermuthung ausgesprochen, dass die 152 Reduction des Kohrzuckers in der alkalischen Kupferlosung. Ursache hiervon in einer Reduction der Kupferlösung durch den krystallisirbaren Zucker liegen möge. (C. r. 75. 962.) C. Öcheibler erinnert in Bezug auf die obige Mitthei- lung von Feltz selbst an diesen seinen Ausspruch in der Zeitschr. d. Ver. für Rübenz. - Industr. im Zollver. 19. 386. üubrunfaut hatte nemlich über das Vorkommen von Gly- kose in den Rübenx'ohzuckern und Raffinaden berichtet, worauf Scheibler hervorhob , dass die Lösung des Rohrzuckers für sich allein die alkalische Kupferlösung zu reduciren vermöge. Den Versuchen Dubrunfaut's entgegen , hob er speciell her- vor, dass es nicht immer statthaft sei, auf einen Glykosege- halt in den Raffinaden u. s. w. zu schliessen , wenn diese in geringer Menge die Kupferlösung afficirt. Wörtlich sagt er: „ Lässt man nemlich aus einer Bürette eine Rübenzuckerlö- sung von bekanntem Gehalte, die man auf Glykose unter- suchen will, in eine abgemessene, im Kochen erhaltene Quan- tität F e h 1 i n g ' scher Kupferlösung in streng vorgeschi'iebener Weise eintropfen , so hängt die Menge verbrauchter Zucker- lösung nach Cubikcentimetern lediglich davon ab, wie rasch oder langsam man operirt. Bei raschem Eintropfenlassen in kleinen Zeitpausen wird man viel Zuckerlösung verbrau- chen müssen bis zur Endreaction, und demnach auf einen kleinen Glykosegehalt schliessen, umgekehrt bei langsamer Ausführung der Operation früher die Endreaction erreichen und einen grossen Glykosegehalt daraus berechnen. Kurz, man wird nach Belieben die wechselndsten Resultate erhalten können. Der (Jrund ist offenbar der, dass nicht allein die Glykose, sondern selbst der reinste Rohrzucker als solcher sich an der Zerlegung der Kupferlösung betheiligt, wenn auch langsamer, mit andern Worten: nicht allein die zu der Klasse der Glykosen zählenden Zucker üben eine zersetzende Wirkung auf Kupferlösung, sondern auch der Rohrzucker selbst , so dass es unstatthaft ist , die Analyse der Gemische von Rohrzucker und Glykose mittelst [Fehling'scher Kupfer- lösung auszuführen, falls man genaue und nicht nur relativ richtige Resultate erzielen will." (Ber. Chem. Ges. 5. 928. Chem. CentralU. Nr. 51. 1872.). H. L. 153 III. I^liarixiacie, P*liariiiacogiiosie und Naturgescliiolite, Eamala. T. B. Groves hat Versuche angestellt, um die Zweifel aufzuklären, welche Laube u. A. an der Existenz der kry- stallinischen Substanz gehegt haben, die von Anderson abgeschieden, analysirt und mit dem !Namen Rottlerin bezeichnet worden war. Groves lieferte genügende Beweise für die Gegenwart dieses Princips in einer ßeihe von Kamala- Proben guter Qualität, welche er von Daniel Hanbury erhalten hat und erkannte überdiess die Ursache der ver- schiedenen Resultate, zu denen die verschiedenen Experimen- tatoren gelangt waren. Er fand, dass wenn diese Substanz, wenn auch nur für wenige Tage, der Luft ausgesetzt wird, ihre Löslichkeit sich sehr vermindert, wobei sie ihre Krystal- lisirbarkeit gänzlich verliert. (Pharm. Journ. ant. transact. Daraus in: The Pharmacist and Chemical Becord. Nov. 72. pag. 256.). B. L. Uelber das Yorkommen des Benzylalkohols im flüssi- gen Storax berichtet Aug. Laubenheimer Folgendes. Durch frühere Untersuchungen verschiedener Chemiker wurden im Storax neben harzartigen Substanzen hauptsächlich Styrol G^H^, Zimmtsäure O^H^O^ und Styracin (Zimmtsäure — Zimmtäther) ^9j£7 ^^9jj9'jQ2 nachgewiesen. Verf stellte einige Versuche mit einem Präparate an, welches durch Verseifung von unrei- 154 Der botanische Ursprung u. Character der officinellen Rhabarber. nem Styracin dargestellt worden war. Er unterwarf es der fractionirten Destillation und untersuchte die bei verschiede- nen Temperaturen übergehenden Destillate. Zwischen 190 bis 200*^ destillirte ein Product mit über, für welches die Formel O^H^O gefunden wurde, und dieselbe Formel wurde für die Hauptmasse der zwischen 205 — 207" (dem Siede- punkte des Benzj'lalkohols) übergegangenen Fraction festge- stellt. Ein vergleichendes Studium machte es sehr wahr- scheinlich, dass der vorliegende Körper Benzylalkohol war. Mit Salpetersäure erwärmt, lieferte er den charakteristischen Geruch nach Bittermandelöl; mit Kaliumdichromat und Schwe- felsäure oxydirt, wurde eine Säure erhalten , die mit Wasser- därapfen sich verflüchtigte und nach mehrmaliger Sublimation den Schmelzpunkt 119" (zeigte. Benzoesäure schmilzt bei 120". Die Untersuchung der höheren Fractionen lieferte keine entscheidenden Resultate. (A?in. Chem. Pharm. 164, 289. Dar. in Chem. Centralhl. Nr. 49. 4. Dec. 1872. S. 775.). H. L. Der l)otaiiische Ursprung und Character der offici- nellen Rhabarber. Durch Herrn Dr. Leon Soubeiran sind wir mit fol- genden Auszügen aus Mittheilungen des Herrn Prof. B a i 1 - 1 n erfreut worden , welche letzterer in der letzten Sitz, der Franz. Gesellsch. f. d. Fortschr. der Künste zu Bordaux gehalten hat. Die feine officinelle Rhabarbar, wie sie unter dem Namen russische oder chinesische bekannt ist, scheint das Produkt (appear to be) einer besonderen botanischen Species zu sein, die in Thibet wächst in der Nähe des 40. Grades nördl. Breite, in Wüsten, die gewöhnlich als weite Sand- plateaus sich ausbreiten ; diese sind aber in der That unnah- bare Citadeilen, gebildet aus übereinandergeschichteten Etagen perpendiculärer Felsen , deren steile Wände wohl selten und dann mit Schwierigkeiten von Europäern erstiegen worden sind. Am Ende des Jahres 1868 verschaffte er sich aus jenen Gegenden eine Anzahl Stöcke (stalks) der ächten officinellen Rhabarbar. Wie er sich diese Pflanzen verschaffet, wird nicht gesagt, aber wahrscheinlich waren sie von einem chinesischen Der botanische Ursprung u. Character der officiiiellcn Rhabarber. 155 ländlichen Arbeiter aus der Erde g-enommen worden, der dem Lamadienst ergeben, gleich dem übrigen gemeinen Volke durch erschreckliche Imprecationen (Flüche) von den Geist- lichen niedergeschreckt werden. Boerhave und Pallas, gleich den Erforschern von Meikorg in unseren eigenen Tagen, scheinen die ächte Eha- barber nicht gekannt zu haben, mit Ausnahme derjenigen, welche sie in ihren Zusammenkommen mit Kaufleuten erhiel- ten, die sie aus Thibet hergebracht; oder zu Kiachta, dem haupts, Markte für sie in Russland oder für China. L i n a e u s dagegen war der Grenze beträchtlich näher gekommen, wenn er schreibt, dass die asiatische Rhabarber „ad murum Chinae'* wachse, obgleich die wirkliche Heimath zweifellos weiter östlich liegt. Allein man hat lange geglaubt, dass diese Pflanze mit band- oder fingernervigen Blättern versehen sei, welche am Rande tief eingeschnitten seien. Dies hat die Schriftsteller dahin geführt, zu denken, dass die feinste Qualität der asiat. Drogue von einer Species stamme, die zu der Gruppe des Rheum hybridum gehöre, wahrscheinlich zu Rheum pal ma tum. Auch Guibourt kommt zu dieser Meinung, nachdem er in Paris alle die Species von Rhabarber, welche er erlangen konnte, cultivirt und studirt hatte. Aber G. Planchen beobachtete, dass die Wurzeln von Rheum palmatum, wie er sie in Guibourts Sammlung fand, nicht die histologischen Charactere zeigten , wie die chinesischen und russischen Rhabarber des Handels. Bisher hat man der Aeusserung der chines. Schrift- steller über die Rhabarber zu wenig Aufmerksamkeit erwie- sen. „Punt-tsaau" nemlich sagt, „dass die Blätter den ersten Monat grün und wenn sie wohl entwickelt sind, die Breite eines Ean (Fächers) besitzen und denen des Ri- cinus communis gleichen; dass der Stamm ziemlich breit sei, einen bis 2 Fuss lang, mit einer schwarzen Rinde be- deckt und einem markigen, feuchten Inhalte, der einen gelben Saft enthalte." Diese Charactere sind in der That bemerkbare, an den Pflanzen die Däbry an Soubeiran gesendet hatte. In der theilweise angefüllten Masse hatte Hr. Neumann noch eine Anzahl Schösslinge ganz unangegrifFen gefunden. Diese SchössUnge sorgfa,ltig cultivirt lieferten einige Pflanzen; eine, welche blühte, erzog Herr Girandeau, im Valley de Mont- morency; eine andere ist im Garten der Facult. d. Medic. v. Paris cultivirt worden. 156 Der botanische Ursprung u. Charauter der offlcinellen Rhabarber. Diese Pflanzen hatten Blätter beinah 1^2 ^tr. lang-, an denen der Saum ein wenig breiter als lang kreisförmig ist, doppelt fünflappig und eingeschnitten, herzförmig an der Basis, bleich grün, oberhalb glatt, unterhalb dicht bedeckt mit einem feinen, weissen Flaum, welcher aber die grüne Farbe nicht sehr ändert. In dem Blüthenstande sind die Bracteen oft über 2 Mtr. lang, verzweigt beblättert, nackt an den Spitzen. Sie werden überragt durch zahlreiche Afterdolten von weissen Blüthen, bemerklich durch die Tiefe ihrer con- caven Receptacula und die grüne Farbe ihrer Scheiben. Der der Luft ausgesetzte Theil der Axe dieser Pflanze, für wel- chen hier der Name Rheum officinale vorgeschlagen wix*d, ist ein dicker, kurzer, verzweigter Stamm, dessen unterirdische Portionen cylindrisch sind, oft von geringer Dicke, von denen man nur geringen Gebrauch macht wegen ihrer leichten Zer- störbarkeit, weswegen sie nur selten und in kleinen Mengen nach Europa eingeführt werden. Dies ist der Ausschuss, welcher in den europäischen Rhabarbern gefunden wird, wäh- rend die voller entwickelte Wur/.el der gewöhnlich ange- wandte Theil ist, mit einem schmalen Theile des Stammes. In Thibet aber ist der hauptsächlich angewendete Theil der in der Luft befindliche Stamm und die Aeste. Die eigen- thümlichen Charactere dieser -Drogue sind im Allgemeinen so, wie bekannt. Sie ist characterisirt durch ihre Farbe, Geruch und durch das Gefühl, sowohl bei der lebenden Pflanze in China gefunden, als bei den zahlreichen oft mit Steinchen versehenen Stückchen, welche an Schnitten ver- schiedener Stöcke beobachtet wurden. Sogenannte schwarze Rinde, die beim Reinigen dieser Rhabarber entfernt wird, ist nichts Andres, als eine Masse von Tuten und Blätterbasen, welche dicht an der Stammesoberfläche anliegen. Was die Stämme von Rhabarber , welche in Frankreich gepflanzt werden konn- ten, betrifft, so waren auf ihrer Oberfläche nicht blos Blätter, sondern auch Hülfsknospen , es ist daher nicht zu verwun- dern, dass diese Knospen von der Mutterpflanze getrennt, geradezu Adventiv -Wurzeln entwickelten, welche ihre eigene Reproduction vermittelten. Für die Zukunft ist eine reiche Nummer von Sprösslingen dieser Pflanze vorhanden, um in Frankreich in offner Luft cultivirt zu werden, wo dieselben schon einen Winter von 20 Grad vertragen haben. {Fharm. Journ. ant. transact. Daraus in The Phartnncist. and Chemi- cal Becord. Nov. 72. p. 258 — 59.). H. L. Iris - Wurzelstöcke. — Radix Ipecacuanhae. 157 Iris ■ Wurzelstöcke. Ueber das Geruchsprincip der sogen. Veilchenwurzel hat Henry Grroves aus Florenz Mittheilungen gemacht. Ein kleiner District rund um die Stadt Florenz scheint gegen- wärtig die Haupt - , wenn nicht die einzige - Quelle des Han- dels der Veilchenwurzel zu sein. Man pflanzt hierzu: Iris florentina, I. germaica, I. pallida und die von der Oberfläche gereinigten Ehizome sind der Theil der Pflanze, welche als Iriswurzel auf den Markt kommt. Grosse Quantitäten der- selben werden von Parfümeurs gebraucht, besonders zu Zahn- pulver, namentlich zu dem sogenannten violetten. Es hat sich ein Streit erhoben, ob diese Wurzel ätherisches Oel enthalte. Hasselten giebt an, dass er sehr häufig versucht habe ein solches durch Destillation zu gewinnen, dass es ihm aber nicht gelungen sei. H. ümnay, London, sagt, dass er manche Tonne (1 Tonne 20 Ctr.) dieser Wurzel destillirt habe und dabei ein ätherisches Oel in Form einer fettigen Substanz gleich der Cacaobutter gewonnen habe. Diese Substanz war in 80 geringer Menge üb er destillirt, dass sie wohl ebenso kostbar, wie das feinste Rosenöl erachtet werden muss. Sie besitzt das feine Arom der Iriswurzelstöcke, aus welcher sie erhalten wurde. {Ghemist und Druggist. London. Daraus in The Fhar^nacist and Ghem. Record. p. 257.). H. L. Notiz ülber Radix Ipeeacuanhae. Die vermeintlichen Vertuschungen der officinellen Ipe- cacuanha betreffend, berichtet J. Martenson, kann ich die an mich gerichteten Anfragen jetzt dahin beantworten, dass ich in den aus verschiedenen Quellen von mir untersuchten Handelswaaren weder die Ipecacuanha nigra noch die I. fari- nosa habe auffinden können. Gefälligen Mittheilungen aus- ländischer Handelshäuser zufolge, ist die Ip. farinosa sehr schwierig aufzutreiben, als Handelswaare komme sie gar nicht mehr auf den Markt. Dasselbe gilt von der Ipecac. nigra, von der vor einigen Jahren eine geringe Partie in Hamburg auftrat und höchst wahrscheinlich zur Emetinfabri- cation consumirt wurde. In eine Partie der officinellen Wur- zel fand ich circa 3^2 7o ^^^- Senegae, wohl nur durch 158 Opiumwachs. — Succus scapi Taraxaci. Zufall hinein gekommen. Stets jedoch habe ich etwa 3 7o Beimengung des unterirdischen Wurzelstockes der E,ad. Ipec. ver. in der sonst ausgezeichneten Handelswaare gefunden •, was beim Einsammeln derselben wohl kaum vermieden und nicht als absichtliche Beimengung angesehen werden kann. (Pharm. Zeitschr. f. Russland. Nr. 5. 1872. S. 140.). H. L. Opiumwachs. Otto Hesse hat die wachsartige Substanz, welche sich an den Mohnkapseln bildet, nachdem die Blumenblätter gefal- len sind, und als ein weisser mehliger Ueberzug erscheint, untersucht. Er hat diese Substanz in drei verschiedene krystallisirbare Fette und Wachse zerlegt. Die Eine hat die Zusammensetzung von cerotinsaurem Ceryloxyd, (C^^H^^O _j_ Q54JJ5303 ) welches sich aus der Chloroformlösung bei 10 Grad im krystallinischen Zustande absetzt. Der zweite Stoff, der sich erst bei — 10 Gr. ausschied, hat die Zusam- mensetzung C^^H^^O*, welche dem palmitinsaurem Ceryloxyd Q54 11550 + C32H3103 entspricht. Die dritte Substanz scheint in enger Beziehung zum Lactucerin zu stehen, indem sie erst bei 200*^ schmilzt. {Annalen Ph.-Ch. Proceedings Amer. Pharm. Assoc. St. Louis. Sept. 11. Philad. 72. p. 264.). H. L. Succus scapi Taraxaci. Ueber denselben bringt H. Barton Notizen; nicht zu- frieden gestellt mit den variirenden Präparaten von Taraxa- cum, wie sie in Gebrauch sind, hatte Barton schon 1862 bloss die Stiele mit voller Blüthe gesammelt und ihren Saft aus- gepresst. Durch das Resultat zufrieden gestellt, wiederholte er nächstes Jahr den Versuch, Hess aber auch die Blüthen weg, indem er einzig die Stengel quetschte und 25 Proc. Spiritus dazu setzte. Nach etlichen Wochen wurde die Flüs- sigkeit filtrirt, wobei ein geringer Rückstand blieb. Das Filtrat blieb hell und zeigte seinen characteristischen Ge- schmack. Das Memorandum für das gegenwärtige Jahr Pulmar-Oel und verschiedene Öüssige Fette etc. l59. (nachdem in den dazwischen liegenden Jahren auf dieselbe Weise gearbeitet worden, wobei einmal die Digestion ohne Nachtheil nur 24 Stunden dauerte, ohne Aenderung der Güte) hat mir ergeben aus 237 Pfund Stengel, neben 63 Pfund Blüthen 123 Pfund 4 Unzen Saft, von den Letzteren 34 Pfund 8 Unzen, welches, als von geringerer Güte, für sich aufgeho- ben wurde. Barton hält sein Präparat für das möglichst gleichförmige und am leichtesten zu erhaltende Präparat von Taraxacum. Es ist auch von den Aerzten günstig aufge- nommen worden. (^The Fharmacist chemic. JRecord. Nov. 72. p. 256). H. L. Ueber Fulmar-Oel imd verschiedene flüssige Fette, welche Ton Vögeln ahstammen. Auf der westlichsten der Hebriden, dem Felseneilande St. Kilda, wird der in arktischen Gegenden einheimische, auch bis an die deutschen Küsten herab vorkommende Eis- sturmvogel, Procellaria glacialis L. oder Fulmar glacialis (Fai'u. Procellaria) als Nahrungsmittel benutzt. Von diesem Vogel stammt das sog. Fulmar-Oel. Das Oel hat eine schwach röthliche Sherryfarbe und einen eigenthüm- lichen penetranten Geruch und soll nach Stanfort fast die Eigenschaft des Leberthrans besitzen. Es besitzt das spec. Gewicht von 0,992, löst sich in Aether, wenig in heissem (3*^/0) und noch weniger (l^o) i^ kaltem Alkohol, enthält eine Spur Jod, und giebt mit Schwefelsäure die Farben- reaction des Leberthrans; die Seife zeigt den eigenthümlichen Geruch des Oeles. — In einem an diese Mittheilung Stanfords sich knüpfenden Aufsatze von P. J. Simmonds werden noch folgende Vögel zur Gewinnung fetter Oele benutzt: Der Pinguin, Diomedea Milensis, von welchem Vogel mehrere Millionen auf den Falklandsinseln leben. Mit 10 — 15 Mann ausgerüstete Schooner werden einzig und allein zur Gewinnung des Oeles dorthin gesendet und kehren oft mit 25 — 30,000 Gallonen Oel nach 4 — 6 wöchentlicher Campagne heim. 11 Vögel liefern etwa 1 Gallone. Das Oel kommt nur nach London und dient ausschliesslich zum Glätten von Leder. Der Hammelvogel, Procellaria obscura, auf Neu -Seeland und andern Inseln des stillen Meeres. Die lÖO Vorkommen des Kupfers in Cajuputöl. jungen Vögel liefern viel Oel, dass wenn sie 'gedrückt wer- den, aus dem Schnabel ausfliesst. (Auch der Fulmar und der Albatros -speien, wenn sie angegriffen werden, Oel aus.) Das Oel gilt als besonders gutes Mittel gegen Rheumatismus (als Liniment), und dient als Speise und zum Brennen. Es ist dem Gänsefett sehr ähnlich. Der Fregattenvogel, Tachypetes aquila L., dessen Fett nach Labat ebenfalls zu Einreibungen bei Hüft- krankheiten dient. Die Sturm schwalbe, Procellaria pelagica L., deren Fett zum Brennen dient. Die Bewohner der Faröer ziehen nur einen Docht durch den Körper um sich eine Lampe zu machen. Der Strauss, Struthio Camelus L., das Straussen- fett, das die Straussenjäger nach dem Abbalgen sofort aus- schmelzen und in der Haut der Beine und Zehen aufbe- wahren, wird auf Brot gegessen und zur Speise verwendet, gilt auch örtlich als Antirheumaticumj, innerlich als eröffnendes Mittel bei biliösen Affectionen. Auch das Fett des neuhollän- dischen Kasuar, Dromaeus Novae Hollandiae, durch Aus- kochen der von den Federn befreiten Haut gewonnen, dient gegen Rheumatismus als Liniment, Steatornis Caripensis, ein nächtlicher Vogel Süd- amerikas, in der grossen Höhle von Guachara (Cumana) in zahlloser Menge lebend, wird nach Humboldt von den In- dianern zur Gewinnung seines Fettes gejagt. Die Wandertaube, Columba migratoria L., *deren Fett (vorzüglich das der jungen Tauben) von den nord- amerikanischen Indianern ausgeschmolzen und als Butter be- nutzt wird. (N. Jahrb. f. Ph. März 1872 aus Ph. Jörn: and. Transact. Nov. 1870. Juni 17. 1871.) H. L. Heber das Vorkommen des Kupfers in Cajuputöl theilt Edward Histod, Brizhton, folgendes mit. — Schon vor geraumer Zeit wurde von Guibourt beobachtet, dass das Cajuputöl häufig Kupfer enthält; dennoch ist diese Thatsache häufig bezweifelt worden, denn weder Brandes noch Pereira, welche beide ihr Augenmerk darauf richteten, vermochten in irgend einer untersuchten Probe eine Spur jenes Metalles nachzuweisen. Vorkommen des Kupfers im Cajeputöl. l6l Vor einigen Monaten theilte mir Di*. Hanbury mit, dass wenigstens ein zeitweises Vorkommen von Kupfer in Caje- putöl unzweifelhaft sei, und bewog mich zugleich, die Frage wieder aufzunehmen, indem er mehrere von ihm gesammelte Oelproben behufs näherer Prüfung zu meiner Verfügung stellte. Ich unterzog mich willig dieser Aufgabe und erlaube mir, deren Ergebnisse zur Kenntniss der „Pharmaceutical Society '' zu bringen. Die Methode, die ich zur Aufsuchung der Kupferverbin- dungen anwendete , war folgende : Einige Gramme des Oeles werden in einem Abdampfschälchen von Berliner Porzellan zu Trockene verdunstet und der harzartige Rückstand, der die Wandung des Schälchens bedeckt, durch Erhitzung des letz- tern zur Rothgluth über einen Bunsenschen Brenner einge- äschert. Ein Tropfen Salpetersäure, den man vor dem gänz- lichen Erkalten zufügt, löst leicht etwa vorhandenes Kupfer auf und gibt eine Lösung, die nach einiger Verdünnung den gebräuchlichen Reactionen auf dieses Metall in allerdings geringem Massstabe unterworfen werden kann. — Die mir von Hanbury übermittelten, theils noch von anderen Quellen bezogenen Oelproben waren: 1) Cajeputöl, ungefähr 1830 importirt, von sehr hell- grüner Farbe und dem gewohnten characteristischen Geruch. 2) Cajeputöl, anno 1839 durch Admiral Laplace von seiner Weltumseglung auf der „ Artemisia " mitgebracht. Aus der Sammlung von De Lens: Farbe: schön gesättigt grün, Geruch sehr angenehm. 3) Cajeputöl vom Londoner Markt, 1870. 4) Cajeputöl vom Londoner Markt, 1871. 5) Cajeputöl, ein wenig dunkler als die beiden letzten und mit einem Geruch, der, wie mir schien, beigemengtes Citronellen - Oel verrieth. 6) Cajeputöl, mit Nr. 3 und 4 nahezu übereinstimmend aus meiner eignen Officin. Bei Behandlung in eben erwähnter Art liess jede dieser Proben Kupfer erkennen, dessen Gegenwart ich durch Ammo- niak, Ferrocyankalium , Arseniklösung und Beduction durch metallisches Eisen feststellte.*) *) Es möge hier beigefügt werden , dass der Kupfergehalt des käuf- lichen Oleum Cajeputi sich sehr lei«ht und augenscheinlich mittelst der Guajakprobe in dem unveränderten Gele nachweisen lässt, indem man Arcb. d. Pharm. III. Reihe, II. Bds. 2. Heft. 1 1 162 Vorkommen des Kupfers im Cajeputöl. Bei einigen Proben lässt sich das Kupfer durch Schütteln des Oeles mit flüssigem Ammoniak entfernen, in diesen Fäl- len verliert das Oel seine grüne Farbe und die wässrige Flüssigkeit färbt sich blau. Dass übrigens Kupfer deshalb nicht nothwendig zugegen ist, weil das Oel eine grüne Färbung zeigt, wurde schon durch Guibourt dargethan, indem derselbe die Blätter ver- schiedener Melaleuca, Metrosideros- und Eucalyptus - Arten aus dem Jardin des plantes der Destillation unterwarf und dabei flüchtige Oele von schöner grüner Farbe erhielt. Ich habe bei dieser Gelegenheit auch die ätherischen Oele der Bergamotte, des Wermuthes und der Cubeben untersucht, ohne aber eine Spur von Kupfer darin auffinden zu können. Wenn gewöhnliches Cajeputöl rectificirt wird, so finde ich das Produkt stets durchaus farblos, ein Resultat, das, wie Hanbury mir andeutet, an das Verhalten des Thimianöls er- innert, welches unmittelbar von der Pflanze destillirt, tief- braun aussieht, aber durch nochmalige Destillation farblos wird. Cajeputöl wirkt leicht auf metallisches Kupfer ein und mein rectificirtes ungefärbtes Oel wurde, einige Tage mit Kupfer- spähnen in Berührung, ganz grün gefärbt und zeigte die näm- lichen Eeactionen, wie das rohe Oel des Handels.*) Was den quantitativen Belang der Kupfer- Verunreinigung betrifi't, so macht der erwähnte französische Autor die Angabe, dass er in sehr stark grün gefärbtem Oele einen Kupfergehalt von 0,137 g. in 500 g. gefunden habe, dass aber in den meisten Fällen das Verhältniss ein weit geringeres sei, in der That so gering, dass dadurch die Drogue für den medi- cinischen Gebrauch keineswegs untauglich wird. {Flmnnaceut. Journ. and Transact. III Ser. Nr. 93. 804). H. L. einige Tropfen desselben in verdünnter Guajaklösung (1 Guajakharz: 200 Spirit. alcohol.) aufgelöst und etwas blausäurehaltiges Wasser zufügt. Die hierbei auftretende mehr oder weniger intensive Blaufärbung habe ich bisher bei allen mir zugänglichen Proben grünen Oeles eintreten sehen und es verräth diese so empfindliche Reaction öfters bei nicht ganz sorg- fältig rectificirtem , wenn auch ungefärbtem Oele noch Kupferspuren, *) Vergleiche über den Kupfergchalt des Cajeputöls auch Flückiger's Lehrbuch d. Phamakog. p. 74. (Schweiz. Wochenschrift Nr. 45. 1872.) Plora des arktischen Ostgrönlands etc. 16S tfelber die Flora des arktischen Ostgrönlands auf Grruiid der botanischen Sammlungen der 3. deutschen Nord- pol-Expedition, 1869—70, hielt Prof. Dr. Buchner in der Sitzung vom 13. August 1872 der botanischen Section bei der 45. Versammlung deutscher Naturforscher in Leipzig folgenden Vortrag: Die Gelehrten und Seeleute des Expeditionsschiffes „ Hansa " konnten natürlich keine Sammlungen naturwissen- schaftlicher Gegenstände machen, da es ihnen nicht gelang, nach der Ostküste durch zu dringen. Sie verloren vielmehr frühzeitig, schon am 20. October 1869, ihr Schiff und trieben dann auf einer nnerhörten, zweihunderttägigen Eisschollenfahrt nach Süden, bis es ihnen gelang sich -in ihren Booten nach einer der dänischen Mederlassungen in der Nähe des Cap Farewell zu retten. Desto reichere Sammlungen wurden von der „Germania" mitgebracht, welche ein volles Jahr an der Ostküste Grönlands verweilte. Die Sammlungen umfassen 89 Arten Gefässpfianzen , 71 Laubmoose, 52 Flechten, 17 Al- gen, 5 Gattungen höherer Pilze, 13 endophy tische Pilze und reiche Vorräthe an Treibholz. Dieses Material ist von dem Vortragenden in Gemeinsamkeit mit Dr. W. 0. Focke in Bremen, die Laubmoose von Dr. K. Müller in Halle a/S., die Flechten von Prof. Dr. Körber in Breslau, die Algen von Oberfinanzrath Zeller in Stuttgart, die Pilze von Dr. Bonarden in Erfurt und L. Suckel in Oesterreich, die Treibhölzer von Dr. Kraus in Erlangen bearbeitet wor- den. — Da die Resultate dieser Untersuchungen in dem bald erscheinenden E-eisewerke über die Expedition niedergelegt sind, so beschränken wir uns hier auf einzelne kurze No- tizen, — Vor der deutschen Expedition war nur der bekannte Walfischfanger William Scoresby jr. im Jahre 1822 einige Male vorüber gehend und General Sabine im Jahre 1823 für längere Zeit behufs Vornahme geodätischer und astronomischer Messungen auf der Ostküste von Grönland. Scoresby sammelte 37, Sabine 57 Gefässpfianzen und betrug die Gesammtzahl der von beiden in Ostgrönland ge- sammelten Arten 61; diese Anzahl steigt unter Hinzurechnung der 89 von der deutschen Expedition gesammelten Species auf im Ganzen 96 Arten, doch ist es wahrscheinlich, dass auch hiermit die Flora jener Gegenden noch nicht erschöpft ist. Es dürften wol noch manche Arten mit lokaler Ver- breitung vorhanden und einzelne, namentlich aus den Fami- lien der Gräser und Halbgräser, noch übersehen sein. 11^' 164 Flora des arktischen Ostgrönlands etc. Im Allgemeinen zeigt sich ein grosser Gegensatz zwi- schen der Flora der fast beständig vom Küsteneis belagerten Inseln und der Abhänge des tief in das Land einschneidenden Franz- Josephs- Fjordes. Jene ist weit dürftiger, ärmlicher als diese. An den Abhängen des Fjordes kommt es zur Bildung wirklicher arktischer Gärten. Birkengestrüpp erreicht dort eine Höhe von 50, ja in einzelnen Fällen von 70 Cm. Daneben bedeckt das Geflecht der Sumpfheidelbeere auf weiten Strecken den Boden und reift seine Früchte in grossen Men- gen ; auch einzelne Gräser überschreiten die für jene arkti- schen Gegenden ganz ungewöhnliche Höhe von 50 Cm.; dazwischen wachsen einige durch Formenschönheit oder Leb- haftigkeit der Farben ausgezeichnete Blumen, wie die por- zellan weisse Pyrola, das leuchtend -rothe Epilobium oder der weisse achtstrahlige Stern der Dryas, die schöne arktische Form der Campanula rotundifolia. Neun Arten sind Holz- gewächse; von einjährigen Pflanzen ist bis jetzt mit Sicher- heit nur Koenigia islandica L. nachgewiesen. Die Höhen der Hügel und Berge sind oft im Sommer sehr dürr; Wiesen von oft überraschender Frische und Geröll- halden nehmen grosse Strecken ein; weit verbreitet sind schlammige, von Eiswasser durchsickerte Flächen, während es zur Bildung eigentlicher Tundren nicht kommt. — Die relative Trockenheit des Klimas erkennt man besonders an den Laubmoosen, welche meistens in dichten, festen Basen wachsen und sehr spärlich fructificiren. — Von besonderem Interesse ist die Untersuchung der endophytischen Pilze ge- worden, welche nicht allein eine Reihe n§uer interessanter Formen ergeben, sondern auch den Beweis geführt haben, dass die Zerstörung der Pflanzenleichen in jenen hohen Breiten ebenso wie bei uns durch endophy tische Pilze besorgt wird. — Ebenso wichtig sind die Resultate der Untersuchungen der Treibhölzer. Die sämmtlichen Hölzer (überwiegend Nadel- hölzer, ausserdem zwei Erlen und ein Pappelholz) sind mit Sicherheit als sibirischen Ursprunges nachgewiesen, ein Er- gebniss, welches besonders für die Lehre von Meeres- strömungen in jenen Gegenden von grösster Wichtigkeit ist. Durch diese Strömungen sind wohl eine Reihe von Pflanzen wie Dryas octopetala L, forma typica, Saxifraga Hirculus L. Ranunculus glacialis an diese unwirthlichen Gestade geführt worden, welche in West- und Südgrönland ganz fehlen. Im Allgemeinen bestätigen die Untersuchungen des von der deutschen Expedition mitgebrachten Matcriales die von J, A. llooker aufgestellten Sätze über die Flora von Grön- Flora des arktischen Ostgrönlands eic. 165 land. Zuerst deren ausserordentliche Armuth (208 Arten von 762, welche überhaupt innerhalb des Polarkreises ge- funden wurden), sodann ihren rein scandinavischen alpinen Character und die äusserst geringe Beimischung arktisch - amerikanischer Gewächse (auf der Südwestküste) und arktisch - asiatischer (auf der Ostküste), welche zusammen nur etwa 12 Species betragen; endlich die sehr geringe Anzahl von Gewächsen, welche die südlichen Theile von Grönland den arktischen Theilen dieser Halbinsel hinzufügen. — Die Baffins- bay bildet die einzige scharfe Grenze innerhalb der arktischen Flora; nur sehr wenige amerikanische Gewächse haben sie überschreiten können. Die jetzige Flora von Grönland stellt daher einen ganz unvermischt erhaltenen B,est der vor- eis- zeitlichen Polarflora dar, welche während der Eiszeit nach Süden wanderte und weite Gebiete der gemässigten Zone bedeckte, welche sich dann bei der Wiederkehr der wärmeren Periode auf die Bergspitzen und nach dem Norden sich zurückzog. In Grönland blieb diese Flora besonders rein erhalten , weil die Form dieses Landes als einer grossen nach Süden zugespitzten Halbinsel die Einwanderung von Ge- wächsen südlicherer Breiten ganz ausserordentlich erschwerte. Noch wollen wir bemerken, dass die Expedition auch Tertiärversteinerungen mitgebracht hat, welche zu den mio- caenen Versteinerungen von Atannkerdluk im westlichen Grön- land vielfache Beziehungen zeigen. {Botanische Zeitung. Nr. M. 1812'). H. L. 166 IV. Toxikologie \ind Zoochemie. Vergiftung mit Brechwciiistein. Wie selbst sehr grosse Mengen B rech wein stein unter Umständen Intoxicationen ohne tödtlichen Ausgang bedingen können, lehrt ein von Lundblad beobachteter Fall, wo eine Frau mindestens 15 g. Tartarus stibiatus statt Magnesia sul- phurica genommen hatte und darnach heftiges Erbrechen und Purgiren, Wadenkrämpfe und die Erscheinungen, welche dem CoUapsus zukommen (kalte Schweisse, hochgradige Schwäche, langsamer, kleiner, kaum fühlbarer Puls, Schwindel, Ohren- sausen) bekam, jedoch unter einer antidotarischen und robo- rirenden Behandlung wieder genas. Als Antidot wurde Tan- nin, daneben auch in Milch geschlagenes Eiweiss und Spiritus aethereus camphoratus als Excitantien verwendet. Unter dem Gebrauch dieser Mittel verloren sich die Erscheinungen, nur hielt der Magenschmerz und der Schmerz im Halse, der im Anfang bestanden hatte, und die Schwäche noch mehrere Tage an. Der günstige Ausgang ist wohl hauptsächlich dem star- ken Erbrechen, welches unmittelbar nach dem Genüsse ein- trat und wodurch offenbar der grösste Theil des Giftes als- bald wieder entfernt wurde , zuzuschreiben , da die im Uebri- gen höchst rationelle Behandlung erst vier Stunden nach der Vergiftung konnte eingeleitet werden. Die Verwechslung war dadurch entstanden, dass der zu veterinärärztlichen Zwecken geholte BrechM^einstein sich in der Hausapotheke unter andern Medicamenten unsignirt befand. (Upsala Läckarefören Forhandl. Bd. VII H. 3. 1872. S. 258 u. N. Jahrb. f. Pharm. 12. S. 353. Daraus in Zeitschr. d. Ostreich. Apothck.-Ver. An 32. 1872.) H. L. Vergiftung mit Nitrobenzol. IGT Vergiftung mit Mtrobenzoi. Ein 26 jähriger Mann, beim Ausladen eines Schiffes im Schiffsraum beschäftigt, wurde durch das Herabstürzen und Zerbrechen einer Kiste mit Mtrobenzol übergössen. Er arbei- tete noch mehrere Stunden fort, ohne den Schiffsraum zu verlassen, obwohl er schon nach vier Stunden „blass und blau" aussah. Nach acht Stunden trat Schwere im Kopf und Schwindel und nach Einnahme eines Glases Brandy- Erbrechen, hierauf Schwächegefühl und Bewusstlosigkeit ein. Ein Arzt fand ihn im halb comatösen Zustande, aus dem er nur mit Schwierigkeit erweckt werden konnte, Haut livid, Extremitäten kalt. Puls langsam und voll, Respiration müh- sam, aber nicht stercorös, der ganze Körper in Schweiss gebadet; die Kleider und das Erbrochene rochen stark nach bitteren Mandeln. Er ordnete ein Brechmittel und nachfol- gend Brandy und Ammoniak an und veranlasste die Trans- portirung in das Spital. Hier fand man nach zehn Stunden bedeutende Blässe des Gesichtes, eigenthümliche blaue Fär- bung der Lippen, Finger und Fingernägel, eigenthümlichen Geruch des Athems, Puls 100, schwach, Respiration langsam und sehr schwach, Pupillen erweitert, gegen Lichteinfluss nicht reagirend ; durch lautes Anreden geweckt, antwortete der Pat. vollkommen correct. Nach Darreichung von Brandy und fruchtloser Anwen- dung künstlicher Respiration erhielt er ein kaltes Bad unter gleichzeitiger Application von kalter Douche auf den Kopf, nach dem Bade starke Abreibungen des ganzen Körpers, worauf zweimal Erbrechen erfolgte. Nach vorübergehender Besserung verfiel er trotz eines wiederholten Bades, Ein- hüllung in Decken und Application von Brandy und kohlen- saurem Ammoniak in Klystirform in den vorigen bewusst- losen Zustand, welcher sich erst nach siebzehn Stunden besserte. Am folgenden Morgen fühlte er sich wohl und verliess das Spital. Geringer Schwindel und bläuliche Färbung der Lippen dauerte noch durch mehrere Tage an. Im Kranken- zimmer war noch mehrere Tage nach seinem Abgang star- ker . Nitrobenzolgeruch bemerkbar. — Drei andre Männer, die neben ihm unter denselben Einflüssen im Schiffsraum gear- beitet hatten, zeigten keine Einwirkung, ein vierter nur Schwindel und dieselbe Blässe und bläuliche Färbung der Haut. {Medic.-chir. Rundschau Novemb. 1872; aus Boston med. and, shrg. Journ. 18. Januar 1872.). H. L, 168 Auffindung d. Gallcnsäure im Urin. — Wirkung cl. T;ib;ickrauches. Zur Aufliiidung der (jaUciisäurc im Urin schlägt Strasburg folgende Modification des Pettenkofer'- schen Verfahrens vor. Man löst in dem zu untersuchenden Harne wenig Zucker auf und tränkt mit der Flüssigkeit ein kleines Stück Filtrirpapier, welches man trocknen lässt. Nach dem Trocknen lässt man mittelst eines Glasstäbchens einige Tropfen conc. reiner Schwefelsäure auf das Papier fal- len. Sobald der Urin Gallensäure enthält, zeigt das Papier eine prächtig violette Färbung. (Journ. Pharm. Ghim. [4] 16. 36i. Chem. Centr.-Bl. 51. 1872). n. L. Uclber die Wirkung des Tabackrauclies bringt „der Naturforscher" aus dem „Centralblatt für die medic. Wissenschaften" 1872 Nr. 41 im Widerspruch mit den von den Herren Dr. Vohl und Dr. Eulen bürg im Archiv August 1871 veröftentlichten Untersuchungen folgende Notiz : Nachdem man in den Tabacksblättern einen eigenthüm- lich giftig wirkenden Körper, das Nicotin-j- gefunden hatte, glaubte man die Wirkung des Rauchens auf den Menschen durch die Aufnahme dieser Substanz erklären zu können. Man suchte dem entsprechend das Nicotin im Tabacksrauche nachzuweisen, aber vergeblich; alle Versuche waren negativ und man erklärte sich dies aus der leichten Zersetzbarkeit des Nicotins beim Erwärmen, während man die Wirkung des Rauchens anderen Substanzen zuschreiben zu müssen glailbte. Neue von Herrn Dr. He übel unternommene Versuche, den Rauch von Cigarren zu condensiren und in Wasser und Al- kohol zu waschen, zeigten jedoch, dass die bisherigen Ver- suche nicht exact gewesen. Es gelang nemlich, mit den aus dem Tabackrauch gewonnenen Säften ganz deutlich Nicotin- wirkungen zu erhalten, und auch chemisch in ihnen Nicotin nachzuweisen; und zwar kommt dasselbe als Salz vor, wel- ches in der Wärme widerstandsfähiger ist. Ein Theil der Wirkungen des Rauchens ist also sicher der Aufnahme von Nicotin zuzuschreiben; vielleicht wirken noch andere Substan- zen neben diesem Gifte. Hbg. 169 V^. Kleine ]N£ittlieilTiiigeii. Ueber Petroleiimgewiniiniig iu Cfalizieii sagt Fauck: Der ölführende Landstrich in Galizien zieht sich längs dem nördlichen und nordöstlichen Abhänge der Karpathen hin, fangt in Westgalizien bei Linanova an, ist 1 — 4 Meilen breit und erstreckt sich fast ohne Unterbre- chung bis in die Bukowina und Moldau. Petroleum in lohnen- der Quantität wird in den Ortschaften Siary, Woytowa, Lipinki, Kopianka, Bobrka, Gleboki, Plowce und Boryslawn gefunden. Kleinere Quantitäten lieferten Pisargowa, Mecina, Kleczany, Librantown, Wawrska, Sekowa, Kryg und viele andre Orte. (B. u. Hüttenw.-Ztg. 31. 351. u. Polyt J. 206. 237. Centr.-Bl. Bec. 1872). B. L. Ueber Production Ton Edelmetallen in den Yer- einigten Staaten ron Nordamerika im Jahre 1871 giebt E. W. Raymond (wie schon C-Bl. 1872. 622) fol- gende Angaben, die nur theil weise auf bestimmten Ermitte- lungen der wirklichen Erträge und zum grossen Theile auf Schätzungen beruhn. Doch stützen sie sich mit Ausnahme für Idaho auf zuverlässige Nachweise und zum Theil auf die durch die öffentlichen Verkehrsanstalten ausgeführten Ver- sendungen an Edelmetallen. 170 Emballagen für Zucker aus Pergamentpapier. In Arizona = 800000 Doli. „ Californien = 20000000 , Colorado = 4663000 „ Idaho = 5000000 , Montana = 8050000 „ Nevada = 22500000 , Neu -Mexico = 500000 , Oregon und Washington = 2500000 , Wyoming = 100000 , Utah = 2300000 , An anderen Orten = 250000 ) , Im Ganzen = 66663000 (B.- u. Eüttenm.-J. 31. 389. Ch. Centr.- Blatt Nr. h. 1872.) B. L. Emballagen für Zucker aus Pergamentpapier empfiehlt Dr. F. Springmühl. Zur Umhüllung der Zucker- hüte braucht man bisher nur gewöhnliches blaues, sogenann- tes Zuckerpapier und hüllt den Zucker selbst zunächst in ein weisses nicht abfärbendes Papier, welches jedoch ebenso we- nig , wie das blaue , Feuchtigkeit von aussen abzuhalten im Stande ist und es ist offenbar von Interesse, ein Material zu finden, welches diesen Mangel ersetzt und die Zuckerhüte vor Nässe schützt; Stanniol würde zu diesem Zwecke aus- reichen , ist jedoch zu theuer und erfordert unter allen Um- ständen eine zweite Emballage, da es keine Festigkeit besitzt; andere mit chemischen Mitteln wasserdicht gemachte Papiere haben eben den Uebelstand, dass die Stoffe, womit sie prä- parirt sind, auf den Zucker einwirken und ausserdem stellt sich ihr Preis zu hoch. Vor einigen Tagen nun kam mir ein von Eckstein in Wien fabricirtes Pergamentpapier zu Gesicht, welches, wie ich glaube, sich zur Umhüllung für Zucker ausgezeichnet eignen würde, denn es besitzt folgende V ortheile : 1) Ist dasselbe äusserst fest und schwer zerreissbar, dabei jedoch keineswegs sehr dick. 2) Ist dasselbe sehr billig und insofern den Fabrikanten von Zucker leicht zugänglich. 3) Färbt es nicht im mindesten ab und ertheilt dem Stoffe, welchen es umhüllt, keinen Geschmack oder Geruch. Cölnisches Wasser. 171 Seine Farbe ist gelblichbraun , die eine Seite ist ganz glatt, die andere etwas rauh. Ich bin überzeugt, dass Versuche mit diesem Material, von welchem ich Interessenten gern kleine Proben zur Ver- fügung stelle, ein gutes Resultat haben werden. Die Berei- tung des Papiers ist einfach, das Eohmaterial billig und überall leicht zu haben. (Aus Breslauer Gew.-Bl. 1872 im Polyt. NotizU. Nr. 24, 1872.).] H. L. Cölnisches Wasser. Albert Ebert giebt in seinem Pharmacist eine Zu- sammenstellung von Vorschriften zu Cölnischem Wasser, zu welchem Citronenöl, Bergamottöl, Neroliöl, LavendelÖl, Eos- marinöl, Jasminöl, Zimmtöl, Bittermandelöl, Origanumöl, Citronellaöl , Citratöl, Nelkenöl, Kassiaöl, Pommeranzenöl, natürlich nicht alle in jedem einzeln cölnischen Wasser und in verschiedenen Verhältnissen in verschiedenem Wasser. Zur Verstärkung des Piquanten wird bei einem Salmiakgeist und des Durchdringenden kleine Mengen von Moschustinctur, Vanillen, Ambra, peruanischer Balsam zugesetzt. Die einzel- nen Zahlenverhältnisse möge man am citirten Orte nachlesen. Um ein gutes Resultat zu erhalten, empfiehlt Ebert auf's Dringendste und Wesentlichste einen Weingeist anzuwenden, welcher völlig frei von Fuselöl oder Getreidekörneröl ist. Dieser Weingeist muss nach der Auflösung der ätherischen Oele und Klärung derselben durch Filtration und Huhe, durch Zutröpfeln von reinem destillirten Wasser auf den Punkt gebracht werden, dass er eben noch stark genug ist, um die ätherischen Substanzen in gelöstem Zustand zu erhal- ten. Die ätherischen Oele, welche man anwendet, müssen nicht allein rein, sondern auch frisch sein, weil sie mit dem Alter einen harzig -kratzenden Geruch annehmen. Cölnisches Wasser soll nie durch Kohle filtrirt werden (namentlich nicht durch Holzkohle. (Proceedings of the Ämeric. Fharmac. Associat Sept. 1871. St. Louis. Phüadelph. 1872. p. 163.). B. L. 172 Emplastmni Drouoti - Mikroskop u. Milclivcrfalschung. Emi)lastrum Drouoti. Ein vorzügliches Pflaster liefert folgende Vorschrift: Hp. Cantharidum p. 60,0, Cort. Mezerei 20,0, Aeth. acet. 160,0 Stent, per 4 dies, tum exprime et solve Mastichis 2,5, Sandaracae 10,0 , Tereb. venet. 1,0 , Ol. Lavandulae 0,7. Wird genau nach dieser Vorschrift gearbeitet, d. h. die Ma- ceration nicht über 4 Tage ausgedehnt, so erhält man ein Blasenpflaster, das allen Anforderungen entspricht. Der ein- zige Uebelstand ist der, dass es sich, wenn man etwas zu dick aufträgt, leicht abschilfert. {Pharm.. Ztg. 1872. Nr. 50 in Pharm. Ztschr. für Bussl. 1872. Nr. 13.). H. L. Mikroskop und Milchvcrfaisclinng. Boussingault hat in einer Abhandlung bewiesen, wie leicht und sicher unter dem Mikroskope, durch einfache Beach- tung des Mengeverhältnisses so wie der Form der Butter- kügelchen, normale Milch von abgerahmter Milch, gebutterter Milch und Buttermilch unterschieden werden könne. Biss- raüller hat in Bestätigung dieser Angaben folgendes ge- funden : 1) Normale Milch, unter das Mikroskop gebracht, ist fast völlig erfüllt von grossen, mittleren und kleinen runden But- terkügelchen. 2) In der mit Wasser verdünnten Milch sind zwar die Butterkügelchen in demselben Grössenverhältniss , wie in der normalen Milch vorhanden , allein je nach der Menge des zugesetzten Wassers doch mehr oder weniger auseinander- gerückt. 3) Enthält Milch keine grossen, sondern nur mittlere und kleine Butterkügelchen, so ist derselben schon ein Theil ihrer Butter durch mehrstündiges Stehen entzogen. 4) Eine durch 24 stündiges Stehen entrahmte Milch zeigt unter dem Mikroskope noch vereinzelte kleine Butterkü- gelchen. 5) Durch vierstündiges Stehen unter günstigen Umstän- den — im Kr ecke r' sehen Entrahmer bei 18 bis 20 ^'C. — verliert die Milch 40 Procent ihres Fettgehalts, bei 24 stündi- gem Stehen unter denselben Verhältnissen sogar bis zu 88 Procent. (Nach Boussingault soll man im günstigsten Falle der Milch nur ^j^ ihres Fettgehaltes durch Buttern entziehen können.) Phosphorescens d. Iriswurzel. — Cultur v. Irisarten. 173 6) Der zuerst nach 4 Stunden abgescliiedene Eahm besteht hauptsächlich aus den grössten Butterkügelchen, ist aber arm an Fett; der durch Längeres, etwa durch 24 stündiges Stehen erhaltene Rahm zeigt bis zur doppelten Menge Fett, enthält aber nicht bloss die grossen, sondern auch die Hauptmenge der mittleren und kleinen Butterkügelchen. Zum Voranstehenden muss noch bemerkt werden, dass man bei der mikroskopischen Betrachtung am besten nur einen kleinen Tropfen Milch auf den Objectträger bringt und das Deckgläschen so auflegt, dass, ohne die Form der But- terkügelchen zu alteriren, dieselben nur in einer einfachen Schicht (nicht übereinander liegend) dem Auge des Beobach- ters sich darbieten. Die von Bissmüller gewählte Yer- grösserung war die 450 lache. (Journ. f. Landwirthsc/iaft. Göttingen XX. 3. S. 361.). Bbg. Phosphorescens der Iriswurzel. Landerer bemerkte beim Ausgraben blühender Exem- plare von Iris florentina zur Nachtzeit ein Phosphoresciren der Wurzeln in der Erde. Das Leuchten zeigte sich nicht als zusammenhängender Streifen, sondern war punktförmig auf den Wurzeln und verschwand beim vollständigen Ausziehen. {Wittstein's Vierteljahr sehr. f. Tharmac. Bd. XXII. lieft 1.). C. Schulze, üelber die Cultur von Irisarten. Nach Henry Groves Mittheilungen wird die Iris florentina viel weniger angebaut als Iris pallida und germa- nica und sind die Irisarten durch die Alten wahrscheinlich von Illyrien und Dalmatien nach Italien versetzt worden ; zur Zeit Cäsalpins waren I. florent. und germanic. in der Gegend von Florenz einheimisch. Die gewöhnliche Be- zeichnung der Veilchenwurzel war in Italien Gaggiolo oder Ireos, erstere Bezeichnung aus Gladiolus corrumpirt und scheint nach Antonias Musa Brassavola, früher zur Verwech- selung mit einer Gladiolus- Zwiebel Anlass gegeben zu haben, wesshalb die illyrischen Wurzeln bevorzugt wurden und wo man eine bessere Sorte, Raphanitis, und eine geringere, Bhi- zotomus, unterschied. Den grössten Ertrag an Wurzeln liefern die Bezirke Rignano und Pontasieve, ebenso liefern einen bedeutenden 174 Karlsbader Salz. Ertrag Grossina, Greve und Panzano am linken und Com- piobla am rechten Arnout'er. Die Pflanzen blühen im April, I. flor. etwas später. Im Aug-ust werden die Rhizome ge- sammelt, gleichzeitig werden die jungen Triebe gesammelt und bis zum Eintritt der Regenzeit im October verwahrt und dann gepflanzt. Dieselben geben dann im zweiten Jahre eine weitere Ausbeute an Wurzeln. Harte Winter spielen den Pflanzen oft arg mit, wobei sich Iris florent. am zartesten, pallid. und german. hingegen dauerhafter erweisen. Die botanischen Unterschiede der drei Arten liegen in den Bracteen, welche bei pallida weiss und papierartig, bei german. grün und weniger entwickelt sind; von florentina sind dieselben nicht grösser wie bei german. und stehen in ihrer Consistenz zwischen beiden. Die frischen Rhizome der drei Species lassen sich schwer von einander unterscheiden; die Lappen des Rhizoms von I. flor. scheinen mehr walzenförmig und weniger gelblich, als wie bei den beiden andern. (Pharm. Journ. and Transad. Synt 21. 1872. p. 230. Neues Jahrh. f. Pharmac. Bd. XXXIX. Heft 1). C. Schulze. Karlsbader Salz. Dr. TJloth in Nauheim giebt für achtes Karlsbader Salz folgende Analysen. I. Das wasserleere Salz besteht aus : Das -wasserhaltige Salz besteht aus : 84,G9NaO, S03 36,70 NaO, SO^ 14,06 NaO, CO 2 6,09 NaO, CO^ 1,25 N aCl 0,54 NaCl 100,00. _56,67 HO 100,00. n. 83,340 NaO, SO» 41,46 NaO, SO 3 15,743 NaO, CO 2 7,83 NaO, CO 2 0,917 N aCl 0,46 NaCl 100,000 5Q>25 H O 100,00. Verfälsch. d.kohlens.Ammoniaks.—N.Verfahivz. Trenn. (I.Magnesia etc. 175 III. 90,73 NaO, SO» 48,63 NaO, SO^ 8,44 NaO, CO 2 4,52 NaO, CO 2 0,83 CaCl 0,45 NaCl -JÖÖ;ÖÖ: 46,40 HO 100,00. {Neues Jahrh.y. Pharm. Bd. XXXIX. Heft 1). C. Schuhe. Verfälschung des kolilensauren Aiuiiioniaks. In Chicago bereitet man aus Natronbicarbonat, Ammoniak und Leim eine Masse, die nach dem Trockenen dem kohlen- sauren Ammoniak sehr ähnlich sehen soll und verkauft sie als solches. (Proceeditigs of de Americ. Pharm. Association at the 19 th. annual meeting 3i0. Wittstein' s Viertel) ahrschr. für Pharm. Bd. XXII. Heft 1.). G. Schulze. Neues Verfaliren zur Trennung der Magnesia toii den fixen Alkalien. Nach Th, Scheerer wird die salzsaure Lösung der Basen, in der sich auch Ammoniaksalze befinden können, in einer Platinschale zur Trockene verdampft, eine grössere Menge gepulvertes oxalsaures Ammoniak zugemischt und schwach geglüht. Aus dem Rückstande lassen sich alle Al- kalien durch Wasser ausziehen und Magnesia bleibt als Car- bonat zurück. Bei Gegenwart von SO^ ist diese Methode nicht anwendbar. (Journal f. pract. Chemie 1871. III. 476. Wittstein' s Yieriel Jahresschrift f. Pharmacie. Bd. XXII. Heft 1.). C. Schulze. Anmerkung. Ebenso wie die Schwefelsäure müssen auch Phos- phorsäure und jedenfalls wohl auch arsenige und Arsensäure, überhaupt mehr feuerbeständige vermieden werden. S, 17G Bestimmung d. Phosphorsaure ete. — Silber im Bisnmthum etc. Die Bestimmimg der Phosphorsäure im Bier als Mittel zur Beurtheiluiig des Malzgehaltes. Unter Mitwirkung des Malzzuckers geht nebst denl eicht löslichen phosphorsauren Alkalien nur ein Theil der Erd- phosphate aus dem Malz in Lösung, die auch beim Ver- schwinden des Zuckers durch fortschreitende Gcährung in Lösung bleiben, indem die gleichzeitig mit Alkohol gebildete Milchsäure, Essigsäure und Glycerin das Ausscheiden der- selben verhindern. Nach Prof. Aug. Vogel enthält ein Liter Winterbier 0,5, Lagerbier 0,6 und Bockbier 0,9 g. gebundene PO^ Zur Bestimmung der Phosphorsäure benutzt man nach T h. D i e z am besten TJranoxydlösung nach Neubauer und Vogel, Durch die Phosphorsäurebestimmung lassen sich alle fremdartigen Malzzusätze erkennen, indem das Bier einen geringeren Gehalt an PO-'' besitzt. (Neues Jahrh. f. Fharmacie. Bd. XXXIX. Heft 1). C. Schulze. Silber im Bismutlium iiitrieum des Handels. Ch. Er in bekam eine Sendung Bismuthum nitricum, was so viel Silber enthielt, dass es sich am Lichte blau- schwarz färbte. Er unterwarf 15 verschiedene Sorten der Analyse und fand in 7 derselben Silber. Mehrere Sorten waren kein Wismutnitrat, sondern ein basisches Wismuthsubchlorid, von welchen 1 Sorte 90 % enthielt ; in anderen betrug es 6,5 — 4,9 — 3,9 — 1 7o » während es in noch anderen spur- weise bald mit, bald ohne Silbergehalt auftrat. Das Subchlo- rid ist wohlfeiler und wird jedenfalls absichtlich zugemischt. Beide Verunreinigungen können dadurch entstehen, dass nach dem Auflösen des Bi das Silber aus der Lösung mit Salz- säure ausgefällt und der Niederschlag durch Abgiessen von der Flüssigkeit getrennt wird. Geschieht dieses nicht sorg- faltig, so ergeben sich obige Beimengungen. {Pharm. Journ. and Transact. Nov. 16. p. 381. 1872. Neues Jahrl. für Pharmac. Bd. XXXIX. Heft l). C. Schulze. . Wird in Deutschland selten vorkommen. Bdt. Bornesit. — N. Vorkomm. d. Vanadinsäure. — Bleierze d. Laurion-Geb. 177 Bornesit. Im Kautschuk von Borneo hat A. Girard eine zucker- artig-e Substanz aufgefunden, der die Formel C^^H'^^O^^ zukömmt. Diese ist leicht in HO, wenig in Weingeist lös- lich, schmilzt bei 175^ C, sublimirt fast unzersetzt bei 205 *'C, ist nicht gährungsfähig, reducirfc auch nicht alkalische Kupfer- tartratlösung. Wird kürzere Zeit mit saurem Wasser ge- kocht, so tritt letztere Eigenschaft hervor. Mit NO^ giebt sie ein detonirendes Product. Sie lenkt das polarisirte Licht um 32" nach rechts. {Wittsteins Vierteljahresschr. f. Pharm. Bd. XXII. Heft 1.). C. Schulze. Neues Vorkommen der Yanadinsäure. Vanadinsäure ist nach A. Frenzel's Mittheilungen in Schneeberg in Sachsen gefunden worden. Dieselbe kömmt an Wismuthoxyd gebunden als BiO^, VO^ vor und hat nach dem Fundorte, dem Pucher - Eichtschachte , den Namen Pu- cherit erhalten. Es sind sehr kleine, röthlichbraune , glas- bis diamantglänzende rhombische Krystalle. {Journ. f. pract. Chem. 1871. IV. 227. Wütst. Vierteljahresschr. für Pharm. Bd. XXn. Heft 1). C. Schulze. tJelber die Bleierze des Lauriou-Crebirges schreibt Landerer, dass die Alten alle Schlacken und Ab- fälle gesammelt haben. Dieselben sind noch sehr metall- haltig und haben sich im Laufe der Zeit zu einer bleihaltiger. Erde verwandelt , die eine Ausbeute von 20' — 50 7o ^^^ giebt. Arch. d. Pharm. III, Reiho. II. Bds. 8. Hft. ] 2 178 Klebemittel für Pergamentpapier. Nach Semenoff besteht diese Erde aus: Antimonoxyd Bleioxyd Zinkoxyd Eisenoxyd Manganoxyd Thonerde 3,8 18,8 0,8 39,0 3,8 1,2 Kalk 2,5 Magnesia 0,8 Arsensäure 8,8 Schwefelsäure 11,4 Kieselsäure 7,5 Wasser 1,0 99,4. Wittstein' s Vierteljahresschr. f. Iharm. Bd. XXII. Heft 1). G. Sdiulze. Klebemittel für Pergainentpapier, Man bereitet sich ein Liter Gelatinelösung von Klebcon- sistenz, und fügt dazu 25 bis 30 g. gepulvertes doppelt chromsaures Kali. Die zu klebenden Papierstreifen werden zuvor angefeuchtet, und dann mit dem im Wasserbade schwach erwärmten Klebemittel bestrichen. Hierauf legt man sie auf Weidenhorden und trocknet rasch. Nach dem Trocknen setzt man die geklebten Papierstreifen dem Lichte so lange aus, bis der gelbe Leim bräunlich geworden ist, worauf sie in einer hinreichenden Menge von Wasser ausgekocht werden, dem man zwei bis drei Procent Alaun zugesetzt hat. Das langsame Kochen wird so lange fortgesetzt, bis alles chrom- saure Kali ausgezogen ist, dann wäscht man mit kaltem Was- ser und trocknet. Das nach dieser Methode geklebte Perga- mentpapier hat eine ausgedehnte Verwendung gefunden als Ersatzmittel für natürliche Wurstdärme, und hat sich als solches sehr gut bewährt. {Photogra'ph. ArcJiiv. XIV. Jahrg. p. 2.). K. Monstera Lennei. 179 Jttonstera Lennei C. Koch* (Philodendron pertusum Kth, und Bouche Tornetia fra- grans). Die Erüchte dieser beliebten Blattpflanze haben ein ausserordentlich feines Aroma, sind aber wegen des Bren- nens, welches dieselben im Mund erregen, ungeniessbar. Dies Brennen entsteht nach Prof. Dr. Ferd. Cohn daher, dass ihr Inneres sehr feine, steife mit Widerhaken versehene Haare enthält; mit Wein macerirt, sind dieselben aber nach Garten - Inspector Lösener in Breslau ein Ingredienz zu einer kal- ten Bowle von ausserordentlich angenehmen, ananasartigen Geschmack. (49. Jahresher. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Gultur. S. 228). mg. 12* 180 C. Literatur und Kritik. Ueber die Auflösung der Arten durch natürliche Zuchtwahl. Oder die Zukunft des organischen Reiches mit Rücksicht auf die Culturgeschichte. Von einem Ungenannten. Hannover 1872. 8. 72 Seiten. Wer sich eine recht heitere Stunde verschaffen will, der lese dieses kleine Buch aufmerksam durch , worin die Geissei der Satire in so tref- fender und geistvoller Weise geschwungen wird gegen die oberflächliche Art , wie Darwin und seine Anhänger raisonniren und Schlüsse machen, dass selbst die unbedingten Darwinisten die Gewandtheit der Schreibweise des Verfassers anerkennen werden. Der Verfasser geht genau von denselben Voraussetzungen aus wie Darwin, Variation und natürliche Zuchtwahl, aber er beweist, dass grade das Gegentheil aus diesen Prämissen folge, als was Darwin daraus folgert; dass nemlich eine allmählige Ausgleichung und Aebnlichmachung der Formen, also eine Auflösung aller Artunterschiede das Endergebniss sein müsse. Man kann nicht umhin , dieser Beweisführung mindestens dieselbe Berechtigung zuzugestehen, wie der Darwin'schen. Die heitere Satire fordert zu den ernstesten Betrachtungen und zu sorg- faltiger und exacter Prüfung der Begründung einer Lehre auf, die von ihren Vertretern mit so beispielloser Leichtfertigkeit in der Beweisfüh- rung vertheidigt wird. H. S a m in 1 u 11 g e u. *) jDie bryologische Reise nacli Lappland, welche Herr V. F. Brotherus aus Kajana, von seinem jüngeren Bru- der begleitet, am 31. Mai d. J. augetreten hatte, ist am 12. September glücklich vollendet worden. Da die Betheiligung an der Ausbeute dieser Eeise, zu welcher der Unterzeichnete zu Anfang dieses Jahres einlud, eine zahlreiche gewesen ist, so dürfte es den geehrten Herren Subscri- benten nicht unangenehm sein, schon jetzt über den Verlauf und die *) Siehe die Aufforderung zur Mittheilnahme von Dr. Geheeb im Archiv d. Pharm. Jan, 1872, S. 96. Literatur und Kritik, 181 Resultate dieser Reise Einiges zu erfahren. Ich theile hier einen Auszug aus dem Briefe des Reisenden mit, dat. Kajana, 27. September: ,, Von Helsingfors reisten wir nach Petersburg und dann weiter längs Ladoga, dem Swirflusse und Onega nach Wy- tegra, von wo aus die Reise mit Postpferden nach Arkhangel fort- gesetzt wurde. Hier mussten wir 8 Tage auf das Dampfboot warten, so dass wir erst am 3. Juli die sehnlichst erwartete lappländische Küste betraten, bei Teriberka, einem Dorfe am Eismeer, einige Meilen öst- lich von Stadt Kola. Nachdem wir hier einige Tage die Schätze Lapp- lands ausgebeutet hatten, mit z. B. Splachnum "W o rmskjoldii , Orthotrichum arcticum, Hypnum uncinatum var. orthothe- cioides, Pedicularis lapponica, C ar ex rariflora etc. , setzten wir die Reise nach Osten zuerst nach Semiostraff fort, wo z.B. Ar- meria sibirica unsere Mühe belohnte, und dann weiter, per Boot, über Jokouga (Ranunculus Samojedorum!) und andere Punkte an der Küste des Eismeers nach Ponoj. In dieser reichen und herrlichen Ge- gend brachten wir 3 Wochen zu, indem uns jeder Tag neue Schätze zu- führte. Ich will nur nennen: Ranunculus Pallasii, Paeonia ano- mala, Eutrema Edwardsii, Aster Sibiriens, Chrysanthemum arcticum, Pyrethrura bipinnatum, Arctophila fulva, Col- podium latifolium, Senecio polyglossus, Valeriana capi- tata. Arenaria lateriflora, A. ciliata, Hierochloa alpina, u. 8. w., mit vielen anderen gewöhnlicheren arctischen Arten; dazu noch: Br achy thecium Herjedalicum, Orthothecium strictum, Di- cranum arcticum, Encalypta procera, E. brevicolla, Hyp- num Heufleri, Cinclidium subrotundum etc. Indessen war die Moosvegetation durch den auch in Lappland überall herrschenden Mangel an Feuchtigkeit nicht gerade reich zu nennen; Gla- cieren finden sich nemlich gar nicht , und so dürfte die Phanerogamen- abtheilung meiner Ausbeute die beste sein , da ich alle Exemplare im besten Zustande und in genügender Menge mitgebracht habe. Von Po- noj reisten wir nach Tschapoma und Kantalaks, wo die letzten Excursionen in Lappland gemacht wurden, und verliessen es am 31. Au- gust , — dieses Land mit seinen imponirenden Tundren , seinen endlosen Sümpfen und reichen botanischen Schätzen, wo ich so viele glückliche und unvergessliche Stunden verlebt hatte, und nach einer zwölftägigen Reise trafen wir, mit allen Sammlungen wohlbehalten , in Kajana wieder ein " Die Sammlungen werden, wie schon früher erwähnt, direct aus Ka- jana an die Herren Subscribenten versendet werden. Geisa, im December 1872. A. Geheeb. Dekaden aus Deutschland's Moosflora. — Mit Bei- trägen mehrerer Botaniker herausgegeben von F. Wirtz und 0. Borgstette, — Im Selbstverlage der Heraus- geber. — In einer früheren Nummer der „ Regensburger Flora " habe ich die Aufmerksamkeit der Moosfreunde auf dieses Unternehmen bereits hinzu- 182 Literatur und Kritik. lenken gesucht, das sich von den vielen ähnlichen Sammlungsunterneh- mungen schon durch seine Billigkeit auszeichnet. Es kostet die vier- teljährig erscheinende Lieferung von 3 Dekaden nur 22'/2 Sgr. , — so dass die einzelne Art, welche, mit gedruckter Etiquette versehen, in reich- lichen, guten Exemplaren frei in starker Papierenveloppe liegt, auf 9 Pfennige zu stehen kommt. — Auch in der uns heute vorliegenden 2. Lieferung finden sich , neben gewöhnlicheren Arten, einige grosse Seltenheiten der deutschen Flora, wie Breutelia arcuata, und der prächtige Cinclidotus aquati- cus, welches letztere Moos Herr 0. Borgs tette am zweiten Stand orte für Deutschland kürzlich entdeckt hat. — So empfehlen wir nochmals jedem Naturfreunde diese Sammlung recht angelegentlich und wünschen ihr eine weite Verbreitung. — A. Geheeb, Lehrbuch der anorgan. Chemie, nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft von Dr. J. Lorscheid. Gr. Oct. 267. S. 2. vermehrte und verbesserte Auflage, mit 127 Abbildungen und einer Spectraltafel. 1872. Herder'sche Verlagsbuch- handlung. Ein sogenanntes Lehrbuch der Chemie von begränztem Umfange und zu begrenztem Zweck zusammenzustellen ist keine so schwierige Aufgabe mehr heutzutage, wo eine Fülle von erschöpfenden allgemeinen und Special- Werken zu Gebote stehen. Mit vollem Rechte darf daher die Kritik um so grössere Ansprüche erheben auf zweckentsprechende Durch- arbeitung des Stoffes , auf Auswahl , Anordnung und Entwicklung dessel- ben. Diesem Verlangen entsprechen leider von den behufs des Schul- unterrichts producirten Leitfäden — ein jedenfalls angemessener Titel für solche Bücher — nur wenige und nur zum Theil. Die Gründe hiefür sind zu finden in der übertriebenen Schreibseligkeit der Zeit, der auch art'sche Verlagshdlg. (E. Koch). Hals- Pinsel an Silberdraht mit Bieberhaar Gross 9 Thlr., mit Schwämmchen Gross 7 Thlr. J. (jr. Druscllke, Berlin, Sebastiansir. 39. Verlag von Friedrich VIeweg und Sohn in Braunschweig. (Zu beziehen diirch jede Buchhandlung.) Coiiinieutar zur Pharmacopoea germanica. nebst Uebersetzung des Textes. Bearbeitet von Dr. Friedrich Mohr, Professor der Pharmacie in Bonn. Für Apotheker, Aerzte und Medicinal-Beamte. In einem Bande. Mit in den Text eingedruckten Holzstichen, gr. 8. geh, I. U. 2. Lieferung. Preis ä Lieferung 20 Sgr. Halle, Buobdruckerei des M'aiseiihaaseiit ARCHIV DEE PHAMACIE. 3. Eeihe, 2. Band, 3. Heft. A. Origmalmittlieilungen. I. IPliariiiacie, pliarmaoeut. und pliys. diemie. Darstellung, Besehreibung und Analyse jerrasaurer Salze. Von Hermann Weppen aus Markoldendorff. Jervasaures Kalium. Dies Salz wird erhalten durch vorsichtiges Sättigen einer "wässrigen Lösung der Säure mit ganz reinem, (schwefel- saure- und chlorfreien), kohlensauren Kalium, und Austreiben der freien Kohlensäure durch Erwärmen. Die Lösung des Salzes wurde dem freiwilligen Verdun- sten unter einer Grlasglocke über Schwefelsäure überlassen, bis sich am Eande der Schale eine Salzkruste zeigte. Dar- nach wurden Glocke und Schwefelsäure entfernt, die Schale lose mit Fliesspapier bedeckt, und an einem staubfreien Orte die concentrirte Lösung der weiteren Verdunstung überlassen. Nach einigen Tagen war die ganze Masse undeutlich strah- lig - krystallinisch eingetrocknet. Das Salz besass eine weisslichgelbe Earbe. Alle Be- mühungen, dasselbe rein weiss zu erhalten, waren vergeblich. Auch mit der äussersten Vorsicht gesättigte Lösungen der Säure waren zwar anfangs farblos, nahmen aber einen Stich ' ins Gelbe an, langsam beim Verdunsten in der Kälte, rascher in der Wärme , wesshalb die letztere auch ganz vermieden werden musste. Arch. d. Pharm. HI. Reihe. II. Bds. 3. Hft. 13 194 H. Weppen, jervasaure Salze. Ein einziger Tropfen der Kaliumcarbonatlösung, im üeber- schuss zugesetzt, bewirkte schon eine intensive Gelbfärbung der ganzen Flüssigkeit, Noch energischer in dieser Beziehung wirkt ätzendes Kali; es ist daher nicht rathsam, dieses zum Neutralisiren der Säure zu yerwenden. Unter dem Mikroskop liess das so erhaltene Kaliumsalz keine deutlichen Krystalle erkennen. Ein Tropfen der con- centrirten Lösung, vorsichtig und langsam auf einem Object- gläschen der Verdunstung überlassen, erstarrte strahligkrystal- linisch. Die Krystalle erwiesen sich unter dem Mikroskope als lange, feine, weisse Nadeln, an denen jedoch wegen ihrer geringen Dickendimensionen die Krystallform nicht erkannt werden konnte. Das jervasaure Kalium ist sehr leicht löslich in Wasser, unlöslich in Alkohol und Aether. Die wässrige Lösung rea- girt alkalisch. Aus derselben wird es durch Weingeist sogleich flockig gefällt, der Niederschlag wird aber bald krj"-- stallinisch. Die Analyse ergab folgende Resultate. A. Wasserbestimmung. I. 0,1878 g. Salz gaben bei längerem Erhitzen bis 145° C. 0,0125 g. Wasser ab, entsprechend 6,656 o/o H^O. II. 0,2358 g. Salz, zuvor über Schwefelsäure bis zum constanten Gewicht getrocknet, gaben beim Erhitzen bis 150" C. einen Wasserver- lust von 0,0153 g., entsprechend 6,488"/o H'-O- Berechnet. Gefunden. I. II. *)C^*H6 0i2K4 = 522,4 = 93,553 7o. - — 2H20 = 36,0 = 6,447 %. 6,656, 6,488 7o- 558,4 100,000. B. Kaliumbestimmung. I. 0,2219g. wasserfreies Salz lieferten durch Einäschern, Ueber- giessen mit Schwefelsäure, langsames Verdampfen derselben und Glühen bis zum constanten Gewicht: 0,1503 g. K'^SO*, entsprechend 30,406o/o K. *) C =r 12, = 16. H. Weppen, jervasaure Salze. 195 IL 0,1753 g. wasserfreies Salz lieferten, auf gleiche Weise be- handelt : 0,1187 g. K^SO*, entsprechend 30,396% K. — Berechnet. Gefunden . I. n. C14II6 012 = 366,0 = 70,062 e/o- _ __ K* = 156,4 = 29,938 %. 30,406. 30,396 7o- 522,4 100,000. Die Formel des Kaliumsalzes ist demnach: Dass der Gehalt an Kalium etwas zu hoch gefunden wurde, hat wohl seinen Grund darin, dass es nicht möglich war, das Salz ganz vor Zersetzung zu schützen, wie oben angedeutet wurde. — Jervasaures Natrium. Es wurde wie das Kaliumsalz erhalten durch Neutralisa- tion einer wässrigen Lösung der Säure mit einer Lösung von ganz reinem, kohlensauren Natrium. — Die Lösung des Salzes wurde ebenfalls unter einer Glasglocke über Schwe- felsäure der freiwilligen Verdunstung überlassen und trocknete schliesslich wie das Kaliumsalz zu einer strahlig - krystallini- schen Masse ein. Ebenso wie beim Kaliumsalze ist auch bei diesem Salze ein Ueberschuss von kohlensaurem Natrium zu vermeiden, denn das letztere verursacht nicht minder als das Kalium- carbonat Gelb werden der Lösung, und gleich wie Aetzkali wirkt auch Aetznatron noch energischer in dieser Beziehung als das Carbonat. Ueberhaupt verhält sich das Natriumsalz dem Kalium- salz durchaus analog. Die Lösung erhielt beim freiwilligen Verdunsten einen Stich ins Gelbe, der mit der Concentra- tion zunahm; aber das erhaltene Salz war weiss und nur am Kande gelblich gefärbt. Es reagirt schwach alkalisch, löst sich sehr leicht in Wasser, nicht in Weingeist und Aether. Unter dem Mikroskope stellt es sich als aus langen feinen 13* 196 H. Weppeu , jervasäure Salze. Nadeln bestehend dar, an denen aber die Krystallform nicht bestimmt werden konnte. Die Analyse dieses Salzes stellte sich folgendermaassen : A. Wasserbestimmung. I. 0,1902 g. lufttrocknes Salz verloren beim Erhitzen bis 150" C. 0,0201 g. Wasser, entsprechend 10,567% H'^O. IT. 0,2460 g. lufttrocknes Salz gaben beim Trocknen bis 150" C. ,0259 g. Wasser, entsprechend 10,528% H^O. — Berechnet. Gefunden. I. II. QUHeQi^Na'i = 458 = 89,454%. — — 3H''*0 = 54= 10,546 o/o. 10,567. 10,528 »/o- 512. 100,000. B. Natriumbestimmung. I. 0,1701 g. wasserfreies Salz lieferten nach dem Einäschern, Ueber- giessen mit Schwefelsäure, vorsichtigem Verdampfen derselben im Platin- tiegel und nachfolgendem Glühen bis ZMm constanten Gewicht : 0,1046 g. Na^SO*, entsprechend 19,920% Na. — II. 0,2186 g. wasserfreies Salz lieferten nach gleicher Analyse: 0,13.35 g. Na^SO-i, entsprechend 19,788% Na. — Berechnet. Gefunden. I. IL C14H6012 = 366 = 79,913 7o- — — Na* = 92 = 20,087 o/o. 19,920. 19,788%. 458. 100,000. Die Formel des Natriumsalzes ist demnach: 014 H6 012 Na* _|_ 3ijao. Jervasaures Barium. Dies Salz wurde durch Neutralisation der Säure mit Bariumcarbon at erhalten. Es wurde in der Weise verfahren, dass zu der siedend heissen Lösung der Säure tropfenweise in Wasser suspen- dirtes, frisch gefälltes, ganz reines Bariumcarbonat , ebenfalls H. Weppen, jervasaure Salze. 197 siedend heiss, zugefügt wurde. Dem ersten Tropfen Hess man nicht eher einen zweiten folgen, bis jener sich völlig und klar gelöst hatte. Auf diese Weise wurde der Punkt der absoluten I^entralität genau getrofien, was um so vor- theilhafter ist, als einerseits ein Ueberschuss des Bariumcar- bonats, ebenso wie die Alkalicarbonate, der Flüssigkeit einen Stich ins Gelbe ertheilt, wenngleich in geringerem Grade; anderseits das Abfiltriren des ersteren von der Salzlösung lästig ist, da aus derselben, auch wenn sie reichlich verdünnt ist, beim unvermeidlichen Abkühlen während des Eiltrirens sich Bariumsalz ausscheidet, welches schwer wieder in Lö- sung zu bringen ist. Die Aufmerksamkeit und Behutsamkeit, welche die so ausgeführte Operation des Sättigens erfordern, wird durch die Ausschliessung dieser Uebelstände belohnt. Aus der Lösung schieden sich beim Erkalten derselben reichlich Kry stalle aus, die durch ein Filter von der Mut- terlauge getrennt, mit wenig destillirtem Wasser abge- waschen und bei gewöhnlicher Temperatur zwischen Fliess- papier getrocknet wurden. Die Mutterlauge vertrug das Verdampfen auf dem Wasserbade, ohne im Mindesten gelb zu werden. Schon während des Eindampfens schieden sich die Krystalle des Bariumsalzes aus, den durch Abkühlung erhaltenen durchaus gleich. Ihre Menge war nicht gerade beträchtlich. Sie wurden wie die erst erhaltenen behandelt und ihnen beigefügt. Das jervasaure Barium bildet ein schweres, glänzendes, krystallinisches Pulver, Unter dem Mikroskope erkennt man leicht vollkommen ausgebildete Krystalle, flache, sechssei- tige Täfelchen, die dem rhombischen System anzugehören scheinen. Die Abstumpfung findet parallel der Makrodiago- nale statt. In kaltem Wasser lösen sich die Krystalle nur äusserst schwierig, leichter, aber immerhin noch schwierig, in sieden- dem Wasser. Die Lösung reagirt neutral. In Alkohol ist das Salz vollkommen unlöslich. Die Analyse ergab folgende Werthe: 198 H. Weppen, jervasaure Salze. A. Wasserbestimmung. 0,2962 g. lufttrocknes Salz verloreu beim Erhitzen bis 140" C. 0,0008 g. Wasser, entsprechend 0,27 "/o H-0. — Da die Pormel des Salzes mit einem Molekül Krystallwasser 2,74 % H^O erfordert , so ist das Eariumsalz als wasserfrei anzusehen. B. Bariumbestimmung. I. 0,2804 g. trocknes Salz wurden im Platinticgel eingeäschert, mit Schwefelsäure Übergossen, der TJeberschuss derselben vorsichtig ver- dampft und der Rückstand bis zum constanten Gewicht geglüht. Es resultirten : 0,2046 g. BaSOS entsprechend 42,903% Ba. — IL 0,2250 g. trocknes Salz auf gleiche "Weise der Analyse unter- worfen, gaben: 0,1642 BaSO«, entsprechend 42,909% Ba. Berechnet, Gefunden. I. IL Ci4HeOi2 = 366 = 57,188%. ~ — Ba2 ;= 274 = 42,812%. 42,903. 42,909%. 640. 100,000. Die Formel des Bariumsalzes ist demnach: Jervasaures Strontium. Dasselbe Aviirde nach der beim Bariumsalze ausführli- cher beschriebenen Weise durch Sättigen der Säurelösung mit gelalltem Strontiumcarbonat dargestellt. Auch hier be- wirkt ein Ueberschuss des letzteren Gelbwerden der Flüs- sigkeit. Das Salz ist leichter löslich in Wasser, als das Barium- salz, wenigstens scheiden sich aus einer einigermaassen ver- dünnten Lösung beim Erkalten keine Krystalle aus. Die- selben wurden durch Eindamjjfen der Lösung erhalten, schieden sich daraus schon in der Wärme aus, vermehrten sich aber noch reichlich beim Stehen in der Kälte. — Das Salz wurde auf einem Filter gesammelt, mit Weingeist abge- waschen und zwischen Fliesspapier getrocknet. — Unter dem H. Weppen, jervasaure Salze. 199 Mikroskope erscheinen kurze ^ derbe, vierseitige, bisweilen sechsseitige Prismen, anscheinend ebenfalls dem rhombischen System angehörend. Die Analyse gab nachstehende Eesultate: A. Wasserbestimmung. 0,2745 g. lufttrocknes Salz gaben beim Erhitzen bis 150" C. 0,0096 g. Wasser ab, entsprechend 3,49% H^O. — ■ Berechnet. Gefunden. Ci4H6 0i2Sr2 = 541,2 = 96,78%. — H^O = 18,0= 3,22%. 3,49%. 559,2. 100,00. B. Strontiumbestimmung. 0,2630 g. trocknes Salz gaben nach dem Verbrennen im Platintiegel, Uebergiessen mit Schwefelsäure , vorsichtigem Verdampfen der letzteren und nachträglichem Glühen: 0,1785 g. SrSO*, entsprechend 32,38 o/o Sr. — Berechnet. Gefunden, 014 H6 012 ^ 366^0 = 67,63 o/o- — Sr2 = 175,2 = 32,37%. 32,38 o/q- 541,2. 100,00. Die Formel des Strontiumsalzes lautet also: 014 H6 012 Sr2 + H20. Jervasaures Calomm. Dies ist das schönste aller Salze, welche ich dargestellt habe. — Es wurde gleich den beiden vorhergehenden Salzen durch Neutralisation der Säurelösung mit frischgefalltem , rei- nem, kohlensauren Calcium dargestellt unter Einhaltung der- selben Vorsichtsmaassregeln , wie sie beim Bariumsalze ange- geben sind. Die grösste Menge der Krystalle schied sich während des Erkaltens der Lösung aus. Die Mutterlauge lieferte nach 200 H. Weppen, jervasaure Salze, dem Eindampfen eine weitere, nicht eben erhebliche Portion derselben. In heissem Wasser ist dies Salz beträchtlich leichter löslich, als das Bariumsalz, in kaltem löst es sich sehr schwierig, wohl ebenso schwierig als das letztere. Die Lö- sung reagirt neutral. In Alkohol ist es unlöslich. Das jervasaure Calcium stellt eine blendend weisse Masse dar, bestehend aus prismatischen Krystallen, die grösser und besser ausgebildet sind, als bei irgend einem anderen Salze. Unter dem Mikroskope erkennt man vierseitige, bisweilen sechsseitige Prismen, ähnlich denen des Strontiumsalzes, aber länger und schlanker als bei diesem. Mitunter, aber nicht sehr häufig, Hessen sich an einer Endfläche der Prismen Do- menflächen mit sehr stumpfem Kantenwinkel wahrnehmen. — Die Krystalle gehören ohne Zweifel dem rhombischen System an. Auch von diesem Salze gilt dasselbe, was von den vor hergehenden gesagt wurde; seine Lösung erhält durch übei- flüssiges Calciumcarbonat einen Stich ins Gelbe. Verdampft man eine solche mit nur geringem TJeberschuss von Calcium- carbonat versetzte, darnach filtrirte und nur schwach gelb- gefärbte Lösung, so erhält man dennoch rein weisse Kry- stalle, die sich von den aus farbloser Lösung erhaltenen durch Nichts unterscheiden. Verdampft man aber eine durch einen stärkeren TJeberschuss von Calciumcarbonat dunkler gefärbte Lösung, so erhält man neben fast weissen Krystal- len auch gelbgefärbte, die jedoch im äusseren Ansehen den farblosen ebenfalls gleich sind. — Folgendes sind die Resultate der Analysen: A. Wasserbestimmung. I. 0,4373 g. lufttrockner Substanz gaben beim Erhitzen bis 155" C. 0,0850 g. Wasser ab, entsprechend 19,4377o H'^O. II. 0,3714 g. lufttrockner Substanz verloren, ebenfalls beim Erhitzen bis 155» C, 0,0718 g. Wasser, entsprechend 19,3327o H'^O, H. Weppen , jervasaure Salze. 201 Berechnet. Gefunden. I. II. CUH^O^^Caä = 446 = 80,5067o. — — 6H20 = 108 = 19,4947o. 19,437. 19,332«/«. 554. 100,000. B. Caiciumbestimmung. I. 0,2034 g. wasserfreier Substanz wurden eingeäschert, mit Schwe- felsäure Übergossen, der Ueberschuss derselben verdampft naä. der Rück- stand bis zum Constanten Gewicht geglüht. Es resultirten: J 0,1233 g. CaSO*, entsprechend 17,82 «/o Ca. II. 0,1582 g. wasserfreier Substanz, in gleicher Weise analysirt, gaben : 0,0964 g. CaSO*, entsprechend 17,847% Ca. Berechnet. Gefunden. I. II. C14H6012 = 366 = 82,063%. — — Ca2 = 80 = 17,937%. 17,820. 17,847%. 446. 100,000. Die Pormel des Calciumsalzes ist demnach: CUH6 0i2Ca2 + 6H20. — Von diesem Salze wurde auch behufs Bestätigung der für die Säure gefundenen und aufgestellten Formel noch eine Elementaranalyse gemacht: 0,3004 g. wasserfreies Salz wurden mit chromsaurem Blei und nach- folgendem Ueberleiten von Sauerstoffgas der Verbrennung unterworfen. Es wurden erhalten: 0,4135 g. C02 = 0,11286145 g. C und 0,0428 g. 320 = 0,0047555 g. H. Daraus berechnen sich 37,570 «/o C und 1,583 7o H. Berechnet. Gefunden. Ci* = 168 = 37,668%. 37,570 %. H6 = 6 = 1,345 „ 1,583 „ 012 ^ 192 == 43^050 „ — Ca2 = 80 = 17,937 „ — 446. 100,000. 202 H. Weppefl, jervaaaure Salze. Saures jervasaures Silber. Wurde eine wässrige Lösung der Säure mit einer neu- tralen Auflösung von Silbernitrat versetzt, so erzeugten die ersten Tropfen nur eine geringe Trübung, die wieder ver- schwand ; bei reichlichem Zusatz entstand jedoch ein blendend weisser, krystallinischer Niederschlag, der sich ziemlich rasch zu Boden setzte. Es wurde von der Silbernitratlösung ein geringer IJeberschuss zugefügt. Darnach schied sich beim Stehen nichts mehr aus, wenn die Säurelösung kalt ange- wendet war; war sie aber zuvor erhitzt, so entstand zwar auch sogleich ein Niederschlag, jedoch schieden ' sich auch noch nachträglich beim Erkalten Krystallnadeln in erhebli- cher Menge aus. Der erhaltene Niederschlag wurde abfiltrirt, mit mög- lichst kleinen Mengen kalten Wassers einige Male gewaschen, darauf sofort, ohne vorher abtropfen zu lassen , mit dem Fil- ter auf mehrfache Lagen Eliesspapier gelegt. Dasselbe sog die anhaftende Flüssigkeit auf und wurde so oft erneuert, als es noch in bemerkbarer Weise Feuchtigkeit aus der Salz- masse anzog. Das auf diese Weise ohne Anwendung von AVärme und Druck (Pressen) getrocknete Salz erwies sich darnach ganz frei von Salpetersäure. Wurde die Mutterlauge dieses Salzes eingedampft, so schieden sich nach dem Erkalten noch Kryställchen dessel- ben aus, denen des Niederschlags gleich. Es ist also dies Silbersalz in nicht unerheblicher Weise in kaltem Wasser löslich, noch viel leichter aber in heissem; denn setzt man dem gefällten Silbersalze soviel Wasser hinzu, dass ein dün- ner Brei entsteht, erhitzt sodann zum Sieden, so löst sich die ganze Masse bis auf einen geringen Rest, und beim Er- kalten krystallisirt sie allmählig in kleinen Nadeln wieder heraus. Die Lösung dieses Salzes reagirt sauer. — Auch von Ammoniak wird dasselbe leicht und vollkommen gelöst, verdünnte Salpetersäure schlägt es aus dieser Lösung unver- ändert nieder; in concentrirter Salpetersäure ist es jedoch ebenfalls löslich. H. Weppen, jervasaure Salze. 203 Am Licht, auch im directen Sonnenlichte, hält sich das Salz vollständig unverändert, wird weder geschwärzt, noch erleidet es irgend -eine andere Farbenveränderung. Auch erträgt es eine Temperatur von 160° 0. ohne die mindeste Zersetzung, erst darüber hinaus wird es leicht gebräunt, — Die Resultate der Analyse lauten folgendermaassen : A. Wasserbestimmung. I. 0,3185 g. lufttrocknes Salz gaben , zwölf Stunden lang im Luft- bade bis 130° C. erhitzt, 0,0185 g. Wasser ab, entspreebend 5,805% H^O. — II. 0,4680 g. lufttrocknes Salz gaben, ebenfalls bis 130'' C. erhitzt, 0,0253 g. Wasser ab, entsprechend 5,448»/o H^O. — Berechnet. Gefunden. I. 11. Ci4H80i2Ag2= 584 = 94,194%. — — 2H20= 36= 5,8060/0. 5,808. 5,4487o- 620. 100,000. B. Silberbestimmung. I. 0,1577 g. wasserfreies Salz lieferten beim Verbrennen im Porzel- lantiegel und nachträglichem Glühen: 0,0588 g. metallisches Silber, entsprechend 37,29%. II. 0, 1575 g. wasserfreies Salz gaben, auf gleiche Weise behandelt: 0,0573 g. metallisches Silber, entsprechend 36,38%. III. 0,1487 g. wasserfreies Salz gaben, ebenfalls 'in derselben Weise analysirt : 0,0545 g. metallisches Silber, entsprechend 36,65 "/o- IV. 0,1945 g. wasserfreies Salz wurden in Wasser gelöst und mit reiner Salzsäure im Ueberschuss versetzt. Es resultirten: 0,0947 g. AgCl, entsprechend 36,643% Ag. Berechnet. Gefunden. I. II. III. IV. 014118012 = 368= 63,027o. — — — — Ag2 = 216= 36,987o. 37,29. 36,38. 36,65. 36,64 o/^. 584. 100,00. 204 H. Weppen, jervasanre Salze. Die Formel dieses Silbersalzes lautet demnach: 014JJ8 012Ag2 -f- 2H20. — Neutrales jervasaures Silber. Eine wässrige Lösung der Säure wurde genau mit koh- lensaurem Natrium gesättigt, die freie Kohlensäure durch Erhitzen völlig ausgetrieben und sodann die Lösung des jSI^atriumsalzes nach dem Erkalten mit Silbernitrat in gerin- gem IJeberschuss versetzt. Es fiel ein dicker, flockiger Niederschlag von weisslicher Farbe, welcher sich nur langsam absetzte, darauf abfiltrirt und ausgewaschen wurde. Wegen der voluminösen Beschaf- fenheit des Niederschlages war es nicht möglich, ihn mit wenig Wasser und rasch auszuwaschen. Dabei traten zwei Uebelstände ein: Der Niederschlag veränderte sich während des Auswaschens, er wurde blauschwarz; ausserdem aber löste er sich zum Theil in dem aufgegebenen Waschwasser. Um diesen Uebelständen aus dem Wege zu gehen, wurde eine Portion Natriumsalzlösung mit Silbernitrat gefallt, der entstandene Niederschlag nach dem Absitzen an einem mög- lichst vor Licht geschützten Ort rasch abfiltrirt, darnach, ohne zuvor auszuwaschen, vom Filter in ein Becherglas ge- spritzt und dann zum Sieden erhitzt. Als sich das Salz in der angewandten Menge Wasser nicht völlig löste, wurden während des Kochens nach und nach noch kleine Mengen Wassers hinzugefügt, so dass also, nachdem nun Alles gelöst war, eine annähernd heiss gesättigte Lösung das Resultat sein musste. Beim Erkalten schied sich denn auch das Salz in kleinen, nadeiförmigen Krystallen, häufchen weise mit ein- ander verbunden, ab. Von demselben Hess sich die überste- hende Flüssigkeit leicht durch Abgiessen trennen, der Best wurde auf ein Filter gegeben , mit wenig Wasser abgespült und dann an einem dunkeln Orte in derselben Weise getrock- net, wie beim sauren Salze angegeben ist. Die Kryställchen waren, schon als sie sich langsam aus der Lösung abschieden, nicht schön weiss, vielmehr besassen H. Weppen , jervasaure Salze. 205 sie einen Stich ins Gelbliche, der beim Trocknen noch schär- fer hervortrat, trotz des Abschlusses vom Lichte. — Rein weisses Salz wurde erhalten, wenn eine heiss gesättigte Lö- sung desselben durch Eintauchen des Becherglases in kaltes Wasser rascher erkaltet und dabei fortwährend kräftig umge- rührt wurde. Aber auch diese weisse Masse nahm während des Trocknens einen Stich ins Gelbe an, wenn auch in gerin- gerem Maasse als die andern Krystalle. Die Flüssigkeit, aus der sich die Krystalle ausgeschie- den hatten, musste noch mehr oder minder Salz gelöst ent- halten. Es wurde versucht, sie durch Abdampfen zu con- centriren, wobei sich jedoch, sehr bald Zersetzung zeigte, indem völlige Schwärzung eintrat. Es ist also nicht möglich, dies Salz aus seiner Lösung durch Abdampfen zu gewinnen. Die Lösung reagirt völlig neutral. — Unter dem Mikro- skope stellt sich das Salz als aus kleinen Ifadeln bestehend dar, die von ähnlicher Form wie die des sauren Silbersalzes, aber kürzer und schmächtiger sind. Das Salz verträgt eine Temperatur von jllO'' C. , ohne sich zu verändern und ohne im Mindesten Wasser abzuge- ben, ist also wasserfrei. Bei 120° C. bräunt es sich stark, darüber hinaus wird es fast völlig schwarz. Die Analyse gab folgende B,esultate: I. 0,2357 g. trocknes Salz wurden im bedeckten Tiegel vorsichtig verbrannt, darnacb geglüht. Es wurden erhalten: 0,1260 g. metallisches Ag, entsprechend 53,4577o- II. 0,2001 g. trocknes Salz lieferten nach gleicher Analyse: 0,1001 g. metallisches Süber, entsprechend 53,330/0. Berechnet. Gefunden. I. II. C14H6012 = 366 = 46,116 o/o- — — Ag* = 432 = 53,884%. 53,457. 53,337o. 798. 100,000. Die Formel dieses Salzes lautet daher: Ci4H60i2Ag^ 206 H. Weppen, jervasaure Salze. Jervasaures Quecksilberoxydul, Dieses Salz wurde erhalten durch Fällung der wässri- gen Lösung mit einer wenig Salpetersäure haltigen Lösung von frisch bereitetem, völlig oxydfreien, salpetersauren Queck- silberoxydul in gei'ingem TJeberschuss. Der Niederschlag war krystallinisch, von glänzend weisser Farbe, liess sich auf dem Filter leicht und völlig mit Was- ser auswaschen und durch Pressen zwischen Fliesspapier trocknen. — Auch dies Salz besteht aus feinen Nadeln, die sich aber unter dem Mikroskope von so geringen Dimensionen zeig- ten, dass die Krystallform nicht erkannt werden konnte. — Es ist unlöslich in AVasser, löslich in massig concentrirter, kalter Salpetersäure und in verdünnter Schwefelsäure beim Erhitzen. Die Analyse gestaltete sich wie folgt: A. Wasserbestimmung. I. 0,8270 g. lufttrocknes Salz gaben beim Trocknen bis 110" C. 0,0505 g. Wasser ab, entsprechend 6,106% H'O. — IT. 1,2456 g. lufttrocknes Salz gaben beim Erhitzen bis 110" C. 0,0765 g. Wasser ab, entsprechend 6,141% H'^O. Berechnet. Gefunden. I. II. Ci4HtiOi2Hg4 = 1166 = 94,1857o- — — 4H20 = 72 = 5,815 7o. 6,106. G,141%. 1238. 100,000. B. Quecksilberbestimmung. 0,5565 g. ■wasserfreies Salz wurden in kalter Salpetersäure gelost, die Lösung beträchtlich verdünnt und Schwefelwasserstoff eingeleitet. Der erhaltene Niederschlag, Schwefelquecksilber mit Schwefel vermischt, wurde durch vorsichtiges Decantiren gewaschen, dann zur Entfernung des Schwe- fels mit einer concentrirten Lösung von schwefligsaurem Natrium zu wiederholten Malen ausgekocht, sodann filtrirt. Um etwa noch anhän- gende Reste von Schwefel zu beseitigen , wui-de der auf dem Filter ge-" trocknete Niederschlag noch einige Male mit kleinen Mengen rectificirteu H. Weppen, jervasaure Salze. 207 Schwefelkohlenstoffs übergössen, bis einige ablaufende Tropfen desselben ohne irgend einen Rückstand verdunsteten. Es wurden auf diese "Weise erbalten: . 0,4435 g. Schwefelquecksilber, entsprechend 68,697 % Hg. Berechnet. Gefunden. Q14HG012 = 366 = 31,390 7o. — Hg4 = 800 = 68,610 0/^. 68,6970/o- 1166 100,000. Die Formel ist demnach: Ci4H6 0i2Hg* + 4H20. Nach allen Analysen der vorstehenden Salze stellt sich die Jervasäure als eine vierbasische Säure dar. Sie liefert saure und neutrale Salze; für die ersteren habe ich einen Beleg in dem sauren Silbersalze, von dem oben ausführlich die Eede gewesen ist. Eine weitere Bestätigung für die vierbasische l^fatur der Jervasäure hoffte ich durch die Darstellung eines Aethers zu erhalten. Indess die in dieser Bichtung angestellten Ver- suche haben leider bislang zu keinem befriedigenden Besül- tate geführt. Ich erhielt zwar, sowohl durch Doppelzersetzung des Silbersalzes mit Jodäthyl, als auch beim Einleiten von trocknem Salzsäuregas in eine concentrirte alkoholische Lö- sung der Säure, schliesslich eine Substanz von eigenthümlich penetrantem Geruch und scharfem Geschmack, aber nur in sehr geringer Menge. Dieselbe war sowohl in Wasser als in Weingeist löslich und hinterblieb beim Verdunsten der Lösungen als missfarbigfe, trockne Masse, ohne auch nur Spuren von Krystallisation zu zeigen. Es bleibt weiteren Versuchen überlassen, ob nicht doch auf irgend eine Weise noch ein gut characterisirter Aether zu erhalten ist. Ueber das sonstige Verhalten der Säure müsste das Stu- dium der Umwandlungsproducte und Derivate Aufschluss geben. Ich bin mit der Darstellung derartiger Körper jetzt 208 H. Weppen , jervasaure Salze. beschäftigt, und kann in dieser Beziehung noch folgende vor- läufige Mittheilung machen. Es ist in dem Obigen wiederholt davon die Rede ge- wesen, wie die Jervasaure durch Alkalien und alkalische Erden intensiv gelb gefärbt wird. Ich habe auf diesen Um- stand zunächst mein Augenmerk gerichtet und zum Studium desselben folgenden Weg eingeschlagen: Die Lösung der Jervasaure versetzte ich mit heiss gesät- tigter Aetzbarytlösung im Ueberschuss, kochte das Ganze etwa eine halbe Stunde hindurch, liess dann absitzen, filtrirte den citrongelben Niederschlag von der überstehenden, farblo- sen Flüssigkeit ab und wusch ihn aus. Darnach suspendirte ich denselben in Wasser und setzte soviel verdünnte Schwe- felsäure hinzu, dass sie etwas vorwaltete, kochte, um die Zersetzung des Barytniederschlages vollständig zu bewirken, einmal auf, filtrirte sodann von dem gebildeten Bariumsul- fat ab. Aus dem Filtrate schieden sich nach dem Eindampfen auf ein geringes Volum prächtig ausgebildete, derbe Krystall- nadeln aus, die von der Mutterlauge getrennt, mit sehr we- nig Wasser gewaschen und zwischen Fliesspapier getrocknet wurden. Diese Xrystalle stellen sich ebenfalls als eine Säure dar, denn sie schmecken und reagiren Stark sauer. Dieselbe zeigt in soforn ein von der Jervasaure, aus der sie ent- standen, wesentlich abweichendes Verhalten, als sie schmelz- bar und flüchtig und in Wasser sehr leicht löslich ist. Ueber Schwefelsäure verliert sie reichlich Wasser. Der Schmelz- punkt der wasserhaltigen Säure wurde bei 99 — 100" C, gefunden. , Hier liegt offenbar ein interessantes Zersetzungsproduct der Jervasaure vor, über das ich alsbald weiter berichten zu können hofie. — Ich erlaube mir, am Ende meiner Arbeit noch einmal auf die Untersuchung von Pelletier und Caventou zurückzu- kommen. H. Weppen, jervasaure Salze. 209 Ich habe oben bereits erwähnt, dass sie die von mir dargestellte und characterisirfce Säure für Gallussäure ange- sehen hatten und habe schon bemerkt, dass sich beide we- sentlich durch das Verhalten gegen Eisenoxydsalze unter- scheiden. Die Gallussäure ist eine zwar vieratomige aber nur einbasische Säure, die Jervasäure hingegen erscheint vierbasisch. Verdoppelt man das Molekül der Gallussäure, (2C^H6 05 = Ci^Hi^O^o), so sieht man, dass die Zusammen- setzung der Jervasäure, C^^H^^O^^, von diesem doppelten Molekül der Gallussäure durch den Mindergehalt von zwei Atomen H und durch den Mehrgehalt von zwei Atomen abweicht. Von der aus der Gallussäure entstehenden „ Di- gallussäure" weicht die Jervasäure der Zusammensetzung nach nur durch einen grösseren Sauerstoffgehalt ab. (Digal- lussäure = Ci^HioO^; Jervasäure = C'-^R^'' O^^). — Ob daher zwischen diesen Säuren nicht doch irgend welche Beziehungen obwalten, ist eine Präge, die ich leider augenblicklich noch offen lassen muss, die aber das Studium der Derivate der Jervasäure entscheiden wird. — Um aber allen Zweifel zu beseitigen, der in Betreff der Jervasäure als eines eigenthümlichen , von der Gallussäure verschiedenen Körpers aufsteigen könnte, lasse ich hier noch eine kurze TJebersicht des Verhaltens der ersteren , neben dem der letzteren folgen. Jervasäure. Schmilzt nicht und ist nicht sublimirbar. — Löst sich in 100 Th. kal- ten und in etwa 10 Th. sie- denden Wassers. — Löst sich nicht in Aether, schwierig in Weingeist. — Enthält zwei Moleküle Kry- stallwasser. — Arcb. d. Pharm. UI. Reihe. 11. Bds. 3. Heft Gallussäure. Schmilzt unter Abscheidung von CO^ und es entsteht Py- rogallussäure und Metagallus- säure. — Löst sich in 100 Th. kal- ten, in 3 Th. siedenden Was- sers. — Löst sich schwierig in Aether, leicht in Weingeist. — Ebenso. — 14 210 H. Weppen, jervasaure Salze. Jervascäure. Gallussäure. Wird mit wenig- Ammoniak nicht verändert, mit viel: Ci- trongelbe Färbung. — Wird mit viel Kali citron- gelb. — Giebt mit viel Barytwasser gelben Niederschlag. — Giebt mit Kalkwasser ben Niederschlag. gel- Wird mit überschüssigem Calciumcarbonat gelb. — Schwefelsäure bewirkt keine wahrnehmbare Veränderung. — Durch Chlorealcium entsteht keiu Niederschlag. — Eisenoxydsalze bewirken in der Kälte keine Veränderung; in der Hitze wird die Flüssig- keit dunkler braun. — Silbernitrat erzeugt weissen Niederschlag, der sich nicht unter Abscheidung von Silber zersetzt. — Wird mit wenig Ammoniak gelb, mit viel rothbraun. — Wird mit viel Kali gelb, dann roth und braun. — Giebt mit viel Barytwasser gelbe, dann blaue Lösung mit grünblauen Flocken. — Giebt mit Kalkwasser gelbe, dann violettgrüne Flüssigkeit mit ähnlichen Flocken. — Giebt mit überschüssigem Calciumcarbonat anfangs bläu- liche, dann indigblaue Lösung, zuletzt grünblauen Nieder- schlag. — Schwefelsäure führt in rothe Lösung von Rufigallussäure über. — Chlorealcium giebt gelben Niederschlag unter Kohlen- säureentwickelung. — Eisenoxydsalze geben blaue Lösung, die bald durch Grün in Braun übergeht. — Silbernitrat bewirkt keinen Niederschlag. Aus der Flüs- sigkeit scheidet sich metalli- sches Silber aus. — E. Reichardt, Wie muss gutes Trinkwasser beschaffen sein? 211 Wie muss gutes Trinkwasser beschaffen sein? Von E. Reictardt. *) Bei der Fülle des Materials, welche so allmählig eintritt durch die zahlreichen und an verschiedensten Orten ausge- führten chemischen Prüfungen des Wassers, geht, wie so häufig, der Kern der Frage oft verloren, oder, was von glei- cher Wirkung, in der Fülle anderer Betrachtungsweisen, geistreicher Ideen, verloren. Ein neuer Fall mag Anlass zu dieser Besprechung geben. In dem bairischen Städtchen N., welches auf hohem Fel- sen und isolirt liegt, und nur nach einer Seite hin Anschlusa an höhere Gebirgstheile besitzt, traten wiederholt epidemische Krankheiten auf, endlich im Jahre 1870 in grösstem Maass- stabe Ruhr. Bei 1880 Einwohnern war die Zahl der Er- krankungen 215 und unter diesen 51 Todesfälle im Verlaufe von noch nicht ganz zwei Monaten. Bei der behördlich angeordneten Besichtigung der Sachlage hatte der dortige Bezirksarzt ganz besonders das Brunnenwasser einiger Pump- brunnen als schädlich und für die Verbreitung der Epidemie fördernd bezeichnet und dies führte zur chemischen Unter- suchung. Für die Beurtheilung der gewonnenen Resultate war es jedoch nothwendig, auch die Mischung reiner Quellen dortiger Gegend kennen zu lernen ; bei augenblicklichem Mangel aus der Umgebung der Stadt selbst wurde ein Wasser aus glei- cher Gebirgsformation (Thonschiefer) gewählt, obgleich es von dem Krankheitsheerde mehrere Stunden entfernt zu Tage trat. Später, nach Angabe des ersten Gutachtens, wurden jedoch die für die nunmehr beschlossene Wasserleitung in Aussicht genommenen Quellen gleichfalls untersucht und folgende Ergebnisse erhalten. '^) Aus der Zeitschrift für Epidemiologie 1872, 14' 212 E. Keichardt, Wie niuss gutes Trinkwasser beschatfeu sein? 100,000 Theile Wasser ergaben : Abdampf- rück- stand : Organ. Sub- stanz : Salpeter- „, , Schwefel- säure : ■ säure : Pumpbrunnen : Kalk: Talk- erde : Härte: A. 53,0 5,1 9,18 9,40 3,09 5,04 2,54 8,59 B. 43,0 2,4 4,81 9,15 0,69 5,04 4,00 10,60 C. 79,0 13,1 10,91 15,31 2,75 7,28 4,55 12,90 0,73 2,14 0,73 2,14 0,36 2,18 0,73 3,26 Quelle aus Thonschieferformation : 12,0 0,054 0,247 2,40 5,04 0,73 6,06 Quellwasser für die neue Leitung in Aussicht: I. 5,0 0,54 Spur. Spur. Spur. 1,12 IL 8,5 0,54 „ „ „ 1,12 in. 10,0 0,73 „ „ „ 1,68 IV. 8,5 0,54 „ „ „ 2,24 Grenzzahlen für Trinkwasser: 10-50,0 1-5,0 0,4 0,2-0,8 0,2-6,3 — — 18. Aus diesen wenigen Thatsachen lässt sich sofort wider- spruchslos das Urtheil begründen , was hier am Orte als gu- tes Trinkwasser bezeichnet werden muss, d. h. den eigent- lich allein gültigen Ausspruch gestatten die Mischungsverhältnisse reiner Quellen der herr- schenden Gebirgsformation. Das zuerst aus Mangel naheliegenden Materials in Vergleich gezogene Quellwasser aus Thonschieferformation zeigt eine sehr grosse Ueberein- stimmung mit dem Wasser der zur neuen Leitung vorge- schlagenen Quellen; der einzige hervortretende Unterschied liegt in der die Grenzzahl bei Weitem noch nicht erreichen- den grösseren Mengen Schwefelsäure und gleichzeitig des Kalkes, demnach in einer grösseren, jedoch keinesw^egs be- denklichen Menge Gyps. In Durchschnittszahlen ausgedrückt (vergl. meine Grund- lagen zur Beurtheilung des Trinkwassers, II. Aufl. Jena 1872, S. 33) ergaben mir frühere Untersuchungen reiner Quellwas- ser aus verschiedenen Gebirgsformationen folgende Resultate für 100,000 Theile Wasser: E. Keichardt, Wie muss gutes Trinkwasser beschaflea sein? 213 Abdampf- Organ. Salpeter- ^,, , Schwe- -^ n Talk- ^.. , •• 1 ^ j o V 4. •• Chlor : e 1 ■■ l^alk : , Harte : ruckstand : bubstanz : saure : lelsaure : erde : Granit : 2,44 1,57 0,33 0,39 0,97 0,25 1,27 Bunter Sandstein: 12,5—22,5 1,38 Spur-0,98 0,42 0,88 7,30 4,8 13,96 Muschelkalk: 32,5 0,9 0,021 0,37 1,37 12,9 2,9 16,95 Muschelkalk, dolomitisch: 41,8 0,53 0,23 Spur. Sp.-3,4 14,0 6,5 23,1 Gypsquelle : 236,5 Spur. Spur. 1,61 110,83 76,6 12,25 92,75 Grenzzahlen : 10-50 1-5,0 0,4 0,2-0,8 0,2-6,3 — - 18. Die oben mitgetheilten Analysen der Quellen aus Thon- schiefer vermehrten das Material ganz erfreulich, obgleich auch schone so das Resultat klar vor Augen liegt, dass der Begriff von reinem Quellwasser ein sehr relativer sein und bleiben muss und wesentlich örtlich aufzufassen und zu beur- theilen ist. Die sog. Grenzzahlen sind demgemäss zu moderiren; sie sind das Resultat der zahlreichen Untersuchungen von Quel- len und Brunnen der Wiener Umgebung und derjenigen Brüssels und mit wenigen Zusätzen oder Erweiterungen von mir direct übertragen worden, erhalten jedoch erst eine rich- tige Würdigung bei dem Vergleiche mit dem Einflüsse der waltenden Gebirge, wie schon aus der sehr bedeutenden Ver- schiedenheit der Menge des Abdampfrückstands zu entneh- men ist. Treten lokal gypsreiche, salzführende Quellen auf, so sind diese, obgleich von natürlicher Reinheit, doch ebenso verwerflich für die tägliche Jfahrung, jedoch können derartige Vorkommnisse wohl als leicht erkennbare, ungewöhnliche Fälle bezeichnet werden und ist nur der Einsicht halber die Gyps- quelle in der Aufzählung mit bemerkt worden. Wenn aber die weit und breit gebotene Gebirgsformation Dolomit ist oder dolomitisch, so steigt erklärlicherweise die 214 E. Keichardt, Wie nmss gutes Trinkwasser beschaö'en sein? Menge der Talkerde, der Grad der Härte und, wie die oben gegebene Mittelzahl beweist, sogar über die gestattete Grenz- zahl hinaus, so dass für solche Fälle dieselbe nicht ausreichen würde. Die Reinheit dieses Wassers wird aber durch die Menge der anderen Bestandtheile erwiesen — Salpetersäure 0,23, organische Substanz 0,53, Chlor Spur, Schwefelsäure Spur — 3,4 und für die Beurtheilung derartiger Wasser in gesundheitlicher Beziehung oder als Genusswasser werden sofort diese Bestimmungen von grüsstem Werthe ; würden in diesen dolomitischen Wässern erhebliche Mengen Schwefel- säure oder Chlor zugegen sein, so wäre die Verwerflichkeit derselben zum Genuss erwiesen. Es soll hier nicht die Aufgabe vorliegen, die weiteren TJntersuchungsmerkmale von reinem und verunreinigtem Was- ser zu besprechen, oder die Richtigkeit der sog. Grenzzahlen zu erwägen, da ich mir schon früher wiederholt erlaubt habe, diess zu erörtern und verweise ich in dieser Hinsicht auf die obenerwähnte 2. Auflage der Grundlagen zur Beurtheilung des Trinkwassers. Die Frage, wie ein gutes Trinkwasser beschaffen sein soll, wird in der Regel als eine combinirt chemische und medicinische, in Summa gesundheitspolizeiliche bezeichnet und mehr wie einmal sind mir derartige Erörterungen vorgelegt worden, sei es vor, sei es nach der Begutachtung von ärzt- licher Seite. Mehr wie einmal konnten dabei nicht unerheb- liche Meinungsverschiedenheiten bemerkt werden, indem sowohl Arzt, wie Chemiker ihre persönlichen Anschauungen als maass- gebend betrachteten und keineswegs den einfachen Sachver- halt dabei im Auge behielten. Ob ein Trinkwasser rein oder verunreinigt sei, ist nur durch chemische Prüfung zu ermitteln und die Zeit wohl als eine der Vergangenheit angehörige zu bezeichnen, wo Bezirks- ärzte und Bezirkßvorsteher, vielleicht unter Beiziehung eines Apothekers,*) die Orte durchwanderten, um nach Geschmack, *) D.h. der Apotheker als Nebenperson, womöglich ohne Stimme und gewöhnlich mit der Anweisung, keine unnöthigen chemischen Prü- fungen anzustellen, ^t^t' E. Reichardt, Wie niuss gutes Trinkwasser beschaffen sein? 215 Geruch und Farbe sofort die Güte des Wassers zu beurthei- len, ja sogar nach Zahlen dieselbe auszudrücken ! Die Frage ist eine viel zu ernste, um durch solche, jeder Täuschung unterworfene Proben Erledigung finden zu können. Es ver- steht sich dabei von selbst, dass übel riechende und schmeckende Wasser von vornherein zu verwerfen sind , dazu ist keine grosse Commission nothwendig. Aber gerade die bleibenden Verunreinigungen des Wassers, die gewöhnlichen Vorkomm- nisse grösserer Mengen der Salpetersäure, der organischen Substanz u. s. w. sind durch diese mechanischen Proben nicht zu kennzeichnen; ja salzhaltige Wasser besitzen sogar fast durchgängig einen weit angenehmeren Gesmack. Ohne Widerspruch muss der Satz aufgestellt werden, dass ein jedes Trinkwasser rein sei, frei von ungehörigen Zuflüssen der benachbarten Umge- bung. Das Wasser, als das bei Weitem wichtigste l^ah- rungsmittel, muss dem Menschen von demselben Grade der Reinheit geboten werden, wie das Brot, das Fleisch, die künstlichen Getränke. Die Mittel, diese Reinheit zu bewei- sen, sind erst in neuerer Zeit mit Hilfe der Chemie erkannt worden und nun handelt es sich darum, mit möglichster Aus- dehnung diese Kenntniss zu verwerthen. — Aufgabe der Gesundheitspflege. Dass die Mischungsverhältnisse selbst des reinsten Quellwassers sehr verschieden sein können hinsicht- lich des Gehaltes an Kalk und Talkerde, sog. Haerte, wurde schon früher erörtert und der Gesichtspunkt dahin erweitert, dass die Beurtheilung nur nach der herrschenden Gebirgs- formation und den darin vorkommenden Quellen gegeben werden kann, abgesehen von den auch hier vorkommenden abnormen Verhältnissen. Hierdurch gewinnt die Untersuchung der Wasser auch ein weiteres wissenschaftliches Interesse, welches dem Geo- gnosten willkommenes Material bieten wird und jedem den- kenden !Naturforscher einen erfreulichen Fortschritt: Die Quelle wird gleichzeitig ein äusserst brauchbares Mittel, dem Auge verborgene Schichten der Erde zu lichten. 216 E. Reichardt, Wie iiiuss gutes Trinkwasser beschaffen sein? Wie leicht, rasch und richtig sich im Vergleich fraglicher Wasser mit den normalen reinen Quellen der Umgegend ein Urtheil begründen lässt, beweist wohl hinreichend das oben mitgetheilte Beispiel und kann sofort auch den Laien über- zeugen , welche günstigeren Verhältnisse bei der BeschalTung des reinen Quellwassers zu erlangen sind. Die sog. Grenzzahlen für organische Substanz, Salpeter- säure, Chlor, Schwefelsäure, bieten hierbei sehr brauchbaren Anhalt, um das allgemeine Vorkommen gegenüber dem loca- len zu beleuchten. Wenn man die Grösse der Aufgabe der Gesundheits- pflege in Beziehung auf die Untersuchungen der Wasser erwägt, so würde es schon in dieser Hinsicht wünschens- werth sein, die Prüfungen auf das nothwendigste Maass zu beschränken, und so wenig die Feststellung der physikali- schen Merkmale — Geruch, Geschmack, Farbe — genügen kann, so überflüssig und die Einsicht erschwerend würde es sein, wenn die chemische Untersuchung sich auf die Fest- stellung aller Bestand theile richten würde. Einmal würde das endliche Ziel, alle für den Genuss in Gebrauch gezogenen Wasser zu untersuchen, unendlich hinausgeschoben, und so- dann durch die Fülle des Materials, der Zahlen, berechneter Salze, der Ueberblick nur erschwert, dem Laien die äusserst wichtige und belehrende Einsicht geradezu unmöglich ge- macht. Es ist daher unumgänglich nothwendig, das werthvolle Resultat der bisherigen Forschung hervorzuheben und festzu- halten, dass die Bestimmung nur weniger Bestandtheile genügt, um das Abnorme, die localen Zuflüsse zu den Quel- len, nachzuweisen. Eine Steigerung der Mengen des Chlors, der Schwefel- säure, der Haerte, vor Allem der Salpetersäure und der sog. organischen Substanz, oft auch schon des Abdampfrückstan- des allein, giebt gegenüber der Mischung der reinen Quellen den unangreifbaren Beweis, dass Zuflüsse existiren, die unter allen Verhältnissen verwerflich sind. Es ist keineswegs noth- wendig, dass gleichzeitig eine Vermehrung aller dieser ein- £, Eeichardt, Wie muss gutes Trinkwasser beschaffen sein? 217 flussreichen Bestandtheile eintrete; bei den mir vielfach vor- liegenden Beobachtungen kennzeichneten sich die Beimischun- gen bald auf die eine, bald auf die andere Weise, lassen sich aber stets feststellen und verwerthen, sobald man die Sachlage, um welche es sich handelt, klar vor Augen behält. Sehr leicht ist es, selbst dem Laien zu beweisen, dass beispielsweise die Vermehrung von Chlor, gegenüber der rei- nen Quelle eben abnorm ist und nur auf verwerflichen Zu- flüssen beruhen kann; unverständlich bleibt es demselben aber meistentheils, wenn eine Streitfrage vorgetragen wird, ob das Chlor als Chlormagnium, Chlorkalium oder Chlorcalcium u. s. w. vorhanden sei, Vei'hältnisse , für welche sogar dem kenntniss- reicheren Arzte meistentheils das Verständniss fehlt. Dem Chemiker ist es ja sehr leicht, durch Kechnung derartige Combinationen zu bereiten, vielleicht auch zu beweisen, er verkennt aber dabei völlig die Einfachheit der Frage, um die es sich handelt, und das Publikum, was dieselbe verwerthen soll, muss eventuell mit vielen Geldopfern die Wasserleitung bezahlen. Es ist richtig, dass schwefelsaures Ifatron weit kräftiger wirkt, als schwefelsaurer Kalk, aber diese Frage hat nichts gemein mit derjenigen nach reinem Trinkwasser; eine unge- wöhnliche Steigerung der Schwefelsäure ist unter allen Um- ständen verwerflich, da die Aufgabe vorliegt, reines Wasser zu schaffen, oder die Verunreinigung zunächst nachzuweisen. Ebensowenig förderlich der Sache sind die unter den Chemikern hier und da eingeführten Streitigkeiten über die Bestimmungsweisen der einzelnen Bestandtheile des Wassers. Einmal würde dieser Streit über die Methode von der Auf- gabe der Gesundheitspflege gänzlich fern zu halten sein und ist in die chemische Fachliteratur zu verweisen, sodann han- delt es sich thatsächlich nicht um Substanzen , deren Bestim- mungsweisen auch nur zu den schwierigeren der chemischen Analyse zu zählen sind. Bei der allgemeinen Bedeutung der Wasseruntersuchungen ist vielmehr darauf zu halten, die allgemeinsten bekanntesten Prüfungen zu empfehlen, welche 21^ E. Rcichaidt, Wie muss gutes Trinkwasser beschaflfen sein? ohne besondere Fertigkeiten leicht und sicher auegeführt werden können. Weit wichtiger ist die Beurtheilung der durch die che- mische Untersuchung erhaltenen Resultate für die Zwecke der Gesundheitspflege. Es ist jetzt ebenso als veraltet zu bezeichnen, wenn der Chemiker der Behörde oder dem Be- lehrung suchenden Publicum die Zahlen der Analyse einfach vorlegt und sich als den Erfinder dieser Ergebnisse bewun- dern lässt, während kein Theil mit den gebotenen Unterlagen etwas anzufangen weiss. Die Beurtheilung und Bearbeitung der einfachen analytischen Resultate muss Sachverständigen zugewiesen werden, welche genau wissen, um welche wichtige Frage der Gfesundheitslehre es sich handelt. Ein Wasser, welches Verunreinigungen enthält, ist nie- mals als gutes und reines Trinkwasser zu bezeichnen und sicher verwerflich. Die Erkenntniss dieser Sachlage fordert auf, reines Wasser zu schaffen, sei es durch reine Quellen oder durch geignete Abschliessung, bessere Fassung der ver- unreinigten Quelle; spätere Untersuchungen würden dann die Ergebnisse der Yerbesserungsmaassregeln zu prüfen haben. Wissenschaftlich ist es gewiss von grossem Interesse zu erfahren, wie die Verunreinigungen, Zuflüsse zu Wasser schwanken, wie die Pumpbrunnen je nach der Jahreszeit, je nach den Bodenverhältnissen in Mischung und Menge des Wassers wechseln, und man hat derartige oft wiederholte Prüfungen zusammengestellt und die Resultate mit dem jetzt so beliebten, oft gemissbrauchten Ausdruck: „Statistik des Wassers" belegt, aber diese Betrachtungsweisen berühren zunächst nicht die wichtigste Frage nach Beschaffung und Beschaffenheit eines reinen Trinkwassers. Selbst wenn ein fraglicher Brunnen zu irgend einer Zeit ganz reines Wasser einmal enthält, so müsste man consequenter Weise vor dem Genuss desselben erst die chemische Prüfung anstellen las- sen. Um solche absichtlich hereingeworfene Fragen handelt es sich hier gar nicht; ist das Fleisch als trichinös erwiesen, so wird das ganze Thier als gesundheitschädlich verworfen, E. Reichardt, Wie muss gutes Trinkwasser beschaffen sein? 219 gleichviel ob einzelne Organe davon frei sind, ist das Was- ser unrein, so ist es zu beseitigen, selbst wenn die Statistik erweist, dass im Monat Mai einmal reines Wasser nachge- wiesen wurde. Die Kenntniss, was unter reinem Wasser, reiner Nah- rung, zu verstehen sei, muss ohne Ausnahme, ohne Nachsicht angewandt werden, Ausnahmen werden leider nur zu oft, durch örtliche Verhältnisse bedingt, nöthig werden. Mit vollem Hechte hat sich die Wiener Wasserversor- gungscommission (vergl. meine Grundlagen zur Beurtheilung des Trinkwassers,' 2. Aufl., S. 5) dahin ausgesprochen, dass nur Quellwasser und nicht filtrirtes Flusswasser als Trink- wasser zu gebrauchen sei, weil letzteres zu wechselnden Ein- und Zuflüssen ausgesetzt ist und das Eiltriren im Gan- zen doch nur als mechanische Heinigung wirken kann. Die chemische Untersuchung des Eibwassers ergab für 100,000 Theile Wasser folgende Resultate (s. Grundl. etc. S. 28): Abdampf- Organ. Salpeter- ^^^^ , Schwe- ^^^^. Talk- ^^^^^_ ruckstand -. Substanz : saure : lelsaure : erde : Elbe von Magdeburg: 26,0 3,45 0,14 3,83 4,80 5,6 1,6 7,8 von Hamburg: 27,0 17,45 Spur. 2,97 2,40 6,7 0,73 7,7 filtrirt (Hamburger Wasserleitung): 22,5 8,0 — 1,85 2,75 5,04 0,73 6,1 Grenzzahlen für gutes Wasser: 10-50 1-5,0 0,4 0,2-0,8 0,2-6,3 — —18. Die betrefi'enden Proben Wasser wurden fast zur selben Zeit in Magdeburg und Hamburg entnommen , nemlich im November 1870, diejenigen von Hamburg an gleichen Tagen und zwar das unfiltrirte Eibwasser oberhalb der Aufnahme des Wassers durch die Wasserkunst. Erwägt man, welche kalkreichen Bäche und Flüsse, welche salzreichen Zuflüsse aus den Salzdistrikten Thüringens und der Provinz Sachsen der Elbe zugeführt werden, so 220 E. lleichiirdl, "Wie muss gutes Trinkwasser bescliuÜ'uu sein? sieht man sofort, wie Kalk und Talkerde grösstentheils abge- schieden wurden und vorzugsweise die schwefelsauren Salze und Chloride in Lösung bleiben-, das Eibwasser von Magde- burg enthält davon mehr, als dasjenige von Hamburg. — Welcher Unterschied herrscht aber in der Menge der orga- nischen Substanz? die Zuflüsse sind eben zu wechselnd und vielseitig, als dass man ein derartiges Wasser als Genuss- wasser verwenden sollte. Was hat nun aber die Reinigung durch das Filtriren geändert? der Unterschied liegt haupt- sächlich in der durch übermangansaures Kali bestimmten organischen Substanz und natürlich sind durch diese Mani- pulation die schwebenden organischen, wie anorganischen Stoffe entfernt worden, aber die in dem filtrirten Wasser vor- handene Menge organischer Substanz überschreitet noch sehr bedeutend die von Pettenkofer gegebene Grenzzahl 5 pro 100,000 Theile Wasser. Eine sog. statistische Unter- suchung des Elb Wassers wird sicher eben so bedeutende Aenderungen in der Mischung erweisen, wie anderwärts im Wasser der Pumpbrunnen oder der Flüsse und Bäche. Der oben erwähnte Ausspruch der Wiener Commission ist völlig richtig: „Wasser der Flüsse ist als Trinkwasser überhaupt nicht zu verwenden." Früher oder später werden Städte mit dergleichen Einrichtungen noch mehr Ka- pital anwenden müssen, um, nach Art der alten römischen Leitungen, frisches, reines Quellwasser den Einwohnern zu bieten, d. h. das wichtigste Nahrungsmittel in möglichster Reinheit zu schaffen. Dadurch, dass das Wasser für das Auge durchsichtig und klar bereitet wurde, sind die darin gelösten Stoffe wenig oder gar nicht geändert und gelöste Verunreinigungen bleiben nach wie vor darin. Es wurde hier als Aufgabe betrachtet, Erörterungen über Methode der Untersuchung und sonstige Besprechungen che- mischen Inhaltes als fremd hinzustellen, der einfachen Auf- gabe gegenüber, reines Genusswasser zu schaffen. Ebenso nachtheilig wird aber der Sachlage die vielseitig geübte Kritik seitens des ärztlichen Publikums, was auf E. Eeiehardt, "Wie muss gutes Trinkwasser beschaffen sein? 221 gleiche Weise sehr allgemein die einfache Frage umgeht und mit persönlichen Anschauungen belastet. Gewiss kann überall nicht genug Kritik geübt werden, aber sie mag sich dahin wenden, wohin sie gehört, gleich den Besprechungen über chemische Methode. Reines Trinkwasser zu schaffen ist eine unleugbare, wichtige Aufgabe der Gesundheitspflege, der Nachweis, was unter gutem Wasser zu verstehen sei, wurde in den natür- lich gebotenen Anhaltepunkten der reinen Quelle gesucht und ist bei einigem Verständniss unschwer zu liefern. Jeder verständige Arzt oder Mensch überhaupt wird diese Forderung als völlig gerecht anerkennen müssen u'nd die darin jetzt erworbenen Kenntnisse als werthvolle Berei- cherung in Anspruch nehmen. Sehr häufig wird aber, na- mentlich bei örtlichen Verhandlungen, die Frage persönlichen Anschauungen untergeordnet. Wie oft ist es Gegenstand der Erörterungen gewesen, ob verunreinigtes Wasser überhaupt schädlich sei, oder nur in besonderen Fällen; der betreffende Arzt hat die Beobachtung gemacht, dass der liebgewordene Hausbrunnen seit Jahrzehnten unschädlich gewesen sei und nimmt nicht selten Gelegenheit, mit solchen ganz lokalen und persönlichen Ansichten den Bestrebungen, die allgemeine Lage hinsichtlich der Beschaffung von reinem Wasser zu bessern, entgegenzutreten. Leicht erklärlich ergreifen die nicht so sachverständigen Behörden der Stadt mit Freuden derartige, gänzlich zu verwerfende Zeugnisse, um von der schein- bar zu grossen Ausgabe noch auf einige Zeit verschont zu bleiben. Der ruhende Pol in der Erscheinungen Flucht liegt hier in dem unabweisbaren Bedürfniss, reines Trinkwasser zu schaffen und die Kritik, was darunter zu verstehen sei, kann nie einer individuellen Meinung untergeordnet werden, son- dern ist einzig und allein auf das Ergebniss der chemischen Untersuchung zu gründen, welche ihren Stützpunkt in der Zusammensetzung der reinsten Quellen der herrschenden Ge- birgsformation zu suchen hat. 222 Ludw. Leiner, Receptblatt-Format und Recepten- Registratur. Suchen wir, Aerzte und Chemiker g-emeinsam, die Präge in ihrer Einfachheit zu erhalten und energisch durchzuführen, so wird ein guter Fortschritt der Neuzeit erreicht werden. Jena, im October 1872. Receptblatt - Format niid Recepten - Registratur. Von Ludwig Leiner. Zur vollständigen Ordnung in einem Apothekengeschäfte gehört so gut wie die in Einzelheiten durchgeführte Einrich- tung der Officin, die Instandhaltung der verschiedenen Appa- rate zu pharraaceutischen , chemischen und mikroskopischen Arbeiten und ihre zeitweise Reform, auch die Ordnung in der Buchführung. Sie ist unumgehbar für die präcise Geschäfts- Leitung. Und wie die Buchstaben - Ordnung zur Wort - und Satz -Bildung führt, so ist auch die Ordnung der Recepte ein Theil der Basis der Buchführung. Auch hier giebt es gewisse Gesetze, so einfach es scheint, so vornehm es oft vernach- lässigt wird; und je ordentlicher es damit beschaffen ist, desto wohler ist es dem dabei , der Ordnung liebt. Schon in dem 1856 herausgegebenen Versuche einer pharmaceutischen Buchführung*) ist auf zweckmässiges For- mat der Yormerkungsblätter hingewiesen und die Recepten - Registratur kritischer behandelt, als es vordem Uebung war. Dort ist aber mehr ein allgemeiner Gesichtspunkt der Ueber- schau und freien beliebigen Auswahl festgehalten worden. In der Besprechung einer Zeitschrift kann mehr der persön- liche vertreten werden und kann jenen ergänzen. 1) Zur Ordnung der Registratur ist ein zweckmässiges Receptblatt-Format sehr wünschbar, und, mit Gründen *) Versuch einer allgemeiner einzuführenden pharmaceutischen Buch- führung von Baur und Lein er. Leipzig u. Heidelberg; C. F. Win- ter'sche Verlagshandlung 1856. Ludw. Leiner, Eecepfblatt- Format und Recepten- Registratur. 223 besprochen, dürfte es auch für allgemeinere Annahme Berück- sichtigung finden. Unter Eeceptblättern verstehe ich hier sowohl die für ärztliche Ordinationen, deren Copieen, als auch die für Vormerkungen im Handverkauf bestimmten. Es ist mir in einer Eecension damals entgegengehalten worden, dass diess ein der Buchung fremder Gregenstand sei. Und das ist es eben nicht. Jahrüber kommen aus Nord- und Süd -Deutschland und dem Auslande die sich für nachmalige Fascikulirung widerstreitendsten Formate von Eeceptblättern in die Apotheke; riemenförmige , auf denen der Arzt nicht einen einzigen Namen eines Arzneimittels, geschweige noch dessen verordnetes Grewicht, in eiüe Linie schreiben kann und das Papierbändchen schliesslich so vollgekritzelt ist, dass der Apotheker keinen Platz mehr für Taxation findet und für Bepetitions - Vormerkungen besondere Blätter genommen werden müssen ; oder man hat von Collegen in ihren Ge- schäften selbst eingeführte der verschiedensten oft unflätigsten Form vor sich. Da sind mit grossem Aufwände den dritten Theil des Zettels überdeckende Verzierungen, Engel, Moh- ren, Hirsche, Hof- Wappen, Basilisken und Drachen darauf lithographirt ; und, für die Hauptsache wenig Platz gelassen, sind sie dadurch doch so gross, dass sie beim Einreihen in die Fascikel doppelt und dreifach eingebückt oder zugeschnit- ten werden müssen. Eine richtige Grösse findet sich aber so natürlich in dem doppelt über's Kreuz gehälfteten Bogen des allgemein üblichen Actenformats , der gesetzlich einge- führten Stempelbögen (34 Centim. hoch und 21,5 breit), also dann im Viertel von der Höhe von 17 und der Breite von 10,75 oder 11 Centim., dass man sich wundern muss, dass gerade diese zweckmässige Grösse wenigstens vielorts in der Minderheit bleibt. Auf solchen Blättern hat der Arzt und Apotheker hinreichend Platz, Ordination, Taxation und Repe- titionen deutlich fürs Auge auseinander zu halten. Eine edle Einfachheit, ohne viel Schnirkel und Zierath ist hiebei immerhin das Stilvollste und Schönste. Wer zieren will, wähle höchstens einen feinen zinnoberrothen Umfassungsstrich und in einfacher Schrift die Firma des Geschäftes. Die so 224 Ludw. Leiner, Receptblatt- Format und Recepten- Registratur. üblichen sonnenscheuen und den gemeinen Geschmack reizen- den Anilin -Farben haben ihre Mode - Periode schon überlebt. 2) Da nun aber nicht Alle gleiche Ansicht haben, Viele oft recht Absonderliches lieben oder alter Gewohnheit fröh- nen, so bleibt dem Apotheker, welcher es liebt, hübsche E,e- cepten - Fascikel am Ende der Monate zu haben, nur übrig, zuzuschneiden und einzubücken nach einem durchgreifenden Formate, für das ich eben das vorbezeichnete vorschlage. Dieses Zurichten der einzelnen auf Rechnung gebliebenen Vormerkblätter geschieht in meinem Geschäfte nach der Ta- xation täglich. Das Zusammenheften der Einzel- blätter, die dem Originalformate nahegebracht sind, mache ich wieder ähnlich dem üblichen Fascikiiliren der Acten, so dass alle Blätter auf der linken Lang- und obern Breit-Seite übereinander zu liegen kommen, gleich ob sie rechts und unten sich decken, und durchsteche sie in der linken obern Ecke. Das Zusammenbinden geschieht mit einem dünnen mit Wachs gesteiften Faden, der geknüpft und nahe am Knopfe kurz abegeschnitten wird. Kommen im folgenden Monate neue Vormerkblätter dazu, so wird der Faden durchschnitten, mittelst Pfrieme und neuem Faden ebenso neu geheftet. Dickerer Bindfaden oder aufgeheftete Kartenblättchen, um die der Faden geschlungen wird, wie das Binden mit Schleifen trägt einseitig zu viel auf und ist beim Gebrauche hinderlich. Ebenso unpractisch halte ich das vielorts übliche Heften oben in der Mitte. Jeder Fascikel erhält ein Deckblatt, welches in der obern Ecke rechts die Jahrszahl, in der Mitte den Namen des Kun- den, und unten Bemerkungen über Wohnungswechsel, Zah- lung oder Theilzahlung u. drgl. trägt in Geschäften, in denen kein solches verzeichnendes Conto - Corrent geführt wird. Zu Deutlichkeit und Schmuck trägt es viel bei, wenn hierbei die Vornamen mit dünnerer englischer, die Geschlechtsnamen mit der fettern rasch schreibbaren Rund - Schrift geschrieben werden. 3) Das Einreihen der Kunden-Fascikel im Buch- staben- Fase ikel geschieht streng - alphabetisch und diese Herrn. Werner, Ausbeuten an Extract. 225 Ordnung soll fest eingehalten werden. !N'ur so ist es möglich auf Jahre zurück immer auf die ersten Auseinanderschlagun- gen sofort die gesuchten Recepten-Eündel zur Hand zu haben. Die Buchstaben - Fascikel lege ich so geordnet je zwischen zwei lose Pappendeckel, deren oberer den Buchsta- ben und die Jahreszahl trägt. Ein einfacher starker Kaut- schuk -Bing hält den Fascikel zusammen. So liegen die Bündel gleichförmig, festzusammengehalten und immer ordent- lich in den Schiebladen der Registratui". 4) Das Notiren zu Buch ist Eigensache der im ein- zelnen Geschäfte eingeführten Ordnung. So einfach und naheliegend solche E.ecepten - Anordnung ist, so habe ich bezüglich Format und Registratur die ver- schiedensten mir weniger zusagenden Arten gefunden und halte eine Besprechung der Sache als Anregung zu Mei- nungsaustausch in den Spalten einer Äpothekerzeitschrift am Platz. Ausbeuten an Extract. Aus dem pharmaceutischen Laboratorium. Von Hermann Werner, Apotheker in Breslau. Durch den Umstand, unter anderen pharmaceutischen Präparaten auch Extracte an hiesige Droguenhäaser zu lie- fern, bin ich in der Lage, dieselben in grösseren Quantitäten und öfters darzustellen. Mcht in der Absicht, die Besultate meiner Arbeiten zu veröffentlichen, sondern um bei wieder- holter Bereitung die gewonnenen Ausbeuten vergleichen zu können, machte ich mir über den Verlauf und das Endresul- tat der Arbeiten genauere Notizen. Die in letzterer Zeit in unseren Fachjournalen mehrfach gefundenen Notizen über Ausbeute an Extracten veranlassten mich, meine Arbeiten mit diesen und mit denen in Hag er 's Manuale pharm aceuticum II zu vergleichen; und wenn ich dem auf diesem Gebiet reichen Arch, d. Pharm. Hr.Eeihe. 11. Bdfs, ?,. Hft, 15 226 Herrn. Werner, Ausbeuten an Extract. Material diese Zeilen noch hinzufüge, habe ich vorzugsweise die Absicht, durch die Vergleichung darzuthun, wie verschie- denartig unsere Vegetabilien in verschiedenen Gegenden gefun- den werden , und dass die fremdländischen und überseeischen Droguen nicht immer von gleicher Beschaffenheit in den Han- del kommen; vorausgeschickt, dass die Arbeiten im Labora- torium gewissenhaft ausgeführt werden. Auch mag die Be- reitungsweise nicht ganz ohne Einfiuss auf die Ausbeute sein. Folgende Bemerkungen mögen vorangeschickt werden: Extractum Absinthii, so wie einige andere, welche in der Pharm, germ. eine von der früheren Vorschrift abwei- chende Bereitungsweise gefunden haben, und von mir noch nicht dargestellt worden sind, habe ich bezogen, und die Aus- beute der früheren Arbeiten , weil jetzt von keinem Interesse, fortgelassen. Extractum Aloes. Gute Aloe lucida wurde, in nussgrosse Stücke gestossen, mit der vorgeschriebenen Menge Wasser gekocht, bis die Flüssigkeit ganz homogen erschien, das Ganze in einen irdenen Topf gegossen, und 48 Stunden ruhig stehen gelassen. In dieser Zeit setzt sich das ausge- schiedene Harz sehr schön und fest ab. Dann wird das Oberste klar abgegossen, das letzte colirt", und unter Rühren mit dem Mohr'schen Rührer abgedampft. Das Kochen erspart erstens das nicht gerade angenehme Stossen der Aloe, und das Umrühren des Bodensatzes, welches bei grösseren Quan- titäten — 20 Pfund — besonders gegen das Ende seine Schwierigkeiten hat. Die Harztheile backen fest zusammen, und veranlassen beim gewaltsamen Umrühren, wenn auch nicht immer ein Zerbrechen des Spatels oder ein Zertrümmern des irdenen Gefässes, doch fast immer ein Umherspritzen der Flüssigkeit, welches selbstverständlich Verlust an Ausbeute nach sich zieht. Dass das Kochen der Aloe nachtheilige Folgen für das Präparat haben kann, habe ich noch nicht in Erfahrung gebracht. Extractum Aurantior. cort. ist aus ausgeschälten Schalen bereitet, daher der hohe Procentsatz der Ausbeute, Serm. Werner, Ausbeuten an Extract. 227 Extractum Belladonnae, so wie sämmtliche auf dieselbe Weise aus frischen Kräutern bereiteten Extracte waren für mich weniger lohnend, als andere Angaben schliessen lassen sollten. Es muss diess doch in den Bodenverhältnis- sen liegen. Herba Belladonnae bekam ich vom Zobtenberge, die übrigen Kräuter wurden in der Umgegend von Breslau gesammelt. Extr. Chinae reg. frig. parat. Sehr gute Königs- china wurde in Zuckerhutformen mit destillirtem Wasser so lange ausgewaschen , bis das Abfliessende kaum mehr bitter schmeckte. Es wurde dadurch eine ziemlich reiche Ausbeute erhalten; aber das Präparat trübte sich fortwährend durch sich absetzenden chinasauren Kalk. Dasselbe musste immer wie- der von Ifeuem in destillirtem Wasser gelöst, filtrirt und eingedampft werden. Dadurch entstanden nicht geringe Ver- luste, und das Extract war doch nicht so klar, als die Phar- macopöe es verlangt. Es empfiehlt sich also hier ganz beson- ders die Vorschrift der Pharmacopöe festzuhalten. Extractum Cinae aethereum. Die ätherischen Extracte bereite ich im Deplacirungsapparate , übergiesse die Species dreimal, verdränge den letzten Antheil Aether durch Wasser — für den geringen dadurch entstehenden Verlust wird das Pressen erspart, welches ja auch nicht ohne Ver- lust ist — und ziehe den Aether aus einem Kolben im Was- serbade ab. Extr. Jugland. nuc. cort. Woher die grosse Diffe- renz zwischen Hager und mir, weiss ich nicht. Ich habe das Extract wiederholt dargestellt, und einmal aus 5 Pfund Cort. Nuc. Jugland. 2 Pfund, das andere Mal aus derselben Quantität 3 Pfund, also aus 10 Pfund Cort. Nuc. Jugland. 5 Pfund Extract erhalten. Extractum Myrrhae. Ich habe stets nur beste Myrrha verarbeitet. Ueberhaupt bin ich zu der Ueberzeu- gung gekommen, dass die beste Drogue die reichste Ausbeute giebt. Die sogenannten Fragmente nimmt man wohl zur Arbeit, wenn sie beim Schneiden der Species abfallen; die- 15* 228 Herrn Wcrucr, Ausbeuten an Extract. selben aber behufs der Extractdarstellung zu kaufen, ist ma- teriell nicht rathsam. Ex tr actum Opii. Nur das beste trockene smyrnacr Opium habe ich verarbeitet, konnte aber die bei Anderen angegebene Ausbeute von 50^0 i^ie erreichen. Extr actum Rubiae tinctorum. Auch hier ist die Differenz zwischen Hager und mir auffallend. 5 Pfund gute Wurzel gaben 2,75 Pfund Extract; und 500 g., welche ich jüngst der Ueberzeugung wegen verarbeitete, gaben eine Aus- beute von 240 g. Extractum Scillae. Die Pharm. German. lässt die- ses Extract mit Alkohol bereiten, und bis zur Extractcon- sistenz eindampfen. Hierdurch hat sie den meisten Apothekern eine grosse Last abgenommen. Es hatte vielfach grosse Hchwierigkeiten das frühere wässrige Extract trocken zu erhalten. Die Wurzel mit heissem Wasser ausgezogen und abgepresst, gab zwar über 70 °/o Ausbeute, aber das Extract hielt sich selten langer als ein halbes Jahr. Auf den Rath des Herrn Collegen Sonntag in Wüstewaltersdorf, Kreis Waidenburg i/Schlesien, zog ich die Bulbi Scillae kalt aus, licss das Infus, ablaufen ohne zu pressen, und sofort unter fortwährendem Umrühren mit einem Porzellan - Spatel in einer Porzellan- Schale bei einer Temperatur von 60 — 70*' C. abdampfen, und erhielt dadurch ein fast weisses, sich jahre- lang trockenhaltendes, sehr schönes Extract. Der Rückstand wurde zum zweiten Mal mit kaltem Wasser übergössen, und mit dem am folgenden Tage von selbst Abgelaufenen auf dieselbe Weise verfahren. Diese Bereitungs weise giebt zwar nur 45 % Ausbeute ; aber ein Präparat , welches wohl ver- diente einen Platz in der Pharm. German. zu finden. Ilcrm, Werner, Ausbeuten an Extract. 229 Procente nach; corr. Extr. Aloes „ acid. sulf. Arnicae rad. Aurant. cort. expulp. Beilad. e hb. reo. Calabar. fabar. Calendul. e hb. reo. Campech, ligni Cardui benedioti Cascarillae Catechu aquos. **'") Centaurii Chelidonii e hb. rec. Chinae fusc. fr. par. Chinae fusc, Ph. Germ. Chinae reg. fr. par. Cinae aether. Coffeae Colchici sem. acid. Colocynthid. Colombo Croci Cubebar. aether. Digital, e hb. rec. Dulcamarae Ferri pomati Pilicis aether. Frangnlae cort. Fumariae Gentianae Granat, cort. sj)ir. Gratiolae e hb. rec. Guajaci ligni Helenii Ph. Germ. Humuli Lupuli spir. Hyoscyami e hb. rec. Ipecacuanhae Jugland. fol. sicc. Hager. Kostka.*) 45,0 50,0 30,0 — 4,5 — 4,0 — 10,5 7,0 22,5 34,0 16,5 8,5 — 54,0 25,0 25,0 5,0 — 12,0 15,0 — 14,0 — 8,5 20,0 — 25,0 18,0 32,0 11,0 10,0 50,0 — 17,5 — 5,5 — 15,0 16,0 — 4,5 10,0 — 20,0 33,0 27,0 20,0 — 5,0 — 3,0 — 31,0 20,0 3,5 1,5 *) Archiv der Pharmacie CXLVIIl. 217. **) Watirscheiixlich spiritus. ?30 Koster, Prüfung des Jodkaliums. Procente nach: Extr. Jugland. cort. nuc. „ Lactucae viros. e hb. „ Mezerei spir. „ Myrrhae „ Nicotianae e hb. reo. „ Opii „ Pimpinellae „ Polygalae „ Pulsatillae e hb. rec. „ Quassiae ligni „ llatanhae „ Rubiae tinctor. „ Sabin ae „ Saponar. „ Scillae Ph. Germ. „ Seeale cornut. Bonj. „ Strychnii spir. „ Senegae „ Sennae „ Taraxaci sicc. „ Taraxaci e hb. rec. „ Trifolii „ Valerian. Ph. Germ. rec. Hager. Kostka. 20.0 — 4,0 — 9,0 — 38,0 50,0 50,0 51,0 16,0 20,0 30,0 — 5,0 — 7,5 3,0 17,0 12,0 18,0 — 20,0 — 35,0 — 37,0 — - 15,0 14,0 7,0 10,0 33,0 23,0 28,0 — — 22,0 — 5,0 25,0 34,0 15,0 — Werner. 50,0 2,3 9,0 60,0 4,5 45,0 27,5 30,0 5,0 4,0 11,0 50,0 25,0 50,0 40,0 20,0 6,5 25,0 35,0 25,0 5,0 32,0 22,0 Zur Kritik der Pliarmacopoea Oermanica. Untersuchung des Jodkaliums auf Chlorkalium. Von Koster, Apotheker in Bitburg. Durch die freundliche AufFordei'ung des Directoriums des deutschen Apotheker- Vereins werde ich veranlasst, folgende Zeilen zu veröffentlichen. Ich unterstelle dabei, dass die ange- führten Thatsachen dem Einen oder dem Anderen meiner Herrn Collegen, wie mir früher, unbekannt sind. Die Pharmacopoea Germanica verlangt von dem Kalium jodatum, dass es völlig frei von kohlensaurem, von schwefel- saurem und von jodsaurem Kali sei, und dass es nur Spuren Koster , Prüfung des Jodkaliums. 231 von Chlorkalium enthalten dürfe. Die üntersuchungsweisen der Pharm. Germ, für die drei ersten Stoffe ergeben immer ein sicheres Resultat, nicht aber die auf Chlorkalium, viel- mehr kann sie, auch wenn sie nach dem Wortlaute der Phar- macopöe ausgeführt wird, zu Täuschungen Veranlassung geben und ein sogar stark mit Chlorkalium verunreinigtes Präparat, als frei davon durchgehen lassen. Es kommt nem- lich bei der Untersuchung darauf an, dass zur Fällung des K J mit AgO, 'NO^ dieses Letztere in hinreichender Menge vorhanden ist, denn es wird das etwa vorhandene K Cl nicht eher durch AgO, NO^ als AgCl gefällt, bis alles K J als Ag J" gefallt ist; setzt man also zu wenig AgO, NO-^ zu, so fällt nur Ag J, das K Cl bleibt in Lösung und geht beim Filtriren in die Flüssigkeit. Beim Schütteln des Niederschlages mit NH3,H0 kann sich also auch kein AgCl lösen, weil der Nie- derschlag nur aus Ag J besteht. Der Untersuchende ist um so eher der Möglichkeit eines Irrthums ausgesetzt, als der Niederschlag des Ag J ein sehr copiöser ist, man glaubt schon eine sehr bedeutende Menge davon zu haben, schont sein Ag 0, NO^ und hat schliesslich nicht einmal alles Jod- kalium gefällt, geschweige denn das Chlorkalium. Die Phar- macopöe müsste, um sicher zu gehen, ähnlich wie bei der Untersuchung des Chinins auf Morphium genaue Quantitäten des zu untersuchenden K J und des Fällungsmittels Ag 0, NO ^ angeben. Da das Aequivalent - Gewicht des Jodkaliums 174 ist, das des Silbersalpeters ab§r 170, so reichen gleiche Quan- titäten hin, damit das Ag 0, NO^ etwas im Ueberschusse vor- handen ist. Nimmt man 0,3 g. K J zur Prüfung, so nimmt man auch 0,3 g. AgO, NO^ (oder 6,0 g. der Eeagens - Lösung des Silbersalpeters 1 : 20). Bei Zusatz von 4,0 g. erhält man auch einen Niederschlag, wie die Pharmacopöe sagt, dieser ist aber nur Ag J und kann also die ganze fernere Operation nicht mehr zur Entdeckung des vorhandenen Chlorkaliums dienen. Was nun die Ausführung der Untersuchung selbst anbelangt, so ist dieselbe meiner unmaassgeblichen Meinung nach zu umständlich. Es kommen darin zwei Filtrationen vor, ein Auswaschen eines Niederschlages, ein Ablösen des Nie- 232 E. Keichardt, Treuuuug des Urauoxydes von der Phosphorsäure. derschlages vom Filter etc. Ich nehme bei der Untersuchung des Jüdkaliums 0,3 g. KJ, löse dasselbe in etwas NH^jHO und füge 6,0 g. der Keagens - Lösung von Argent. nitr. zu, filtrire ; die durchgelaufene Flüssigkeit enthält das etwa vorhandene Chlorsilber und fällt als solches nach Uebersättigen mit NO^HO heraus. Eeinem Jodkalium probeweise absichthch zugesetzte kleine Quantitäten Chlorsalze constatirte ich jedes- mal. Ob nun besondere mir unbekannte Ursachen das um- ständliche Verfahren der Pharmacopöe nöthig machen, vermag ich nicht zu entscheiden; doch möchte ich dann die Ursachen sehr gerne kennen lernen, da ich mich sehr für solche Sachen interessire.*) Treniiimg des Urauoxydes Ton der Pliosi)horsäiire. Von E. ßeichardt. In einer früheren Notiz (Fres. Zeitschrift für analytische Chemie, Bd. 8 p. 116) habe ich diese Scheidung, behufs der Aufarbeitung der Rückstände von der Phosphorsäurebestim- mung, darauf begründet, dass mau der salzsauren Lösung des phosphorsauren Uranoxydes Eisenoxyd in schwachem Ueber- maasse zufügt und dann in stark verdünnter Flüssigkeit koh- lensaures Natron bis zum Vorwalten. Die Phosphorsäure bleibt mit dem Eisenoxyde verbunden, während das Uranoxyd sich leicht in dem kohlensauren Natron auflöst und durch Filtriren und Auswaschen entfernt werden kann. W. Zani (ebendaselbst 1872, S. 71, Chem. Centralbl. III, Bd. 2 p. 219) wirft dieser Scheidung vor, dass von dem volu- *) Die Fällung- von Jodsilber erfolgt zuerst und muss stets ein Ucbermaass des Fällungsmittels zugefügt werden, um AgCl mit abzu- scheiden, am Besten fügt man dann erst noch einige Tropfen Salpeter- säure bis zum Vorwalten zu und nun das Ammoniak. Der Vorsehlag des Ucrrn Koster ist der Prüfung werth , da er weit rascher die Ausfüh- rung gestattet und nach dem bisher bekannten Verhalten des Jod- und Chlorsilber's nichts dagegen einzuwenden ist. H, E. Reieliarclt, Trennung d&s Uranoxydcs von der Phospliorsäurc. 233 minös sich abscheidenden Eisenoxydhydrate viel Uran zurück- gehalten werde, und in der That ist der Vorwurf dann gerechtfertigt, wenn man zu viel Eisenchlorid zufügt, was sehr leicht geschieht. Auch sonst wäscht sich das phosphor- saure Eisenoxyd keineswegs so rasch aus, um nicht den Wunsch nach Verbesserung und erleichterter Trennung laut werden zu lassen. Die von Zani vorgeschlagenen Wege sind auch nicht viel angenehmer. Sehr leicht und vollständig gelingt aber die Trennung der Phosphorsäure vom Uranoxyd, wenn man die phosphor- saure Verbindung in einem starken Uebermaasse von kohlen- saurem Natron löst und aus dieser Lösung die Phosphorsäure durch Talkerdemischung fällt. Frisch erhaltene Urannieder- schläge kann man direct mit einer Lösung von kohlensaurem Natron behandeln, gewöhnlich wird es aber zweckmässiger sein, vorher eine Lösung in Salzsäure zu bereiten. Die betreffenden Uranrückstände werden durch Erhitzen mit concentrirter roher Salzsäure gelöst, wobei man durch Zusatz von wenig chlorsaurem Kali oder von Salpetersäure etwa vorhandenes Oxydul in Eisenoxyd überführen kann. Das etwas verdünnte Eiltrat wird dann erwärmt und so lange Soda zugefügt, bis eine klare Lösung erzielt wurde, in wel- cher die geringen Mengen abgeschiedenen Eisenoxydes u. s. w. noch schweben. Von Neuem filtrirt fügt man zu dem Filtrate eine klare Mischung von Chlormagnium , Chlorammonium und Ammoniak im Uebermaass; in dea* Regel ist ein Zusatz von noch etv/as Chlorammoniumlösung zur Klärung der Flüssig- keit zweckmässig. Man lässt nunmehr, wie gewöhnlich, die phosphorsaure Ammoniak - Talkerde sich ablagern, filtrirt nach 12 — 24 Stunden, prüft, ob sämmtliche Phosphorsäure entfernt ist und säuert dann das Filtrat mit Salzsäure an. Durch längeres Erwärmen wird sämmtliche Kohlensäure entfernt und das Uranoxyd zuletzt aus der noch warmen Flüssig'keit durch Ammoniak, bis zum schwachen Vorwalten desselben, gefällt. Das Uranoxydhydrat lässt sich leicht auswaschen, zuletzt vielleicht unter Zusatz von etwas Salmiak, und kann sofort wieder in Essigsäure gelöst werden. Mau fügt in der 234 E. Reichardt, Trennung der Phosphorsäure von der Molybdänsäure. Regel ein zu starkes Uebermaass der Talkerdemischung zu, jedoch kann die etwaige Fällung der Talkerde durch Ammo- niak durch Zusatz von noch etwas Salmiak verhindert wer- den, wie .durch die leicht zu beobachtende Vorsicht, dass kein grösseres Uebermaass von Ammoniak zur Abscheidung des üranoxydhydrates zugefügt wird, als eben dazu noth- wendig. Uranrückstände von der Phosphorsäurebestimmung, welche mir gut getrocknet zu Gebote standen, ergaben bei dieser Scheidung der Phosphorsäure wiederholt die aus der annähern- den Berechnung sich ergebende Menge Uranoxyd. Trennung der Phosphorsäure Ton der Molyhdänsäure. Von Demselben. Auf gleiche oder höchst ähnliche Weise gelingt auch die Scheidung der Molybdänsäure von der Phosphorsäure, namentlich wiederum auf die Rückstände der Phosphorsäure- bestimmung bezogen. Eügt man zu den mit Niederschlag reichlich versehenen sauren Flüssigkeiten der Molybdänreactionen ein Uebermaass von kohlensaurem Natron, so löst sich sämmtliche Molybdän- säure leicht auf, Erwärmen bis fast zum Sieden unterstützt auch hier die Abscheidung von vorhandenem Eisenoxyd und dergl. in kohlensaurem Natron unlöslichen Substanzen. Man filtrirt und fällt gleichfalls mit der gewöhnlichen Talkerde- mischung (Chlormagnium, Chlorammonium und Ammoniak) die Phosphorsäure, wie eben bei der Scheidung der letzteren vom Uranoxyd angegeben wurde. Die von der phosphorsauren Ammoniak - Talkerde tiltrirte, nunmehr phosphorsäurefreie Flüssigkeit giebt nach dem An- säuren mit Salz - und etwas Salpetersäure , Eindunsten;;, bis zur völligen Trockne, um alle überschüssige, flüchtige Säure E. Reichardt, Oxalsäure zur Titrestellung. 235 zu entfernen, sofort Molybdänsäure, wenn man den Abdampf- rückstand mit Wasser behandelt; jedoch ist die Abscheidung nur unvollständig. Zweckmässiger ist es desshalb, wenn man in das alkalische, von der phosphorsauren Ammoniak - Talkerde befreite, Filtrat Schwefelwasserstoff bis zum Yorwalten einleitet und dann mit Salzsäure ansäuert, wobei alles Molybdän als Schwefelmolyb- dän gefällt wird. Umrühren begünstigt die flockige Abschei- dung des Niederschlages; man filtrirt möglichst rasch durch dichtes Filtrirpapier , um die Oxydation des Schwefelmolyb- däns zu hindern, wäscht mit heissem Wasser völlig aus und trocknet den Niederschlag. Durch Behandeln mit überschüs- siger Salpetersäure und Verdunsten derselben erhält man dann aus dem Schwefelmolybdän auf bekannte Weise Mo- lybdänsäure, welche man jedoch nochmals im Ammoniak löst und das Ammoniaksalz darstellt, um namentlich den mitge- fällten Schwefel zu trennen. Ist die rohe Salzsäure arsen- frei, so kann diese zur Fällung des Schwefelmolybdäns Verwendung finden. Oxalsäure zur Titrestellung. Von Demselben. Wer die gebotene, auch sog. chemisch reine Oxalsäure des Handels genau prüft, wird finden, dass derselben äusserst hartnäckig etwas Alkali anhängt und bei der Krystallisation, namentlich in gröberen oder stärkeren Krystallen, leicht Wasser eingeschlossen bleibt, was bei der Verwendung die- ser Säure zur Titre- Stellung Ungenauigkeiten herbeifüh- ren muss. Man kann sich aber sehr leicht reine Oxalsäure von der Zusammensetzung C^O^ -|- 3 HO verschaffen, wenn man eine heiss gesättigte Lösung derselben kalt rührt, analog 236 E. Ecichardt, über ncutriilen pliospborsaureii Kalk etc. dem Salpeter. Es scheidet sich sehr bald und rasch Oxal- säure in feinkörnigem Krystallpulver aus, welches auf porö; scr Unterlage oder zwischen Fliesspapier schnell trocknet. lieber neutralen phosphorsaiiren Kalk, Darstellung und Lösllclikeit desselben. Von Demselben.*) Um die Löslichkeit des phosphorsauren Kalkes in koh- lensaurem Wasser zu beweisen, ist als Collegienversuch fol- gendes Experiment zu empfehlen: Man verdünnt eine Lösung von Chlorcalcium in einem grossen Gefässe sehr stark mit AVasser; bei dem ersten Zu- satz von wenig phosphorsaurem Natron entsteht ein voluminö- ser Niederschlag, welcher sich bei dem Umrühren wieder löst, wahrscheinlich durch den Gehalt des Wassers an Koh- lensäure bewirkt. Ein stärkerer Zusatz von phosphorsaurem Natron giebt jedoch entsprechend auch phosphorsauren Kalk und leitet man nun sofort Kohlensäure ein unter Umrühren der Flüssigkeit, so löst sich der entstandene Niederschlag alsbald wieder auf. Erneuter Zusatz von phosphorsaurem Natron bewirkt wieder Niederschlag, weiteres Einleiten von Kohlensäure wieder Lösung, so dass man die lösende Wir- kung der Kohlensäure wieder anschaulich vorführen kann. Nach einigem Wiederholen der Operation beginnt jedoch eine bleibende Krystallisation, d. h. es entstehen immer rascher nach einander glänzende, tiitternde Kry stalle, welche man leicht sammeln, mit Wasser waschen und trocknen kann. Unter dem Mikroskope zeigen sich wohl ausgebildete schiefe rhombische Tafeln oder Bruchstücke derselben. Ueber Schwe- felsäure getrocknet wurden sodann folgende analytische Re- sultate erhalten. *) Fresenius, Zcitsuhrift, XI, Jahrgnug. 3. lieft. E. Beichardt, über neutralen phosphorsauren Kalk. 23t 1,4645 g. der Krystalle lösten sich leicht in salpetersau- rem Wasser auf, Chlor war nicht vorhanden. Die Lösung wurde auf 100 CC. verdünnt und in 20 CC. Phosphorsäure und Kalk bestimmt, d. h. der letztere zuerst mit oxalsaurem Ammoniak g'efällt, sodann die Phosphorsäure mit Talkerde - Mischung abgeschieden und wurden erhalten: I. CaO,C02 = 0,1700 g. = 32,52 Proc. CaO und 2MgO,P05 = 0,1890 g. = 41,27 Proc. PO^. IL CaO, CO 2= 0,1680 g. = 32,12 Proc. CaO, 0,2685 g. Substanz verloren bei schwachem Glühen 0,0695 g. Wasser = 25,88 Proc. gefunden : berechnet • CaO = 32,52 — 32,12. 2 CaO = 32,56 P05 = 41,27 PO^ = 41,28 HO =25,88 5H0 =26,16 ' 99,67 100,00 = 2CaO, HO, P05 + 4 HO. Es ist dies dieselbe Verbindung, welche Boedeker schon früher erhalten hat aus sehr schwach mit Säure ver- setzter Mischung von Chlorcalcium und phosphorsaurem Natron. Um das Verhalten gegen Wasser kennen zu lernen, wurde ein Theil mit kohlensäurefreiem, durch längeres Kochen und Erkalten in geschlossenem Gefässe erhaltenem Wasser 24 Stunden unter öfterem Bewegen in Berührung gelassen und sodann die Lösung untersucht. 200 CC. der Substanz gaben 0,0608 g. Rückstand, nach schwachem Glühen gewogen. Derselbe wurde in Salzsäure gelöst und Kalk; und Phosphorsäure bestimmt. Erhalten wurden 0,0210 g. CaO und 0,0613 2MgO,POö = 0,03921 PO 5 und 0,02100 CaO 0,06021. IL 100 CC. direct gefällt gaben 0,0105 g. CaO und 0,0305 g. 2MgO,P05 = 0,01959 g. PO^. 238 E. Reichardt, Apparat zur Bestimmung von Gasen in Flüssigkeiten. Auf Procente der Substanz erhoben, wurden gefunden: I. IL berechnet : CaO = 34,77 34,89 4CaO == 34,5 PO^ = 65,23 65,10 3P05 = 65,5 Diese Verbindung 4 CaO, 3 PO^ ist gleichfalls schon längst bekannt, jedoch namentlich in abgeschiedener fester Form. Interessant ist es, dass bei dem Lösen in Wasser zwar eine phosphorsäurereichere Kalkverbindung in die Flüssigkeit übergegangen ist, jedoch nicht die Verbindung CaO, 2 HO, PO ^ Auf 100 Th. Wasser waren bei den Versuchen 0,03005 und 0,03009 g. 4 CaO, SPO^, Mittel = 0,03007 g., gelöst worden und die Löslichkeit demnach 1 : 3325,5 Th. Der hierbei unlöslich hinterbliebene Theil des Kalksalzes 2 CaO, HO, PO^ ^ 4 HO ergab bei der Untersuchung: 0,2312 g. Substanz lieferten 0,1016 g. CaO u. 0,1626 g. 2MgO,P05 ^ 0,10401 g. PO 5. 0,1042 g. verloren beim Glühen 0,0114 g. Wasser = 10,940 Proc. gefunden : berechnet : HO =10,94 4 HO =11,3 CaO = 43,94 5 CaO = 44,0 P0^= 44,86 2POö=44,7. Diese Mischung ist natürlich von der zufällig verwende- ten Menge des Salzes 2CaO, HO, PO^ + 4 HO abhängig, erweist aber sehr gut die nunmehr basischere Zusammen- setzung, welche in der Formel 3 CaO, PO 5 + 2 CaO, HO, PO -^ -f 3 HO Ausdruck finden kann. Apparat zur Bestimmung toii (xasen in Flüssigkeiten. Von Demselben.*) Die bis jetzt vorgeschlagenen und in Anwendung gebrach- ten Apparate zur Bestimmung der in Wasser gelösten Gase *) Fresenius, Zeitschr. XI. Jahrgang. 3. Heft. E. Eeichardt, Apparat zur Bestimmtiüg von Gasen in Flüssigkeiten. 239 sind meistentheils wenig handlich und hindern durch die aus- gesuchte Complication namentlich die allgemeine Verwendung, ohne gerade eine grössere Genauigkeit zu versprechen. Erst im 9. Jahrg. dieser Zeitschr. S. 364 ist ein neuer Apparat zu diesem Zwecke von Herbert Mc. Leod beschrieben , der, sinnreich eingerichtet, dennoch an den oben berührten Män- geln gleichfalls leitet. Der einfachste Apparat, welcher schliesslich noch am Meisten gebraucht wird, besteht in der mit dem zu unter- suchenden Wasser gefüllten Flasche — Kochflasche u. s. w. — und die Gasleitungsröhre mündet direct unter Quecksilber in die Gasmessröhre. Bei dem Kochen wird natürlich Wasser übergetrieben, ersetzt das Quecksilber in der Gasmessröhre, tritt auch theilweise in die Quecksilberwanne über, so dass man die Gase stets über und mit Wasser in Berührung erhält und misst. Nach Beendigung des Versuches muss der Appa- rat sofort getrennt werden, um ein Uebersteigen von Queck- silber zu verhindern, ein Grund, den Versuch überhaupt früher zu beenden, und Sicherheit, dass alles Gas ausgetrieben, erhält man hierbei nicht. Bei dem aufgefangenen Gase tritt nunmehr die Schwie- rigkeit ein, dasselbe genauer zu prüfen. — Ein Fehler — und der Versuch muss nochmals wiederholt werden. Bunsen hat in den gasometrischen Methoden den von Eegnault gegebenen Apparat zum Auffangen, Messen und Prüfen der Gase aufgenommen, und gewiss ist derselbe empfehlenswerth , jedoch einer allgemeinen Verwendung tritt die Complication und der Preis entgegen. Der hier beschriebene Apparat zeichnet sich durch Ein- fachheit und äusserst leichte Handhabung aus, befindet sich auch nunmehr fast 2 Jahre ununterbrochen bei mir im Gebrauche ; die gewonnenen Resultate stimmen so gut überein, wie der- artige Versuche sie überhaupt ergeben. Zunächst habe ich bei dem Austreiben der Gase aus dem Wasser Quecksilber überhaupt umgangen, während die Messung sowohl, als Prüfung der Gasproben stets über Queck- 240 E. Reichardt, Apparat zur Eestlmnning von Gasen in Flüssigkeiten. Silber ausgeführt werden; an und für sich ist es bei den bis- her gebräuchlichen Methoden entweder unmöglich, ohne "Was- ser das Gas zu messen, da ersteres stets mit übergetrieben wird, oder man beendet den Versuch zu früh. Fis:. 14. Flasche A enthält das zu untersuchende Wasser , sie fasst 1 Liter oder 100 Cubikcentimeter, je nach Bedürfniss, oder kann auch unmittelbar durch die betreffende Flasche Wasser — Sodawasser und dergl. — ersetzt werden ; in letz- terem Falle wird die Verbindung mit dem weiteren Apparate nur durch die bekannten Hähne mit Schraube und Wechsel- hahn hergestellt. Der Haltbarkeit der Flaschen wegen geschieht dann das Erwärmen auch im Paraffinbade. Für gewöhnlich genügt eine gewöhnliche, vollständig angefüllte Kochflasche, deren Inhalt bestimmt wurde. Flasche B dient als Gasometer und ist ein schmales, cylinderförmiges Gefäss mit 3fach durchbohrtem Stopfen ver- sehen. In der einen Durchbohrung befindet sich llöhre a, deren längerer Schenkel in Flasche B bis etwa zu 2/3 der Höhe derselben eingeht, der andere sehr kurze Schenkel endet in einem Kautschukstopfen, welcher auf Flasche A pas- sen muss. Die zweite Durchbohrung enthält die nur recht- E. Eeichardt, Apparat zu Bestimmung von Gasen in Flüssigkeiten. 241 winkelig gebogene EÖhre b, deren längerer Theil bis fast auf den Boden von B reicht, der kürzere, äussere Theil steht durch Kautschukrohr und Quetschhahn mit B,öhre c in Ver- bindung, In der dritten Durchbohrung befindet sich ein kur- zes Stück gebogenes Gasrohr d, welches genau mit dem Stopfen in Flasche B abschneidet, der äussere Theil steht durch Kautschukrohr und Quetschhahn mit der wie gewöhn- lich geformten Eöhre e in Verbindung, welche die Gase in nebengezeichnete Quecksilber wanne und unter die Gas- messröhre führt. Flasche C Ton ca. ^2 — 1 I^iter Inhalt hat einen 2fach durchbohrten Stopfen; in der einen Durchbohrung befindet sich ein winkelig sebo genes Glasrohr c, dessen längerer Theil fast bis zum Boden von Flasche C reicht, der kürzere Schen- kel ist durch Kautschukrohr und Quetschhahn mit Flasche B durch Bohr b, in Verbindung gesetzt. Die zweite Durch- bohrung enthält ein kurzes umgebogenes Glasrohr f, dessen eines Ende unten mit dem Stopfen abschneidet; das äussere dient, wie die Handhabung des Apparates ergeben wird, da- zu , um Druck durch Einblasen auf das innen befindliche Was- ser auszuüben. Bei dem Gebrauche wird Flasche A vollständig mit dem zu untersuchenden Wasser angefüllt, B und C werden mit ausgekochtem und noch warmem, in geschlossenen Gefässen fast erkaltetem, destillirtem Wasser so gefüllt, dass C etwa nur zur Hälfte Wasser behält, wie die Figur deutlich angibt. Indem man nun bei f einbläst, füllt man sehr leicht Flasche B nebst den Bohren a und d — e mit Wasser an; ist der Zweck bei d — e völlig erreicht, so schliesst man den zwischen d und e befindlichen Quetschhahn und ebenso endlich den zwi- schen b und c befindlichen, wodurch auch Eöhre a voll Wasser er- und gehalten wird. Nunmehr verschliesst man Flasche A mit dem Korke der Bohre a, der dadurch entstehende Druck wird leicht durch die Kautschukröhren, welche bei b — cundd — esind, ausgeglichen, sodann öffnet man Quetschhahn b — c und beginnt A zu erwärmen. Die nunmehr ausgetriebenen Gase gehen durch a nach B, damit sie nicht durch b — c nach C mit entweichen können, Arcli. d. Pharm. III. Reihe. H. Bda. 3. Heft. 16 242 E. Rcichardt, Apparat zur Bestimmung von Gasen in Flüssigkeiten. ist Röhre a nicht so tief in B eingesenkt; die Gase sammeln sich in B, das als Gasometer dient, an, will man sie messen oder sonst prüfen, so öffnet man d — e und bläst bei f, wo- durch sie unter die Gasmessröhre getrieben werden. Das Aufsammeln des Gases in B und TJebertreiben in die Gasmessröhre kann jederzeit und in beliebigen Portionen geschehen , so dass zu verschiedenen Prüfungen eben so viele Theile verwendet werden können, deren Gasmengen aller- dings einzeln zu messen und dann zusammen zu zählen sind. Mittlerweile wird das Wasser in A immer wärmer, geräth endlich in lebhaftes Kochen , wodurch mehr und mehr davon übergetrieben wird, die Gase sammeln sich in B, das Wasser circulirt ungehindert in B und C; sobal# Abkühlung eintritt, das Peuer entfernt wird, füllt sich A von selbst durch Zu- rücksteigen des Wassers wieder an und zeigt deutlich, ob noch Gasreste verbleiben oder der Versuch völlig beendet ist. Zuletzt wird das Wasser in B auch kochend heiss, so dass etwa gebundenes Gas frei werden müsste. Der "Versuch kann jeden Augenblick unterbrochen oder ohne Aufhören bis zur Beendigung fortgesetzt werden, und bei einiger Aufmerksamkeit kann man in der Gasmessröhre das Gas allein auffangen, indem man vorsichtig das die Leitungs- röhre füllende Wasser herausbläst und dann erst das Gas in die Bohre leitet. Die vollständige Entfernung der durch Kochen auszutreibenden Gase kennzeichnet gewöhnlich ein starkes Aufstossen der Flüssigkeit. Die Versuche können rasch auf einander folgen und sind äusserst einfach in der Ausführung. Ueber die Genauigkeit derselben mögen einige Beispiele entscheiden , welche keines- wegs besonders ausgewählt wurden. Wasser der Röhrenleitung von Jena wurde direct der- selben entnommen und ergab in 1 Liter an Gas : 22. Januar 1870. L 50,02 CG. IL 49,11 CG. Das Gas bestand in 100 Vol. -Theilen aus: E. Reiciiardt, Apparat zur Bestimmung von Gasen in Flüssigkeiten. 243 I. II. Sauerstoff 15,31 15,78 Stickstoff 35,32 37,67 Kohlensäure 49,37 46,55 Das Verhältuiss von : IST ist bei I. wie 1 : 2,30, bei IL wie 1 : 2,38. Dasselbe Wasser wurde am 30. Januar 1870 untersucht und ergab im Liter: I. 42,48. IL 43,59 CC. Gas. Das Gas bestand in 100 Vol.-Theilen aus: I. II. : N Sauerstoff 14,14 13,16 L = 1 : 2,67 Stickstoff 37,83 39,23 IL = 1 : 2,90 Kohlensäure 48,03 47,61 Die Differenzen beruhen hier theilweise auf der Kohlen- säure, welche durch Zersetzung der Salze allmählich frei wird. Wasser, aus dem Wasserkasten geschöpft, ergab im Liter folgende Gasmengen: L 53,20. IL 54,97 CC. Das Gas bestand aus : I. II. 0:N Sauerstoff 14,75 14,57 L = 1 : 2,80 Stickstoff 34,00 34,12 IL = 1 : 2,34 Kohlensäure 51,25 51,31. Die Versuche sind stets parallel zu gleicher Zeit ange- stellt worden, um eben Controle augenblicklich zu haben und stimmen gewiss so gut, wie es bei derartigen Verhältnissen nur zu erwarten ist. IG- 244 II. Toxikologie und I*liarniacognosie. In wieweit und in welchem Sinne sind physiolo- gische Versuche an Thieren als Unterstützungsmittel des forensischen Nachweises giftiger Alkaloi'de und Olukoside zulässig? Von Dr. Hermann Köhler, Docent an der Universität Halle. Gelegentlich des bekannten Conty de la Pommerais'schen Giftmordprocesses wurde von physiologischen Versuchen an Thieren (mit welchem Resultat werden wir später sehen) im forensischen Interesse zuerst Anwendung gemacht. Die dabei fungirenden Experten Tardieu und E-oussin empfahlen darauf die „exp erimentation physi ologique" als ein besonders werthvolles neues Beweismittel fiir die Gegenwart gewisser, sogleich näher zu bezeichnender Gifte in Leichen- theilen und corpor. delicti in einer über 70 Seiten langen, aber sonst in keiner Weise bahnbrechenden Abhandlung (An - nales d'Hygiene publique 2. Serie. XXII, p. 382. Octob. 1864 und XXIII, ji. 103 1865). Trotzdem dass Devergie die eben citirte Schrift Tardieu's scharf kritisirte und ihre Schwächen darlegte, versuchten Tardieu und Uousssin nichts destoweniger, die Experimente an Thieren gelegentlich mehrerer Giftmordprocesse, in denen sie als Sach- vei'ständige zugezogen wurden, zu verwerthen. Wenn irgenwo der Spruch: „an ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen" zutrifft, so war es betreffs der von den genannten Herren H. Köhler, physiologische Versuche als Beweismittel. 245 durch ihr angeblich neues Verfahren erlangten Resultate der Fall. Namentlich gilt diess von den in Frankreich als causes celebres bezeichneten Fällen Grisard (Annales d'Hy- giene 2. Serie. XXIY, p. 398) und dem gegen den Officier de sante angestrengten Griftmordprocess , in welchen beiden es sich um Strychnin- und Digitalinnachweis handelte.*) Die Gifte, deren Vorhandensein in Leichentheilen T. und E. durch mit Extracten dieser Theile an Fröschen und Kanin- chen vorgenommene Versuche nachzuweisen bemüht waren, waren sonach Digitalin und Strychnin. Letztere Sub- stanz erzeugt bekanntlich in sehr kleinen Dosen bereits bei Fröschen Starrkrampf; ein strychnisirter Frosch zeigt bret- artige Härte und Steifigkeit sämmtlicher Körpermuskeln und eine so enorm gesteigerte Reflexerregbarkeit, dass das selbst- redend unbeweglich daliegende Thier schon bei leisem Klopfen auf ;den Versuchstisch in die heftigsten Zuckungen verfällt; erzeugt nun, schliessen T, und R. weiter, Einverleibung des Extractes der verdächtigen Leichencontenta, (über deren Vor- bereitung, da sie von derjenigen zum Zweck der chemischen Analyse in keiner Weise abweicht, wir hier kurz hinwegge- hen zu dürfen glauben) bei Fröschen die genannten Krämpfe und Zuckungen, so ist hiermit bewiesen, dass in den TJnter- suchungsobjecten Strychnin vorhanden war. Schneidet man einem lebenden Frosch ein Stück aus dem Brustbein, legt das Herz frei und eröffnet den Herzbeutel, so steht das bloss- gelegte Herz des (gefensterten) Frosches auf Einspritzung von 0,0005 Digitalin in eine Vene sofort (in der Regel im Momente der Systole der Kammer) still , oder seine Bewegung erfährt eine solche Verlangsamung, dass die Fre- quenz der Herzschläge auf ^/^ der normalen Zahl herabsinkt; gelingt es nun, durch Injection des gelösten Rückstandes der Auszüge verdächtiger Leichentheile in die äussere Bauchvene eines Frosches (eine Manipulation, die wie das Fenstern (H erzfreilegen s) der qu. Thiere wenig manuelle Geschick- *) Eingehendere Referate üher diese Giftmord processe finden sich Tj. a, in Schmidt's Jahrbüchern der Medicin^ 1867 (HI) CXXXVI, ip. 277, 246 H. Köhler, physiologische Versuche als Beweismittel. lichkeit erfordert, Herzverlangsamung oder Stillstand zu erzeu- gen, so ist nach T. und R. in den als Corpus delicti einge- sandten Leichenresten Digitalin vorhanden gewesen. Bringt man einen Tropfen Harn eines durch- A trop in zu Grunde gegangenen Thieres in das Auge eines lebenden Kaninchens, so erweitert sich die Pupille des betreffenden Anges soweit, das die Iris nur als ein ganz schmaler Hand erscheint; be- wirkt der in Wasser aufgenommene Rückstand des Auszuges von Leichentheilen dasselbe Avie der oben erwähnte Harn , so schliessen die mehrgenannten Experimentatoren, dass wie das den Harn liefernde Thier, auch der Mensch, von welchem die zur Untersuchung überwiesenen Leichencontenta herrühren, an Atropin verstorben, bezw. durch Atropin vergiftet worden ist. Dem Atropin würde sich dessen physiologi- scher Antagonist, das Eserin aus Physostigma vene- nosum (Balfour), welches die Pupille auf das ausser ste verengt, anschliessen ; auch die Gegenwart dieses Gottes- urtheilgiftes würde nach T. und R. in foro durch das Ergeb- niss des physiologischen Experimentes nachweisbar sein. Die vorstehend genannten Gifte würden etwa diejenigen sein, welche ihrer characteristischen Vergiftungssymptome wegen nach dem bisher Bekanntgewordenen sich für das toxi- kologische Experiment behufs Giftnachweisung in foro eignen dürften. Es kann keinem Zweifel unterliegen , dass sich die Mehrzahl derselben , namentlich Digitalin und Atropin , auf forensisch-chemischem Wege sehr schwer, und in klei- nen Mengen gereicht, oft gar nicht nachweisen lassen; dass es also, von der aussersteu Wichtigkeit für den Experten und die Präcisirung des von demselben abzugebenden Gut- achtens wäre, wenn die Experimentation physiologique Tar- dieii's in solchen und ähnlichen Fällen die chemische Ana- lyse thatsächlich ersetzen könnte. Ehe wir uns der Betrach- tung derjenigen Anforderungen, welchen das Experimentiren an Thieren genügen muss, um in foro als Beweismittel ebenso brauchbar zu sein, wie die Darstellung von Hämin- krystallen aus Blutflecken, die Ergebnisse der Spectroskopie, oder die Resultate exact ^ ausgeführter chemischer Analysen H. Köhler, physiologische Yerrfiiche als Beweismittel. 247 aus den üntersuchungsobjecten rein dargestellter Substanzen, zuwenden, wollen wir, wie oben bereits angedeutet wurde, zuvörderst den Maassstab der Erfahrungen, welche in der Gerichtspraxis mit dem in Rede stehenden Experimentiren gemacht worden sind, an dieses Verfahren anlegen. Das thatsächlich durch dasselbe Geleistete muss uns über den Aussprüchen selbst der grössten Autoritäten der Wissenschaft stehen. Stellen wir nur also die Erage : brachten die physio- logischen Versuche an Thieren der Praxis goldene Erüchte? — Die Antwort fällt, wie folgender kurzer historischer Rück- blick beweist, nicht eben schmeichelhaft für die neue Methode aus. Bleiben wir zuvörderst beim Digitalin und Strychnin, als den bisher in Giftmordprocessen angeblich 'durch Experi- mente an Thieren allein nachgewiesenen toxischen Substanzen stehen ! Das Digitalin anlangend, so weist der im Julihefte der Annales d'Hygiene 1864 enthaltene authentische Bericht unwiderleglich nach, *) dass der Giftmörder C. de la Pommerais nicht der Ergebnisse des physiologischen Experimentes wegen, ja sogar nicht einmal auf Grund der Resultate der chemischen Analyse,*'*) sondexm weil die hier nicht zu erörternden äusseren, zufälligen Umstände (z. B. die Versicherung der AVittwe Pauw seitens des Mörder in einer Lebensversicherungsanstalt für eine sehr hohe Summe) seine Schuld klar bewiesen, von den Assisen des Seinedepartements verurtheilt worden ist. Anderseits muss aber hervorgehoben werden, dass, wie schon E. Pelikan (Peter sb. mediz. Z. S. VII p. 327 1864) nachgewiesen hat, nicht das Verfahren des physiologischen Versuches, sondern die Art und Weise, wie es angewandt und in seinen Ergebnissen verwerthet wurde, an dieser Thatsache die Schuld trägt. Von einem Experten, welcher die Geschwo- renen durch Thierversuche vom Vorhandensein eines Giftes *) Man vgl. auch das vortreffliche Eeferat des Prof. Merbach über diesen Process in Schmidt's Jahrbb. CXXXV, p. 95. 1865. **) Bei den damaligen geringen Kenntnissen über die chemischen Eigenschaften der Digitalisbestaadtheile mangelhaft genug. 248 H. Köhler, physiologische Versuche als Beweismittel. im Thierkörpei' überzeugen will, iiuiss in erster Linie voraus- gesetzt werden , dass er die am lebenden Thiere zu beobach- tenden In toxikations- Symptome sowohl, als die pathologisch - anatomischen Veränderungen, welche nach der qu, Vergiftung zu constatiren sind, genau kenne. Wiewohl nun Tardieu in gutem Französisch versichert, jede Zeile der über Digitalin vorhandenen Literatur genau zu kennen, war ihm die That- sache entgangen, dass das Herz kaltblütiger Thiere (wenigstens in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle) in der Systole (eontra'- hirtem Ventrikel), dasjenige warm blütigerdagegen in der Diastole (Moment der Anfüllung der Herzhöhlen mit Blut) stillsteht. In letzterem Zustande war das Herz dej* Wittwe Pauw^ vor- gefunden worden; der Vertheidiger griif diesen Punkt, wozu er gewiss berechtigt war, sofort an und schloss: da das Herz der Denata in Diastole vorgefunden ist, das Fi'oschherz dagegen nach Digitalinbeibringung in Systole stillsteht, so kann die erstere nicht an Digitalinvergiftung zu Grunde gegangen sein. Tardieu war diesen Widerspruch zu lösen ausser Stande und lies sich mit Hebert und Claude Bernard in eine hier nicht weiter zu erörternde, höchst unfruchtbare Discussion ein , der Art, wie sie den Experten den Richtern und Geschwor- nen gegenüber zu discreditiren nur allzusehr angethan ist. Ein üfichtf ranz ose (Pelikan) musste den Gelehrten des „Her- zens der Welt" erst den Sachverhalt klar machen. Was Wunder also , dass im Process P o m m e r a i s die Experimen- tation physiologique ihrem angeblichen Erfinder (die wahren sind Runge, Pelikan und Casaseka) keinen Lorbeer- kranz eingetragen hat. Hier hatte sie indess nicht zu Ver- drehung des wahren Sachverhaltes Anlass gegeben. Anders in dem Falle von Digitalinvergiftung, wo Tardieu und Roussin ihrer Methode, oder vielmehr der falschen und einseitigen Ausübung derselben, zu Liebe bei einem Haar zur Verübung eines Justizmordes an einem unbescholtenen Arzte Anlass gegeben hätten. Die Sache verhielt sich in der Kürze so, dass die Frau des Medizinalbeamten Z., welche nach mehr- seitiger Zeugenaussage seit längerer Zeit an den Folgen eines H. Köhler, physiologische Versuche als Beweismittel 249 chronischen Herzfehlers gelitten hatte (Verdauungsbeschwerden^ Hautwassersucht, Athemnoth, schmerzhaften Zuckungen und häufigem Erbrechen), am 25, iffovember 1864 unter rechtseitiger Lähmung, Delirien, Zuckungen und den eben aufgeführten Erscheinungen verstarb. Während der letzten Jahre ihres Lebens hatte die Z. viel Morphium genommen und war die Dosis des Opiates (zuletzt Extr. opii) allerdings, der sich herausbildenden Gewöhnung an dieses Mittel wegen , sehr hoch gegriffen worden. Nach drei Monaten wurde auf Anzei- gen hin die Leiche exhumirt. Tardieu und ßoussin attestir- ten, dass an der (verfaulten) Leiche nichts, was das Vor- handengewesensein von Delirien, Lähmungen, Erbrechen oder eines Herzfehlers während des Lebens erklären könnte, auf- zufinden gewesen sei. Aus diesem negativen Befunde zogen die Experten nun den ganz unrichtigen Schluss, dass genannte Functionsstörungen nebst den sie begründenden krankhaften Veränderungen der Organe also auch während des Lebens nicht existirt haben könnten. Die wahre Todesursache glaub- ten dagegen die Experten durch ihre Thierversuche eruirt zu haben. Sie hatten aus den eingedampften Auszügen der Leichencontenta der Erau Z., aus welchen ausserdem (bei Abwesenheit jeder Spur eines Metallgiftes) 0,025 Morphium isolirt worden waren, 25 — 40 Ctg. einer gelbgrünlichen, schmierigen, schwachriechenden, sehr bitter schmeckenden, neutral reagirenden , in Wasser und Alkohol gut , in Aether schwerlöslichen, hygroskopischen, durch Chlorwasserstoffsäure intensiver grün gefärbten und durch Tannin getrübten Materie dargestellt und verwandten diese „durch chemische Analyse oder Reaktionen durchaus nicht genauer zu charakterisirende Substanz" zu Versuchen an Hunden und Fröschen. Diese Thiere starben nach subcutaner Injection der gelösten, schmierigen Masse binnen 24 Stunden, wie T. und E. behaup- ten, unter den Symptomen der Digitalin Vergiftung. Da nun die pathologisch anatomische Untersuchung (was sie bei dem hohen Grade der Eäulniss gar nicht konnte) für das Vorhan- dengewesensein eines Herzfehlers, bezw. einer Harnkrankheit, keine Anhaltepunkte ergeben habe, dagegen erwiesen sei, 250 H. Köhler, physiologische Versuche als Beweismittel. dass Z. (als Landarzt) Kicotiu, Digitalin und andere Gifte besessen , so unterliege es nach dem Ergebnisse der mit Ex- tract der Leichencontenta der Z. angestellten Thierversuche keinem Zweifel, dass die Z. durch Digitalin ums Leben ge- kommen sei. Dieses Gutachten wurde durch ebenso sachge- mässe, als scharfsinnige Ausführungen De vergie 's in einem hier nicht wiederzugebenden Superarbitrium umgestossen und der Medicinalbeamte Z. seiner Haft entlassen. Ein dritter Fall (Grisard) betraf Giftmord durch Ötrychnin. ßoussin hatte aus den Leichentheilen Strychnin, wenn auch noch unkrystallinisch (E) und gefärbt isolirt. Anstatt nun wenigstens den grössten Theil des unrei- nen Präparates durch ümkrystallisiren zu reinigen und den Geschworenen, vielleicht unter Anstellung der Graham -Otto'- sehen ßeaction, als Corpus delicti vorzulegen, verwandten die Experten alles Material zu Thierversuchen, welche hier, wo der chemische Is^achweis unter Beibringung des Corpus delicti allein genügt hätte, überflüssig waren und das kostbare Ma- terial des untersuchenden Chemikers vernichteten. Wir lassen uns an diesen Beispielen genügen ; denn sie zeigen deutlich, worin die Schwächen der nach Tardieu's und Roussin's Vorgange geübten Methode der Thierver- suche in foro begründet sind. Doch nicht jede Methode, welche, unrichtig angewandt, falsche oder unzu- verlässige Resultate liefert, ist darum an sich falsch und verwerflich. Wer wird z.B. leugnen wol- len, dass die Pupillendilatation nach Einti'äufelung eines Tropfens atropinhaltigen Harns in das Kaninchenauge nicht als Hilfs- mittel beim forensischen Atropinnachweis benutzt werden dürfe, um so mehr, als wir characteristische chemische Reac- tionen des genannten Alkaloides nicht kennen. Ebenso werde ich später an dem von mir jüngst genau studirten Saponin nachweisen, dass auch zu dessen Nachweisung, da die chemi- schen Reactionen nicht genügen, das physiologische Experi- ment, unter den nöthigen Cautelen angestellt, um so mehr als Hilfsmittel empfehlenswerth ist, wenn aus den beobachte- ten Intoxicationserscheinungen auch Deutungen und Schlüsse H. Kohler, physiologische Versuche als BeAveisinittel, 251 in der vorsichtigsten Weise und in den sogleich festzustellen- den Beschränkungen gezogen werden. Wollen wir das Thierexperiment im concreten Falle als Hilfsmittel beim forensischen Giftnachweis für zulässig erklä- ren, so haben wir uns zuvor folgende Fragen vorzulegen und gewissenhaft zu beantworten; nemlich: 1) Kennen wir die Wirkungen, welche das frag- liche Gift auf die verschiedenen Organe des Thierkörpers hervorbringt, genau? 2) Euft nur dieses Gift (x) die beobachteten Vergiftungserscheinungen hervor, oder thun andere, aus der nemlichen Pflanzenfamilie stammende oder ihm bota- nisch nicht verwandte Gifte dasselbe? 3) Bedingen vielleicht auch aus faulenden Lei- chentheilen extrahirte und Vers uchsthieren sub- cutan injicirte Stoffe dieselben oder ähnliche Ver- giftungserscheinungen? Wenn dieses nicht der Fall — 4) ruft das Gift (x) diese Erscheinungen an den gebräuchlichen V e rsuchsthieren unter allen Bedingungen hervor, oder sind Fälle bekannt, wo die- selben nicht beobachtet wurden? 5) Genügt überhaupt ein einziges pathogno- monisches Vergiftungssymptom, um das Vorhan- densein des Giftes x zu constatiren. 6) Ist das Gift bei seinem Durchgange durch die Blutbahn beständig, oder wird es durch die im lebenden Organismus Platz greifenden Pro- cesse verändert, bezw. zerstört? Gehen wir nun, indem wir diese Kriterien als Maassstab anlegen, die Gifte, deren Ifachweis durch das physiologische Experiment angestrebt wurde, der Reihe nach für jedes der- selben durch, so werden wir am zuverlässigsten zu einer stichhaltigen Kritik der Anwendbarkeit genannter Methode für den Nachweis der einzelnen Gifte gelangen. I. Unter den Alkaloiden sind es meines Wissens A tropin und Strychnin, deren Nachweisung durch das 252 H. Köhler, physiologische Versuche als Beweismittel. physiologische Experiment theils befürwortet, theils practisch ausgeführt worden ist. 1) A tropin ist seinen Wirkungen auf den lebenden Thier- körper sowohl, als den in den Leichen dadurch Vergifteter gesetzten palpablen Veränderungen nach auf das Genauste studirt, so genau, dass unsere physiologischen Kenntnisse über dasselbe kaum noch wesentliche Erweiterungen erfahren dürf- ten. Ausser der pupillenerweiternden Eigenschaft ist beson- ders die paraly sirende Wirkung desselben auf die Vagarendi- gungen und Hemmungscentren im Herzen für diese Substanz characteristisch. Von letzteren sehen wir hier, da ihre Nach- weisung immerhin physiologische Technik voraussetzt, ab; die pupillenerweiternde Wirkung dagegen ist so leicht, auch von jedem in Vivisectionen etc. Nichtgeübten zu prüfen, dass ihr Nachweis nicht mehr Geschicklichkeit verlangt, als das Legen eines Pflasters oder das Ausziehen eines Barthaa- res. Auch der mit einer gerichtlichen Analyse betraute che- mische Export wird ein Kaninchen festzuhalten und mit einem Glasstabe oder Pinsel ein Minimum der des Atropingehaltes verdächtigen, gelösten Materie in das Auge des Thieres zu bringen vermögen; sehr bald danach wird nur die Pupille dieses Auges so weit, dass die L"is ganz verschwindet. Die- ses Phänomen tritt immer ein, so sicher, als der käsige, vo- luminöse Niederschlag von Chlorsilber bei Zusatz von Silber- salpeter zu chlorhaltigen Flüssigkeiten. Gerade für das Atro- pin, dessen chemische Eeactionen wenig characteristisch sind, hat diese Thatsache Bedeutung. Können wir also die erste der obigen Fragen bezüglich des Atropin zufriedenstellend beantworten , so ist doch hinsichtlich der zweiten schon das- selbe nicht der Fall. Hyoscyamin und Daturin verhal- ten sich genau ebenso-, ja Hyoscyamin übertrifi't das Atropin (nach V. Schroff sen.) sogar in der mydriatischen Wirkung bedeutend. Ausserdem haben andere Toxikologen auch nach Aconit in- und Digitalinvergiftung, und ich selbst bei saponisirten Thieren (man vgl. unten!) dieses Phä- nomen beobachtet; Grund genug also, nicht jede Flüssigkeit oder jedes Gemisch, welches ins Auge gebracht, Pupillener- H. Köhler, physiologische Versuche als Beweismittel. 253 Weiterung hervorruft, für atropiuhaltig zu erklären. Da indess. bei Einspritzung" faulender organischer Stoffe, sowenig als irgend einer andern Substanz Mydriasis vorkommt und letztere unter allen Umständen und bei den bedeutendsten Verdün- nungen beobachtet wird, auch dasGrift — dasselbe gilt vom Hyoscyamin und Daturin — (dass aconitin - , digitalin - oder saponinhaltiger Urin ins Kaninchen - Auge die Pupille erweitert, ist nicht festgestellt) bei seinem Durchgange durch die Blutbahn und seiner Ausscheidung durch die Nieren chemisch nicht verändert wird, so sind wir, wenn die mehrerwähnte physiologische E,eaction auf Instillation eines Tropfens Urin, oder sonst einer zu prü- fenden Flüssigkeit im Kaninchen - Auge zu Stande kommt, wohl berechtigt, uns mit Bestimmtheit dahin auszusprechen, dass zwar nicht mit Sicherheit Atropin, wohl aber jedenfalls eines der Mydriasis erzeugenden Solaneengifte (Nicotin ver- engt die Pupille) in der qu. Flüssigkeit, mag sie aus Harn, oder dem eingeengten Auszuge von Leichentheüen bestehen, vorhanden ist. Giebt diese Flüssigkeit ausserdem die bekann- ten Alkaloidreactionen, so kann der Sachverständige sein Gutachten in der oben formulirten Fassung ganz unbedenk- lich abgeben. 2) Strychnin ist in seinen physiologischen Wirkungen nicht minder genau bekannt, als Atropin. Die Erzeugung von Tetanus wird bei Fröschen schon nach subcutaner Injection sehr kleiner Strychninmengen beobachtet. Mit Aus- nahme der Jodmethyl- und Jodäthylverbindungen, welche im Handel nicht vorkommen, haben alle Strychninsalze unter allen Bedingungen dieselbe tetanisirende Wirkung; letztere ist also für Strychnin an sich und allein schon ebenso charac- teristisch wie die Mydriasis für Atropin Vergiftung. Leider gilt indess betreffs des zweiten, obigen Kriterium dasselbe für das Strychnin, wie für das Atropin. Zwar ist von dem aus L eichen th eilen und anderen faulenden, thierischen Stoffen dargestellten Sepsin nicht bekannt, dass es Tetanus erzeuge; allein eine ganze Beihe anderer pflanzlicher Giftsubstanzen thuen es. Unter ihnen will ich nur des Pikrotoxin gedenken^ 254 H. Köhler, physiologische Versuche als Beweismittel. und hervorheben, dass auch das Saponin, nach meinen Unter- suchungen, Tetanus und Zuckungen hervorruft. Wie das Strychnin, geht auch Pikrotoxin unverändert ins Blut (ob in dieExcrete, ist unbekannt) über; man kann Frösche durch Blut mit Pikrotoxin vergifteter Thiere unter Tetanus verenden sehen; als Unterschied in dem Bilde der Vergif- tung beider ist höchstens das Aufgeblasensein des Bauches bei Fröschen und die sogenannten Schwimmbewegungen bei Warmblütern nach Einverleibung von Pikrotoxin hervorzuhe- ben, Aehnliche Differenzen lassen sich jedoch bezüglich an- derer ebenfalls tetanisirender Gifte, zumal auch sie beim Frosche in sehr grosser Verdünnung und unter allen Bedin- gungen Streckkrämpfe erzeugen, nicht geben (hierher gehören viele Opiumalkaloide), und ist man daher von einer Flüssig- keit (bezw. dem gelösten Rückstande des Auszuges von Lei- chencontentis in Fällen eines Verdachtes auf stattgehabte Vergiftung), welche bei Fröschen subcutan injicirt Tetanus hervorbringt, nur berechtigt zu erklären, dass sie ein teta- nisirendes Grift — nicht mit Gewissheit, dass sie Strych- nin — enthalte. Da auch die Opiumalkaloide Stickstoff ent- halten, so berechtigt auch das Gelingen der Alkaloidreactionen an sich nicht , die Gegenwart von Strychnin anzunehmen. Wohl aber wird der Verdacht vorliegender Strychnin Vergiftung zur Gewissheit, wenn es gelingt, Krystalle zu isoliren, welche die Chrom-Schwefelsäurereaction geben [auch Pikrotoxin giebt eine solche; wie beide zu unterscheiden sind, habe ich in einer früheren Arbeit (man vgl. dieses Archiv CXXXIV p. 247) dargethan] , und deren Lösung durch die Alkaloidreagentien gefällt werden, also Stickstoff enthalten. Dann kann man als Export unbedenklich das Gutachten abge- ben, dass das in den zu untersuchenden Leichenresten aufge- fundene und bei Fröschen Tetanus hervorrufende Gift, bezw. Alkalo'id, Strychnin sei. Der Versuch, andere Alkaloide, als die eben aufgeführ- ten, durch das physiologische Experiment in foro nachzuwei- sen, ist meines Wissens in praxi nicht gemacht worden. Das Calabar, an welches man, wie ich in der Einleitung aus- S. Köhler, physiologische Versuche als Beweismittels 255 führte, etwa zunächst denken könnte, dürfte Giftmördern doch zu schwer zugänglich sein; auch hier würde wieder, da auch Opiumalkaloide die Pupille verengen (dgl. Nicotin) nur auf das Vorhandensein eines die Pupille verengenden Giftes, nicht aber mit Bestimmtheit auf die Gegenwart von Physo- stigmin zu erkennen sein. IL Von den Glukosiden*) hat man bisher nur das Digitalin durch das physiologische Experiment nachzuwei- sen gesucht. Im Nachstehenden werde ich, wie ich hoffe, überzeugend darthun, dass auch von dem von mir jüngst genau studirten Saponin mit eben demselben und vielleicht mit noch grösserem Rechte eben dasselbe behauptet werden kann. 3) Das Digitalin anlangend, so gehört dasselbe zu den sogenannten Herzgiften d. h, Substanzen, welche dem Her- zen mit dem Blute zugeführt Lähmung der das Herz in Bewegung erhaltenden und steuernden nervösen Gebilde (Ganglien) und schliesslich Unerregbarkeit auch des Herz- muskels für die stärksten elektrischen Ströme — (daher erst Herzverlangsamung und später Herzstillstand) hervorbringen. Auch über die physiologischen Wirkungen des Digitalin besitzen wir die vorzüglichsten Arbeiten; kaum dürfte ihren Eesulta- ten etwas zuzufügen sein. Allein bei dem Digitalin am aller- meisten macht sich der in der zweiten obigen Frage betonte Umstand geltend, dass die Zahl der Herzgifte (Aconitin, Col- chicin, Scillitin, Veratrin, Physostigmin , Atropin, Saponin, Ni- cotin, Muscarin und gewisse Pfeilgifte, wie Antiarin und das Kombe-Gift (aus Strophanthus hispidus Apocyn.) eine sehr grosse ist und diese Gifte sämmtlich, wenigstens in ge- wissen Stadien der Vergiftung Verlangsamung, Beschleunigung oder Sistirung der Herzaction nebst Aufhören der Irritabilität der Herzmusculatur bedingen. Auf den ersten Blick haben sie viele Eigenthümlichkeiten gemein und es gehört die Geübt- *) Nach den neuesten Untersuchimgen von Rone her gehören die wirksamen Bestandtheile der Digitalis (wie schon Walz behauptete) zu den Glukosiden, 256 H. Köhler, physiologische Versuche als Beweismittel. heit des Physiologen und die genaue Kenntniss einer grossen Anzahl in Vivisectionen gipfelnder Manipulationen dazu, um characteristische Unterschiede, deren Aufführung und einge- hendere Erörterung die Tendenz dieses Journales verbietet, in den Wirkungen derselben aufzufinden. Das Froschherz darf allerdings in erster Linie als das empfindlichste Reagens auf diese Herzgifte bezeichnet werden; denn ihre Wirkung macht sich selbst noch an dem aus dem lebenden Frosche geschnittenen, feucht gehaltenen und alsdann noch stunden- lang fortpulsirenden Herzen geltend. Manche derselben , wie Aconitin und Saponin, bringen, wenn nur einige Tropfen davon direct auf die Musculatur der Herzwände gestrichen werden, die oben mehrfach erwähnten Wirkungen hervor; andere thun dieses nur, nachdem sie in die Blutbahn gelangt und so mit den gangliösen Bewegungsapparaten des Herzens in Berüh- rung gekommen sind. Jedenfalls werden sämmtliche oben aufgeführte Alkaloide und Glukoside durch die bezüglich der Herzbewegung ihnen eigenthümlichen Wirkungen characteri- sirt. Auch die Einspritzung scpsinhaltiger Flüssigkeiten ruft keinerlei hiermit zu vergleichende Erscheinungen hervor. Da endlich keinerlei Bedingungen, unter welchen diese paralysi- rende Wirkung der als Herzgifte bezeichneten Substanzen auf das Herz ausbleibt, bekannt sind und dieselben bei ihrem Durchgange durch den Organismus, soweit bis jetzt bekannt (die früher vermuthete Zersetzbarkeit gewis- ser hierher gehöriger Körper, z. B. des Digitalin, haben neuere Forschungen nicht bestätigt) che- misch nicht verändert werden, so kann es keinem Zw^eifel unterliegen, dass das Froschherz in dem im Vorstehenden erörterten Sinne als Reagens auf die Gegenwart eines Herzgiftes benutzt werden darf Immerhin wird aber vor- aussichtlich mancher chemische Expert, weil er vor der Vi- visection eines Frosches Abscheu empfindet, oder die hierzu nöthig werdenden Manipulationen für schwieriger hält, als sie 68 in der That sind, von derartigen Versuchen abstehen. Hiermit hätten wir den von Tardieu und Roussin etwas übertriebenen Werth der Experimentation physiologique H. Köhler, physiologische Versuche als Beweismittel. 257 bezüglich derjenigen Gifte, deren Gegenwart mittelst dieser Methode in foro nachzuweisen versucht wurde, nemlich des Atropin, Strychnin und Digitalin, auf sein richtiges Maass zurückgeführt. Nicht die ebengenannten Substan- zen, sondern 3 verschiedene Typen von Giften, welche dieselben repräsentiren , die pupillenerweitern- den (Atropin), tet anisi renden (Strychnin) und Herz gifte sind wir durch Thierversuche zu con- statiren im Stande; welches der einzelnen Gifte aus jeder Gruppe im concreten Falle vorliegt, wird durch das genannte Experiment nicht, oder wenigstens nur äusserst selten zu entscheiden sein. Hier kommen dann die während des Lebens beobachteten Erscheinungen, die Gesammtheit der Kebenumstände , die Ergebnisse der forensisch - chemischen Analyse (für deren einzuschlagenden Weg das Resultat des Thierversuchs vielfach Handhaben liefern wird) und der patho- logisch-anatomische Befund zur Geltung, und wird sonach der Thierversuch an sich nie mehr, als die Be- deutung eines Hülfsmittels für den chemischen Giftnachweis in foro beanspruchen dürfen. Eine Erweiterung dürfte die Zahl der, wie wir uns am passendsten ausdrücken, durch Thierversuche nach- weisbaren Giftgruppen, nach den jüngst von mir ver- öffentlichten Untersuchungen*) durch diejenigen in den Fa- milien der Sileneen (Saponaria offic, Gypsophila Struthium, Agrostemma Githago), Polygaleen (P. Senega), Spiräa- ceen (Quillaja Saponaria) und Sapoteen (Chrysophyllum gly syphlaeum : C. M o n e s i a e) vorkommenden Glukoside, welche man mit dem Namen des „ S a p o n i n " bezeichnet, **) erfahren. Bei ihnen haben wir die characteristische Herz- *) Die lokale Anästhesirung durch Saponin. Experimental-pharma- cologische Studien von Dr. Hermann Köhler, Docent an der Universität Halle. Halle C. E. M. Pfeffer 1873. 8. 107 S. **) Der Grad der Wirksamkeit ist bei den verschiedenen als Sapo- nin bezeichneten Substanzen, je nach ihrer Abstammung so ver- schieden (bei dem aus der Quillaja ist sie am intensivsten) , dass es sich unmöglich xun ein chemisches Individuum „Saponin" handeln kann. Arch. d, Pharm, III. Reihe. II. Bds. 3. Heft. 1 7 258 Köhler, physiologische Versuche als Beweismittel. Wirkung der Herzgifte; beim Aufpinseln von 4 Tropfen einer (6%) Saponinlösung auf das Froschherz tritt von langen (halbminütlichen) Stillständen unterbrochenes Sinken der Herz- frequenz auf ^/4 der normalen Zahl der Herzschläge und schliesslich dauernder Herzstillstand unter gänzlichem Auf- hören der electrischen Erregbarkeit der Herzmusculatur ein. Ausserdem aber ist das Saponin dadurch characterisirt, dass Injection von 4 — 6 Tropfen obiger Lösung unter- die Haut an der Wade innerhalb 5 — 6 Minuten gänzliche Empfindungslosigkeit, beschränkt auf die Stelle der Einspritzung nach sich zieht. Wäh- i*end der Oberschenkel für Insulte, chemische und electrische Reize empfänglich bleibt, kann man den saponisirten Unter- schenkel des Frosches mit Säure betupfen , brennen , kneipen, schneiden , amputiren oder mit einem Gewicht zerschmettern, ohne dass das Thier im geringsten reagirt. Es hat sich eben zufolge der Saponisirung eine lokale, complete Anaes- thesie an der Inj ections stelle ausgebildet, welche das Saponin, (auch von der Herzwirkung abgesehen) un- ter allen bekannten giftigen Substanzen aus- zeichnet und streng characterisirt. Da ferner keine sepsinhaltige Flüssigkeit ähnliches bewirkt, diese lokale Anaesthesie beim Frosche unter allen Bedingungen (bei ver- dünnteren Saponinlösungen nur langsamer) zu Stande kommt, und das Saponin , soweit es die vorliegenden Beobachtungen ausweisen, in der Blutbahn nicht verändert wird, so sind wir um so mehr berechtigt, im Saponin eine vierte Gift- gruppe, die der lokal anästhesir enden, welche durch das physiologische Experiment an Thieren in foro nachweis- lich sein dürfte, zu statuiren, als die chemischen Reactionen, welche sich zum Schluss dieser Abhandlung zusammengestellt finden nur wenig Characteristisches zeigen. Sonach werden wir mittelst des Thierversuches allein zwar nicht Atropin, Strychnin , Digitalin und Saponin , wohl aber mit Bestimmt- heit das Vorhandensein folgender 4 Giftpruppen nämlich: 1) der pupillenerweiternden (Atropin, Daturin, Hyoscyamin), Kohlet-, physiologisolie Versuche als Beweismittel. 259 2) der tetanisir enden (Strychnin, Piki^otoxin u. s. w.), 3) der das Herz lähmenden (Antiarin, Aconitin, Digi- talin u. s. w.) und 4) der lokal anaesthesirenden (Saponingruppe), im concreten Falle bei der forensischen Expertise constatiren können. In diesem mehrfach betonten, beschränkten Sinne ange- wandt wird das physiologische Experiment als Hülfsmittel bei den bezeichneten Untersuchungen nicht zu unterschätzen sein. Giebt Beispielsweise — den chemischen Befund stel- len wir stets in erste Linie — der vorschriftsmässig hergestellte Auszug auf Gegenwart eines Pflanzengiftes zu prüfender Leichencontenta die allgemeinen Alkaloidreactionen, so wird man, wenn ein Tropfen des qu. Extractes ins Kanin- chenauge gebracht Pupillenerweiterung erzeugt, auch dann mit Fug recht begutachten , dass in dem concreten Falle ein pupillenerweiterndes Gift als Todesursache anzunehmen sei, wenn die Beiiidarstellung des Alkaloi'des selbst nicht gelingt. Dieses Gift aber näher (als Atropin, Hyoscyamin etc.) zu bezeichnen berechtigen die erlangten Daten der Untersuchung nicht, was auch keinesweges zu bedauern ist, da sich der Richter wohl in den allermeisten Fällen mit dem in obiger Weise gefassten Tenor des Gutachtens zufrie- dengestellt erklären dürfte. Als Wegweisendes Hülfsmittel der forensisch chemischen Analyse, nicht als Beweismittel von der Bedeutung des letz- teren , oder des Leichenbefundes , oder der vor dem Tode beobachteten Erscheinungen, haben wir daher das physiolo- gische Experiment in gerichtlichen Fällen aufzufassen. So verwerthet und in seinen Ergebnissen gedeutet, wird es als brauchbare Erweiterung der forensischen Untersuchungsmethode zu bezeichnen sein. Die Frage, ob man mit dem hergestellten Auszuge von Leichentheilen erst chemische Beactionen anstellen, oder zu- erst physiologische Versuche an Thieren vornehmen solle, ist eine müssige. Der chemische Nachweis bleibt in erster Linie bestehen; wo es genügt, wo man z. B. krystallinisches Alka- li* 260 Köhler, physiologische Versuche als Beweismittel. lo'id isolirt hat, liefere man dieses als Corpus delicti ab; wo der chemische Befund nicht so schlag'end beweisend ist, oder es sich um Substanzen, wie Atropin, Digitalin, Saponin etc. handeln könnte, wird man bei einiger Vorsicht immer soviel von den Auszügen übrig behalten können, um einen oder mehrere Frösche zu vergiften; wo aber das Untersuchungs- material so knapp zugemessen ist, dass es zu letzterem Behuf Nichts abgiebt, wird voraussichtlich auch die Reindarstellung eines Alkaloides etc. aus demselben nicht gelingen; ist dieses der Fall, dann mag der Expert immerhin Pröbchen des Rück- standes zur Mikrosublimation , und andere zu Thierversuchen verwenden, jedenfalls aber von dem Wenigen mindestens die Hälfte behufs etwa von anderer Seite beliebter Controlver- suche irgend welcher Art aufheben und der Gerichtsbehörde einsenden. Schliesslich stelle ich die Reactionen des Saponin nach den a. a. 0. von mir veröffentlichten einschlägigen Unter- suchungen nochmals kurz zusammen. Sie werden meinen obigen Ausspruch , dass genannter Körper chemisch unvollkom- men characterisirt sei, man also auf andere neue Hilfsmittel (als chemische Reactionen) beim Nachweis desselben wohl bedacht sein könne, genügend erhärten. Ueber die chemischen, zum Nachweis des Saponin brauch- baren Reactionen dieses Körpers finden sich nur bei Dragen- dorf f *) ausführlichere Mittheilungen. Wie bereits früher berichtet wurde, war diesem Forscher die Thatsache, dass sich Saponin gegen bromhaltige Schwefelsäure eben- so wie Digitalin verhält , nicht entgangen ; von seiner ersten Annahme, dass diese Saponin-Reaction auf eine Verun- reinigung gen. Substanz zurückzuführen sei, ist Dr. zurück- gekommen. Ausser derselben führt dieser ausgezeichnete Forscher auch das Verhalten des Saponin gegen F r ö h d e' s Reagens und gegen concentrirte Schwefelsäure ohne Brom oder Molybdänzusatz an. Letzteres Reagens liefert eine bräunliche, zuletzt einen Stich ins Blauviolette zeigende *) Beiträge zur gerichtlichen Chemie einzelner organ. Gifte p. 47. Köhler, Reactionen des Saponin. 261 Auflösung. Eigentliche Farbenreactionen — von der Schwe- felsäurereaction abgesehen — zu entdecken, ist mir nicht gelun- gen. Dass ich mich ernstlich darum bemüht, mögen die nach- folgenden Angaben, welche zugleich das chemische Verhalten genannten Körpers eingehender, als früher geschehen ist, illu- striren, beweisen. Das darüber Notirte fasse ich in folgenden Punkten zusammen. 1) Saponin giebt mit Wasser eine wie Seifensolution schäu- mende, opalisirende Auflösung. In Aether ist es unlöslich; dagegen löst es sich in Petroleumäther, Benzin, Chloroform und Amylalkohol. 2) Concentrirte Schwefelsäure giebt damit eine carmoisin- rothe, einen Stich ins Bräunliche besitzende Auflösung, wel- che nach viertelstündlichem Stehen einen violett - azurblauen Rand zeigt, 3) Bichromatzusatz zerstört diese Beaction und lässt eine schmutzig grünliche Flüssigkeit entstehen. 4) In verdünnter und concentrirterer Salpetersäure löst sich Saponin mit gelber Farbe leicht und ohne einen Bück- stand zu hinterlassen auf 5) Zusatz von Bichromat giebt auch in der salpetersauren Lösung zu keinerlei Farbenreaction Anlass, 6) Beim Kochen des Saponin mit concentrirter Phosphor- säure tritt weder ein characteristischer Geruch auf, noch kommt eine Farbenreaction dabei zu Stande. 7) Zusatz von Bichromat zu der phosphorsauren Lösung ändert an diesen Verhältnissen nichts. 8) Mit Chlorwasserstofisäure eingedampft, giebt Saponin eine graue Gallerte; Bichromatzusatz bewirkt nur eine dunk- lere Lösung. 9) Essigsäure löst Saponin farblos (und schwierig) auf; auch hierbei bedingt Bichromatzusatz keine Farbenänderung. 10) Dass das Saponin durch verdünnte Mineralsäuren nach Art anderer Glukoside gespalten wird, ist in der Einleitung bereits bemerkt. 11) Ammoniakflüssigkeit löst Saponin schon in der Kälte unter Schaumbildung; Essigsäurezusatz (auch in der Koch- 262 Xöhler, Reactionen des Sapouin. hitze) trübt diese Lösung unter Wiederabscheidung des Sapouin. 12) Kaustische Natronlösung nimmt Saponin ebenfalls auf; die Lösung bleibt aber stets weniger klar und schäumt ganz wie Seifeulösung ; Essigsäurezusatz bringt auch hier die unter 11) erwähnte Veränderung hervor. 13) Genau wie Ammoniak und Natronhydrat verhält sich Kalihydrat. 14) Auch Alkalicarbonate liefern schäumende , opalisirende Saponinlösungen , Säurezusatz präcipitirt das Glukosid auch aus diesen. 15) Die Bicarbonate der Alkalien verhalten sich den Car- bonaten analog. 16) Durch Galläpfeltinctur wird in Saponinlösung eine weisliche, flockige, in der Kochhitze wieder verschwindende Trübung erzeugt. 17) Ebensolche weissliche Trübungen bedingen Kalium- eisencyanid und Rhodankalium , während 18) Kaliumeisencyanür die Saponinlösung nicht ändert. 19) Jod-jodkalium, 20) Bichromat von Kali, 21) Picrinsäure verändern Saponinlösungen ebensowenig. 22) Barythydrat fällt Saponinlösungen weiss; der Nieder- schlag ist in der Kochhitze unauflöslich und ballt sich zu- sammen. 23) Bleiessig erzeugt ebenfalls einen voluminösen, weissen beim Kochen zusammenballenden, unlöslichen Niederschlag. 24) Aus alkalischer Kupferlösung scheidet Saponin nur Spuren von Kupferoxydul ab; die reine Kupfersulfatlösung wird dadurch nicht alterirt. 25) Essigsaures Zink, 26) Eisenchlorid, erzeugen in Saponinlösungen in 27) Chlorzinn, / der Kochhitze nicht wieder ver- 28) Arsenige Säure und schwindende Trübungen. 29) Millon'sches Reagens . 30) Silbernitratlösung wird beim Kochen mit Saponin lang- sam verändert (reducirt); Köhler, ßeactiouen des Saponin. 263 31) Goldchlorid, \ ^ . . ^ ,. i ^ , .„ , 1 . 1 V seben keine ßeactionen. 32) Quecksilberchlorid J *= Der Ifachweis des Saponin in wässrigen Flüssigkeiten gelingt, wie bereits D rag e n d o r f f (a. a. 0. 48—49) dargethan hat, nach dem von demselben vervollkommneten Ausschüttelungs- verfahren leicht, da Saponin sowohl aus saurer, als aus alka- lisch gemachter wässriger Lösung in Petroleumäther, Amylalkohol, Chloroform und Benzin übergeht. Dragendorffs Angabe, dass der Rückstand aus dem durch Schütteln der sauren Lösung gewonnenen Chloroform- und Benzinauszuge weder lokale Anaesthesie, noch Herzlähmung (bei Fröschen) bewirkt, während es das durch Amylalkohol gewonnene Extract thut, kann ich für den Chloroformauszug bestätigen, einen Herzstillstand des saponisirten Froschherzens in derDia- stole (Brandt) habe ich niemals beobachtet.*) Endlich kann ich nicht umhin zu betonen, dass ich, gewis- sen Autoritäten gegenüber, die bei subcutaner Injection bre- chenerregenden Alkalo'ide, Emetin und Apomor- phin, aus der Liste derjenigen Grifte, welche durch physiologisches Experiment in foro nachweislich sind, mit gutem Grunde streichen zu müssen geglaubt habe. Als Versuchsthier in der- artigen Fällen wird, da Kaninchen bekanntlich nicht erbrechen, nur der Hund brauchbar sein. Indess bricht dieses Thier nicht nur nach Einspritzung von Emetin und Apomorphin, sondern auch nach Einverleibung von Sepsin enthaltenden Flüssigkeiten (Bergmann: das putride Gift; Dorpat; Glä- ser 1868 octavo p. 11). Hiermit fällt alle Beweiskraft dafür, dass ein in Wasser aufgenommenes Extract aus Leichencon- tentis, welches bei Hunden Brechen erzeugt, Emetin oder Apomorphin enthalte, fort und ist die Verwendung des meist nicht im Ueberfluss vorhandenen Untersuchungsmaterials bei *) Das Cantharidin habe ich in meinen Betrachtungen absichtlich ganz ausser Acht gelassen und nur die Alkaloide und Glukoside berück- sichtigt. Neue Gesichtspunkte über diesen interessanten Körper zu erschliessen, dürfte nach den classischen Untersuchungen Dragendorffs Uöd geijier Schüler kaum möglich sein, jST. 264 L. Leiuer, Notiz über gefärbtes Rinds - Schmalz. forensischem Giftnachweis , um so weniger durch derartige Einspritzungen zu rechtfertigen, als ausserdem „Erbrechen aus gar keinem Grunde" wie sich Bergmann am a. 0. ausdrückt, „bekanntlich der Hunde Natur" ist. Notiz über gefärbtes Rinds - Sehmalz. Von Ludwig Leiner. Eine durch ihre hochgelbe Farbe verdächtige Schmalz - Sorte wurde mir zur Untersuchung übergeben. Das Rinds - Schmalz für sich ergab sich als ungefälscht, die Farbe aber künstlich erhöht. Ganz kleine braunrothe Bröckchen waren am Grunde des Schmalz - Behälters und in der untern Schichte erkennbar und auslesbar; einige davon von mehr braunschwärzlicher Farbe. Zerdrückt zeigten sie orangerothen Strich, waren innen weich, butterähnlich. Im Platinlöffel erhitzt gaben sie nach Schmelzen und Verbrennen des sie einhüllenden Schmalzes, ohne weiters zu schmelzen, stark brenzlich riechenden und russenden Rauch und brann- ten mit deutlichem Flammen unter Rücklassung gelblich- grauer Asche. Wasser löste von den Klümpchen nur wenig, in Alkohol und Aether lösten sie sich mit orangerother Farbe. Schwefelsäure färbte sie sogleich indigblau, dann grünlich und schmutzig - violett. Die weiters noch gemachten Lösungs- Versuche in Alkalien zu rother Farbe wiesen mit allen andern Keactionen auf Orlean. Mit Orlean angestellte Gegenver- suche und Vergleichung unter dem Mikroskope bestätigten die Annahme. Die kleinen Bröckchen und Pünktchen im Schmalze waren der rothe klebende IJeberzug der Samen von Bixa Orellana, welcher zur Erhöhung der Farbe des Bonst natürlichen Rinds -Schmalzes zugesetzt war. 265 B. Monatsbericht. I. allgemeine nind ange^wandte Ohemie. Darstellung Ton SulfurylcMorid. In letzter Zeit ist wiederholt das Verhalten von SO 3*) beim Zusammenbringen mit Chloriden der Metalloide unter- sucht worden. Schützenberger stellte z. Beisp. fest, dass CGI* sich mit 80^ umsetzt zu Phosgengas (COCl^) und zu dem Chlorid der Nordhäuser Schwefelsäure S^O^CF, also iNordh. Schwefels., in welcher die beiden Hydroxyl (HO) -Grup- pen durch Chlor ersetzt sind. Neuerdings hat nun G. Gustavson durch Einwirkung von SO 3 auf BCP SulfurylcMorid SO^Cl« erhalten. Die Ausbeute ist am ergiebigsten, wenn man auf 1 Molekül Chlorbor 2 Mo- leküle Schwefelsäureanhydrid in Glasröhren einschmilzt und dieselben circa 8 Stunden bei 120** erhitzt. Nach beendigter Reaction wurden die Eöhren geöffnet und das Flüchtige aus denselben im Wasserbade abgetrieben. Die erhaltene Flüs- sigkeit ging bei nochmaliger Destillation fast vollständig bei 70 — 71° über und lieferte mit Wasser zersetzt Schwefel- und Salzsäure. SO^Cl^ -f 2H20 = 2HC1 -!- H^SO* Die Ana- lyse bewies ihre Zusammensetzung nach der Formel SO^Cl^ Theorie : Versuch : Cl 52,59%. 1.0152,88%. 11.52,88%. S 23,70%. I. S 23,23%. IL 23,46%. Die Reaction verläuft demnach wahrscheinlich nach der Gleichung : 2BC13 + 4S03= 3S02C12 + B203.S03. *) = 16. 266 Kohlenstoffoxysulfid. Die gleichzeitig gebildete Verbindung von Borsäure- und Schwefel Säureanhydrid bleibt nach dem Abtreiben von SO^Cl''* als feste Masse in den Röhren zurück, reagirt heftig mit Wasser, sich in H^BO^ und H^SO'^ umsetzend: B203.S03 + 4H20 = H2S04+ 2H3B03. Auf ähnliche Weise, indem Borbromid auf Schwefelsäure- anhydrid einwirkte, Sulfurylbromid SO^Br^ darzustellen, ist Herrn Gustavson nicht gelungen. (^Aus d. Bericht, d. deutsch, ehem. Ges. 1873. S. 9.). C. J. Kohlenstoffoxysiilfld, M. Berthelot hat dieses von Than entdeckte Gas genauer studirt; dasselbe entsteht bei der Einwirkung von mit dem gleichen Volum Wasser verdünnter Schwelelsäure auf Bhodankalium und entspricht der Formel C^O^S^ Auf- gelöstes Kalihydrat absorbirt das Gas viel schneller als den Dampf von Schwefelkohlenstoff. Flüssiges Brom und conc. Schwefelsäure verhalten sich dagegen ebenso wie gegen Koh- lenstoflfsulfid. Weingeisiige Kalilösung absorbirt beide mit gleicher Heftigkeit. Absoluter Alkohol und die flüssigen Kohlenwasserstofie lösen das Gas reichlich auf. Flüssiges und gasförmiges Ammoniak sind das beste Unterscheidungsmittel des Oxysulfids vom Sulfid; letzteres reagirt nur langsam darauf, während das Oxysulfid rasch absorbirt wird; es findet dabei folgende Beaction statt: C202S2 + 2NH3 = C2H3]SS202,NH3. Behandelt man die gebildete Verbindung in wässriger Lösung mit kohlensaurem Bleioxyd, so bildet sich sehr rasch Schwefelblei und Harnstoff: C2H3NS202,NH3— H2S2«= C^H^N^O». Erhitzt man die wässrige Lösung in einem verschlosse- nen Glasrohr auf 100^, so erhält man Schwefelcyanammo- nium: C2H3NS202,NH3 — H202 = C2HNS2,NH3. (Annales de Chini. et de Phys. August 1872.). Fcs. Oellacherit. — Coelestin. 267 Oellaclierit. (Ein Barytglimmer) aus dem Pfltsch- tlial bei Sterzing in Tyrol. Dieses von der Naturforscherversammlung so benannte Mineral besteht nach Jos. Oellacher aus: Kieselsäure 42,59 Thonerde 30,18 Eisenoxyd 0,91 Eisenoxydul 1,74 Mangan oxydul 0,12 Magnesia 4,85 Baryt 4,65 Strontian 0,09 Kalk 1,03 Kali 7,61 Natron 1,42 Wasser 4,43 99,62. {Zeitschrift d. deutsch, geolog. Gesellsch. 1872. S. 763. Zeit- schrift d. allg. öster. Apoth. -Vereins. Nr. 1, v. I.Januar 1873. S. 12). a Schulze. Coelestin. Bekanntlich wurde die Beobachtung, dass die Winkel der Krystalle des Coelestins keine constanten Werthe liefern, durch eine kleine Beimischung isomorphen Baryumsulfats erklärt. A. Arzruni hat nunmehr Coelestin von sechs verschiedenen Fundorten untersucht und gefunden, dass in keinem derselben Baryumsulfat vorhanden war, dagegen in allen sich geringe Mengen Calciumsulfat nachweisen Hessen; und zwar schwankte der Calciumgehalt zwischen 0,157 bis 0,247 ^Iq. Dieser wechselnde Calciumgehalt ist insofern von Bedeutung, als er ein Beweis ist für die Isomorphie der Sul- fate des Strontiums und Calciums. Als beste analytische Methode empfiehlt Arzruni, den Coelestin vermittelst (NH*)^ CO^ bei H^O*) Zusatz in zugesohmolzenen Bohren im Wasserbade aufzuschliessen. Die Bohren müssen hierbei horizontal liegen, da bei verticaler Stellung der schwere Coelestin zu Boden sinkt und oft nur sehr unvollkommen, an *) = 16. 268 Analyse d. Epidotes. — Mangan in Boden u. Pflanzen. der Berührungsfläche , umgewandelt wird. Die gänzliche Um- setzung dauerte 12 — 18 Stunden. Die Lösung (HCl) der ent- standenen Carbonate wurde mit (NH*)2S0^ behandelt, wobei SrSO* allein niederfiel. Die abfiltrirte Flüssigkeit wurde bis zu einer gewissen Concentration eingedampft, damit auch das in Lösung gebliebene SrSO* sich abschied. Hierbei riss das Si'SO* auch Spuren von CaSO* nieder, aber auch nur Spu- ren, welche sich aber noch durch den Spectralapparat nach- weisen Hessen. (^Äus d. Bericht, d. deutsch, ehem. Gesellsch. 1872. S. 1043.). Dr. /. Cliemisclie Formel und Analyse des Epidotes. K 1 1 a 1 und C. Ludwig fanden im Mittel gleiche proc. Verhältnisse in der Zusammensetzung des Epidots von Sulz- bach, nemlich: Ludwig: Kottal: Si02 37,83 37,00 AP 03 22,63 22,10 Fe2 03 14,02 13,80 FeO 0,93 0,33 CaO 23,27 25,15 MgO sp. 0,03 MnO sp. — Cl sp. — H^O 2,05 0,26. Es zeigt somit dies Mineral eine bemerkenswerthe Con- Btanz der Zusammensetzung, auch im Vergleich mit älteren Analysen. C. Ludwig erklärt den Epidot für ein Gemenge der isomorphen Eisen- und Aluminiumverbindung und giebt ihm die Formel: Si«A16Ca*H2028 -I- Si^FeeCa^H^O^e.*) (Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 164. S. 211. u. 360.). Et. Bestimmung Yon Mangan in Boden und Pflanzen. Die Methode zur Bestimmung des im Boden und in den Pflanzen schon enthaltenen Mangans ist zu wenig genau, *) = 16. Bestimmung von Mangan in Boden und Pflanzen. ?69 als dass man genügende Resultate erzielen könnte, besonders wenn man nicht mit grossen Massen des üntersuclmngsmaterials arbeiten kann. Das in Nachstehendem beschriebene Verfahren Leclercs besteht darin, das in salpetersaurer Lösung vorhan- dene Mangan in ein Salz der Uebermangansäure umzuwandeln, und letzteres mittelst einer geeigneten Flüssigkeit titrimetrisch zu bestimmen. Diese Umwandlung lässt sich sehr leicht durch Mennige bewirken, weil das Eisen und das Aluminium, die einzigen Körper, welche auf das Hypermanganat einwirken könnten, im Momente der Umwandlung als Oxyde zugegen sind. — Diese ßeaction wird stets eintreten, sofern keine Spur von Chlor in den angewendeten Substanzen enthalten ist. Bevor man die auf ihren Mangangehalt zu prüfende Bodenart mit Salpetersäure behandelt, muss man die in ihr enthaltenen organischen Substanzen durch Glühen möglichst vollständig zerstören, dann die Probe mit reiner Salpeter- säure übergiessen , das Ganze zum Kochen erhitzen, und während des Angriffs der Säure ein Verdampfen zur Trockne sorgfaltig vermeiden. Nachdem vollständiger An- griff erfolgt ist, filtrirt man die Flüssigkeit und verdünnt sie auf ein bestimmtes Volum. Einen Theil derselben, und zwar denjenigen, in dem man das Chlor durch salpeter- saures Silberoxyd bestimmt hat, erhitzt man in einer Por- zellanschale zum Sieden, dann entfernt man sie vom Feuer und versetzt sie unter beständigem Umrühren mit einer kleinen Quantität Mennige. Es entsteht eine schön violette Färbung von übermangansaurem KaK, welche zum Theil durch die Farbe des braun abgesetzten Bleioxydes verdeckt wird. Wenn die Flüssigkeit zu schwach sauer war, so wird die Mennige nicht angegriffen, in diesem Falle setzt man eine geringe Menge Salpetersäure zu, um die Eeaction zu begünstigen. Man lässt das Ganze einige Minuten ruhig stehen, damit das Ausgeschiedene sich absetzen kann, und filtrirt dann durch ganz chlorfreien Asbest. Hierauf schreitet man zum Titriren der filtrirten Flüssigkeit. Da die Gegen- wart des salpetersauren Bleioxyds die Anwendung des schwe- felsauren Eisen oxydul- Ammoniaks wie der Oxalsäure zum Titriren nicht gestattet, so giebt das salpetersaure Queck- silberoxydul sehr befriedigende Resultate. Dieses Salz wandelt sich in Gegenwart eines kräftigen Oxydationsmittels, wie des übermangansauren Kalis, in salpetersaures Quecksilberoxyd um, und das Ende der Zersetzung wird indicirt durch den raschen Uebergang der zarten Rosafarbe der Lösung des Hypermanganats in Grünlichgelb, wenn viel Mangan, oder 270 Znsammensefzung des Chlorkalke''. in eine ungefärbte Lösung, wenn nur wenig Mangan vor- handen war. Die Titrirung gelingt am leichtesten, wenn die Flüssigkeit sauer ist. Den Titre der Lösung des salpeter- sauren Quecksilberoxyduls stellt man mittelst einer titrirten Chamäleonlösung. Die Theorie dieser Methode wird durch die Formel re- präsentirt : KO, Mn'^ 0' + 4(Hg2 0, NO^) -f 5 NO^ = KO, NO^ + 8 (Hg 0, X05) + Mn^ 0^. {Aus den Comptes rendus t. LXXV, p. 1209. Polt/t. Journ. Dingler. Bd. CG VI, p. 366.). Er. Zusammensetzung des Chlorkalkes. Prof. Calvert in Manchester ist bekanntlich bei seinen Untersuchungen des Chlorkalks zu der Schlussfolgerung ge- langt, dass beim Zusammenbringen von Chlor und gelöschtem Kalke nur ein Drittel des Chlors in den Zustand von unterchlorigsaurem Kalk übergeht, und die andern zwei Drittel Chlorcalcium bilden. Mit andern Worten ausgedrückt, würde man nach Calvert eine Verbindung erhalten, deren Zusammensetzung , abgesehen von dem überschüssigen Kalke, durch die Formel CaO, CIO -|- 2 CaCl ausgedrückt würde. Bei einer im Jahre 1867 von J.Kalb ausgeführten Unter- suchung war derselbe zu folgenden Resultaten gelangt: 1) Das Maximum von Chlor, welches von einem pulver- förmigen Kalkhydrat absorbirt wird , giebt einen Chlorkalk von 123 Chlorimetergraden , dessen Zusammensetzung ziemlich genau der Formel 2 Ca Cl + Ca 4- 3 HO entspricht. 2) Die filtrirte Lösung dieser Verbindung giebt 2 CaO, C12= CaO, CIO -{- CaCl, wodurch die Richtigkeit der bisher angenommenen Zusammensetzung vollkommen bestätigt wird. Diese Resultate stehen mit den in den Laboratorien täglich zu beobachtenden Erscheinungen im Einklänge. Die von Calvert aufgestellte Formel für den Chlorkalk CaO, CIO -f- 2 CaCl scheint auch durch folgenden Versuch widerlegt zu werden. Wenn man ein Liter Chlor von Kalk absorbiren lässt, und den erhaltenen Chlorkalk mit einer Häure, z. B. Salzsäure, behandelt, so würde man nach Calvert nur zwei Drittel des absorbirten Chlors wieder in Freiheit setzen können: CaO, CIO -{- 2 CaCl + 2 HCl = 3 CaCl -|- Zusammensetzung des Chlorkalkes. 271 2 HO + 201, während in Wirklichkeit dadurch das ganze Liter Chlor in Freiheit gesetzt wird , was sich nur durch die Gleichung CaO, CIO + CaCl + 2 HCl = 2CaCl + 2 HO + 2 Cl erklären lässt. Dem zufolge erscheint Calvert's Ansicht als irrige , und könnte wohl von der von ihm ange- wendeten analytischen Methode herrühren. Er behandelt nemlich die fiUrirte Lösung des Chlorkalks mit einem Kohlen- säurestrome, durch welchen das Chlorcalcium nicht angegriffen, der unterchlorigsaure Kalk dagegen zersetzt, und in kohlen- sauren Kalk übergeführt wird , dessen Gewicht die Menge des an die unterchlorige Säure gebundenen Kalkes und somit die Menge des unterchlorigsauren Salzes selbst anzeigt. Die filtrirte Flüssigkeit enthält das Chlorcalcium, welches man nach den gewöhnlichen Methoden bestimmen kann. — Der wesentlichste Einwand gegen diese Methode gründet sich darauf, dass, wenn man eine Lösung von Unterchlorigsäure in Gegenwart von frisch gefälltem kohlensaurem Kalke bis zum Sieden erhitzt, ein Theil dieses kohlensauren Kalkes zu Chlorcalcium umgewandelt wird. Andrerseits ist der Kalk im Chlorcalcium, und folglich im Chlorkalk, ziemlich löslich. Die Lösung dieses letztern enthält stets einen Ileberschuas von Kalk, welcher bei der auf die Bestimmung des Kalkes gegründeten Berechnung des Chlors eine Fehlerquelle bildet. Andrerseits behandelt Calvert ein bestimmtes Gewicht von trocknem Chlorkalk mit absolutem Alkohol, welcher nach seiner Angabe nur das Chlorcalcium löst; letzteres wird dann in der alkoholischen Lösung bestimmt. Hiernach also müsste der unterchlorigsaure Kalk ungelöst auf dem Filter bleiben, bei der Controle dieses Versuchs jedoch waren nur Spuren des unterchlorigsauren Kalkes auf dem Filter vorzufinden, wie wohl zu erwarten war, wenn man bedenkt, dass man einen so leicht oxydabeln Körper wie Alkohol mit einem so leicht desoxydirbaren wie Chlorkalk zusammenbringt. Die von Kalb angewandte analytische Methode ist folgende : Der gepulverte Chlorkalk wird gelöst und filtrirt. Ein Theil der Flüssig- keit wTirde in der Kälte mit Ammoniak versetzt, dann zum Sieden erhitzt, dadurch wurde der unterchlorigsaure Kalk zu Chlorcalcium umgewandelt, und dann der gesammte Chlor- gehalt als Chlorsilber bestimmt. In einem andern Theile der Lösung wurde das Chlor der Unterchlorigsaure nach Gay- Lussac's chlorimetrischer Methode bestimmt. Der gesammte Kalk und die andern fixen Bestandtheile wurden nach den gewöhnlichen Methoden in dem vorher durch Ammoniak zu Chlorcalcium umgewandelten Chlorkalkpulver bestimmt. : — 272 Ueher die Entstehung von Chloroform. Vergleichsweise theilt Kalb die Eesnltate der Analyse des- selben Chlorkalkes nach beiden Methoden mit. Nach der mit Anwendung seines Verfahrens ausgeführten Analyse enthält dieser Chlorkalk: Ca 0, CIO 36,4 = C1 18,2 CaCl 30,2 = Cl 19,4 37,6^ Nach Calverts Methode (Fällung mit Kohlensäure) ent- hält derselbe hingegen: .CaO,C10 28,8 = Cl 14,4 CaCl 39,6 = C l 25,2 39,6. Nach Calverts Verfahren, Auflösen in absolutem Alkohol: Ca 0, CIO Spuren Cl Spuren CaCl 35,4 Cl 24,7. (Aus den Comptes rendus, t. LXXV, p. 1181. Polyt. Journ. Bingler Bd. CCVI, p. 380.). Kr. üeber die Entstehung Ton Chloroform. Ebenso wie nach Lieben reiner Methylalkohol und reine Essigsäure u. s. w. mit Jod und Kali behandelt kein Jodo- form liefern, fand Belchoubek, dass auch kein Chlo- roform mit solchen reinen Substanzen durch Chlorkalk gebildet werde; so dass die um vieles bequemere Reaction mit Jod und Kali dazu benutzt werden kann, um die Möglichkeit der Chloroformgewinnung im Voraus zu bestimmen. Er wies dies nach an reinem Methylalkohol, Methyloxalat, essigsaurem Natron, überall wurden mit Wasser leicht mischbare Destil- late erhalten. {An7i. d. Chem. u. Pharm. CLXV. {n.RLXXXIX. 349.). Et. Vergleiche Bd. II. S. 148. 273 11. Ir^liariiiacie, ^Pliarmacognosie. Uelber essbare Erden. M. 0. Schmidt hat zwei solcher Erden untersucht; die eine stammt von Ponoi in Lappland, stellt ein weisses, leich- tes Pulver, dem Speckstein ähnlich, dar, zeigt unter dem Mi- kroskop Schuppen ohne krystallinische Structur; Schwefel- säure und Salzsäure damit erwärmt, lösen nur Spuren. Diese Erde wird in Lappland unter den Brodteig gemischt-, sie ent- hält lufttrocken in 100 Theilen : Wasser 1,095 Thonerde 40,797 Eisenoxyd 0,310 Magnesia 0,618 Kalk Spuren Natron 1,829 Kali 9,845 Kieselsäure 45,506. Die andere stammt von Kirman in Süd - Persien und wird dort G'heli G'iveh genannt; sie erscheint in weissen, grau gefleckten Stücken von der Grösse einer lÜTuss bis zu der eines Apfels. Mit Wasser giebt sie einen zarten, weissen Schlamm, ist löslich in verdünnter Salzsäure, Salpetersäure und Essigsäure unter starker Entwickelung von Kohlensäure und Hinterlassung einer Spur Kieselsäure. An ihrem Fund- orte wird dieselbe unter die verschiedensten Speisen ge- mischt, 100 Theile lufttrockne G'heli G'iveh enthalten: Kohlensäure 45,723 Chlor 2,147 Phosphorsäure 0,165 Magnesia 32,792 Arch. d. Pharm. III. Reihe. II. Bdi. 3. Hft. i o 274 Essbare Erden. Kalk 13,235 Natrium (als NaCl) 1,395 Natron 0,478 Eisenoxyd 0,092 Thonerde 0,227 Kieselsäure 0,765 Wasser 2,980. et de P/ff/s. August 1872.). Fcs. „Essbare Erden" aus Lappland und Südi)ersien. Der Eeisende A. Göbel erhielt von den Bewohnern des Dorfes Ponoi an der Mündung- des gleichnamigen Flusses 67 5' nördl. Er. und 41 » 12' östl. Er. von Gr., auf der Halbinsel Kola, ein weisses, leichtes, talkähnliches Pulver, das als Beimischung zum Mehl beim Brodbacken ver- wandt wird. Es bildet ein bedeutendes Lager von 2 bis 4 Fuss Mäch- tigkeit unter Sand- und Lehmschichten. Die chemische Un- tersuchung, welche Professor C. Schmidt in Dorpat ausführte, ergab, dass diese „essbare Erde" ein fein zermalmter und geschlemmter Kaliglimmer war. Derselbe zeigt bei 200 — 300facher Vergrösserung weisse dünne Schuppen von 0,02 bis 0,06 Millimeter Durchmesser ohne bestimmte Krystallform. Dieses Glimmermehl dürfte oberhalb gelegenen Glimmerschie- fern entstammen, deren Detritus, zum feinsten Schlamme zer- malmt, durch Schnee- und Eegenwasser in's Thal hinab- geschwemmt und durch natürliche Schlämmung in flachen Sedimentirbecken abgelagert wird. Dass dieses Glimmermehl beim Brodbacken völlig nutzlos ist, nur als füllender Ballast unverdaut den Darm passirt, ist selbstverständlich. Bei der ochwerzersetzbarkeit des Kaliglimmers durch verdünnte Säu- ren kann von irgend welcher Betheiligung dieses „Mineral- mehls" am Ernährungsprozesse, sei es auch nur als Kali- quelle, nicht die Eede sein. Es gehört in die Kategorie mit dem Thonessen der Ottomaken, als Mittel, das Hungergefühl durch Füllung des Verdauungscanais einigermassen zu beschwichtigen. Eine wesentlich andere Bedeutung hat das von demsel- ben Reisenden bereits vor zehn Jahren aus Kirman, der 5000 Importation javanischer Chinavinden. 275 Fuss hohen Salzsteppe Slidpersiens (circa 30° 10' nördl. Br. und 58'' 10' östl. L. v. Gr.), mitgebrachte „G'hel-i-G'iveh." Es bildet weisse, hier und da etwas graue, unregelmässige Knollen von I^fuss- bis Apfelgrösse, im Wasser zum unfühl- baren, weissen Schlamme aufweichend, in verdünnter Salzsäure, Salpetersäure, ja selbst in warmer lOprocentiger Essigsäure unter starker Kohlensäureentwickelung und geringem Kiesel- rückstande löslich. Göbel erhielt diese Substanz als „essbare Erde," die in grösseren Ivestern und Lagen vorkomme und beim Backen dem Mehl zugesetzt werde. Die chemische Unter- suchung ergab als Hauptbestandtheile kohlensaure Magnesia (fast 67 Proeent), kohlensauren Kalk (23,6 Procent) und Koch- salz (3,5 Procent). Diese Substanz ist wahrscheinlich durch Zusammenfluss von Steppenbächen und Erühjahrswasserläufen enstanden, welche reich an Chlormagnesium und Chlorcalcium sind. Das Eällungsproduct , eine Art natürlicher kalkreicher roher Magnesia alba, spielt beim Backen als Kohlensäure- quelle zur Auflockerung des Teiges, beim Genuss als diäteti- sches Mittel , eine wohlbegründete Rolle. („ Bulletin de VAca- d6inie Imperiale des Sciences de St. Peter shourg."^ Mai 1871.). Hbg. Imi>ortation jaTanisclier Chinarinden. Von den, in den Jahren 1855 und 56 von den Hollän- dern auf Java angelegten Cinchonapflanzungen trafen im Jahr 1870 die ersten Binden ein, die von Gunning und Jobst chemisch und von Henkel pharmacognostisch und mikrosko- pisch untersucht wurden. Im Jahre 1872 sind nun wieder 5800 Kilo Chinarinden, von Cinchona Calisaya, C. Hasskarliana, C. officinalis, C. Pa- hudiana und succirubra, aus Java eingetroffen. Im äussern Ansehen zeigen die Binden einen grossartigen Fortschritt für das Gedeihen der Cinchonaarten auf Java. Die erste Impor- tation der Rinden enthielt meist Exemplare von fahlem Aus- sehen, jetzt finden wir einige Binden z. B. Calisaya und Hass- karliana von einer staunenswerthen Stärke, Färbung und Rissigkeit der Bohren, so dass mit einemmale alle Zweifel über das Gedeihen geschwunden sind. Calisaya und Hass- karliana sind zwar nicht einer gerollten Calisaya der Anden, aber doch einer starken Huanocco im Aeussern völlig gleich, auch Pahudiana hat mehr Farbe und Furchenbildung erhalten, 18* 276 Importation javanischer Chinarinden. hingegen präsentiren sich officinalis und succirubra ihrer grössern Jugend wegen weniger günstig, JuliusJobst theilt für die im Jahre 1872 importirten ßinden folgende Beschreibung und Analysen mit: I. Cinchoua Calisaya hat circa 20 cm. lange Röhren , von ^2 — ^ ^/2 ^^^- Durch- messer und 2 — 3 mm. Wandstärke , ist grau bis graubraun, spärlich mit Flechten besetzt, ohne Längsrunzeln und mit kaum bemerkbaren Querrissen, reichlich mit Korkwarzen besetzt, im Innern rothbraun, auf dem Brnche eben und bitter von Ue- schmack; sie enthält 1,1 "/o Chinin, 0,48% Chinidin, 0,12 "/o Conchinin, 0,33 7o Cinchonin, 1,36 7o amorphe Basen. IL Cinchona Hasskarl iana besteht aus circa 20 cm. langen, meist weisslich grauen Röh- i*en, von 1 — 2 cm. Durchmesser und 3 — 4 mm. Wand- stärke, ist spärlich mit Flechten bedeckt, hat wenig Längs- furchen, aber zum Theil sehr deutliche Querrisse, im Innern gelbroth, auf dem Bruche ziemlich eben und von bitterem Ge. schmack. Sie enthält 8,5 7o (?) Chinin, 0,81 7^ Chinidin, 0,11 7„ Conchinin, 0,44 ^/^ Cinchonin und 0,68 % amorphe Basen. III. Cinchona officinalis circa 20 cm. lange Röhren von Ya — 1 V2 *^'"- Durchmesser und 2 — 3 mm. Wandstärke, meist doppelt eingerollt, von grau bis graubrauner Farbe, ist eigenthümlich runzlig und reichlich mit Korkwarzen bedeckt, Längsfurchen fehlen, hinge- gen lassen sich zum Theil sehr fiele Queri'isse nachweisen, die Innenfläche ist braungelb , Bruch eben und Geschmack bitter. Sie enthält: 1,9% Chinin, 0,99 7o Chinidin, 0,23 7« Cinchonin und 0,61 "/o amorphe Basen. IV. Cinchona P a h u d i a n a hat circa 20 cm. lange und 1 '/^ tm. starke Röhren, zum Theil mit flachen bis rinnenförmigen Stücken untermengt, die Wandstärke beträgt 2 — 3 mm., ist grau bis graubraun, spär- lich mit Flechten besetzt, hat weder Längsfurchen noch Quer- risse, im Innei'u rothgelb, von ziemlich ebenem Bruche und von mehr adstringirendem, denn bitterem Geschmack. Die Ana- lyse ergab 0,13 ^^ Chinin, 1,17 7^ Chinidin und 0,77 7o amorphe Basen mit Öpui'en von Cinchonin. Oliveiicultur bei Ventiniiglia. 277 Vei'fasser bemerkt, dass er mit dem Namen Chinidin das Cinchonidin Pasteur's , mit den Namen Conchinin aber das Chinidin Pasteur's meint. Die g-enannten amorphen Basen färben sich mit Gl nach Ammoniakzusatz mehr oder weniger grün; sonstige in anderen Chinarinden beobachtete Basen (Paricin, Chinamin) waren in den Javarinden nicht enthalten. V. Cinchona succi rubra. Das zu Gebote stehende Muster waren Eöhrchen einer ganz jungen wenig entwickelten ßinde, ohne Längsrunzeln und Querrisse, braun, im Innern ziemlich dunkel und wenig bitter. Mit den Ergebnissen von 1870 verglichen zeigt nament- lich die Cinch. Pahudiana eine bedeutende Zunahme an Alka- loi'den. Auch bei diesen Untersuchungen hat sich eine früher von Engländern gemachte Ei'fahrung bestätigt, dass nemlich der Chiningehialt der Chinarinden von einer gewissen Zeit des Wachsthums an, — vsäe es scheint in einer sehr frühzei- tig erreichten Periode — abnimmt, während sich der Gehalt an Chinidin vermehrt. {Buchn. Rp. f. Pharm. Bd. XXI. Heft 6. Fharmac. Zeitschrift für Bussland. XI. Jahrg. 1872. Nr. 13.). C. S. Oliyenciiltur Ibei Yentimiglia. L. Winter macht über die Cultur des Olivenbaumes bei Ventimiglia, wovon drei Varietäten dort existiren, folgende Mittheilungen : 1) Olivastro, der wilde Oelbaum, Olea europea L. ist völlig wild und vermehrt sich durch Samen und Schösslinge. Die Blätter junger Bäume sind klein und länglich, an älteren breiter und lanzettlich; die Aeste bisweilen dornig, die Frucht klein, länglich und sehr bitter. Es ist dies offenbar die Mut- terpflanze aller Varietäten. 2) Durch Samen sich in gleicher Form fortpflanzende Va- rietäten mit minder bitterer Frucht; dahin gehören: a) Pignole. Zweige grau, Blätter lanzettlich, spitz, Früchte im reifen Zustande fest und ein stark riechendes Oel liefernd. Hunderte dieser Bäume finden sich ganz wild am Cape Martino bei Mentone. 278 Ditrstullurig von Cauthcuiden -Taffet. b) Coluinbaire. Zweige bräunlich, Blätter in Form variirend, stumpf; Frucht gross, etwas zugespitzt. c) Spagenole. Frucht länger als die vorige. Zwi- schen allen drei Formen bestehen Uebergänge. 3) Durch Samen nicht fortpflanzbare, sondern zum Oli- vastro wiederkehrende Varietäten. a) Nilane. Frucht gross, länglich. Kommt reichlich westlich bis Cannes vor, von wo ab längs der französischen Mittelmeerküste eine andere Varietät mit noch grösserer Frucht cultivirt wird. b) Punginaire. Blätter wie von Salixarten, Früchte sehr gross, zugespitzt (zum Einmachen beliebt). Die letzteren Varietäten werden durch Inoculation und Schösslinge fortgepflanzt. Die jungen Stämme tragen in 3 bis 5 Jahren. Die Beschaff'enheit des Oeles wird um so besser, je reifer die Früchte sind. Bei Marseille werden die Früchte schon im October und November gesammelt, weil der kalte Mistral sonst die Erndte häufig verdirbt, wesshalb das Oel von geringerer Qualität ist. In einigen Gegenden des Eiviera werden im Juli die Oliven oft durch ein Insect, Mussluno genannt , afficirt , welches seine Eier hineinlegt ; die Larve entwickelt sich in der Frucht und verursacht frühzeitiges Abfallen derselben. In höheren Regionen kommt dies nicht vor, die Erndte fällt hier in die Monate von December bis Mai und liefert die beste Qualität von Oel. (^Pharin. Journ. and Transact. Sp. 7. 1872. Neues Jahrbuch für Fharmac. Bd. XXXVUl S. 337.). C. S. Darstellung von Caiithariden-Taifct. Ernst Rosenberg in Orenburg bereitet den Can- thariden - Taffet auf die Weise, dass er in 180 g. Cantharidin- Aether 5,5 g. Terebinthin. coct. und 2 g. Sandarac. und 8 bis 10 Tropfen Ol. Olivar. prov. löst. Die Lösung wird auf einen in lialimen gespannten, und vorher zweimal mit Hau- senblaselösung überzogenen und wieder getrockneten Seiden- taffet vermittelst eines flachen Pinsels viermal rasch und gleichförmig aufgetragen. Jeder einzelne Anstrich muss erst vollkommen trocken sein, ehe der nächste gemacht werden kann. Nach dem letzten Aufstrich wird der Taffet noch ein- Darstellung von Cauthariden - Tufi'et. 279 mal mit einer Spirituosen Hausenblaselösung überzogen. — Die Hause nblaselösung wird durch 12 stündiges Ein- weichen von 15 g. fein zerschnittener bester Hausenblase in 150 g. Weingeist von 38 7o Tr., nachheriges 2 bis 3 maliges Aufkochen , Coliren und einen Glycerinzusatz von 40 Tropfen erhalten. — Der Cantharidinäther wird erhalten, indem man 90 g. gröblich gepulverte Canthariden in einer Retorte mit 600 g. Weingeist von 92% Tr., dem 205 Tropfen ver- dünnte SO^ zugegeben sind, kocht, nach dem Erkalten aus- presst und den Rückstand nochmals mit 570 g. Weingeist und 195 Tropfen verdünnter SO^ in der Retorte kocht und nochmals auspresst. Von den gemischten Flüssigkeiten wird der Spiritus abdestillirt und der Rückstand mit Wasser verdünnt ; nach einigen Stunden nimmt man das ausgeschiedene Fett ab, wäscht aus und schüttelt das Waschwasser mit der übrigen Flüs- sigkeit mit 180 g. Aether aus. Nachdem sich der Aether von der sauren Flüssigkeit geschieden, wird er abgehoben. — Bei Anwendung dieses Taffets wird die glänzende Seite mit Wasser schwach befeuchtet und ' durch leisen Druck und Streichen zum Ankleben gebracht. Durch Befeuchten mit etwas warmem Wasser lässt sich der Taffet zu jeder beliebigen Zeit ohne Schmerz entfernen und übertrifft alle Anforderungen, welche bis jetzt an die Taffete gemacht wur- den. Dadurch dass das wirksame Princip zwischen zwei Leimschichten isolirt ist, verliert es auch nach längerer Auf- bewahrung nicht an seiner Wirksamkeit. Die Wirkung ist eine sehr rasche und verursacht keine Schmerzen, wie dies solche mit Seidelbast - und Euphorbiumgehalt es thun. {Vharm. Zeitschrift für Bussland. XI Jahrg. 1872. Nr. 20). a s. 280 III. Kleine Mittheiluiigen. Ueber Mehlexplosioiieii in Mühlen. Der Verein zur Beförderung des Gewerbfleisses in Preussen (dessen Verhandlungen von 1871, tS. 264) hat die silberne Denk- münze und 250 Thaler für den Nachweis der Ursachen der in Mühlen vorkommenden Selbstentzündungen und der dadurch herbeigeführten Brände ausgesetzt, welcher Breis durch den Verband deutscher Müller und Mühleninteressenten um 100 Thaler erhöht wurde. Die in Bede stehenden Explosionen werden wesentlich auf zweierlei Weise zu erklären versucht. Einige sehen darin das rasche Abbrennen des fein vertheilten Mehls, An- dere die Entzündung eines Gemisches von Luft mit Gasen, welche bei der Zersetzung des Mehls gebildet sind. Für jede dieser Ansichten sprechen einzelne angeführte Beispiele , jedoch ist es noch nicht gelungen, etwas Positives über die Ursachen der durchaus nicht seltenen Mehlexplosionen fest zu stellen. {Polytech. Journ. Bingler. Bd. CCVI, p. 417.). Kr. üeber die Anwendung des Wasserdampfes zum Feuer- lösclien. Das gewöhnlichste Feuerlöschmittel ist bekanntlich das Wasser. Dass aber das Wasser kein rationelles Bekämpfungs- miltel des Feuers sein kann, leuchtet dadurch ein, dass das Wasser nur die Stelle, welche es trifft, eine Zeitlang ausser Kampf setzt, während das Feuer sich nur durch die allseitige lieber die Wirksamkeit der Blitzableiter. 28l Ausdehnung und Fortpflanzung glühender Gase verbreitet. Man ist nun schon längst auf den Gedanken gekommen, die verheerende Wirkung der Feuergase durch andere Gase zu paralysiren, und hat zu den verschiedensten Mitteln gegriffen. Dahin gehören die Feuerlöschdosen , schweflige Säure und mit Kohlensäure imprägnirtes Wasser. Verschiedener, leicht zu erklärender, Umstände wegen, kann aber die Anwendungs- tahigkeit dieser Mittel eine nur sehr beschränkte sein. Eine solche im grössten Maassstabe, und zugleich alle Vorzüge der genannten Stofi'e vereinigt nach H. Weidenbusch der Wasserdampf in sich. Verschiedene mit ihm angestellte Ver- suche haben seine Brauchbarkeit für diesen Zweck auf das Glänzendste bewiesen, und ist es eine Sache der Technik, bei grösseren baulichen Anlagen Vorrichtungen zu trefien, die bei einem Brande die sofortige Anwendung von Wasserdampf als Löschmittel ermöglichen, und wäre es wünschenswerth, wenn in dieser Bichtung recht zahlreiche Versuche angestellt würden. — lieber alle weiteren Details zur Verwendung des Dampfs als Feuerlöschmittel ist der Verfasser übrigens gern bereit, weitere Vorschläge zu geben, — (Folyt Journ. Bingler. Bd.CCVI, f. 4:11). Kr. Ueber die Wirksamkeit der Blitzalbleiter. Bekanntlich ist eine Commission von sieben Mitgliedern, unter dem Vorsitz des Herrn James Glaisher vom Observato- rium zu Greenwich , von der brittischen Begierung beauftragt worden, über die Mittel, die Wirksamkeit der Blitzableiter zu erhöhen und über alle diejenigen Fälle, in welchen sie mangelhaft erscheinen , Bericht zu erstatten. Die Arbeit der Commission ist augenblicklich noch nicht vollendet, allein soviel verdient schon jetzt aus den Besultaten derselben her- vorgehoben zu werden, dass jede Anlage eines Blitzableiters, welche nicht genau nach wissenschaftlichen Grundsätzen, und imter Berücksichtigung sämmtlicher localen Verhältnisse, ge- schehen ist, die Gefahr für das betreffende Gebäude ausser- ordentlich vei'mehrt. Auf solche Ursachen dürften auch wohl jene zahlreichen Fälle zurückzuführen sein, in welchen Blitz- ableiter nicht den gehofften Schutz gewährt haben. (Comptes rendus, t LXXV, p. 831. Fohjt Journ. Bingler. Bd. 206). Kr, 282 Dumplktsst.1. — Kohle f. d. nächst. Generat. — Darsfcelluug v. Ozon. Ein Dampfkessel mit selir lioliem Drucl£. In der Versammlung der „Manchester Steam User's Association" theilte Fairbairn mit, dass er einen Dampfkessel von achtzig Pferdekräften gebaut habe, mit welchem er in Verbindung mit einer geeigneten Maschine, wie er sie in Arbeit habe, das Problem der vortheilhaften Verwendung des Dampfes als bewegende Kraft, durch Erhöhung seiner Span- nung von 50 Pfd. auf 150 Pfd. pro Quadratzoll engl, praktisch gelöst haben will. {Deutsche Industriezeüung. Polyt. Journ. Dingler. CCVI, 329). Kr. Kolile für die nächsten Grenerationen. Seit dem Tode des berühmten englischen Geologen Sir Roderick Murchison leitet Professor Ramsay als Generaldirec- tor die geologische Reichsanstalt in London. Eine seiner in- teressantesten Untersuchungen der neuesten Zeit betrifft die Erforschung von Kohlenlagern der Zukunft. Für diejenigen, welche schon in nicht zu fexmer Zeit eine Kohlennoth fürchteten, ist es gewiss wohlthuend, zu erfahren, wie M-enig diese Be- fürchtungen gegründet sind. Prof Ramsay's Untersuchungen ergeben nämlich, dass unter dem rothen Sandstein in der permischen Formation grosse Kohlenflötze vorhanden sind, durch welche die Kohlennoth vorläufig nur als Schreckgespenst erscheint. In South - StafFordshire und Shropshire liegen 10,000 Millionen Tonnen in zugänglicher Tiefe, und unter den jetzt bearbeiteten Kohlenflötzen in Warwickshire liegen, nach Ptamsay's Untersuchung, noch 1760 Millionen Tonnen Kohlen. Liegen auch diese Flötze in grosser Tiefe, so finden sich doch gewiss geniale Geister, welche Maschinen erfinden wer- den, um die Production zu erleichtern. {Berggeist, 1872, Nr. 91. Dingler' s Polyt. Journ. CCVI, p. 336). Kr. Verfjihren zur Darstellung Ton Ozon. Dr. Loew hat sich in den Vereinigten Staaten von Amerika ein Verfahren zur fabrikmässigen Darstellung des Einfl. d. Nordlichtes a. Telegraphonlinien. — Krystallisationsbei'örderung. 283 Ozons patentiren lassen, welches auf der von ihm gemachten Beobachtung- beruht, dass, wenn kalte Luft durch eine Flamme geblasen wird, sie sich zum Theil in Ozon umwandelt. Die- ses Product ist jedenfalls mit Acetylen verunreinigt, und wird möglicher Weise nach „dem angegebenen Verfahren gar kein Ozon erzeugt, sondern nur eine Quantität der minderen Oxy- dationsproducte des Stickstoffs. {Journal of the Franklin Institute, Nov. 1872, p. 302. Binglers Polyt. Journ. Bd. CCVI, p. 421.). Kr. lieber den Einfluss des Nordlichtes auf Telegraphen- linien. Im Jahre 1871 wurden nach im Pariser Journal officiel ent- haltenen Mittheilungeu über diesen Einfluss in Frankreich inter- essante Beobachtungen gemacht. Aus ihnen geht hervor, dass die Erscheinung in der E,ichtung von Norden nach Süden die intensivsten Störungen hervorgebracht hat, während die perpendiculäre Eichtung von Osten nach Westen w^eit weni- ger berührt wurde. Ebenso hat man auch bei diesem Nord- licht, wie schon bei früheren, constatirt, dass die Strömungen, unter denen die Telegraphenlinien leiden, nicht localer Natur sind, sondern dass sie sich gleichzeitig auf allen Linien einer und derselben Gegend zeigen, und dass ihre Veränderungen auf ihnen momentan gleichzeitige sind. Gewiss ist durch diese Beobachtungen neues Material zur endlichen Lösung dieser räthselhaften Erscheinung gesammelt. (Pol. Journ. Bingler. Bd. CCVI, p. 14). Kr. Krystallisationsbeförderung. Die Uebersättigung der Lösungen von milchsaurem Kalk und Zinkoxyd bestätigt M. de C o p p e t. Beide Salze krystalli- siren aus ihren heissgesättigten Lösungen auch bei öfterer Bewegung derselben nur sehr langsam, oft erst nach mehre- ren Tagen vollständig aus. In die Lösungen hineingebrachte Krystalle des betr. Salzes beschleunigen die Ausscheidung. {Annales de Chim. et de Fhys. August 1872.). Fcs. 284 Gefricveu Jos AVassers. — Löschpapier als Docht f. Spirituslampen. Oefrieren des Wassers. Das Nichtgefrieren des "Wassers in verschlossenen Röh- ren. M. Boussingault schloss Wasser in ein sehr starkes Kanonenrohr von Stahl und setzte es Temperaturen bis zu — 24*^ aus und fand, dass e.s unter diesen Umständen nicht gefror. Dadurch wird die schon früher von Hutton ausge- sprochene Ansicht, dass wenn die Wände eines Gefässes hin- reichend Widerstand zu leisten vermögen, das Wasser auch bei Temperaturen unter 0° flüssig bleibe, bestätigt. {Annal. de Chim. et de Fhijs. August 1S72.). Fcs. Löscbpapior als Docht für Spirituslampeii. Forster empfiehlt aus jahrelanger Praxis als besten Docht für Spirituslampen ein zusammengerolltes Stück graues Fliesspapier. {Zeitschr. der allgein. östr. Apotheker- Vereins. 11. Jahrg. Nr. 1. S. 9). a s. (Ist mir schon seit circa 1 ^ Jahren bekannt , aber nicht als brauchbar.) S. 285 C. Literatur und Kritilv. A. Payen's Handbuch der technischen Chemie. I. Band. Dritte Lieferung von Carl Engler. Mit 43 Holz- schnitten und sechs Kupfertafeln. Stuttgart, E. Schweizer- bart'sche Verlagshandlung (E. Koch) 1872. Seite 481—745. Gross - Octav. Die vorliegende dritte Lieferung des ersten Eandes bringt zuerst den Sehluss der Eesprechung über den Artikel: koblensaures Natron, Soda, es folgen dann: Aetznatron, doppelt kohlensaures Natron, Chlorkalium, schwefelsaures Kali , salpetersaures Kali, Schiesspulver, kohlensaures Kali, Alkalimetrie und Acidimetrie , Kalk, Gyps, hydraulischer Kalk, Glas, "Wasserglas, Aluniinium, schwefelsaure Thonerde und Thonerde- Natron, Alaun, Eisenvitriol, Elutlaugensalz und Berliner Blau, Ultramarin, Chlor- baryum, Blanc fix (schwefelsaurer Baryt), Bleiweiss, Zinkweiss, Nach die- ser Aufzählung des Inhaltes wenden wir uns zur Besprechung desselben im Einzelnen. Bei der Soda sind alle jene zahlreichen Methoden angeführt, welche im Laufe der Zeit aufgetaucht sind, und eine Vereinfachung der Fabricationsweise bezwecken sollten, oder darauf hinstrebten, den colos- salen Verlust an Schwefel, welchen das am meisten übliche Le Blancsche Verfahren unvermeidlich macht , zu vermindern oder ganz zu beseitigen. In wie weit diese Versuche günstige Resultate gehabt haben, finden wir hier angeführt. Welche Stelle die Sodafabrikation in der heutigen Indu- strie einnimmt, lehrt am besten die am Schluss angeführte Zusammenstel- lung der Productionen der einzelnen europäischen Länder, welche kein geringeres Eesultat giebt als zehn und eine halbe Million Centner. An die Besprechung der Soda schliesst sich von selber die des Aetz- natrons an. Nachdem eine kurze Uebersicht über die allgemeinen Eigen- schaften dieses Körpers gegeben ist, wird eine Zusammenstellung seiner Erzeugungsmethoden gebracht, so wie ein Blick auf die zunehmende Wich- tigkeit des Aetznatrons in der heutigen Seifenindustrie gethan. In der- selben Weise ist das jetzt folgende doppelt kohlensaure Natron abgehan- delt. "Wir kommen jetzt zu den Kalisalzen, deren Industrie, wie bekannt, in der Jetztzeit durch Entdeckung grossartiger Lager derselben, einen so ungeahnten Aufschwung genommen hat, und deren Bedeutung besonders für den Ackerbau gar nicht überschätzt werden kann. — Für letztern Zweck besonders wichtig sind das Chlorkalium und das schwefelsaure Kali, die dann auch ihrer Bedeutung gemäss ausführlich abgehandelt wer- den, auch ist ihrer übrigen, vielartigen technischen Verwendung mit besonderer Sorgfalt gedacht. Das jetzt folgende salpetersaure Kali, '^ der Kalisalpeter, ist seiner Hauptverwendung nach, mit dem Schiesspulver zu- sammengestellt. Dass der Soda analoge, nur intensiver wirkende, kohlen- saure Kali macht den Schluss der Kalisalze Sehr passend folgt jetzt ein 286 Literatur und Kritik. kurzer Abschnitt über Alkaliiiietrie und Acidimetrie. Derselbe enthält in kurzer, präciser Form die für die Prüfung der Alkalien und Säuren auf ihren Gehalt und auf etwaige Verunreinigungen resp. Verfälschungen, geeigneten analytischen Methoden. Die zunächst abgehandelten Körper sind Kalk und Gyps, an welche sich seiner Verwendung, wie auch seiner Zusammensetzung wegen der hydraulische Kalk schliesst. Besonders bei letzterem sind die neuesten Bereitungsweisen ausführlich erörtert. Hier- auf folgt das Glas. Nach einer allgemeinen IJetrachtung der Natur des- selben , und dfer, je nach den verschiedenen Glassorten des Handels ver- schiedenen Bestandtheile desselben, wendet dieser Abschnitt sich zu den speciellen Fabricationsmethoden, die von den einfachsten bis zu den com- plicirtesten ausführlich beschrieben werden. Hier besonders kommen die sehr anschaulichen Abbildunden zu Statten. Nach genügender Bespre- chung des Wasserglases folgt das Aluminium. Dieses Metall, man kann es vielleicht das Metall der Zukunft nennen , findet in seiner , des hohen Preises halber , welchen die bis jetzt bekannten Darstellungsmethoden des- selben nöthig machen, nur vereinzelten Anwendung genügende Bespre- chung. Die jetzt folgenden schwefelsaure Thonerde und Thonerde - Natron bilden eigentlich einen Nachtrag zu dem Theile dieses Heftes, welcher von der Sodafabrikation aus Kryolith handelt, wenngleich die technische Ver- wendung dieser Körper die Zusammenstellung mit dem Alaun veranlasst hat. Von derselben Absicht ausgehend , sind auch wohl die folgenden Artikel hier angereiht, nemlich des Eisenvitriol, das Blutlaugensalz mit dem Berliner Blau. Dass in vielen Fällen den eben erwähnten Farbstotf vertretende Ultramarin ist mit behandelt. Schon in der geschichtlichen Einleitung finden wir eine Erwähnung jenes mindestens befremdenden Verhalten Gay Lussac's gegen Gmelin , den ersten Entdecker des ültra- marins. Seine chemische Zusammensetzung ist bis jetzt noch nicht mit aller Gewissheit ermittelt, doch macht sein Verhalten gegen verschiedene Keagentien es wahrscheinlich , dass das sogenannte weisse , grüne und blaue Ultramarin sich durch abweichenden Schwefelgehalt unterscheiden, der in ihnen ausserdem auch noch in eigenthümlicher \\'eise gebunden sein muss , wahrscheinlich an einen Theil des im Ultramarin enthaltenen Natrium. Eine bemerkenswerthe Ansicht hat übrigens über diese Zusam- mensetzung des Ultramarin Prof. Geuther in Jena in seinem Lehrbuch der Chemie, Seite 347 — 348 gebracht. Nach Abhandlung des Chlorbaryums und des sich an dasselbe anschliessenden Blanc fix, wie im Handel der aus ersterem dargestellte schwefelsaure Baryt heisst. Hier ist gegen die Schreibweise des Baryum Einspruch zu erheben , da die Ableitung dieses Wortes von dem griechischen ßaovg die Schreibweise desselben mit dem einfachen i doch wohl nicht gestattet. Fast scheint es, als ob hier eine Ungenauigkeit des Setzers vorliege, denn das Wort Baryt bei Bespre- chung des schwefelsauren Baryt's ist seiner Etymologie gemäss geschrie- ben. Beim Bleiweiss ist sowohl das holländische wie das englische Ver- fahren eingehend besprochen, und werden besonders, wie bei dem diese Lieferung schliessenden Zinkweiss , die einfachen und doch wissenschaft- lichen Prüfungsmethoden willkommen sein, die in klarer und in leicht ausführbarer Weise dem Consumenten die Möglichkeit geben , sich von der Güte des eingekauften Productes, wenn auch nur annähernd, zu über- zeugen. — Wir schliessen diese Besprechung mit dem Wunsche, dass die von der Verlagsbuchhandlung in Aussicht gestellte Herausgabe der dritten Lieferung des zweiten Bandes, wodurch derselbe abgeschlossen ist, keine Verzögerung erleiden möge. Kr. Literatur und Kritik. 287 Praktische Alkoholometrie. Tafeln zur Verwandlung der Litermaasse weingeistiger Flüssigkeiten in Grewicht und zur Verwandlung des Gewichtes in Litermaasse u. s. w. auf Grundlage des neuen metrischen Maass- und Gewichts- systems von Th. Pischern, Dresden 1872. Nach ausführlichen Einleitungen für den zweckmässigen Gebrauch der Tafeln giebt der Verfasser auf der ersten Tafel eine vollständige Tabelle zur Verwandlung der Liter in Zollpfunde oder halbe Kilogramme. Die zweite Tafel bringt umgekehrt Verwandlungstabellen der Zollpfunde oder halben Kilogramme in Liter. Die dritte Tafel ist wohl die wichtigste von allen, denn sie enthält die Tabellen für die Bestimmung des wahren Alkoholgehaltes für die gesetzliche Normaltemperatur von 12^/9 " Eeaumm- aus den scheinbaren Stärken, die das Alkoholometer bei verschiedenen Wärme- graden zeigt. Dieser Tafel schliessen sich naturgemäss die Tabellen der folgenden an, welche eine Uebersicht gewähren über die Volumveränderun- gen, welchen die Alkoholmischungen durch den AVechsel der Temperatur unterworfen sind. Tafel V. ist besonders für Spiritushändler wichtig, da sie die Bestimmung des Litergehaltes der Fässer nach dem Gewichte der Wasserfüllung bei verschiedenen Temperaturen enthält. Auf die Qualität des Wassers ist noch besonders Eücksicht genommen. Tafel VI. enthält die Vergleichung der den Mischungen von Alko- hol und Wasser entsprechenden specifischen Gewichte. In der folgenden Tafel befinden sich die den Mischungen von Alkohol und Wasser entspre- chenden Eaum Verhältnisse bei 12*/g " R. Nachdem in der achten Tafel noch die Tabellen zur Verwandlung der mit dem Alkoholometer von Tralles ermittelten Liter, oder Literprocente in entsprechende Pfunde, oder Gewichtsprocente absoluten Alkohols gegeben sind, folgen in der neunten und zehnten Tafel noch schliesslich die Zusam- menstellungen zur Vergleichung der neuen und alten Maasse. — Das Buch wird für Jeden, der mit alkoholhaltigen Flüssigkeiten in seinem Geschäfts- zweige zu thun hat, eine erwünschte Neuheit sein. — Kr. Deutsches Maass- und Gewichtsbuch, mit beson- derer Berücksichtigung des metrischen Maass- und Gewichts Systems. Zum praktischen Gebrau- che für Behörden, Industrielle, Techniker, Berg-, Bau- und Hüttenleute, Verwaltungs- und Fabrikbeamte etc., nach amtlichen Quellen bear- beitet und berechnet von Eduard Maurer, Wei- mar, 1872. Nachdem der Verfasser im ersten Abschnitte seines Werkes eine kurze Geschichte des Metermaasses und seiner allraähligen Verbreitung gegeben hat , bringt er im zweiten Abschnitte den Wortlaut der neuen Maass - und Gewichtsordnung für den Norddeutschen Bund vom 17. Aug. 1868. Dann folgt ein Auszug aus der Eichordnung nebst einer Taxe der Eichgebüh- ren für Maasse und Gewicht, und den Vorschriften über die im öfifentlicheu Verkehr zulässigen Waagen. 288 Anzeigen. Der dritte Abschnitt bringt eine Vergleichung der verschiedenen Lan- desmaasse unter einander und mit dem Meter, ebenso in Betreff der Hohl - und Körpermaasse. Der vierte Abschnitt behandelt die Rubrik Gewicht. Er fängt an mit dem specifisehen Gewicht , es folgt eine Vergleichung des specifischen und absoluten Gewichtes der verschiedeneu Körper, nebst einer Gewichts- berechnung derselben aus ihrem specifischen Gewichte und aus ihren Dimensionen. Ausserordentlich ausführlich und übersichtlich sind die im fünften und sechsten Abschnitte folgenden verschiedenartigen Tabellen. Ausser reich- haltigen Maass- und Gewichtsreductionstabellen enthalten sie Gewichts- tabellen der wichtigsten Handelsmetalle , und dürften letztere besonders für Eisenwaarenfabrikanten und Eisenwaarenconsumenten wichtige und erwünschte Hülfsmittel bei ihren Berechnungen sein. Der siebente Abschnitt bringt die wichtigsten Data über Blech -, Draht- und Bandeisen und Schrot - Sortimente , nebst den darüber getrof- fenen Vereinbarungen und Usancen. Der achte Abschnitt endlich beschliesst das Buch mit einer Anzahl von Preis- und Münzrediintionstabellea Ausführung wie Anordnung der einzelnen Abschnitte lassen das Buch zur Anschaffung für die verschiedensten Kreise empfeblenswerth erscheinen. Kr. Anzeigen. Im Verlage der Buchhandlung des Waisenhauses in Halle ist erschienen : Die Frankftirter Liste. Beitrag zur iuittelalterli(5heii Oesicliiclite der Pliarmacie bei Gelegenheit der Pharmacopoea Germanica von F. A. FlUckiger, Prof. iu Bern. • 1873. 31/2 Bog. gr. 8. 8 Sgr. TTqIü ^JJlSßJ ^^'' tSilberdraht mit Bieberliaar Gross 9 Tlilr., J.J.(llÖ~init Scliwämnichen Gross 7 Thli-. J. Cr. DruscLke, Berlin, Sebastianstr. 39. H.alle, Uurhdrnckerei des M'ftisenliaiiB ARCHIV DEß PHARMACIE. 3. Eeilie, 2. Band, 4. Heft. A. Originalmittlieilungen. I. P^liarmacie, pliarmacent. und pliys. ClierQie. lieber Bestimmung des Alkoliols im Fuselöl. Eine handelschemisclie Untersuchung von Dr. Gr. L. U 1 e x in Hamburg. Fuselöl ist ein Handelsartikel, welchei* in England nur dann steuerfrei eingeführt werden kann, wenn er höchstens l5°/o Proof Spirit* von 0,920 spec. Gewicht enthält. — Es wird daher jedesmal, bevor man es zulässt, auf seinem Gehalt an Sprit geprüft, aber in einer Weise, welche auf irz'thüm- lichen Voraussetzungen beruht und daher zu irrthümlichen Ergebnissen führt. Die Folgen davon sind ungerechte Be- steuerung abseiten der Behörden und pecuniäre Schädigung des handeltreibenden Publikums. Um dies zu beweisen, werde ich mich auf einen that- sächlichen Fall beziehen. Ein Hamburger Kaufmann kaufte in Triest, nach einer Durchschnittsprobe, deren Gehalt ich zu circa 10*'/o Proof Spirit bestimmt hatte, 34 Fässer Fuselöl, netto 43,232 46 j; 54 }} 150 j; 34 » 66 5J 200 }} 24 }> 76 )) 300 }} 16 }> 84 }} 400 }) 8 » 92 » 500 7J 4 }} 96 }> 800 3J — r 100 7> Da das Fuselöl der vielgenannten Proben nach Unter- suchungen des Customhouse 44^0 Pi'oof Spirit enthält, so müssen doch 56 % wirkliches Fuselöl darin enthalten und diese nach den dort herrschenden Ansichten, in Wasser un- löslich sein. Statt dessen sehen wir, dass das ganze Fuselöl sich in 10 Theilen Wasser auflöst; mithin stimmt jene Ansicht mit obigem Versuch nicht überein und erweist sich durch- aus als falsch. Ferner geht aus obigen Versuchen hervor, dass, wäh- rend das Fuselöl, welches nach dem Custom house 44°/o Proof Spirit enthalten soll, mit gleichviel Wasser geschüttelt, 72 Vol. Procente Fuselöl wieder a-bscheidet •, dasjenige, welches 296 G. L. ülex, Bestimmung des Alkohols im FuSelöl. wirklich 4470 Proof Spirit enthält, nur 46 Vol. Procente Fuselöl abscheidet; — wiederum ein unwiderleglicher Beweis von der Unrichtigkeit der üntersuchungs- Methode des Fusel- öls im Custom house. 3) Aus dem Verhalten beim Destilliren. Fuselöl, welches nach dem Custom house 44"/,, ProofSpi- rit enthält. 100 Cub, Centim. Beginnt hei 92^ Geis, zu sie- den und es destilliren 50 Cub. Centim., ohne dass die Tempe- ratur steigt. Schon aus den zuerst über- gehenden 5 Cub. Centim. des Destillats scheiden sich auf Zu- satz von gesättigter Kochsalz- lösung SVg Cub. Centim. Fusel- öl ab. Sind 50 Cub. Centim. abde- stillirt, so bleibt in der Betorte homogenes gelbes Fuselöl zu- rück. Gewaschenes Fuselöl, dem 4 4 7o Proof Spirit wirklich zugesetzt s ind. 100 Cub. Centim. Beginnt bei 82^ Cels. zu sie- den und es destilliren 50 Cub. Centim. über, wobei die Tempe- ratur auf 90^^ Cels. steigt. Weder aus den ersten 5 Cub. Centim., noch aus den darauf folgenden 45 Cub. Centim. des Destillats wird auf Zusatz von gesättigter Kochsalzlösung Fu- selöl abgeschieden. Sind 50 Cub. Centim. abde- stillirt, so besteht der Inhalt der Retorte zu ^j^ aus gelbem Fu- selöl, zu ^/g aus Wasser. Wie gros sind auch hier die Unterschiede zwischen beiden Fuselölen, die sich doch eigentlich gleich verhalten sollten, und wie gering muss der Proof Spirit Gehalt der ursprünglichen Probe sein , wenn sehen aus den ersten 5 Cub. Centim., welche überdestilliren, sich 3^2 Cub. Centim. Fuselöl wieder abscheiden, während aus Fuselöl, welches wirklich 44 ''/q Proof Spirit enthält, selbst aus den ersten 50 Cub Centim. noch kein Fuselöl durch Kochsalzlösung sich abscheiden lässt. Wenn man zu 92 Cub. Centim. gewaschenen Fuselöls, 8 Cub. Centim. Proof Spirit hinzufügt und 5 Cub. Centim. abdestillirt, diese dann mit gleich viel Kochsalzlösung vermischt, so scheiden sich, wie beim Fuselöl der Probe, 3^2 Cub. Centim. Fuselöl ab; woraus hervorgeht, dass das Fuselöl der Probe statt 44% Proof Spirit, wie das Coustom G. L. Ules, Bestimmung des Alkohols im Fuselöl. 297 house fand, in Wirklichkeit nur 8^0 Proof Spirit enthält; also gerade so viel, als sich aus der Berechnung beim speci- fischen Gewicht ergeben hatte. Nachdem nun hauptsächlich durch Synthese, denn auf analytischem Wege habe ich vergebens eine quantitative Tren- nung der verschiedenen Älkoholarten versucht, bewiesen ist, dass das in Eede stehende Fuselöl nur 8^0 Proof Spirit enthält, so muss man zugeben, dass dies viel weniger, fast nur die Hälfte von dem Gehalt an Proof Spirit, lö^j^ ist, welchen das Gesetz im Fuselöl gestattet, und dass es demnach unbe- anstandet und zollfrei hätte eingeführt werden müssen. Statt dessen findet man nach der verwerflichen Methode im Zoll- hause 44%, zieht 15% davon ab, und berechnet für das Fass Fuselöl 44,37 Gallons zu verzollenden Proof Spirit, welche demnach 22 Pfd. Sterl. 3 Sh. (466 Reichsmark) be- trägt. Indem also das Gouvernement in scheinbar liberaler Weise 15% Proof Spirit im Fuselöl gestattet und mit der einen Hand giebt, nimmt es in demselben Augenblicke mit beiden Händen wieder, indem es 29% Propyl- und Butyl- Alkohol, die zollfrei sind, fälschlich Proof Spirit nennt und Zoll davon erhebt. Und solch ungerechtes Verfahren, das der Chemiker, wie er mir sagt, kennt und von dem er genau unterrichtet ist, giebt derselbe zu und duldet es, sich damit begnügend , dass die üntersuchungs - Methode ihm vorgeschrieben sei. Mir scheint, als wäre seine Pflicht gewesen, das Gouvernement darauf aufmerksam zu machen, dass die eingeführte Methode der Prüfung des Fuselöls auf Proof Spirit verwerflich sei, weil sie falsche Resul- tate liefere und dadurch zu Ungerechtigkeiten verleite, indem sie von Personen, die gesetzlich keinen Zoll zu bezahlen hätten , Zoll erhöbe •, dass man , indem wissentlich , wie der Chemiker sagt, zollfreie Gegenstände, rohes Fuselöl (den Propyl- und Butyl- Alkohol in demselben) mit Zoll belegt werden, sich mit dem Zolldefraudanten , der zollpflichtige Gegenstände zu schmuggeln suche, auf eine Stufe stelle, und während das Gesetz den ertappten Schmuggler strafe, strafi'rei aus- ginge, weil sich die Gesetzgebung den Fall, dass das Gou- 298 G. L. ülex, Bestiiiiniuiig des Alkohols im Fuselöl. vernement von zollfreien Artikeln fälschlich Zoll erhöbe, gar nicht habe denken können. — Wenn man weiss, dass eine gegebene Vorschiift so willen- und kritiklos befolgt wird, wie leicht ist es da, die Sache umzukehren und das Gouvernement um den ihm zu- kommenden Zoll zu betrügen. Gesetzt, man setze zu einem Euselöl eine gleiche Menge Proof Spirit und so viel Koch- salzlösung, dass das specifische Gewicht des Gemisches gleich dem des Wassers ist, so wird man bei der Prüfung des Fuselöls nach der vorgeschriebenen Methode finden, dass die vom Fuselöl getrennte Flüssigkeit das specifische Gewicht des Wassers hat und demnach schliessen, dass kein Proof Spirit darin enthalten sei. — Wird in einem solchen Fall der Che- miker auch sich dabei beruhigen, nach der vorgeschriebenen Methode untersucht zu haben und sich nicht für befugt halten, den beabsichtigten Betrug nachzuweisen. Ich hoffe , er wird den Betrug finden und aut\iecken, den Betrüger entlarven und das Gouvernement vor Schaden bewahren. Gut; dann ist es aber nicht mehr als billig, im umgekehrten Falle, wo das Gouvernement ungerechter Weise den Kaufmann benach- theiligt, auch diesen in Schutz zu nehmen und auf die Man- gelhaftigkeit der Untersuchungs - Methode hinzuweisen und für Verbesserung derselben zu sorgen. Welches sind nun die Folgen der fehlerhaften Unter- suchungs - Methode im vorliegenden Fall gewesen? — Der vom Gouvernement unrechtmässiger Weise verlangte Zoll von mehr als 500 Pfd. St. überstieg den Werth des Fuselöls. Der Kaufmann entschloss sich daher die Parthie nicht einzu- führen, sondern hierher nach Hamburg zu schaffen. Hier wurde soviel von den leicht löslichen Fuselölen abgeschieden, bis der Rest nach der dortigen Untersuchungs - Methode weniger an Wasser abgiebt, als 15% von dem Fuselöl, welche man dort „Proof Spirit" zu bezeichnen beliebt und mit einem Gewichtsverlust von mehr als 10,000 Pfd., den Kosten des Umarbeitens und der doppelten Fracht von Liverpool auf hier und zurück, im Ganzen mit einem Schaden von mehreren hundert Pfd. St. hofft er, den Rest des Fuselöls steuerfrei an G. L. Ulex, Bestimmung des Alkohols im Fuselöl. 299 seine Adresse gelangen lassen zu können. — Es ist doch recht hart für einen Kaufmann, dem nichts ferner lag, als den Zoll zu umgehen , seinerseits durch schlechte Untersuchungs - Methoden desselben, sich solchen Schaden zugefügt zu sehen. Es gilt also, eine Untersuchungs- Methode vorzuschlagen, welche von den groben Eehlern der im Londoner Zollhausc befolgten frei ist, und sowohl das Gouvernement, als den Kauf- mann vor absichtlichem oder unabsichtlichem Schaden bewahrt. Beides ist in einfacher und sicherer Weise zu erreichen, wenn man den niedern Siedepunkt des Weinalkohols (78,^*^ Geis. für wasserfreien Alkohol ; mit zunehmendem Wassergehalte stei- gend) benutzt, um ihn abzuscheiden. Da die übrigen Alko- hole im Fuselöl sämmtlich höhere Siedepunkte haben, als Wein - Alkohol , so kann man sicher sein in den ersten Por- tionen des Destillats einer Fuselölprobe vorzugsweise nur den Wein -Alkohol zu finden, wenn dieser in grösserer Menge vorhanden ist. Ich würde daher vorschlagen, von etwa 100 Cub. Centim. des zu prüfenden Fuselöls, etwa 5 Gub. Gentim. abzudestilli- ren, und diese mit gleichviel gesättigter Kochsalzlösung zu schütteln. Schiede sich dann aus der Mischung in der Euhe, die Hälfte oder mehr (also 2^2 Oub. Gentim. oder mehr) Fuselöl wieder ab, so kann man sicher sein, dass das Fu- selöl unter 15% Proof Spirit enthält und dass, behufs Zoll- defraudation kein Proof Spirit zum Fuselöl gesetzt ist. Man würde dann solches Fuselöl zollfrei passiren lassen, denn man kann sicher sein, dass die Trennung des vorhandenen Sprits vom Fuselöl auf unüberwindliche prac tische Schwierig- •keiten stossen und in der Praxis nicht zu erreichen sein würde. Scheidet sich jedoch beim Schütteln mit gesättigter Koch- salzlösung kein oder weniger als 2^/2 Gub. Gentim. Fuselöl ab, so kann man annehmen, dass mehr als lö*'/,, Proof Spirit im Fuselöl enthalten sind. In diesem Falle, der der seltner vorkommende sein dürfte, schüttelt man das Fuselöl mit gleichviel gesättigter Kochsalzlösung (denn in dieser lösen sich Propyl- und Butyl - Alkohol viel weniger als in blossem Wasser auf), lasse in der Ruhe sich sondern, scheide die 300 E. Fleischer, Vcrlialten des Alauns zu Chromsäure. Kochsalzlösung- und destillire von dieser den Proof Spirit ab und bestimme ihn. Enthält das Fuselöl weniger als lö^o Proof Spirit, so ist diese Prüfung ebenso einfach und rascher ausgeführt als die frühere. Enthält es mehr als 157o> so ist die Unter- suchung freilich umständlicher als die frühere, aber dafür auch frei von dem enormen Irrthum 44^0 Proof Spirit zu finden, wo nur 8% desselben vorhanden sind. TJebrigens ist Fuselöl kein unerheblicher Handelsartikel. Es findet vielerlei nützliche Verwendung, die sich in der Zukunft noch vermehren dürfte. So benutzt man es zur Dar- stellung von Frucht -Essencen, mit welchen England die halbe Welt versorgt, zur Darstellung der Valerian - Säure und anderer chemischer Präparate, zur Bereitung von Schmier- ölen (lubricatins oils), zur Trennung der fremden brenzlichen Oele vom Paraffin, zum Ausziehen der Alkaloide aus Pflanzen- stofi"en, sowie des Fetts aus Wolle. Schliesslich will ich noch erwähnen, dass ich seiner Zeit die gewünschte Auseinandersetzung in Betreff der fehlerhaften Untersuchung des Fuselöls im Londoner Zollhause, nebst den zur Controle erforderlichen Proben, an: „The honourable Com- raissioners of her Majesty's Customs," Custom house, London, gesandt habe, Anzeige des Empfangs derselben erhielt, so wie das Versprechen demnächstiger Mittheilung des Ergeb- nisses der Prüfung. — Jahr und Tag sind seitdem verflossen; die Antwort aber lässt immer noch auf sich warten. — lieber das Verhalten des Alauns zu Kali- und Baryt-« Chromat, und über die Ursache, welche die Bildung von Chromsäure - Alaunen yereitelt. Von Dr. E. Fleischer. Es ist bekannt, dass einfach chromsaures Kali in einer Alaunlösung einen Niederschlag von chromsaurer Thonerde hervorbringt, welcher, wie Elliot und Storer gezeigt haben, die Zusammensetzung Al^ 0^, CrO^ besitzt. Es sei hierbei noch bemerkt, dass man bei grossem Ueberschuss von Chro- E. Fleischer, Verhalten des Alauns zu Chromsäure. SOl mat die Thonerde fast völlig abscheiden kann, so dass im Filtrate durch Ammoniak mir Spuren niedergeschlagen werden. Wendet .man dagegen das Kali-Bichromat als Fällungs- mittel an, so entsteht gar kein Niederschlag, und die Flüssig- keit scheidet auch beim Abdampfen zunächst Alaun, dann Kali-Bichromat unverändert in Krystallen aus. Dieses Yer- halten beim Eindampfen ist einigermaassen eigenthümlich. Wenn man bedenkt, dass Chromsäure eine weit schwächere Säure als Schwefelsäure, Kali eine stärkere Base als Thon- erde ist, so liess sich wohl annehmen, dass Alaun und Bichro- mat sich in Kali- Sulfat und Thonerde - Chromat umsetzen sollten. Der Grund, warum dies nun eben nicht geschieht, liegt wohl darin, dass Alaun schwer löslich, Thonerde Chromat (AP 0^,3 CrO^) zerfliessHch, und Kali-Bichromat ebenso löslich als das schwefelsaure Salz ist. Ich habe mich nun bemüht, die wirkliche chemische Ursache zu linden, welche es verhindert, dass sich KO,CrO^ mit AP 0^,3 CrO^ zu einem Alaun verbinde. Zu diesem Zwecke versuchte ich zunächst das Verhalten des chromsauren Baryts zu Alaun. Die grosse Schwerlöslich- keit (um nicht zu sagen Unlöslichkeit) des Barytchromats bewirkte jedoch, dass nur eine unbedeutende Zersetzung ein- trat, wobei der Umstand, dass das sich bildende Baryt-Sulfat das Chromat einhüllte, noch ganz besonders nachtheilig erschien. Ausserdem aber beobachtete ich eine Ausscheidung von Thonerde, so dass auf diese Weise eine völlige Umsetzung nicht möglich'war. Ich versuchte nun weiter eine Lösung von einfach chrom- saurem Kalk. Es entstand ein gallertartiger gelber Nieder- schlag, der sich jedoch als eine Mischung von Gyps und chromsaurer Thonerde erwies-, während die Flüssigkeit nur schwachgelb und nicht orangeroth gefärbt erschien. Nacli diesen fehlgeschlagenen Eesultaten blieb mir (obgleich ich von vornherein die Bildung des Chromsäure - Alauns wegen der Anhydricität dieser Säure stark bezweifelte) nichts übrig, als diese Bildung auf directem Wege zu versuchen, um dadurch das Verhalten der beiden Stoffe Kali und Thonerde - Chromat besser kennen zu lernen. 802 E. Fleischer, Verhalten des Alauns zu Chromsäuio. Zu diesem Zwecke wurde chroms. Thonerde gefällt, durch Decantiren gehörig ausgewaschen und unter Eindampfen bis fast zur Trockne in möglichst wenig Chromsäure gelöst. Die Flüssigkeit hatte die Farbe der Kali-Eichromatlösung. Es wurde nun etwas einfach chromsaures Kali zugesetzt, wobei sich ein kleiner Niederschlag bildete, der jedoch im Kochen wieder verschwand. Die Flüssigkeit wurde alsdann in einer Porzellanschüssel erkalten gelassen, wobei sich rothe Krystalle ausschieden. Diese Krystalle waren aber völlig thonerdefrei, mithin saures Kahchromat. Die Mutterlauge wurde abermals eingedampft (wobei sich wieder dasselbe Salz ausschied) und dies geschah auch bei jedem weiteren Verdampfen der Mutter- laugen. Zuletzt blieb nur wenig von einer stark rothgefärbten Flüssigkeit zurück, welche alle Thonerde als Chromat gelöst enthielt. Diese Flüssigkeit schied zur Trockne verdampft eine krystallinische Einde ab, welche lediglich aus wasser- freier chromsaurer Thonerde bestand, und äusserst leicht lös- lich, beinahe zerfliesslich war. Es hatte sich also auch auf diese Weise kein Chromsäure - Alaun gebildet. Die Auflösung dieses letzten Rückstandes aber zeigte auf das frappanteste auch die Ursache, warum überhaupt ein Chromsäure -Alaun unmöglich ist. Die Flüssigkeit mit viel Wasser gekocht , blieb klar , ergab aber sonst alle Reactionen der Thonerde, wovon die folgende die interessanteste ist. Ich versetzte die Thonerde - Chi'omat - Lösung mit einfach chromsaurem Kali; hierbei entstand sogleich ein voluminöser, sich im Kochen noch vermehrender Niederschlag von basisch - chroms. Thonerde, und das Filtrat ergab mit Ammon. kaum einige Flocken von Thonerde. Es zersetzt somit das einfach chromsaure Kali die neutrale chromsaure Thonerde (unter Bildung von Kalibichromat und basischer chroms. Thonerde) und dies ist der wesentlichste Grund, warum Chromsäure- Alaune nicht gebildet werden können. Dieses Verhalten des neutralen chromsauren Kalis zur chromsauren Thonerde - Lösung ist um so auffallender, als E. Fleischer, Verhalten des Alauns zu Chromsaure. 303 kein anderes neutrales Salz unter denselben Beding-ungen Aehnliches bewirkt. Weder schwefeis. noch Salpeters., ja nicht einmal essigsaures Kali bewirken in Thonerde - Salzen derselben Säuren eine Abscheidung von basischem Salz, so dass man durch das merkwürdige Verhalten der beiden Chro- mate stark dazu verleitet wird, das einfach chromsaure Kali als basisches Salz zu betrachten. Hierzu kommt noch der Umstand, dass dieses Salz Kohlensäure absorbirt, dass es mit Salmiak oder chroms. Ammon.- Lösung verdampft, Ammon. und Kali - Bichromat liefert, und dass es freies Chlor-Brom ja selbst Jod (unter Bildung der entsprechenden Haloid- Salze und von Kali ' Bichromat) aufnimmt. Da nun aber auch einfach chroms. Kalk und Baryt, wie aus den oben angeführten Beactionen hervorgeht, ebenfalls das lösliche Thonerde - Chromat zersetzen, so müssten auch diese Verbindungen, ebenso wie das Blei-, Silber- und Queck- silbersalz, als basische Salze gelten. Wir haben nun allerdings kein Salz eines Alkalis, welches die Lösung eines Thonerde- Salzes derselben Säure zersetzte; ja es treten sogar bei den sauren Kali - Salzen wie : Kali - Sul- fat, Weinstein und Kleesalz, gerade entgegengesetzte Er- scheinungen als bei dem Bichromat in ihrem Verhalten zu Thonerde auf, insofern alle diese Salze von Thonerde, welche sich darin auflöst, zersetzt werden. Dennoch sprechen andere Gründe dafür, das gelbe Kali- chromat als neutrales Salz zu betrachten. Das einfach chroms. Kali bildet allerdings auch Doppelsalze; wenn auch nicht mit den Sesquioxyden. Die Verbindungen mit: Natron-, Magnesia- und Ammon. - Chromat sind längst bekannt; wahrscheinlich lassen sich aber auch noch viele andere Doppelsalze mit den Basen MO darstellen. Das Verhalten des neutralen chroms. Kalis zu Salmiak steht aber nicht vereinzelt da. Neutrales weins. Kali mit Salmiaklösung oder einfach weins. Ammon. gekocht, liefert ebenfalls Weinstein und Ammon. und ein ähnliches Verhalten zeigen vice versa die Kali -Salze aller schwächeren Säuren, wie Borsäure, Oxalsäure, ja selbst Kohlensäure. 304 Th. Langer, Analyse der Mineralquelle zu Mattigbad. Dagegen characterisirt die Chromsäure eine ganze Gruppe von Säuren, welche die Eigenschaft haben, sich (aus Mangel an Verwandtschaft) nicht mit der schwachen Base Wasser, wohl aber mit ihren eigenen wasserfreien Salzen verbinden zu können. Diese Säuren sind die Metallsäuren. Zu ihnen gehören namentlich die Vanadin-, Wolfram-, Molybdän- und Titansäure. Diese Säuren bilden, wie die Chromsäure, grossentheils wasserfreie Salze und haben die Eigenschaft, sich ohne Wasseraufnahme mit letzteren zu verbinden, so dass nicht blos zweifach, sondern auch mehrfach saure, aber anhydrische Salze entstehen. Mit diesen Säuren tritt die Chromsäure in eine Grruppe; und es ist deshalb vorauszusehen, dass die Alaunbildung für alle metallischen Säuren stets ein „non possumus" bleiben wird. Analyse der Mineralquelle zu Mattigbad bei Mattig- hofen in Ober - Oesterreicli. Von T h. Lang er, Prof. in Wien. Die Mineralquelle zu Mattigbad liegt 429,07 Meter über dem Meeresspiegel, ist mit gemauerten Steinen zweckent- sprechend gefasst und mittelst Dachung vor einfallendem Re- gen geschützt. Ihr Ursprung liegt sechs Euss unter dem Bodenniveau, der Wasserstand ist durchschnittlich drei Euss. Der Boden, aus dem sie entspringt, gehört der Neogen- formation an (marine Stufe), hat zu unterst grob- bis fein- körnigen Schotter und darüber eine einen Euss dicke Schichte blauen Tegels. Die Quelle wurde durch Zufall beim Graben eines Brunnens für Wasser zum Hausbedarfe entdeckt. Die Schöpfung giebt frisches, klares und perlendes Was- ser, von tintenartigem Geschmacke, welches sich anfangs gegen Lackmus ganz indifferent verhält, nach längerem Stehen aber ganz deutlich alkalisch reagirt, wobei sich ein rostbrauner Niederschlag bildet. Der beim Abdampfen des Mineralwassers verbleibende Kückstand giebt mit Wasser ausgezogen eine alkalisch rea- girende, mit Salzsäure stark aufbrausende Lösung, Th. Langer , Anal3rse der Mineralquelle bei Mattigbad. 305 Die Temperatur der Quelle wurde wiederholt zu ver- schiedenen Jahreszeiten mittelst eines verlässlichen, 2 Fuss unter dem beschatteten Wasserspiegel gehängten Thermometers bestimmt, das Mittel ergab 9'^ C. Die Dichte des Wassers wurde mittelst des Piknometers bei 11,25^ C. bestimmt, als Mittel der Versuchsreihe erscheint d= 1,00142. Die qualitative Analyse wurde eingehend durchgeführt und in dem Yorliegenden Wasser gefunden: Kieselsäure, Kohlensäure, Schwefelsäure, Phosphorsäure, Chlor, dann Eisen oxydul, Kalk, Magnesia, Kali, Natron, organische Substanz und Spuren von Thonerde. Die so ermittelten Bestandtheile wurden hierauf quanti- tativ bestimmt, nach einem Gange und nach Methoden, welche Fresenius in seiner Anleitung zur quantitativen Analyse und Bunsen angeben. (Instruction zur Untersuchung badischer Mineralwässer, Zeitschrift für analytische Chemie von R. Fre- senius, 1871. 4. Heft. Folgende Zusammenstellung enthält die Mittelwerthe der für jeden Bestandtheil durchgeführter Bestimmungen. In 10,000 g. Mineralwasser sind enthalten: Kieselsäure 0,1573 g. Gesammte Kohlensäure 7,6830 „ Gebundene Kohlensäure 2,5377 „ Halbgebundene Kohlensäure 2,5377 „ Freie Kohlensäure 2,6076 „ Phosphorsäure 0,0149 „ Schwefelsäure 1,4565 „ Chlor 1,3875 „ Eisenoxydul 0,0826 „ Kalk 1,3745 „ Magnesia 0,1954 „ Kali , 0,3379 „ Natron 3,8452 „ Organische Substanz 0,3496 „ Thonerde Spuren. Die durch quantitative Analyse ermittelten Werthe wurden der von Bunsen in der oben citirten Zeitschrift pag. 418 angeführten Controle unterzogen , und , nachdem dieselbe ^rch. d. Pliarm. III. Reihe. II. Bda. 4. Heft. 20 .",06 Th. Ijanger , Analyse der Mineralquelle bei Mattigbad. ganz befriedigend ausgefallen, nach der von Bunsen an der- selben Stelle angegebenen Norm zu Salzen gruppirt. Bunsen schlägt vor, um der Willkür bei der Gruppirung der Säuren und Basen zu möglichen Salzen zu steuern, diese Säuren und Basen in der Weise zu Salzen zu gruppiren, wie diese Salze sich aus ihrer wässrigen Lösung bei lö'' C je nach ihrer leichteren oder schwereren Löslichkeit der Reihe nach krystallinisch ausscheiden würden. Wird diese Norm bei Mineralwasseranalysen zur allge- meinen Grundlage , erst dann ist ein Vergleich derartiger Analysen zulässig, erst dann kann der Arzt ein sicheres Ur- theil über die balneotherapeutische Wirkung mehrerer vor- liegender Quellen schöpfen. Für die Mineralquelle zu Mattigbad stellt sich die Reihe der Salze, mit den schwer löslichen beginnend, folgendermaassen : Calciumphosphat, Calci umsulfat, Calciumbicarbonat, Eisen- bicarbonat, Magnesiumbicarbonat , Natriumbicarbonat , Chlor- kaliura , Chlornatrium. Tabellarische Zusammenstellung der Quellenbestandtheile. Bestandtheile. In 10,000 {?. Quelle. In 1 Wiener Pfund = 7680 grane. Calciumphosphat 0,0325 g. 0,0249 grane. Calciumsulfat 2,4761 „ 1,9017 Calciumbicarbonat 0,8674 „ 0,6661 Eisenbicarbonat 0,1836 „ 0,1409 Magnesiumbicarbonat 0,6253 „ 0,4802 Natriumbicarbonat 6,8429 „ 5,2552 Chlorkalium 0,5348 „ 0,4106 Chlornatrium 1,8682 „ 1,4347 Kieselsäure 0,1573 „ 0,1207 Organische Substanz 0,3496 „ 0,2683 Freie Kohlensäure 2,6076,, 2,0025 = 4,04Kubik Zolle. 16,5453,. ; 12,7058 grane. Fixe Bestandtheile bei 180® C. getrocknet für 10,000 g. Mineralquelle 11,4001 g. für ein Wiener Pfd. = 7680 grane 8,7553 grane. Die Mineralquelle zu Mattigbad ist zu den alkalischen Eisensäuerlingen zu zählen. DIp Wasser der Neustadt Hanau. 307 Die Wasser der Neustadt Hanau. Von W. Her aeus. Schon seit Monaten bringen Zeitungen wiederholt die Nachricht , dass die Errichtung eines ßeichsamtes für Gesund- heitspflege in Ausführung begriffen, und Autoritäten behufs Organisation um ihr Gutachten ersucht worden seien. Auf der Kehrseite derselben Blätter lesen wir, dass das Ministerium der Medic. Angelegenheiten auf Veranlassung der wissenschaft- lichen Deputation sich gegen ein solches Amt ausgesprochen, und deshalb der Plan vertagt sei. Wie es scheint, ist die wissenschaftliche Deputation für das preussische Medicinal- wesen die Ursache der Verzögerung; die Herren Aerzte wollen nicht gern die Alleinherrschaft in Beurtheilung medic. polizei- licher Fragen aufgeben, und doch sind sie nicht Chemiker genug, und werden es bei den vielfachen sonstigen wissen- schaftlichen Anforderungen auch nicht werden können, um sowohl im Haupt- als Orts - Gesundheitsrathe dieser Fach- männer entbehren zu können, ihnen endlich eine gleichberech- tigte Stimme gewähren zu müssen. Es ist sehr zu wünschen, dass sich die Organisation einer einschlägigen Behörde nicht länger verzögert, damit die in den letzten zehn Jahren ge- raachten Entdeckungen und Erfahrungen gesichtet, gesammelt und für den ganzen Staat einheitlich geregelt werden. Wie die Sache jetzt steht, leidet die Hygiene ausser- ordentlich unter der Verschiedenheit der Ansichten der damit betrauten Verwaltungsbeamten. Während in Zürich eine Typhus -Epidemie ihre Entstehung fand, indem die Auswurf- stoffe eines einzelnen Kranken , der eine Viertelstunde ent- fernt krank lag, durch einen Bach der Stadt zugeführt wurden, sollen die Excremente von 100,000 Einwohnern in Frankfurt in den Main geleitet werden. Während bei dem Bau eines Hauses die gewissenhafteste Prüfung der Construction des Oberbaues stattfindet, fragt Niemand darnach , ob die Dunggrube wasserdicht hergestellt, oder in Form eines Filters gebaut wird , das die stickstoflT- haltigen Stoffe in die Erde verseiht. 20 * 808 W. Heraeus , die Wasser der Neustadt Hanau. Ein hiesigei- Industrieller will seine Darraseitenspinnerei verlegen, und sucht sich dazu ein Grundstück mitten im Feld aus, wo er die bei der Gährung der Därme resultirenden Macerationswasser desinficiren und unter die Erde bringen will, wie man rings um sein Grundstück herum nicht des- inficirte thierische Auswurfstoffe der Erde übergiebt. Es erfolgt Nichtbestätigung von hüchter Instanz mit dem Resolut „Es sei kein fliessendes Wasser in der Nähe, dem man das mit gelösten und ungelösten organischen Stoffen geschwängerte Wasser übergeben könne." Den Bierbrauereibesitzern vor dem Nürnberger Thor wird aufgegeben, ihr abgehendes Eabrik- wasser (Zucker- und hefehaltiges Wasser) im eigenen Eta- blissement unterzubringen, also Senkbrunnen anzulegen. Wir befinden uns demnach in der Wasserfrage noch in dem Urzustände der Systemlosigkeit, sehr bedürftig, um vor- läufig von einem Amt betreffender Sachverständigen an die Hand genommen zu w^erden, und später überzugehen an einen Lehrstuhl für öffentliche Gesundheitspflege, um specielle Fach- männer auszubilden. Die grossen Cholera -Epidemien in Paris und London lenkten zuerst die Aufmerksamkeit von Gelehrten auf die Erforschung der Ursachen der Krankheitsherde ; in Deutsch- land hat sich Prof. von Pettenkofer diese x\ufgabe gestellt, die Gesundheitslehre zu einer eigenen Wissenschaft zu erheben, und Dank der Unterstützung durch die Munificenz des Königs von Bayern durch eine Heihc glänzender Forschungen auf die im Verhältniss zur Kürze der Zeit ansehnliche Höhe gestellt. Der Einfluss, den das Grundwasser Münchens auf die daselbst herrschenden Typhus - Epidemien hat, die Wechsel- wirkung zwischen beiden, wurde von Pettenkofer aufs gründ- lichste nachgewiesen, und gab Veranlassung sich auch an andern Orten mit der Erforschung der Wasserverhältnisse zu beschäftigen. Wie alle neuen Thesen , so wurde auch diese wacker bekämpft, denn ein Wasser, das schmackhaft, klar und farb- los, aus dem kein Chemiker einen giftigen Stoff isoliren oder durch Reagentien nachweisen konnte, wie sollte es verderben- W. Heraeus, Die Wasser der Nevistadt Hanau. 309 bringend für die Gesundheit sein können, und doch hat uns Statistik und empyrische Erfahrung den Weg unzweideutig gezeigt, dass die gährungssüchtigen, stickstoff- haltigen Körper die nachtheiligen Stoffe sind. Leider ist die physiologische Chemie noch zurück, um über das Wie und unter welchen Umständen näheren Auf- schluss ertheilen zu können. Solchen Verhältnissen gegenüber ist die Stellung des Sachverständigen keine allerorts gleiche; er urtheilt nach per- sönlichen Erfahrungen oder Meinungen, die, wenn sie auch in das tägliche Leben tief eingreifen , an verschiedenen Orten sehr differirend sein können. An mich ist in den letzten Jahren ziemlich häufig die Frage über Qualität eines Trinkwassers herangetreten, und unterscheide ich 1) ob der Genuss eines Wassers als Trinkwasser zu verbieten ist, 2) ob das Wasser eines Brunnens ohne wahrscheinlichen Schaden für die Gesundheit getrunken, resp. zu empfindlichen technischen Verwendungen, z. B. Bierbrauerei, benutzt wer- den kann. Ob der Genuss eines Trinkwassers schädlich, zeigt mir der Gehalt an unvollkommen oxydirten stickstoffhaltigen Bestand theilen an. Tritt bei einem Wasser auf Zusatz von Schwefelsäure, Jodkalium und Stärkekleister augenblicklich oder in ganz kurzer Zeit die Jodreaction ein, so besinne ich mich keinen Augen- blick, wenigstens die Wasser der hiesigen Gegend als gesund- heitsschädlich zu erklären, und dass hier die Thatsache mindestens sehr häufig mit der ehem. Reaction übereinstimmt, geht daraus hervor.* Dass z. B. in Bavolzhausen , wo eine Typhus - Epidemie herrschte, und mir das Wasser vieler Brunnen zur Unter- suchung übergeben wurde, alle jene Wasser, durch die wahr- scheinlich, oder wenn Sie wollen vielleicht die Krankheit ^) Noch einfach.er ist die Brucinreaction. ßdt. olO W. lloiaeus, Die Wasser der Neustadt Hanau. hervorgerufen war, die Jod-Reaction zeigten, giebt die üebei*ein- stimmung zwischen Thatbestand und Analyse um so erklärender, als irgend ein Vorurtheil dabei nicht im Spiele sein konnte. Ebenso zeigte seiner Zeit das Wasser des Palmbrunnen, des Gemeindebrunnens zu Kiliansteten, diese Reaction, das- Wasser in Bockenheim, welches diesen Sommer die Veranlassung zu einer langen und sehr heftigen Typhus - Epidemie gegeben hatte, so stark, dass bei einer Verdünnung von 1 Theil dieses Wassers mit 50 Theilen destillirtem die Reaction noch augenblicklich eintrat. Ob ein Wasser getrunken oder zum Brauen benutzt werden kann, diese Frage wird bei neuen Anlagen öfters gestellt, ergiebt sich aus der Abwesenheit der in Oxydation begriffenen organischen Stoffe, dem Gehalt an festen Salzen, dem Procentsatze von diesen an Salpetersäure. Ist letzterer gering, so sind die organischen Körper in dem Brunnen selbst zu suchen , d. h. sie fliessen nicht aus der Nachbar- schaft zu, und können durch Reinigen des Brunnens entfernt werden. Ich bin damit auf die Trinkwasserfrage unserer Stadt gekommen, und habe einen traurigen Boden beschritten. Wir Hanauer sind betreffs Trinkwasser in einer üblen Lage, mitten in einer weiten, sandigen Ebene, in dem Delta zweier Flüsse, haben wir Quellwasser gar nicht j überall wo wir graben, stossen wir auf filtrirendes Kinzigwasser. Die Kinzig liegt an der nordöstlichen Seite der Stadt circa 15 Fuss höher als der Main in einem Untergrunde von Kies. Das Kinzigwasser durchströmt in der Richtung nach Südwesten den Boden, auf dem die Stadt gebaut ist, und zwar mit einer Geschwindigkeit, dass der Stand der Kinzig sich inneihalb 24 Stunden in sämmtlichen Brunnen Hanaus regulirt. Hat man in früheren Jahren von diesem Verhältniss keine Kenntniss gehabt, und nur den Vortheil von Senkbrunnen gekannt, so ist man allerdings in neuerer Zeit auch mit den Nachtheilen bekannt geworden. Der Privatmann sucht einen zu etablirenden Senkbrunnen ?iuf der Südwestseite seines Grundstückes zu graben, die W. Heraeus , Die Wasser der Xeustadt Hanau. 311 Commune nimmt für ihren neuen Stadttheil eine wasserdichte Röhren - Canalisation für Haushaltungswasser im Princip an, ein Fortschritt, Yon dem allerdings unsere Nachkommen einigen practischen Nutzen finden werden. Glücklicher Weise ist von der Natur unserm Filter dadurch ein grosser Schutz gegeben, dass sie denselben mit einer 4—5 Fuss dicken Thonschicht überlagert hat. Nur diesem Umstände ist es zu verdanken, dass unsere Brunnen nicht in noch höherem Masse verunreinigt sind. Der Thon bildet nämlich eine ziemlich undurchlässige Schicht, die in der Mehr- zahl der Fälle von unsern Dunggruben nicht durchstochen wird. Was weiter als günstiger Umstand erwähnt werden muss, ist, dass der Kies ein grobkörniger, sehr lufthaltiger ist, so dass mit ausserordentlicher Gfeschwindigkeit die austretenden, stick- stoffhaltigen Körper oxydirt|werden, sodass selbst Brunnen, die sich in sehr gefährlicher Nachbarschaft befinden, zwar einen hohen Sal- petersäuregehalt zeigen, dagegen frei von Ammoniak sind und unvollkommen oxydirte Substanzen in geringer Menge zeigen. Wie ich schon vorhin erwähnt, existirt bis jetzt in unserem Vaterlande kein Regulativ zur Beurtheilung der Qualität von Trinkwasser; in Wien, ebenso in Belgien, war eine Commission berufen. Dieselbe stellte als Forderung auf: I. Wasser muss klar, hell und geruchlos sein. II. Darf wenig oder gar keine organisirten Bestandtheile enthalten. III. Dasselbe darf nicht mehr als 0,18 Kalk im Litre enthalten. IV. Nitrate dürfen nur einen kleinen Bruchtheil des festen Bückstandes ausmachen. V. Der ehem. Bestand und Temperatur sollen nur inner- halb enger Grenzen variiren. VI. Verunreinigende Zuflüsse sollen fern gehalten werden, VII. Nur weiches Quellwasser darf zur Trinkwasserver- sorgung benutzt werden. VIII. Filtrirtes Flusswasser taugt nicht zur Trinkwasser- versorgung, da verunreinigende Zuflüsse nicht fern- gehalten werden können. ol2 W. Heraeus, Die Wasser der Neustadt Huiiaii. Wir Hanauer müssen uns schon mit filtrirtem Kinzig- wasser begnügen, die Frankf. Quell wasser- Gesellschaft wird uns von ihrem an der Stadt vorbeifliessenden Vorrath nichts abgeben, wie es früher einmal der Fall zu sein schien; ja, froh wollen wir sein, wenn die Kinzig auf ihrem Wege unter der Stadt nicht allzusehr verunreinigt wird, und als bestes Wasser, das uns zur Verfügung steht', als Normal -Wasser, hingestellt werden kann. Die vergleichende Untersuchung erstreckt sich nach vor- stehenden Forderungen : 1) Auf Verdampfungsrückstand. 2) Gehalt an Salpetersäure. 3) Organische Körper. 4) Nach meinen Erfahrungen auf in Oxydation begriffene stickstoflfhaltige Körper, event. auch auf Ammoniaksalze. Die Untersuchung wird ausgeführt Zu No. 1. Eindampfen in der Platinschaale. Zu No. 2. Mit Indigolösuug von bestimmtem Titre mit salpetersaurem Kali gestellt. Zu No. 3 eignet sich ruthensaures Kali; dasselbe wird sehr leicht von organischen Körpern zersetzt. Ruthenoxyd scheidet sich aus und kann gewogen werden. Da das ruthen- saure Kali eine safrangelbe Lösung von itensiver Färbung giebt, beim Zersetzen farblos wird, so kann es ebenso zum Titriren verwandt werden ; wegen seiner grossen Kostspielig- keit ist es bis jetzt den Chemikern nicht bekannt gewesen. Ein noch geeigneteres Reagenz ist das osmiumsaure Kali. Es ist ein krystallisirtes Salz, das sich in Wasser mit dunkelrosenrother Farbe löst. Auf salpetrigsaure Salze wirkt es nicht ein, dagegen wird es von organischen Körpern in der Wärme leicht zer- setzt. Jeder Tropfen giebt eine Ausscheidung von schwarzem Osmiumoxyd ; es kann der Endpunct der Reaction leicht wahrgenommen werden. In der Regel bedient man sich einer Lösung von über- mangansaurem Kali mit Oxalsäure auf bestimmte Titre ge' W. Heraeus, Die Wtisser der Xeustadt Hanau. 313 stellt: 1 mgr. übermangansaures Kali gleich 5 mgr. organischer Substanz. Zu ISr. 4. Zur Nachweisung in Oxydation begriftener organischer Körper dient Jodkalium mit Stärke, nachdem das "Wasser vorher mit etwas Schwefelsäure angesäuert war. Die Probe ist eine qualitative; sie lässt durch eintretende augenblickliche Bläuung, oder die Zeitdauer, wenn dieselbe eintritt, auf grösseren oder geringeren Gehalt schliessen, Ammoniaksalze werden mit Nesslerschem Reagenz nachgewiesen, kommen hier aber nur bei Wasser, das in nächster Nähe von Dunggruben, vor. Verdampfungsrückstand und Salpetersäure sind vorzugsweise geeignet, um über das unterirdische Durchdringen der Kinzig ein Bild zu geben , und der Ver- schlechterung des "Wassers von Osten nach Westen zu folgen. Ich gebe das Resultat der Untersuchung einer Anzahl von öffentlichen Brunnen, deren Schacht grösstentheils von Privathäusern entfernt, und zum Vergleiche dasjenige eines Hausbrunnens in der Nähe des Marktes, um zu zeigen, wie weit die Verunreinigung eines "Wassers gehen kann, bis der Besitzer auf die schlechte Qualität aufmerksam wird. Die Zahlen, die die öffentlichen Brunnen ergeben, dienen gleichzeitig als Schema dessen, was man in benachbarter Gegend verlangen kann, denn es versteht sich von selbst, dass an einen Hausbrunnen nicht grössere Anforderungen gestellt werden können, als der vor Infection geschützte öffentliche Brunnen ergiebt. Die in der Nachbarschaft von Canälen liegenden Brunnenschächte können nicht als Norm dienen. Ich gehe mit meiner Betrachtung von Osten nach Westen vor. Kinzigwasser als Normalwasser. Die Kinzig hat im Litre: Verdampfungsrückstand 21,2 centig., Salpetersäure 5 mg. Oestlichste Linie I. Schwedenbrunnen, Kammbrunnen, Rossbrunnen; Schwedenbr. : Verdampfungsrückst. 36 centig. Salpeters, 54 mg. Kammbrunnen: „ 35,6 „ „ 57 „ Rossbrunnen: ,, 74 „ „ 80 „ 31-J W. Heraeus, Die Wasser der Neustadt Hanau. Schacht in der Nähe des Canals. n. Linie. Apfelbrunnen: Verdampfungsrückstand 52,5 centig., Sal- petersäure 60 mg. ni. Linie. Franz. Kirchenbrunnen. Die 4 Marktbrunnen und zum Vergleiche 2 Hausbrunnen. Franz. Kirchenbrunnen: Verdampfungsrückst. 76,5 centig. Salpeters. 100 mg. Marktbr. gegenüber Einhorn „ 75,9 „ „ 150 ,, „ „ Lossow „ 76,4 „ „ 121 „ „ „ Bavaria „ 71,2 „ „ 121 „ „ „ Schwan „ 70,5 „ „ 114 „ Geschützter Brunnen in meinem Hause. Verdampfungs- Rückstand 72 „ „ 71 „ Hausbrunnen in der Nähe der Schwanen- Apotheke: Verdampfungsrückst. 112 „ „ 291 ,, IV. Linie. Hirschbrunnen , Palmbrunnen, Brunnen in der Glocken- gasse, am Steinheimer Thor. Hirschbrunnen: Trockenrückstand 102 centig. Salpeters. 180 mg. Palmbrunnen: ,. 78 ,, ,, 120 Glockengasse : Steinheimer Thor: V. Brunnen am Canalthor Lassen wir Rossbrunnen 140 „ „ 257 „ 99,2 „ „ 154 „ 109 „ „ 214 „ Brunnen in der Glockengasse, Hirsch- und Canalthorbrunuen ausser Betracht, denn diese sind augenscheinlich in hohem Masse inficirt, so finden wir als durchschnittlichen Gehalt: Salpetersäure - Gehalt. L Linie 36 centig. 56 mg. n. „ 52 „ 60 „ m. „ 76 „ 100 — 120 „ IV. „ 80—100 „ 120—150 „ Der Trockenrückstand besteht aus salpetersaurem Natron, Chlor, schwefelsaurem Kali und Natron, bei nicht inficirten Brunnen aus Vs — Vi ^®^ Gesammtrückstandes an kohlensaurem Kalk mit wenig schwefelsaurem Kalk. Der Gehalt an in Oxydation begrifi'ener und sonstiger organischer Substanz hängt von der nächsten Nachbarschaft der Brunnenschächte ab. 8 J) ?> 7 J> 5J 7 )> >> 6 J> 55 5 J) JJ 5 J5 )? 4 )> >) 4 W. Hertieus , Die Wasser der Neustadt Hanau. 81Ö Das Wasser der Brunnen wird mit Jodkalium: Glockengasso augeublicklicli dunkelblau organ. Subst. 9 mg. Canalthor „ kornblumbl. „ „ 9 „ Marktbr. gegenüber Lossow bei I.Prüfung augenblickl. blau ,, ,, 8 ,, Mehrere Wochen, nachdem die Erdbrbeiten vollendet waren, nach 2 Minuten blau „ „ 6 „ Ilirschbrunnen (Niederhäuser) ,, 2 „ Marktbrunnen gegenüber Einhorn „ 2 „ ,, ,, Bavaria „ 5 ,, Steinheimer Thor „ 10 ,, Eossbrunnen „ 10 „ Marktbrunnen, gegenüber Schwan nach längerer Zeit Schwedenbrunnen, ,, ,, „ „ ,, Apfelbrunnen, „ „ „ „ ,, Kammbrunnen, ,, „ ,, „ ,, Interessant und erklärend sind die Schwankungen in der Qualität des Wassers, wie sie sich am Markt und franz. Kirchen- brunnen finden. Der Salpetersäure-Gehalt des Brunnens an der franz. Kirche beträgt 10 centim. „ „ „ „ „ gegenüb. Einhorn- Ap. „ 15 „ „ „ „ „ „ „ Schwan „ 11 „ „ „ „ „ ,, „ Bavariau.Loss. „ 12 „ Der höhere Salpetersäure -Gehalt des Wassers der Markt- biunnen ist, wie nicht zu bezweifeln, hervorgerufen durch die den Abfiuss des Wassers vermittelnden Schienen. Die- selben lassen das Wasser nicht rasch genug abfliessen, sodass ein Theil versickert. Zur Zeit als diesen Herbst die Gas- rohren gelegt wurden, und zu dem Behuf das Abflusswasser von dem oberen Markte an der Henkel'schen Ecke etwa 60 Meter vom Brunnen der Bavaria entfernt, gestaut wurde, nahm dieses einen so starken Gasgeruch an, dass das Wasser selbst nicht zum Kochen benutzt werden konnte. Die Gas- röhren liegen 9 Meter vom Brunnenschacht und 2 Meter von den Häusern entfernt. Die geringe Menge Gas, die aus den Verbindungsstellen entweicht, wurde von dem in grösserer Menge eindringenden Wasser absorbirt, und gelangte so in den Schacht. Nachdem der Wasserabfluss wieder hergestellt, hat in demselben Masse auch der Geruch abgenommen, er steigt und fällt jetzt je nach der Witterung. 316 W. Heraeus, Die "Wasser der Neustadt Hanaii. Auf dem Viertel des Marktes, auf dem die mit Vieh bespannten Wagen halten, steigt der Gehalt an Salpetersäure im "Wasser von 11, resp. 12 centig. auf 15 centig. Der Marktbrunnen, gegenüber Los^w, war nach den Aufgrabungen, die behufs der Gasröhrenlegung gemacht waren, so mit orga- nischen Substanzen beladen, dass Jodkalium augenblicklich eine blaue Reaction gab. Jetzt, wo einige Wochen darüber hingegangen sind , ist das Wasser wieder bedeutend besser geworden, das heisst: Organische Materie ist nicht in dem Maase weiter eingedrungen , die eingedrungene vollkommen oxydirt. Bei dieser Gelegenheit will ich bemerken, dass ein gelb- lich gefärbtes, sonst aber klares Wasser, das im Augenblick des Auspumpens mit Nessler's Eeagenz rothbraunen Nieder- schlag giebt, und sich mit Jodkalium schwarzblau färbt, lose verstopft und in Zimmertemperatur gestellt nach 10 Tagen mit K^essler's Reagenz sich nicht mehr färbte, nach 14 — 18 Tagen auch keine Jodreaction mehr gab. Das Wasser an dem Palmbrunnen, das vor mehreren Jahren in Folge von Bauten, die in der Nähe stattgefunden, sich 80 verschlechtert hatte , dass es 118 centig. festen Rückstand, 16 centig. Salpetersäure enthielt, ist von den schädlichen Einflüssen befreit und zeigt jetzt 78 centig. festen Rückstand. 12 centig. Salpetersäure. Ich komme mit diesen Betrachtungen zu dem Resultate: Wir haben in Hanau überhaupt kein Wasser, das den Anfor- derungen an ein gutes Trinkwasser entspricht. Ein grosser Theil selbst öffentlicher Brunnen ist von Auswurfstoffen inficirt. Auch das gegenwärtig relativ bessere Wasser, fern von In- fectionsheerden, kann vorübergehend oder dauernd verunreinigt werden, ohne dies durch Farbenveränderung oder andere physical. Eigenschaften bemerkbar zu machen. Reines Quellwasser ist für unsere Stadt ein dringendes Bedürfniss; sollte dies aber unmöglich zu beschaffen sein, so liegt es im ernstesten Interesse, die vorgesetzte Behörde zu bitten, dass die strengste Aufsicht eingeführt werde, um einer W. Heraeus, Die Wasser der Neustadt Hanau. 317 weiteren Verschlechterung entgegenzuwirken. Denn nicht nur der menschliche Organismus, selbst Stahl und Eisen werden vom Wasser, das stickstoffhaltige Bestandtheile enthält, in kurzer Zeit ruinirt. Die Herren Heinz und Kreis bedienten sich zum Speisen ihres Dampfkessels des Grabenwassers. Jahr ein, Jahr aus war der Maschinist beschäftigt, Repe- raturen vorzunehmen, und Niemand konnte sich das absonder- liche Verhältniss erklären. Derselbe Uebelstand trat in der Fabrik des Herrn C. Deines ein; das Wasser wurde, da sich gar kein Grund für die plötzlich eingetretene Betriebsstörung finden liess, untersucht, und zeigte sich mi^ stickstoffhaltigen Körpern beladen. Die Verunreinigung, die eine zufällige war, wurde beseitigt, und seit dieser Zeit ist der Fall nicht mehr eingetreten, ein Beweis der Schädlichkeit, der in meiner Erfahrung mehrfach bestätigt wurde, und namentlich auch da zu Tage tritt, wo Brunnen und Aborte in gefährlicher Ifähe placirt sind. Wegen der im vorstehenden Aufsatze gemachten Bemer- kung „ Gesundheitsrath betreffend" bekämpft, erlaube ich mir, die Ansicht dahin zu motiviren: Die öffentliche Gesundheitspflege bezweckt in erster Linie: Die Ursache, warum Gesundheit und Leistungsfähigkeit häufig geschwächt und unterbrochen werden, zu erforschen. In zweiter Linie: Den Einfluss zu ergründen, den Nah- rung, Kleidung, Wohnung auf das Wohlbefinden ausüben, und die Gesetze aufzustellen, Gesundheit und Wohlbefinden zu erhalten. In welcher Weise eine untersuchende und feststellende Behörde eingesetzt werden soll, darüber sind die Anschauungen getheilt. Die Einen wollen einen gemischten Gesundheitsrath aus Aerzten, Technikern und Chemikern. Die Andern nennen diesen Plan ein Luftgebäude. Sie wollen ein Central - Organ für medicinische Statistik und fürchten selbst hier, dass das Material 'seitens der Aerzte nicht hinreichend zur Verfügung gestellt werden könnte. ^18 W. HrraPTis. Die Wnssor der Noustadt Hanaii. Ich bin der Meinung, dass der evstere Plan kein Luft- gebäude, im Gegentheil das Fundament zu dem zu errichtenden Gebäude bildet. Die Qualität des Wassers und anderer Getränke, sowie der festen Speisen, die wir zu uns nehmen, der Luft, die wir einathmen, die Porosität und Eeinheir, des Bodens, auf dem wir leben , die Anlage von Strassen mit entsprechender Canalisation , die Beschaffenheit und Ventilation von Schulen und vor Allem die Anlage von Fabriken, müssen von den in die Branche einschlagenden Sachverständigen beurtheilt werden. Der Arzt ist nicht in der Lage, zu prüfen, oder sachver- ständiges Urtheil^zu fällen, ihm müssen die Resultate zur Verarbeitung übergeben werden. Wenn nur in einigen wenigen Kreisen die Zusam'men- setzung so zu Stande kommt, dass tüchtige Factoren zu einem geschlossenen Ganzen vereinigt werden , kann viel und wich- tiges Material zusammengetragen werden. Ausser in oben genannten Fällen geben Mortalitäts- und Morbilitäts- Tabellen dem Arzte Wegweiser, wohin er sein Augenmerk zu richten, wo er Techniker und Chemiker zu interessiren hat. Er theilt die Patrouillen aus, zu ihm laufen die Mel- dungen zurück, die Patrouillen aber müssen ein Corps sein aus den verschiedenen Waffengattungen des Wissens zusam- mengesetzt. Nachschrift. Der geehrte Herr Verf. war so freund- lich, vorstehende Abhandlung dem Archiv zu überlassen, der Inhalt berührt eine oder viele Tagesfragen von der höchsten Wichtigkeit, welche sicher eine Erweiterung der sog. Medi- cinalangelegenheiten herbeiführen müssen. Man hat die Gegen- stände, welche hier der Beobachtung unterzogen werden sollen, im Allgemeinen als solche der „Hygieine" oder „Gesundheits- pflege bezeichnet, ich ziehe letzteren, deutschen Ausdruck vor. Dem Chemiker oder der Chemiekundigen wird ein weiterer Wirkungskreis eröffnet und gewiss führt er dahin, dass die behördliche Ueberwachung der Gesundheitspflege nicht mehr allein dem Arzte überlassen bleiben kann, der Chemiker vielmehr als gleichberechtigter College zur Seite F. Siiiit, Pharmaceutische Notizen. ?»19 gestellt werden muss, für den Arzt eine wesentliche, mit Freuden zu begrüssende Unterstützung. Oertlich genommen, wird diese Erweiterung die Apotheker zu den Aufgaben der Gesundheits- pflege heranziehen, wesshalb es schon jetzt als Aufgabe der- selben zu betrachten ist, allen gesundheitsschädlichen Ein- flüssen jeglicher Art erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die Kenntniss der Beschaff'enheit des Trinkwassers ist hierbei eine der wichtigsten Eragen, sie betrifft das wichtigste ^Nahrungsmittel , welches bisher gewöhnlich als gut bezeichnet wurde, wenn klar und farblos; jetzt gehört die Beurtheilung desselben schon vollständig dem Chemiker an. Für das Grossherzogthum Weimar sind von mir beson- dere Grundlagen zur Beurtheilung des Tiinkwassers * ausge- arbeitet und behördlich angenommen worden. Rdt Pharmaceiitisclie Notizen. Von F. Smit in Enger. Acid. arsenicosum coloratum. In Preussen soll dieses Mittel aus einer Mischung von arseniger Säure mit Kienruss und Saftgrün bestehen, damit sowohl das trockene Pulver als auch die filtrirte Lösung eine den gewöhnlichen Nahrungsmitteln unähnliche Earbe habe und in Eolge dessen eine Warnung für den Genuss in sich tragen möge. Bei einer Visitation meiner Apotheke wurde dieses Gift wegen vermeintlichen Mangels an Saftgrün monirt. Als ich Tages darauf eine neue vcÄ-schriftsmässige Mischung mit Wasser anrieb, fehlte dem Filtrat ti'otzdem die grüne Earbe, welche bei einem zweiten Versuche erst nach längerem Stehen des Pulvers mit Wasser in sehr geringem Masse hervortrat. Mein erster Gedanke war der, dass das Saftgrün von schlechter Beschafl'enheit sei, indess trat, wenn ich das Saftgrün mit dem Arsenik und Wasser ohne Kienruss anrieb, sofort eine inten- *) Jena, F. Mauke, 2. Aufl. 1872. 320 F. Smit. Pharmaceutische Notizen. siv grüne Färbung ein. Es geht daraus hervor, dass die Kohle (Kienruss) die Entfärbung hervorgebracht hatte und dass also diese Giftmischung dem Zweck ganz und gar nicht entspricht, ganz abgesehen von den bei Visitationen entste- henden Irrthümern, Es wäre demnach sehr zu wünschen, dass eine andere Vorschrift gegeben würde, etwa mit irgend einer Anilinfarbe. E i s e n - P r ä p a r a t e. Bekanntlich wnrken sowohl die directen Sonnenstrahlen, als auch im geringeren Masse das gewöhnliche Tageslicht auf Eisenpräparate desoxydirend. Die Pharmacopoea germanica lässt also ganz richtig Liquor ferri sesquichlorati und Liquor ferri sulfurici oxydati „a luceremotis" aufbewahren, wogegen diese Vorsicht bei Liquor ferri acetici und Ferrum oxydatum fuscum nicht geboten ist. Letztere beiden Präparate waren vor mehreren Jahren in meinem Laboratorium ganz oxydul- frei dargestellt, hielten aber bei einer späteren Visitation die Oxydulprobe nicht aus. Seit dieser Zeit bewahre ich sämmt- liche Eisenoxydpräparate vor Licht geschützt auf. Sie halten sich seitdem unverändert, und namentlich bleibt Liquor ferri acetici vollständig klar und ohne Bodensatz. Beobachtet man bei den Oxydulsalzen das entgegenge- setzte Verfahren , d. h. lässt man sie im directen Sonnenlichte (wie Hager in seinem Commentar vorschreibt) trocknen oder abdampfen, so halten sie sich sehr lange, ohne eine höhere Oxydationsstufe anzunehmen. Frisch bereitetes in grellem Sonnenlichte getrocknetes Ferrum sulfuricum hatte nach zwei Jahren noch die hell blaugrüne Farbe; Ferrum sulfuricum siccum und Ferrum chloratum siccum waren fast weiss, Syrupus ferri jodati fast farblos. Bei Ferrum sulfuricum ist eine zweite Hauptsache, dass es durchaus trocken ist; ist nur eine Idee Feuchtigkeit (ausser dem Krystallwasser) vorhanden, so tritt sehr bald die grüne immer dunkler werdende Farbe hervor. Ich weiss zwar wohl, dass ich hiermit nur Bekanntes wieder- gebe und also nichts Neues zu Tage fördere, indessen habe ich so oft Klagen über die Unhaltbarkeit des Eisensulfats F. Sniit, Pliarmaceiitlscbe Notizen. 3^1 gehört, und so oft grasgrünes Ferrum sulfuricum gesehen, dass ich es nicht für ganz überflüssig halte, auf diesen Punkt aufmerksam zu machen. Da ich einmal bei den Eisenpräparaten bin, mache ich noch auf einen Hedactionsfehler der preussischen Series auf- merksam. Bei dem Antidotum arsenici heisst es , dass von dem Liquor ferri sulfurici oxydati circa 500,0 g. vorräthig sein sollen, während die Series dieses Präpai'at ohne Stern, also als nicht zu halten nothwendig, aufführt. Bei einer in meiner Apotheke geschehenen Extravisitation (welche im Begierungs- bezirk Minden nach Einführung der Pharmacopoea germanica vielfach vorgenommen werden) wurde das Fehlen dieses Prä- parates monirt und mir die baldige Beschaffung zur Pflicht gemacht. Obgleich es wahrscheinlich ist, dass das Fehlen des Sterns in der Series einfach von einer Nachlässigkeit herrührt, so bleibt dennoch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass in Preussen dieses Präparat nicht gehalten zu werden braucht, und dass der Passus bei dem Antidotum arsenici nur für diejenigen Staaten Geltung hat, deren Series das Halten desselben verlangt. Unguentum cereum und plumbi. In No. 9 der Pharmaceutischen Zeitung wurde geschrieben, dass Unguentum cereum nach der Pharm, germanica einen stärkeren Beiz auf Wunden bewirke, als die mit Gera alba bereitete Salbe. Ich habe mit einem Patienten, der gegen ein hartnäckiges Leiden seit längerer Zeit Unguentum plumbi gebrauchte, die entgegengesetzte Erfahrung gemacht. Der- selbe spürte sofort den weit geringeren E,eiz der neuen Salbe. Möglich allerdings , dass das gelbe Wachs nicht immer von gleicher Beschaffenheit ist, indess kommt seit einiger Zeit ausserordentlich viel verfälschtes Wachs (namentlich mit dem stets mehr oder weniger ranzigen Gera japonica) in den Han- del und wäre es nicht unmöglich, hiei'in die Ursache des Beizes zu finden. Von einem benachbarten Gollegen wurde mir vor einiger Zeit ein als gelbes Wachs bezeichnetes Kunst- product übergeben, welches ausser der schön gelben Farbe Avch. d. Pharm, HI. Reihe. II. Uds, i, Ilft. 21 322 VV^. Steffen, ünguentum Glycerini. nicht eine einzige Eigenschaft des gelben Wachses besass. Der Verkäufer hatte dasselbe den Apothekern als besonders schön in den pharmaceutischen Tagesblättern offerirt. Pflaster -Ausgusspapier. Hierzu sind vor längerer Zeit eine ganze Reihe von Vorschriften veröffentlicht, die alle das leichte Abschälen des Papiers bezwecken sollen; Bestreichung des Papiers mit Gummi, Kleister, Schellacklösung, Wasserglas,^ Talcum u. s. w. Keines von diesen Mitteln, die ich der Curiosität halber sämmtlich versucht habe, erfüllt den Zweck so gut, als das längst be- kannte frisch geölte Papier, nur muss man bei den harten Geraten und bei Empl. fuscum die Vorsicht gebrauchen , die Masse nicht heisser auszugiessen , als gerade nothwendig ist, um sie in Fluss zu erhalten. Verfahrt man hiernach und lässt die Kapseln über Nacht zum Abkühlen stehen, so lässt sich, nach dem Ablösen des Eandes, das Papier mit einem starken Zuge abreissen. Ungueiitnm Glycerini. Von W. Steffen, Pharmaceut in Vernei Montreux. Ganz abgesehen von der jetzigen Consistenz und den wenigen Schwierigkeiten, die durch das längere Dauern der Bereitung des Amylo-Glycerins, wie des beständigen Rührens bis zum vollständigen gleichmässigen Aufschwellen des Amylums auf dem Dampfapparate, hat sich in Bezug auf die Haltbarkeit der Umstand ergeben, dass mit der Zeit das Glycerin sich ausscheidet und die Consistenz ganz verändert wird, was bei geringem Verbrauch sehr lästig ist. Unter verschiedenen Bereitungen nehmen: Amylum l| Hager (Manu alc Pharmac.) = ^^^^^^^.j^ ^j = 1:5. W. Steffen, ünquentum Glyeei'ini. 3^3 T., . . Amylum 2 "j Pharmacopoea germanica wie * i f i \ i k ?; früher die Ph. bor. 7, beibehaltend = ^r* - \. i ' > ' (ilycerm 10 J British Pharmac, = _, . > = 1 : 8. Glycerin -ni 17 Amylum x i ^ ^^ Pharmac, Franc. = ^, . > = 1 : 15. (jlycerm .'4 Wie verschieden nun diese Vorschriften resp. Verhält; nisse, sind diejenigen wenigstens am haltbarsten, welche vor allem den Wasserzusatz vollständig weglassen. Ohne jedoch auf ein Pro und Contra einzugehen, kann ich eine Bereitung des IJngt. Glycerini, die sich bei meiner Thätigkeit schon jahrelang bewährt hat, empfehlen und vor- schlagen. Ich nehme Amylum Marantae 1 |^ i . on Glycerinum purum 19 j (Gewichtstheile) reibe das Amylum zu feinem Pulver, mische kalt mit dem Glycerin und erhitze auf freiem Feuer unter gehörigem Umrühren bis zum Klarwerden in einer emaillirten — event. Por- zellankapsel , und erhalte in einigen Minuten eine klare und haltbare Salbe, die eine gute Consistenz und Monate lang, ohne zu verderben, autbewahrt werden kann. Von Anbrennen auf freiem Feuer ist bei beständigem Bühren niemals die Bede und kann das Erhitzen selbst bis zur Destillation des Glycerins gesteigert werden. Diese Salbe kann man mit jedem Arzneikörper, sowohl in Pulver, als in concentrirten Glycerin - Wasser - oder Weingeist - Lösungen , wie mit jeder andern Salbe, bei letzterer unter Zusatz von einigen Tropfen irgend eines fetten Oeles, zu einer schönen Salbe mischen. Ein jeder College wird sich durch einen kleinen Ver- such am besten von der Brauchbarkeit überzeugen. 21^ 324 Ludw. Leiner, Standgcfäss für Tusche. Standgefäss für Tusche. Von Ludwig Leiner. Bei unsei-n pharm aceutischen Ar- beiten ist Alles schon halb gethan, "wenn Geschirr und Werkzeug zweck- mässig zur Hand sind; wenn man =^ nicht erst zurichten muss, ehe man ^^^ zur eigentlichen Arbeit kommt. Und das kann bis in alle Kleinigkeiten durchgeführt werden und macht das Arbeiten lustiger und leichter. Zur Schedulirung wandelnder Standgefässe in den Apothe- kenräumen, wenn auch die Hauptsignirung mit in Porzellan und Glas eingebrannter Schrift oder mit Oelfarbe durchgeführt ist , bedient man sich fast allgemein des Schreibens mit Tusche auf Papier; meist mittelst Schablonen. Wer aber „schreiben" kann, der wird sich solcher Bleche nicht bedienen. Und hierzu ist es sehr zweckmässig, flüssige Tusche vorräthig zu halten. Man wähle hierzu bessere Sorten, indem die geringen abrussen- Ganz allgemein wird die Tusche in Schälchen mit Wasser abgerieben. Dieses Beiben ist ebenso langweilig wie mühsam ; bei kleinen Stücken Tusche die Hand ganz krämpfig machend. Seit längerer Zeit stosse und reibe ich die Tusche trocken in einem metallenen Mörserchen schnell recht fein, schütte das Tuschpulver in das Standgläs'chen, giesse eine entsprechende Menge „ destillirten " Wassers dazu und schüttle tüchtig um. So ist mühlos in kürzester Zeit die flüssige Tusche fertig und hält sich recht lange. Als Standglas habe ich ein etwa 30 g. haltendes Hyalith- gefiiss mit flachem gut eingeschliffenen Glasstopfen, eingeklemmt in einen flachen Kork -Abschnitt als Fuss. In diesen Kork- Fußs kann auch ein Federnhaltcr aus Drath eingesteckt werden. Gefahrlosigkeit wegen Umwerfen, leichte Handhabung für's Schütteln, Immergerichtetsein sind hierbei verbunden. So einfach und naheliegend diese Einrichtung ist, habe ich sie doch nirgends getroffen ; aber manche meiner Freunde haben sie schon nachgemacht. 325 II. Toxikologie und I^liarrriacogiiosie. Darstellung und Wirkung des Muscarin's. Von Dr. G. Eückert.*) Bis zum Herbste 1868 hat man sich öfter, doch ohne genüg-enden Erfolg", bemüht, das Gift des Fliegenpilzes che- misch rein darzustellen, bezw. zu isolii-en. Die von Seh ra- der, Vauquelin, Letellier, Speneux, Boudier n. A, aus Flieg'enschwämmen dargestellten und als g'iftige chemische Verbindungen, bezw. als giftige chemische Individuen aus- gegebenen Präparate waren, wie man sich jetzt allgemein überzeugt hält, nichts weiter, als Gemenge von Stoffen. Erst im Herbste 1868 gelang die Isolirung des Gifts des Fliegen- pilzes. Die Entdeckung des Muscarin's, so heisst das aus dem genannten Pilze dargestellte giftige Alkaloid, gelang 0. Schmiedeberg, jetzigem Professor der Pharmakologie und Diätetik der kaiserlichen Universität in Dorpat. Schmiedeberg studirte gemeinsam mit Koppe**) auch die physikalischen und chemischen Eigenschaften, sowie die physiologischen Wirkungen des Alkaloids. *) Vorliegende Arbeit giebt in gedrängter Kürze die Inauguraldis- sertation des Herrn Verfassers wieder. Bei der geringen Kenntniss der Pilzgifte war es geboten, jede derartige Arbeit zu berücksichtigen, um so mehr eine, welche sich das verdienstliche Ziel gestellt hat, Berei- tungsweise und Wirkung eines solchen Giftes zu verfolgen. Vom che- mischen Gesichtspuncte ausgehend fehlt allerdings noch Manches, um das Muscarin als Alkaloid oder bestimmt isolirte Substanz zu kennzeichnen, namentlich die Formel , anderweitige chemische Verbindungen u. s. w. ; mag dies für jetzt in der schwierigen Beschaffung von Material, der geringen Ausbeute u. s. w. Entschuldigung finden, so ist die Aufklärung darüber immerhin eine weiter zii erstrebende Aufgabe. Die zuerst von S chmie- deb er g gewonnene Einsicht in das Verhalten dieses Giftes wird hier durchaus bestätigt und enthält äusserst wichtige und interessante Beobachtungen. R. **') 0. Schmiedeberg uud E. Koppe. Das Muscarin, seine Darstel- lung, chemischen Eigenschaften etc., Leipzig 1869. 326 G. Eückert, DarstcUuEg und Wirkung des Muscaria's. I. Darstellung des Muscarins. Prof. Falk stellte nach Schmiedeberg- das Muscaria also dar: Die im Herbst 1869 gesammelten Fliegenschwämme wur- den getrocknet und fein gepulvert. Die Menge des Pulvers betrug circa 900 g. ; es wurde mit kochendem Alkohol so lange ausgezogen, als es noch merkliche Mengen von lös- lichen Stoffen hergab. Die spirituöse Flüssigkeit wurde als- dann heiss filtrirt. Das etwas sauer reagirende Filtrat schied beim Erkalten eine schmierige Masse aus. Die kalt gewordenen Alkoholextracte wurden vereinigt und durch Destillation vom Alkohol befreit. Das in dieser Weise concentrirte Extract, wurde mit heissem Wasser mehr- mals ausgezogen, wobei eine dunkelbraune schmierige Masse ungelöst zurückblieb. Durch Filtriren wurde diese vom Flüs- sigen getrennt, der Rückstand ausgewaschen und das Filtrat durch Verdampfen etwas concentrirt. Dieses und die Wasch- wässer wurden darauf durch Ausfällen mit essigsaurem Blei und Ammoniak von den Salzen und den meisten nicht-alka- loidischen Steifen befreit. Sodann wurde die Flüssigkeit durch Einleiten von Schwefelwasserstoffgas von dem überschüssigen Blei befreit und das Filtrat zur Vertreibung des absorbirten Schwefehvasserstoffgases und der Essigsäure auf dem Wasser- bade eingeengt. Es besass eine hellbraune Farbe und hatte das specifische Gewicht = 1,066 und wurde theil weise zu physiologischen Versuchen verwendet. Zur Darstellung des Muscaiüns wurde nun die Flüssig- keit mit einer Lösung von Kaliumquecksilber Jodid oder Kalium wismuthjodid gefällt. Bei Anwendung der erste ren Lösung erhält man das Alkaloid sehr rein, aber die Ausbeute ist eine geringere als beim Kaliumwismuthjodid, welches indess in geringerem Grade noch andere Stoffe mit- zufällen scheint. Der Niederschlag wird auf einem Filter gesammelt und mit schwefelsäurehaltigem Wasser gut ausgewaschen. Den ausgewaschenen IS^iederschlag vertheilt man sodann in Wasser, geizt das gleiche Volum feuchten Barythydrats hinzu und lei- G. ßückert, Darstellung und AVirkiuig des Muscarin's. 327 tet Schwefelwasserstoff ein. Der Zusatz von Barythydrat hat den Zweck, die Zersetzung- des Niederschlages zu ermöglichen, da derselbe in neutraler oder saurer Lösung durch Schwefel- w^asserstoff nicht zersetzt wird. Auch Baryt allein ist nicht im Stande das Alkäloid frei zu machen. Man nehme lieber zu viel als zu wenig Barythydrat, weil durch eine unge- nügende Menge jener Zweck nur i;nvollkommen erreicht wird, während ein üeberschuss nichts schadet, höchstens durch Bildung von Schwefelbaryum die Zersetzung etwas verzögert und einen grösseren Verbrauch von der zunächst anzuwen- denden Silberlösung erheischt. Nachdem so lange Schwefel- wasserstoff durchgeleitet ist, dass die Ellissigkeit auch beim TJmschütteln stark darnach riecht, und das Schwefelquecksil- ber sich als Niederschlag abgeschieden hat, filtrirt man und versetzt das Piltrat mit einem üeberschuss von schwefelsaurem Silber, das man sich am besten durch Mischen von kohlen- saurem Silber und Schwefelsäure bereitet, versetzt hierauf das Gemisch mit Schwefelsäure bis zur schwach sauren Reac- tion und filtrirt. Auf dem Filter bleiben Schwefelsilber, Jod- silber und schwefelsaures Baryum, während das Piltrat Mus- carin und schwefelsaures Silber in Lösung enthält. Zur Ent- fernung der letzteren versetzt man die Flüssigkeit im üeber- schuss mit Barythydrat, filtrirt und leitet Kohlensäure ein. Das Filtrat vom kohlensauren Baryum ist meist w'asserhell oder kaum merklich gelb gefärbt, reagirt bei hinlänglich lan- gem Einleiten von Xohlensäure neutral oder schwach sauer und entwickelt mit Säuren Xohlensäure. Man lässt hierauf die Flüssigkeit an einem warmen Orte zur Trockne verdun- sten, löst den E,ückstand in absolutem Alkohol und filtrirt. Nach dem Verdunsten über Schwefelsäure hinterbleibt ein gelblich oder schwach bräunlich gefärbter, seltener farbloser, sehr hygroskopischer Syrup , der beim Stehen über Schwefel- säure, wenn das Eintrocknen nicht zu rasch erfolgt, sich in eine aus dünnen Plättchen bestehende Krystallmasse umwan- delt. Diese Krystalle zerfliessen an der Luft fast momentan, so dass eine Isolirung und nähere Untersuchung derselben nicht möglich ist. Die nach dem Eindampfen der Ursprung- 328 G. Eückcrt, Darstelluug und Wirkung des Muscurin's. liehen Lösung" sowie nach dem Zerfliessen der Krystallmasse hinterbleibende syrupartige Masse reagirt sehr stark alkalisch lind entwickelt auf Zusatz von Säuren Kohlensäure. Beim längeren Stehen über Schwefelsäure, besonders aber beim Versuch, die Masse bei höherer Temperatur zu trocknen, fin- det eine Bräunung statt. Wenn man die ursprüngliche Lösung, statt sie durch Kohlensäure vom Baryt zu befreien , sorgfältig mit Schwefel- säure neutralisirt , vom schwefelsauren Baryum abfiltrirt und an einem warmen Orte allmählich eindampfen lässt, wobei man von Zeit zu Zeit die E,eaction, wenn nöthig, durch Schw^c- felsäure oder Barytlösung corrigirt, sodann den Rückstand in absolutem Alkohol löst und die Lösung über Schwefelsäure verdunsten lässt, so erhält man als Rückstand eine syrup- artige Masse, die sehr bald krystulliuisch wird, oder es hin- terbleibt wohl auch sofort nach dem Verdunsten eine Krystall- masse, die an der Luft sogleich zerfliesst. Falls dieselbe etwas gefäi'bt erscheint, so löst man sie in Wasser und ent- färbt mit gereinigter Thierkohle, wodurch die Flüssigkeit voll- kommen wasserhell wird und beim Verdunsten im Vacuum über Schwefelsäure einen farblosen oder spurenhaft gelblich gefärbten Syrup hinterlässt, der sich in jene zerÜiessliche Krystallmasse umwandelt. Falls die syrupartige Masse sehr dunkel erscheint und auch durch Thierkohle nicht entfärbt werden kann, so bleibt nichts übrig, als die Fällung mit Kaliumquecksilberjodid zu wiederholen. Das Freimachen des Muscarins aus der Kaliumwismuth- jodid- Verbindung geschieht ganz in derselben Weise. IL Eigenschaften des Muscarins. Das freie unverbundene Muscarin stellt eine farblose, syrupartige, geruch- und geschmacklose, in Wasser und abso- lutem Alkohol in jedem Verhältnisse lösliche, in Aether un- lösliche, in Chloroform nur sehr wenig lösliche Masse dar. Sie reagirt stark alkalisch und wird beim Stehen über Schwefel- säure allmählich krystallinisch; an die Luft gebracht, zerfliesst sie aber sofort wieder. tr. Rückert, Darstellung und Wirkung des Muscariu's. 329 Beim Erwärmen wird die trockne krystallinische Masse zunächst flüssig' und beginnt bei ungefähr 80^ C. sich etwas zu bräunen. Heber 100'^ C. erhitzt wird die Basis fest, schmilzt sodann beim stärkeren Erwärmen abermals unter Ent- wicklung eines schwachen , tabakähnlichen Geruchs und ver- brennt ohne IS^eigung zum Sublimiren. Durch 5 — 10 Minuten lang fortgesetztes Kochen mit ver- dünnter Kalilösuug wird das Muscarin nicht verändert , wenigstens bleibt die Flüssigkeit völlig farblos und klar und gibt nach dem Ansäuren mit Schwefelsäure wie zuvor die Beaction mit Kaliumwismutbjodid. Aehnlieh verhält es sich beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure. Beim Erhitzen des Muscarins mit feuchtem Kalihydrat tritt Anfangs ein schwacher Geruch nach verbranntem Leim, beim weiteren Erhitzen ein ziemlich starker, widei-licher , eigen- thümlich lisch- oder fischthranähnlicher Geruch auf und dann entwickelt sich in reichlicher Menge Ammoniak. Eine Bräu- nung und Schwärzung des schmelzenden Kalihydrats findet erst bei längerem Erhitzen statt. Beim Erhitzen des schwefelsauren Muscarins tritt gegen 100° C. eine leichte Bräunung ein, die bis 130° 0. ziemlich unverändert bleibt; dann beginnt stärkere Bräunung, wobei sich bei 150 — 160° C. ein brenzlicher Geruch entwickelt. Beim weiteren Erhitzen schmilzt die Masse unter Schwärzung und Auftreten jenes tabakähnlichen Geruchs. Concentrirte Schwefelsäure für sich oder mit etwas Sal- petersäure gemischt, gibt weder beim Stehen, noch beim Er- wärmen eine Earbenveränderung. Erst beim beginnenden Yer- dampfen der Schwefelsäure tritt Bräanung ein. Auch ein Gemisch von Manganhyperoxyd und conceutrirter Schwefelsäure gibt keine Eeaction. Chlorwasser bringt keine Farbenveränderung hervor. In einer Mischung von saurem chromsaurem Kali mit concen- trirter Schwefels, tritt Beduction von Chroms, zu Chromoxyd ein, Uebermangansaures Kali wird in der Lösung des schwefel- sauren Muscarins allmählich unter Abscheidnng von Manganoxyd zersetzt. 330 G. Riickert, Darstellung uud Wirkung des Muscarin's. Bromwasser im Ueberschuss erzeugt einen gelben Nieder- schlag, der sehr bald verschwindet, worauf die Flüssigkeit anfangs gelb gefärbt, nach einiger Zeit vollkommen farblos erscheint. Bringt man einen Tropfen der syrupartigen Masse des schwefelsauren Muscarins unter eine Glasglocke, in der sich Bromdämpfe befinden, so färbt er sich bald gelb und trübt sich vom Rande aus, wie durch Bildung eines Niederschlags. Beim Stehen an freier Luft verschwindet zunächst die Trübung sodann auch die Gelbfärbung und man hat unverändertes schwefelsaures Muscarin, das sich gegen Bromdämpfe wie zu- vor verhält. Jod- Jodkaliumlösung und wässrige Jodtinktur bringen in der Lösung des Muscarins keinen Niederschlag hervor. Das Muscarin ist eine sehr starke Base; es bildet mit Kohlensäure eine Verbindung , die selbst beim Ein- dampfen in massiger Wärme nur theilweise zersetzt wird, und fällt Kupfer- und Eisenoxyd aus ihren Lösungen. In Wasser ganz unlösliche Verbindungen scheint das Mus- carin mit Säure nicht zu bilden. Das schwefelsaure Muscarin bildet, wie die freie Base, an der Luft eine syrupartige Masse, die im Exsiccator leicht kry stall inisch wird. Die Kry stalle zei'fliessen sofort an der Luft und sind in absolutem Alkohol in jedem Verhältnisse löslich; die Lösung mit überschüssigem Ammoniak zur Trockne eingedampft, hinterlässt schwefelsaures Muscarin. Gerbsäure fallt das Alkaloid aus der schwefelsauren Lösung nicht; die freie Base gibt nur in concentrirteren Lösungen einen Niederschlag, der in einer grösseren Menge von Wasser oder auch von Alkohol löslich ist. Kaliumquecksilberjodid gibt in concentrirteren sauren Lösungen einen amorphen gelben Niederschlag, der beim Stehen krystallinisch wird. In verdünnteren Lösungen bilden sich ziemlich grosse, gut ausgebildete, octacdrische , prächtig iri- sirende Krystalle, die sehr beständig, in Aether sehr schwer, leichter in Alkohol, sehr leicht in Jodkaliumlösung löslich sind. So lange der Niederschlag amorph ist, löst er sich in Aether imd Alkohol ziemlich leicht. G. Eückert, Darstellung uüd Wirkung des Muscariu'ä. 331 Kaliumwismuthjodid gibt einen amorphen rothen Nieder- schlag, der sich beim Stehen in Krystalle verwandelt, welche in verdünnteren Lösungen makroskoj^isch und sehr beständig sind und im durchfallenden Lichte tief granatroth gefärbt er- scheinen. Die Krystalle wie auch der amorphe Niederschlag sind unlöslich in Alkohol und Aether, sehr wenig löslich in Jodkaliumlösung. Quecksilberchlorid lässt massig concentrirte Lösungen des schwefelsauren Salzes anfangs unverändert, beim Stehen scheiden sich ziemlich grosse glänzende Krystalle aus. Platinchlorid gibt auch beim Stehen keinen Niederschlag. Goldchlorid gibt sofort einen feinkörnigen Niederschlag, ohne deutliche Krystallstructur. Kaliumplatin- und Kahumeisencyanür lassen die Lösungen des Muscarins unverändert. Phosphormolybdänsäure erzeugt einen flockigen Nieder- schlag, der auch beim Stehen nicht krystallinisch wird. Phosphorwolframsäure gibt einen feinkörnigen, nicht deutlich krystallinischen Niederschlag. IIL Wirkung des Muscarins. TJm über die Intensität der Wii'kung des Muscarins in das Klai'e zu kommen, wurden keine besonderen Versuche angestellt, sondern die zur Kenntnissnahme der Erscheinun- gen der acuten Muscarinvergiftung veranstalteten Versuche so eingerichtet, dass die Energie der Wirkung des Gifts mit zur Klarheit kommen musste. Unsere Ergebnisse bezüglich der Energie der Wirkung des Muscarins sind also nur gelegent- lich gesammelt. Ein Kaninchen starb bei subcutaner Injection von 6 Mil- iig. Muscarin schon nach 6 Minuten. Es besass eine schwache Constitution und hatte dem entsprechend ein geringes Körper- gewicht. Ein anderes viel stärkeres Kaninchen starb von 3 Miliig. nach 10 Minuten. Diesen Intoxicationen von sehr geringer Dauer gegenüber sahen wir andere von verhältniss- mässig langer Dauer. Ein Kaninchen starb erst nach 121 332 G. Rückcrt, Darstelluiig uud Wirkung des Muscarin's. Minuten. Es hatte dasselbe Körpergewicht wie das nach 10 Minuten gestorbene Thier und doppelt soviel Muscarin erhalten. Die Leichen der mit Muscarin vergifteten Säugethiere wiegen durchweg weniger als dieselben Thiere zur Zeit der Application des Alkaloids. Diese constante Körpergewichts- verminderung ei'klärt sich sehr einfach aus der Wirkung des Muscarins, welches bei lebenden Thieren viele Ausleerungen schafft. Die stärkste von uns bei einem Hunde beobachtete Gewichtsabnahme betrug 280 g. Sämmtliche mit Muscarin getödteten Säugethiere wurden starr, einige früher andere später. Die Herzbeutel enthielten meistens nur kleine Mengen seröser Flüssigkeit. Die Herzen der Kaninchen erwiesen sich ausgedehnt, boten injicirte Kranzadern und enthielten viel schwarzrothes, zuweilen nur flüssiges, meistens theils flüssiges, theils geron- nenes Blut. Der atmosphärischen Luft ausgesetzt, wurde das- selbe hochroth. Die Katzenherzen waren kaum verschieden von den Kaninchenherzen, aber die Hei'zen der Hunde ver- hielten sich abweichend. Der linke Ventrikel der meisten Hundeherzen war contrahirt und fest und enthielt nur wenig Blut. In wenigen Fällen zeigte der linke Ventrikel mehr Blut und war mehr distentirt. In einem Falle war das ganze linke Herz recht distentirt, es war prall mit Blut erfüllt. Die linken Vorhöfe waren meistens ausgedehnt. TJebereinstimmend verhielten sich die rechten Herzen der Hunde; sie waren aus- gedehnt und enthielten immer viel dunkelrothes Blut, das meistens theil weise geronnen war. Manchmal sah das mehr flüssige Blut wie Theer aus, das geronnene Blut manchmal wie Himbeergelee. Dass das Blut im Herzen überall, auch im linken, schwarz- roth gefärbt war, muss besonders hervorgehoben werden. Bekanntlich ist es in gesunden Tagen hier immer schar- luchroth. Die Lungen waren theils aufgebläht, theils nicht. G. Riickert, Darstellung und Wirkung des Muscarin's. 833 Der Inhalt des Dünndarms war fast in allen Fällen flüs- sig-, meistens blutig, selten gelb gefärbt. Das Dünndarmrohr erwies sich nur selten extentirt und enthielt alsdann Gase, in der Eegel war es ungleichmässig contrahirt und bot einen bunten Wechsel von eingeschnürten und erweiterten Stellen. Die äussere Oberfläche des Dünn- darms war niemals entzündet. Die dicken Därme der Säugethiere war meistens leer, selten mit Eäces gefüllt. Die Farbe der letzteren war ver- schieden, entweder gelb oder braun oder grün. Die Bauchspeicheldrüsen zeigten sich meistens röthlich gefärbt und ziemlich blutreich. Die Lebern aller Säugethiere waren entweder blutreich, oder sehr blutreich und dunkelkirschroth gefärbt. Die Gallen- blasen waren strotzend erfüllt. Zur Kenntnissnahme des Einflusses des Muscarins auf das Herz stellte Schmiedeberg zahlreiche Versuche mit Frö- schen an. „Es tritt im Verhältniss zur Menge des Giftes längere oder kürzere Zeit nach der Injection Stillstand des Herzens ein. Bei Gaben von ^2 Miliig. und darüber kann der Still- stand fast unmittelbar nach der Injection zu Stande kommen, während nach geringeren Mengen die Zahl der Herzcontrac- tionen allmählich bis zum Aufhören derselben abnimmt. Doch ist die Zeit, die bis zur Sistirung der Herzthätigkeit verfliesst, nicht streng an die Giftmenge gebunden." „ Stets erfolgt der Stillstand in der Diastole des Herzens, welches ausgedehnt und strotzend mit Blut erfüllt ist." „Prüft man nach dem völligen Eintreten der E,uhe des Herzens die Reizbarkeit desselben auf mechanische und elec- trische Reize, so findet man jene noch Stundenlang vollkom- men erhalten. Schon auf blosse Berührung erfolgt eine ein- zelne vollständige Zusammenziehung des Ventrikels, die gleich wieder der diastolischen Stellung Platz macht. Nur nach grossen Gaben verharrt das Herz bei Anwendung stärkerer Reize selbst längere Zeit im contrahirten Zustande, ohne indess auch jetzt seine Reizbarkeit einzubüssen. Selten und wie es 334 G. Eückcrt, Darstellung und Wirkung des Musearin's. scheint nur nach geringen Gaben von Muscarin gelingt es durch Reizung mehrere auf einander folgende Constractionen hervorzurufen. Dagegen genügt meist schon eine active Be- wegung des Thieres oder die Reizung eines Muskels, um eine einzelne Contraction zu Stande zu bringen. Die Vor- höfe nehmen an diesen Zusammenziehungen nicht Theil, sie verharren vielmehr unverändert in ihrer diastolischen Stellung; nur anfangs erfolgen auf stärkere electrische Reizung zu- weilen unvollständige Contractionen. Dagegen tritt regel- mässig auf R,eizung der Vorhöfe eine Ventrikelcontraction ein." Schmiedeberg erklärt das Muscarin für ein „Herz- gift," d. h. für ein Gift, welches eingehend in gewisser Menge in den Organismus das Herz zum Stillstand zwingt. Es stelle aber das Herz weder durch Lähmung^ noch durch tetanische Affection sondern in anderer Weise still. Die musculomotoris che Kraft des Herzens wird durch das ]\Iuscarin nicht vernichtet, sondern nur unterdrückt, in ihrer Thätigkeits- äusserung gehemmt. Dies kann aber nur durch Erhöhung der normalen Widerstände geschehen, die vom Vagus ausgehen; es muss derselbe durch das Gift in eine 80 hochgradige Erregung versetzet werden , dass das Herz wie bei electrischer Reizung zum Stillstand kommt. Der Sitz dieser Erregung der hemmenden Apparate kann aber nur im Herzen selbst gelegen sein, weil die Durchschneidung beider Vagi am Halse an den Wirkungen des Giftes auf das Herz gar nichts ändert; letzteres kommt ganz ebenso zum Stillstand, wie bei unverseherten Vagis. Schmiedeberg überlegte , ob Mittel vorhanden seien, die in gewisser Menge in den Organismus eingeführt, die peripherischen Ausbreitungen der Vagi im Herzen zu lähmen, gegen jeden Reiz unempfindlich zu machen vermöchten, und glaubte nach den Untersuchungen von B e z o 1 d und B 1 o e - bäum, von Bidder und Keuchel im Atropin ein solches, erblicken zu müssen. Bei den Versuchen versah er 2 Frösche jeden zunächst mit kleinen Mengen von Atropin und hernach, G. Rückert, Darstellung und Wirkung des Muscarin's. 335 als die Wirkung- des Alkalo'ids eing-etreten war, mit Muscarin. Die Herzen der Frösche sistirten ihre Bewegungen nicht sondern schlugen so, als hätten die Frösche kein Muscarin erhalten. Bei weiteren Versuchen wurden die Frösche erst mit Muscarin und nach dem Eintritt der Wirkung dieses Alkaloids mit Atropin versehen. Auch bei diesen Unter- suchungen zeigte* sich, dass das Atropin ein Antagonist des Muscarins ist. „Es war ferner von grossem Interesse," sagt Schmiede- berg, „zu untersuchen, ob das Experiment auch in umge- kehrter Ordnung gelingt, d, h. ob das durch Muscarin zum Stillstand gebrachte Froschherz durch Atropin wieder zum Schlagen gebracht werden kann. Ein derartiger Erfolg liess sich nach der aus den vorstehenden Versuchen gewonnenen Erfahrung fast mit Gewissheit voraussehen, unter der Be- dingung, dass das Atropin im Stande sein werde, trotz der in Folge des Herzstillstandes unterdrückten Circulation zum Herzen vorzudringen. Eine directe Application von Atropin auf das Herz musste vermieden werden , um jede Keizung desselben auszuschliessen. Auch diese Versuche gelingen wider Erwarten gut. Es ist gleichgültig, wie lange das Herz unter der Einwirkung des Muscarins still gestanden hat, stets iässt sich seine Thätigkeit wieder hervorrufen, wenn die Eeiz- barkeit erhalten blieb. Oft treten die Herzcontractionen fast unmittelbar nach der Injection des Atropins ein, höchstens vergehen einige Minuten und nur wenn der Stillstand sehr lange gedauert, der Frosch vollständig reflexlos geworden ist, stellen sich die Pulsationen erst nach 5 bis 10 Minuten ein. Anfangs beschränken sich dieselben auf den Ventrikel, erst später nehmen auch die Vorhöfe an denselben Theil und zuletzt ist sowohl der Frequenz als dem Modus nach die normale Herzthätigkeit wieder hergestellt. Es würde über- flüssig sein von den zahlreichen Versuchen auch nur einen aufzuführen, in welchem nach ^^ bis 1 stündiger Euhe die Herzthätigkeit durch Atropin wieder in Gang gebracht werden konnte-, keiner dieser Versuche misslingt; nur in wenigen erlangte das Herz seine frühere Schlagzahl nicht wieder. 336 G. Riickert, Darstellung und Wirkung des Muscarin's. Die grosse Wichtigkeit dieser Beobachtung führte zu zahlreichen Versuchen mit Muscarin an Fröschen und aus- geschnittenen Proschherzen im Marburger pharmakologischen Laboratorium. Es genügt zu sagen, dass wir, grade so wie Schmiedeberg, zum Stillstand gekommene Herzen mit schwefelsaurem Atropin wieder zu ihren gewöhnlichen Bewegungen zurückführen und dass wir mit Muscarin die Herzen der Frösche ganz nach unseren Wünschen schnell oder all- mählich zum Stillstand bringen konnten. Ob aber die Vagusendigungen im Herzen die Theile sind, welche den Stillstand bedingen, darüber sind wir im Zweifel und diese Zweifel konnten wir selbst bei der Wiederholung fast aller von Schmiedeberg angestellter Versuche nicht los werden. Wir halten dafür, dass das Muscarin den Stillstand des Herzens nicht von den Vagusendigungen aus, sondern, von den Herzganglien aus bewirkt. Wird ein eben ausgeschnittenes Froschherz in einem Uhr glase mit nicht allzuverdünnter Muscarinlösung befeuchtet, so hört es in Zeit von weniger als 30 Secunden auf zu schlagen. Entzieht man das Herz, nachdem es seine Be- wegungen eingestellt hat, dem Muscarin, spritzt es mit einem aus einer Spritz flasche kommen- den Strahl von destillirtem Wasser tüchtig ab und befeuchtet es dann in einem neuen Uhrglase mit einer schwachen wässrigen Lösung von schwefelsaurem Atropin, so erholt sich das Herz bald wieder und macht wieder ryth mische Be- wegungen. Bringt man das wieder in Gang gebrachte Herz in eine 2^2 7o wässrige Lösung von phosphorsaurem Natron, so setzt das Herz die Pulsationen so lange fort, als wäre es mit keinem Gift in Berührung gewesen. Bringt man das exstirpirtc Froschherz zu- nächst in eine 2'/^ 7o wässrige Lösung von phos- G. Eückert, Darstellung und Wirkung- des Muscarin's. 337 phorsaurem Natron und tröj^ielt zu der Flüssig- keit Muscarinlösung, so kommt der Stillstand des Herzens später als sonst und nur bei stärkerem Zusätze von Muscarin zu Stande. Niemand kann nach dem, was bis jetzt erforscht ist, da- rüber im Zweifel sein, dass das Muscarin die Bewegungen des Herzens zu sistiren, dass Atropin dagegen die sistirten Herzbewegungen wieder herzustellen vermag. Diese Wir- kungen sind bewiesen und bilden, wenn ich so sagen darf, das thatsächliche Gebiet. Anders steht es mit der Inter- pretation dieser Wirkungen. Schmiedeberg meint die peripherischen Endigungen der Vagusnerven im Herzen als die Vermittler der Wirkung ansehen zu müssen. Diese An- schauung ist eine Hypothese ! Ueberlege ich Alles, was ich am ausgeschnittenen Proschherzen gesehen habe, so will es mir vorkommen, als sei es mehr gerechtfertigt, die Ganglien des Herzens als die Vermittler der besprochenen Wirkungen anzusehen. Dass auch diese sich analog verhalten, wie die nervi vagi und sympathici, wer möchte das jetzt noch be- zweifeln. Schneide ich die Venensinus des Eroschherzens ab, so steht das genannte Organ still , bewegt sich nicht mehr, schneide ich aber die ganzen Vorhöfe weg, so treten die Bewegungen des Ventrikels wieder ein. Nehme ich hemmende und treibende Herzganglien an, so kann ich mir die antago- nistischen Wirkungen des Muscarins und Atropins am ausge- schnittenen Froschherzen einigermassen erklären. IV". Das Muscarin und die thierische Wärme. Kann mit Muscarin das Herz so verändert werden, dass es seine Bewegurgen aussetzt, dass es strotzend gefüllt und diastolisch ruhig stehen bleibt, so muss das Muscarin auch die Eigenwärme beeinflussen. Wie es dieses thut, wurde vom Entdecker des Alkaloids nicht studirt. Herr Professor Falck hielt es desshalb für geboten, die Temperaturcurven wenigstens der acuten Muscarinvergiftung genauer -zu ver- folgen. Es geschah dies durchweg bei Hunden, wesshalb diese Forschungen ganz besonderen Werth besitzen. Arch. d. Pharm. ELL Reihe. II. Bds. 4. Heft. 22 338 G. ßückert, Darstellung und Wirkung des Muscarin's. In folgender Tafel stelle ich die wichtigsten Ergebnisse dieser Forschung zusammen. TS Ge- schlecht Körper- gewicht Einver- leibtes Intoxi- cations- dauer Diäerenz der höchsten Differenz der Anfange- und der in Muscarin und End- Hunde. Kilogrm. in CG. m IMinuten. niedrigsten | temperatur. h) Temperatur., I. Hund 10,5 5 117V2 — 7,«0C. — 5,0 IC. II. )> 9,0 5 32 -4,«2„; -4,0 1,, III. Hündin 10,222 15 26 -2,0 3 „! -1,"8„ IV. >» 4,3 5 nicht auf einmal, sondern nach u. nach. 239 — 10,07,,, -10,0 2,, V. » 12,55 nicht gestorben -V3„| -3,0 5 „ Die grössten Diffevenzzahlen ergaben sich da, wo die Intoxicationen am längsten dauerten. Es begreift sich dies sehr wohl! Die Wärme des Körpers muss um so mehr ver- loren gehen, je länger der Process des Absterbens dauert. Stirbt der Hund in 26 Minuten, so wird er ceteris paribus weniger kühl, als wenn der Process des Absterbens 100 Minuten dauert. Zieht sich die Intoxication gar 200 Minuten hinaus, so muss dem Organismus noch mehr Wärme verloren gehen. Um dieselbe Zeit, zu der die zur Construction der Tem- peraturcurven der acuten Muscarinvergiftung dienlichen Zifi'ern erhoben wurden , bemühte sich Herr Professor F a 1 c k auch um die Feststellung der Temperaturcurve der acuten Atropin- vergiftung. Die darauf bezügliche Publication soll anderw^ärts gemacht werden. Hier, bin ich beauftragt, nur soviel zu sagen, dass die Temperaturcurve der acuten Atropinvergiftung eben- falls abfallend ist. Bringt man aber in den Körper eines Hundes, der in Gefahr ist an einer Muscarinvergiftung zu sterben und bei dem die Temperatur bedeutend herunterkam, so viel Atropin , als zur Heilung der Intoxication nöthig ist, so setzt das Atropin die Temperatur nicht mehr herab, sondern wirkt temperaturerhöhend. Dieser Effect ist von der allergrössten Wichtigkeit, denn man sieht ein, dass Gr. Eückert, Darstellung uud Wirkung des Muscarin's. 339 man mit den sog. Narcoticis die Temperaturen reguliren kann, wenn sie die Antagonisten der krankheiterzeugenden Noxa sind. Wahrscheinlich steht das Chinin zu dem Wechselfieber erzeugenden Gifte in einem analogen Verhältniss, wie das Atropin zu dem Muscarin! Hinsichtlich der Wii"kung des Muscarins auf die Speichel- drüsen der Säugethiere können wir die Zuverlässigkeit alles dessen bestätigen, was in der Schrift von Schmiedeberg und Koppe S. 60 u. s. w. steht. Auch die Wirkung des Muscarins auf den Thränenapparat und auf die Schleimdrüsen beobachteten wir so, wie Schmie- deberg, ingleichen die Wirkung des Muscarins auf den Darm. Wir überzeugten uns davon, dass das Atropin auch am Darm dem Muscarin entgegengesetzt wirkt. Bei einem mit Muscarin versehenen Hunde sahen wir das bedeutendste Erbrechen, den bedeutendsten Durchfall, ein fortwährendes Ausdrängen von Harn und Koth, dabei hörten wir die stärksten Borborygmeu. Das alles verlor sich kurz nach der Einführung von Atropin. Wir haben die grösste Zahl der mit Muscarin getödteten Hunde unmittelbar vor der Application des Giftes und nach dem Hinsterben gewogen und so die Körperverluste festge- stellt. In folgender Zahlentafel sind die Ergebnisse dieser Forschung zusammengestellt. Körpergewicht Körpergewicht zur Zeit der unmittelbar Application des Giftes nach dem Tode in Kilogrm. iu Kilogrm. 19,250 18,230 1,020 10,500 10,220 0,280 10,439 9,840 0,599 10,222 10,155 0,067 9,000 8,600 0,400 4,300 3,830 0,470 Man sieht aus diesen Ziffern, dass die Ausgaben der ersten Wege der Hunde bei der Muscarinvergiftung bedeutend sind, denn die meisten der verloren gegangenen Stoffe ent- kamen den ersten Wegen. 340 G. R ü c k p r t , Darstellung und Wirkung des Musoarin's. Auf die Augensterne der Säugethiere wirkt das Muscarin entgegengesetzt wie das Ätropin! "Wie dieses eine Mydriasis mit Pnpillenerweiterung veranlasst, so erzeugt das Muscarin eine Myosis mit Verengerung, bezw. Verschliessung der Pupille. Auch ist es richtig, dass die durch Muscarin an der Blendung bewirkte Veränderung durch Atropin wieder aufgehoben werden kann. Ueber die Wirkung des Muscarins bei Katzen lassen sich die Dorpater Autoren also aus: „Bei Katzefii tritt ausnahmslos in allen Fällen. 1 bis 2 Mi- nuten nach der subcutanen Application des Muscarins eine Verengerung der Pupille ein, welche sehr rasch zunimmt und wenn 3 oder mehr Miliig. injicirt wurden, schon nach 3 bis 5 Minuten das Maximum erreicht. Alsdann erkennt man statt der Pupille nur noch einen verticalen schwarzen Streifen, welcher die sich berührenden ÜTealsäume zweier gegenüber- liegender Seiten des Irisrandes repräsentirt. Dieser Zustand dauert ununterbrochen je nach der Grösse der Gabe längere oder kürzere Zeit fort, um erst zugleich mit den übrigen Vergiftungssymptomen allmählich zu schwinden oder mit der eintretenden Agonie ziemlich rasch , bei plötzlich erfolgendem Tode fast momentan einem normalen Verhalten oder einer geringen Erweiterung Platz zu machen. — Die kleinsten Atropinmengen genügen, um die Verengeining sofort aufzu- heben oder nach vorhergehender Application das Eintreten der Pupillencontraction gänzlich zu verhindern." Bei Kaninchen sahen wdr die Pupillenverengerung nach der subcutanen Application von Muscarin mitunter sehr schnell eintreten und sich vollständig ausbilden , so dass es uns eine Zeit lang schien, als seien die Pupillen der Kaninchen leichter geneigt sich zu contrahiren, als die der Katzen. Später sind wir von dieser Ansicht wieder zurückgekommen, und wir möchten die Schmiedeberg' sehe Darstellung, über das Verhalten der Pupillen verschiedener Thiere unter dem Ein- flüsse des Muscarins, für richtig halten. Dass es für uns von grosser Wichtigkeit war, die Heil- kraft des Atropins bei mit Muscarin vergifteten Hunden mit Bkcrt, Dar&telluLg utid Wirkung des Muscarin's. 341 eignen Augen zu schauen, wkd man bei der ganzen Ten- denz unserer Untersuchung wohl begreifen. Und wir haben uns überzeugt, dass man mit Muscarin vergiftete Hunde selbst dann noch wieder gesund machen kann, wenn sie in der grössten Gefahr zu sterben sind. Ich lasse jetzt die Casuistik folgen, welche beweist, dass das Atropin wirklich das Heil- mittel der Muscarinvergiftung ist. Professor Palck stellte am 9. Februar 1871 unter Mit- wirkung einiger seiner Zuhörer einen Versuch an einer 12,550 g. schweren Hündin an, der ein ganz besonderes Interesse besitzt. Von 9 h. 10 m. bis 9 h. 51 m. wurden 42 Eestimmungen der Eigenwärme der Hündin ausgeführt. Das Thermometer schwankte zwischen 38,5 und 38,0'* C, obwohl es immer auf derselben Stelle lag. 9 h. 50 m. wurden 7 CC. Muscarin- lösung unter das Fell gebracht. Das Thier erkrankte mit Thränen- und Speichelfluss , mit starken Ausleerungen nach oben und unten, Pupillenveränderung und Abnahme der Frequenz der Pulse. Auch die Temperatur der Hündin ging ganz allmählich herunter. Gegen 12 h. Mittags betrug die Eigenwärme 33,6*^ 0. Da sich die Intoxication nicht rasch genug entwickelte, so wurden wieder 3 CC. Muscarinlösung subcutan applicirt. Die Hündin wurde jetzt viel kränker, hatte neue verstärkte Ausleerungen und eine bedeutendere Vennin- derung der Pulsfrequenz. Die Temperatur der Hündin war um 1 h. == 33** C, Sie hatte nur 15 Palse in der Minute und ihre Hespiration war sehr schwierig. Um 1 h. 14 m. wurde eine Lösung von 5 Miliig. schwefelsaurem Atropin unter das Fell gespritzt. Die Circulation wurde bald frequenter; die Respiration freier. Um 1 h. 45 m. hatte sich die Hündin so weit erholt, dass sie vom Tische, auf dem sie bis dahin gelegen hatte, herunter sprang und im Zimmer umherging. Ihre Temperatur betrug jetzt schon 34,5^ C. Ihre Pupillen waren aber Atropinpupillen. Um 2 h. musste das Thier verlassen werden. Als es am Nachmittag wieder besucht wurde, verhielt sich die Hündin, von den erweiterten Pupillen abgesehen, wie ein gesundes 342 G. Rückert, Darstellung- und Wirkung des j\luscarin's. Thier, Ihre Temperatur war die Normaltemperatur; auch nahm sie Futterstoffe willig au. Die Atropinpupillen hielten 5 Tage laug vor. Dieser Bericht lässt keinen Zweifel darüber, dass das Atropiu, wenn es den Heileffect übt, die Temperatur des Körpers ebenso rasch empor bringt, als diese unter dem Ein- flüsse des Muscarins herunterkam. Dass auch das Äluscarin als Heilmittel der Atropinver- giftung benutzt werden kann, bedarf nach dem, was über den Antagonismus zwischen Muscarin und Atropin festgestellt wurde, keiner weiteren Ausführung. Die Heilkraft des Mus- carins bei Atropinvergiftung ist aber auch thatsächlich bewiesen. Ein näheres Eingehen auf dieses Verhältniss liegt mir aber fern. Anmerkung. Es ist anzunehmen, dass unter dem in vorstehender Arbeit auf Muscarin untersuchten „Fliegenpilze" die normale „Amanita muscaria (Linne) Persoon" ver- standen ist. Sehr wünschenswerth wäre es bei phytochemischen Arbeiten, sich jederzeit präcis auszusprechen, was man untersucht hat. Mittheilungen nach soll der „Fliegenpilz" in Astrachan „ungiftig" sein. Ich glaube, dass solcher S'otiz eine sehr nahe verwandte Species oder Spielart zu Grunde liegt. Kennen wir doch auch bei Abarten phanerogamischer Species, beispielweise bei Amygdalus communis, chemische Differenzen. Die Amanita muscaria Persoons hat viele Formen, deren Hutfarbe alle Nuancen vom gewöhnlichen Roth bis ins Fahlgelbe durchläuft; auch ist der Hut oft ganz warzenlos; nur die gelbe für diese Species sehr characteristische Zone unter der Oberhaut fehlt keiner Form. Die Naturgeschichte hat wie die Chemie ihre bestimmte Kunstsprache, deren all- gemein giltige bestimmte Individuen umgrenzende Namen bei chemischen Untersuchungen präcis zu berücksichtigen sind und alle Zweifel heben. Die Vernachlässigung dessen hat schon viele Ungewissheiten in die Pflanzenchemie eingebracht. Tri- vialnamen sind meist sehr unsicher. Dem Volke ist die schlankere Amanita muscaria formosa Persoon, sowie die Amanita citrina Persoon, von welcher auch 30 g. Kaninchen unter convulsivem Erbrechen rasch tödten, und ähnliche Arten H. Eriinner, Beiträge zur gericlitlicheil Cliemie. 348 ebenfalls „ Fliegen schwamm. " Aber selbst Standort, Zeit und Bodenverhältnisse sind bei genauen Arbeiten zu berück- sichtigen, indem solche grossen Einfluss auf chemischen Gehalt üben. Ludwig Leiner. Beiträge zur gerichtlichen Chemie. Von Dr. Heinrich Brunn er, Privatdocent in Zürich. 1) Ueber den Nachweis von Pikrinsäure im Biere. Pohl war es, welcher zuerst die Eigenschaft des meisten Wollgarnes, aus einer Pikrinsäurelösung die Pikrinsäure völlig auf sich nieder zu schlagen, zum Nachweis derselben benutzte. Die überraschend scharfen Eesultate, welche er erhielt, ver- anlassten mich, einige Versuche anzustellen, die zu einer kleinen Erweiterung dieser sonst so schönen Methode führten. Zunächst machte ich die Beobachtung, dass die Tinotion der Wolle sicherer und leichter bei etwas erhöhter Temperatur (Wasserbad) und nach vorherigem Ansäuern des Bieres mit Salzsäure vor sich geht, gleichzeitig aber war nicht zu ver- kennen, dass sich auf der Wolle ausser der intensiv gelben Farbe der Pikrinsäure auch noch färbende Extractivstoffe des Bieres abgeschieden hattten, die dem Ganzen eine schmutzig braungelbe Färbung ertheilten. Ich suchte daher nach einem Mittel, die Pikrinsäure von der Wolle zu trennen und selbst in kleinster vorhandener Menge noch anderweitig nachzuweisen, was folgen dermassen gelang: Man erwärmt das Wollgarn mit Ammoniakflüssigkeit, welche demselben alle Pikrinsäure entzieht, filtrirt und con- centrirt die erhaltene Lösung bis auf einen geringen Eückstand im Wasserbade, alsdann setzt man einige Tropfen Cyankalium- lösung hinzu; war nur die geringste Spur von Pikrinsäure vorhanden, so tritt eine rothe Färbung von entstehendem K.aliumisopurpurat ein, eine Eeaction, die man sich durch folgende Gleichung vergegenwärtigen kann: 344 H. Brunner, Beiträge zur genchtjichen Chinüe. *)CgH\ yO^)30H + 3HCN + H^O = CSHSN^O^ + CO^ + NH^ Pikrinsäure. Blausäure. Isopurpursäure. Es ist Practicanten des Laboratoriums und mir auf diese Weise wiederholt gelungen^ in einem Schoppen bairischen Bieres ein Milligramm Pikrinsäure nachzuweisen. — 2) Ueber C arbolsäure Vergiftung. Da Carbolsäureintoxicationen sehr selten vorgekommen sind, ist es vielleicht nicht ganz ungerechtfertigt, wenn ich den geehrten Lesern dieses Journales den Verlauf einer der- artigen Vergiftung, welche im Sommer 1871 im hiesigen Cantonspital durch Versehen eines Krankenwärters vorkam, in Kürze mittheile und gleichfalls das eingeschlagene Ver- fahren zum Nachweis des Giftes beifüge, Herrn Dr. Krönlein, erster Assistent am Spital, ver- danke ich folgenden Auszug aus der Krankengeschichte des Gestorbenen : Der Patient kam in das Spital, an einer Epithelioma sinus frontalis leidend. Es wurde demselben das Geschwür incidirt und ihm dann innerlich Infus. Sennae compos., äusserlich, zum Waschen der Wunde, eine Lösung von 1 Theil Carbolsäure und 6 Theilen Wasser verordnet. Der Wärter des Krauken wollte Abends demselben einen Esslöffel voll des Inf. Senn. eps. eingeben, vergriff sich aber in den Flaschen und gab statt dessen einen Esslöffel voll von der Carbolsäui-e ein. Der Patient klagte sofort über heftiges Brennen im Schlünde, erbrach sich, es trat Pupillenverengung ein und wahrschein- lich Strictur des Oesophagus. Bald nach der Verwechslung kam ärztliche Hülfe, der Magen wurde sogleich dreimal mit ansehnlichen Mengen Wassers ausgepumpt, was aber die tödtliche Wirkung nicht hemmen konnte. Heftiges Angst- gefühl befiel den Kranken , er reagirte nicht auf Lichteinfall und zeigte sehr frequenten Pulsschlag (184 — 204), kalter, klebriger Schweiss trat hervor und in tiefem Sopor ging der Bedauernswerthe zu Grunde. — Sein Blut war stark venös und zeigte unvollkommene Gerinnung. *) = 16. H. Bruaner, Beiträge zur gericlitlichen Chemie. 345 War schon der Zeitverlauf zwischen Einnehmen der Car- bolsäure und dem Nahen ärztlicher Hülfe ein sehr geringer, so lag doch der Wansch nahe : zu erfahren , in wie weit die Zeit zur Eesorption des Giftes genügte oder nicht. Es wurden zu dem Behufe der Mageninhalt, die Leber, das Herzblut nnd Aderlassblut sowie der Urin mir zur chemischen Unter- suchung übergeben. Mit Ausnahme des Mageninhaltes konnte jedoch in keinem der erwähnten Theile Carbolsäure nachge- wiesen werden, sei es nun, dass keine so schnelle Eesorption stattfand, oder, was wahrscheinlicher erscheint, es war die Menge der im Körper vertheilten Carbolsäure eine so geringe, dass sie sich dem Erkennen durch chemische Eeactionen ent- zog. Selbst der Mageninhalt war durch das Auspumpen so von der Carbolsäare befreit, dass sie ohne Weiteres nicht durch den Geruch wahrgenommen werden konnte, was mich zu folgendem Yerfahren veranlasste: Der wässrige Mageninhalt wurde mit verdünnter Schwefel- säure angesäuert und aus einer Eetorte über freiem Eeuer der Destillation unterworfen, bis circa ein Drittheil über- gegangen war. Das Destillat zeigte noch immer nicht den Phenolgeruch, erst nachdem auf gleiche Weise viermal ver- fahren war, gelang es in dem Uebergegangenen eine nach Phenol riechende Flüssigkeit zu erhalten, welche, mit etwas Eisenchlorid versetzt, die für die Carbolsäure characteristische blauviolette Färbung gab. 3) Verhalten des Digitalin's und anderer Glycoside gegen Gallensäuren. In No. 3 der diesjährigen berliner chemischen Berichte habe ich bereits über die Auffindung von Digitalin und auch Atropin in gerichtlichen Fällen eine Mittheilung gemacht, welche auch wohl hier der Erwähnung verdient. Der Nachweis von Digitalin bei gerichtlich chemischen Untersuchungen ist bekanntlich mit grossen Schwierigkeiten verknüpft, da dasselbe, wenn schon für die reine Substanz ziemlich gute ßeactionen bekannt sind, bei gerichtlichen 346 H. Brunner, Beiträge zur gerichtlichen Chemie. Untersuchungen meist in einer Form erhalten wird, welche den Reagentien die gewünschte Wirkung erschweren. Arbeitet man nach dem Verfahren von Stas-Otto, so wird der grösste Theil des Digitalin's als harzartiger Rück- stand aus der sauren, aetherischen Lösung erhalten, während der geringere Theil desselben in die alkalische Aetherlösung übergeht. Aus Letzterer erhalten ist es von Delphinin nicht zu unterscheiden, welches beim Verdampfen mit Phosphos- säure und auch beim Behandeln mit conc. Schwefelsäure und Bromwasser dieselben Farbenerscheinungen wie Digitalin giebt ein Umstand, der noch dadurch erschwert wird, dass die Phosphorsäure - Reaction auch das Aconitin mit dem Delphinin und Digitalin theilt; man ist daher zum Nachweis des Letzteren auf den Auszug mit saurem Aether beschränkt, aus welchem es aber uns in seltenen Fällen glückt, die wesentlichste Reaction (rothe Färbung mit Schwefelsäure und Bromwasser) zu erhalten. Dieses veranlasste mich, nach einer möglichst sicheren Reaction zu suchen. Ausgehend von dem Umstand, dass das Digitalin als Glucosid sich mit Schwefelsäure in Zucker und Digitalretin (Kos- mann) spaltet , versuchte ich die Pettenkofer'sche Gallenreaction, welche gleichzeitig die empfindlichste Zuckerreaction ist, in Anwendung zu bringen, was auch recht glücklich gelang. Die geringste Spur Digitalin in Wasser gelöst, mit einer verdünnten wässrigen Auflösung von eingetrockneter Galle versetzt, giebt nach dem Zufügen von conc. Schwefelsäure, bis sich die Flüssigkeit auf etwa 70" erwärmt, eine prächtig rothe Färbung. Operirt man so, dass die Schwefelsäure sich nicht mit der wässrigen Lösung mischt, so erhält man Anfangs eine rothe Zone, die sich allmählig über der ganzen Lösung verbreitet. Um die Schärfe der Reaction, die in der That alle Er- wartungen übertrifft, zu erproben, machte ich folgende Ver- suche: Von einer Aufkochung von 0,3 g. Fingerhutblättern in 180 g. Wasser wurde 1 CC. wie oben angegeben, geprüft: es trat die rothe Zone noch ganz scharf ein. H. Bruuner, Beitrage zur gerichtlichen Chemie. 347 Zwei Schoppen bairisclies Bier, der eine mit 0,05, der andere mit 0,03 g. Digitalin versetzt, wurden von sehr geübten Arbeitern des Laboratoriums nach der Stas - Otto'schen Methode untersucht. Aus beiden Unter suchungsobjecten gelang es nicht, mit der Schwefelsäure - Brom - B.eaction das Digitalin nachzuweisen, während, als mit einem Glasstabe eine minime Quantität des erhaltenen Bückstandes aufgenommen wurde, nach dem Abspülen desselben mit Wasser, diese Flüssigkeit ganz intensiv die Pettenkofer'sche Beaction gab. So weit ich es habe verfolgen können gaben alle Gly- coside, wie zu erwarten stand, diese Beaction (ich piüfte bis- lang: Amygdaliu, Salicin, Phloridzin, Quercitrin, Aesculin und Glycyrrhizin) in fast gleich scharfer Weise wie Digitalin, was jedoch die Anwendung derselben bei gerichtlichen Unter suchungen insofern nicht hindert, als der chemische Xachweis eines Pflanzengiftes fast ausnahmslos in Beziehung zur vor- hergegangenen physiologischen Wirkung zu bringen ist. — Erkennen wir doch z. B. das Pikrotoxin nur durch die Be- duction der Fehling'schen Eupferlösung, welche eine so grosse Anzahl der verschiedensten organischen Stoffe mit ihm theilt. Wie viele andere Stoffe organischer I^atur theilen ferner mit dem Morphin die durch Salpetersäure hervorgerufene rothe Pärbung, die blauviolette Eärbung mit Eisenchlorid (welche unter Anderen fast alle sogenannte Orthosubstitutionsproducte der aromatischen Beihe geben) und endlich wie viele organische Stoffe der unschuldigsten Art reduciren nicht Jod aus Jodsäure ! — Wichtig ist nur noch das Y erhalten anderer hier in Frage kommender Stoffe gegenüber der Pettenkofer'schen Beaction. Dem Bückstande aus saurem Aether könnten Spuren Milch- säure (aus Pflanzensäften, Magensaft etc.) und Weinsäure (zum Extrahiren angewandt) beigemengt sein; beide Säuren geben die Gallenreaction nicht. Ferner werden aus der sauren Lösung neben Digitalin noch Colchicin, Pikrotoxin und Spuren von Atropin erhalten, alle drei geben die Pettenkofer'sche Probe gleichfalls nicht. Ebenfalls unterscheidet sich das Digitalin durch dieses Verhalten gegen Gallensäuren von Delphinin und Aconitin, sowie von allen Alkaloiden, die ich 348 H. Brunner, Beiträge zur gerichtlichen Chemie. darauf prüfte, mit Ausnahme natürlich derjenigen, welche wie z. B. das Narcotin, Veratrin etc. sich allein schon mit Schwefelsäure roth färben. 4) Reaction auf Atropin. Abgesehen von der Pupillenerweiternden Wirkung dient als chemische Eeaction auf Atropin in gerichtlichen Fällen bislang nur der angenehme Blumengeruch, welcher entsteht, wenn man Atropin in ein erhitztes Gemenge von Kalium- bichromat oder Ammonmolybdat mit conc. Schwefelsäure ein- trägt und dann in die erhitzte Masse "Wasser einspritzt (Herbst und Pfeiffer). Diese Eeaction, so elegant sie ist, erfordert dennoch viel Gewandtheit und ist nicht unabhängig von Zufälligkeiten. Nach meinen Versuchen tritt der characte- ristische Blumenduft unfehlbar ein, wenn man auf einige Krystalle Chromsänre in einer kleinen Porzellan schale etwas Atropin bringt und nun gelinde so lange erwärmt, bis die Chromsäure durch beginnende Reduction zu Chromoxyd grüne Farbe annimmt. Auch wenn man auf Atropin etwas Phosphorsäureanhydrid bringt und Wasser aufspritzt, kommt der Geruch zum Vor- schein und noch besonders deutlich, wenn man alsdann erhitzt. Schon seit einigen Jahren habe ich für die Practicanten unseres analytischen Laboratoriums an der Hand von Otto's „Ausmittlung der Gifte" eine Tabelle ausgearbeitet, welche dieselben gerne benutzen, wenn es sich um Auffindung eines bekannteren Pflanzengiftes handelt. Bietet die Tabelle, abge- sehen von einigen in jüngster Zeit erst bekannt gewordenen Eeactionen, auch nichts Ncuos dar, so glaube ich sie doch bei dieser Gelegenheit mittheilen zu dürfen, in der Hofinung, dem einen oder anderen Fachgenossen dadurch eine practische Hülfe bei der forensischen Analyse zu geben. Ich habe sie so zusammenzustellen versucht, dass ein vorhergegangenes Reagenz die Wirkung des nachfolgenden wo möglich nicht beeinträchtigt. *) *) Siehe Beilage, L. Leiner, Zusammenwaclisen von Nitella batrachosperma u. tenuissima. 349 Zusammenwachsen yon Nitella hatraehosperma nnd tennissima. Von Ludwig Leiner. Mit meinem Freunde Jack in Salem habe ich im October eines der verflossenen Jahre in einem Graben einer moorigen Wiese einen Nitellen - Stock gefunden, welcher bei der Unter- suchung uns längere Zeit irre führte. Es mag diese Notiz manchen Freund dieser zierlichen Characeen interessiren. Die Mehrzahl der einzelnen dicht in einander verfilzten Stämmchen hatte entschieden die Tracht der Nitella batracho- sperma (Reichenbach), andere die der Nitella tenuissima (AI. Braun), so dass wir an der Verschiedenheit beider Species, welche von manchen Botanikern wirklich zusammengenommen wurden, glaubten zweifeln zu müssen. Es stellte sich aber bei genauer Prüfung heraus, dass „beide" Arten gemischt, dicht mit einander wachsend, vorlagen. Beide Species sind nicht bloss in den mikroskopischen Eigenschaften sondern auch in der Tracht sicher unterscheidbar. Bei Nitella batrachosperma sind die fertilen Quirle oben zusammengedrängt, ein nur wenig unterbrochenes Köpfchen bildend, bei tenuissima sind kugelige Quirle locker aneinander gereiht und bis zur Spitze getrennt. Nitella batrachosperma hat 8, tenuissima 6 Blätter im Quirl; bei batrachrosperma sind sie nur zweimal, selten hie und da dreimal getheilt, bei tenuissima regelmässig dreimal, hie und da viermal. Bei batrachosperma ist die erste Theilung fertil, die zweite meist steril; bei tenuissima umgekehrt die erste Theilung steril, die zweite und dritte fertil. Bei Nitella batrachosperma ist der Kern des Samens etwas grösser mit deutlich vorspringenden Leisten, die Antheridien kleiner; bei tenuissima ist der Kern des Samens kleiner; ohne deutliche Leisten, die Antheridien dagegen grösser. Das Zusammenvorkommen beider sonst an entfernt liegen- den Orten gefundener Arten war bisdem nicht beobachtet. IXI. Fh.otograpliisch.e JVfittlieiliiiigen. Von Dr. J. Schnauss in Jena. Herr Scamoni erwähnt in seinem Handbuch der Heliogra- phie folgender merkwürdiger Erscheinung: In der Anstalt für Lichtdrucks des Hofphotographen Joseph Albert in München werden bekanntlich sehr dicke und grosse Spiegelglastafeln mit der Chromplatine überzogen, unter den Negativen belichtet und so Aveiter behandelt bis von den auf ihrer Oberfläche befindlichen Reliefgelatinebildern directe Drucke unter einer Presse gewonnen werden. Nachdem dies geschehen, muss man ein vollständiges Austrocknen der G-elatineschicht zu verhindern suchen, denn dieselbe springt sonst leicht vom Grlase ab und reisst hierbei zuweilen grosse Stücken des Spiegelglases mit ab! Sollte sich diese Erscheinung vielleicht durch feine, dem Auge unsichtbare Sprünge erklären lassen, die durch das Auftragen der heissen Gelatinelösung auf das Spiegelglas und des nach- folgenden starken Drucks entstanden sind und zwar unmittel- bar unter dem Gelatinebild und parallel mit derselben. Ss. Es dürfte nicht allgemein bekannt sein, dass auch fol- gende Chemikalien eine wenn auch beschränkte Anwendung in der Photographie finden: Quecksilbersublimat. Zum Verstärken der Negati- ven und zum Entfernen von Silberflecken. Ferner benutzt man dasselbe auch zur Bereitung der bekannten Zauber- photographien. Die positive Silbercopie auf Papier wird durch Sublimatlösung vollständig zum Verschwinden gebracht (indem J. Schnauss, Pliotograpliische Mittheilungen. o5l sich aus 2HgCl + Ag: AgCl+ Hg ^Cl. bildet). Durcli nach- folgendes Auflegen eines Stückchens Tliesspapiers, welches in unterschwefligsaurem Natron getränkt worden, und Befeuchten desselben kommen die Bilder wieder mit brauner Farbe zum Vorschein. Ebenso können dieselben durch Ammoniak (schon durch Tabackrauch, wie bei den sogenannten Zaubercigarren- spitzen) und durch noch andere Agentien wieder sichtbar gemacht werden. Ueber mangansaures Kali. Dient hauptsächlich zum Entfärben der braungewordenen Papiersilberbäder, indem durch genau bemessenes Hinzufügen dieses Salzes alle organischen Bestandtheile des Bades zerstört werden, Morphium, aceticum. Dasselbe wurde zur Bereitung trockner Platten empfohlen, dient aber auch nach J. Krüger als sehr vortheilhafter Zusatz zum Eisenvitriol- Entwickler, • Seine günstigen Eigenschaften finden vielseitige Bestätigung, und nur seine grosse Giftigkeit dürfte einer allgemeinen An- wendung in den photographischen Ateliers entgegenstehen. Silberseife (öl- und margarinsaures Silberoxyd). Mit derselben kann man jede beliebige, etwas reiche Unter- lage, wie mattirtes Glas, Porzellan, Stein, Holz u. s. w. überziehen, es entsteht eine sehr lichtempfindliche Schicht, die unter einem IS'egativ und dergleichen belichtet, tief schwarz wird. Dieselbe könnte in der photographischen Technik viel- fache Anwendung finden. Wolframsaures Natron. Wird in Simpson Year- book als Zusatz zum alkalischen Goldbad anstatt des essig- sauren oder kohlensauren Natrons neuerdings sehr empfohlen. 352 B. Monatsbericht. I. -A.llgeraeine und angeAvandte Chemie. Natur der chromsauren Alkalien. Emil Fleischer verwirft das einfache chromsaure Kali als Titrirliüssigkeit zur Bestimmung von SO^, indem seine Lösung CO^ anzieht. — Leitet man nach Dr, Mohr in eine Lösung von Kalichromat CO 2, so wird diese beim Um- schütteln stark absorbirt und die Flüssigkeit färbt sich roth, die Kohlensäure bewirkt eine theilweise Veränderung, indem sich Kalibichromat und Kalibicarbonat bildet. Weiter aber geht die Veränderung nicht, was der Versuch beweist, dass in einem Gemisch von Kalibichromat Jodkalium und Stärke durch Einleiten von CO^ nicht gebläut wird. Durch Destillation mit Salmiak lässt sich die basische Beschaffenheit des Kali- chromats nachweisen, wobei der E/ückstand die rothe Farbe des Kalibichromats annimmt. — Die Chromsäure ist als solche eine sehr schwache Säure, stärker zwar als CO^, bei alledem aber so schwach, dass ihre einfach sauren Alkalien durch CO^ in Bichromate , aber nicht weiter umgesetzt werden. Es erklärt sich hieraus auch der Umstand, dass Kalibichromat wasserleer ist, während Kalibisulfat 1 At, Wasser enthält, {Zeitschr. für analyt. Chemie, XL 3. Heft. 1872. Zeitsckr. d. allgein. östr. Äpotk. Vereins. 11. Jahrg. No. 1. S. 5.) CS. Uel»er Filuflfach - Scliwefelautimoii. Moos hat gefunden, dass in dem sogenannten Fünffach - Schwefelantimon 2 At. Schwefel so lose gebunden sind, dass man sie durch Behandlung mit Schwefelkohlenstoff wegnehmen Einwirkung des Kohleuoxydgases auf Eisenerze. 353 kann. Es ist dies ein neues Beispiel der Aehnlichkeit zwischen den Antimon- und Arsenik- Verbindungen. {The Iharm. Journ. cmcl Transad. Nos CXXVIII-CXXXI Third Ser. JDecbr. 1872. P. U5.). Wp. Einwirkung' des Kohlenoxydgases auf Eisenerze. M.L. Grüner hat selbige einer eingehenden Untersuchung unterworfen. Aus der sehr umfangreichen Arbeit wäre das Nachstehende bemerkenswerth ; es muss vorausgeschickt werden, dass Grüner seine Versuche auf eine Temperatur von 300 bis 500*) C. beschränkt hat. Lässt man Kohlenoxyd bei dieser Temperatur über Eisen- erze strömen, so wird das Eisenoxyd allmälig reducirt; in dem Maasse als metall. Eisen auftritt, spaltet sich das Mine- ral, schwillt stark auf und bedeckt sich mit einer schwarzen, pulverigen Ablagerung. Gegen das Ende des Versuches nimmt die Ablagerung ab und hört schliesslich ganz auf, wenn alles Eisenoxyd reducirt ist. Lässt man Kohlenoxydgas auf metall. Eisen einwirken, so findet keine Ablagerung statt, wenn das Gas ganz frei von Kohlensäure und das Eisen frei von Oxyd ist. Die Ablagerung ist ein Eisencarburet und enthält 5 — 7 Kohlenstoff auf 100 Eisen, sie schliesst immer Spuren von magnetischem Eisenoxyd ein. Kohlensäure wirkt oxydirend auf das metall. Eisen, indess ist die Einwirkung bei 300 — 400 ^^ sehr gering, es bilden sich Oxydul, Oxyduloxyd und Oxyd, eine Ablagerung findet aber dabei nicht statt. Die Bildung des Carburets ist die Folge der Zersetzung des Kohlenoxydes: 2CO = C02+C. Damit diese Beaction eintritt, ist die gleichzeitige An- wesenheit von metall. Eisen und Eisenoxydiil erforderlich, das Eisen um den Kohlenstoff, das Oxydul um den Sauer- stoff momentan zurückzuhalten. 3 FeO + CO = Fe3 0* + C und Fe3 0* + CO = 3 FeO -1- CO^. Keines Kohlenoxyd wird durchaus nicht zersetzt durch metall. Eisen, welches frei von oxydirten Einmengungen ist, ebenso wenig bildet Kohlensäure bei seiner Einwirkung auf metall. Eisen von dem genannten Carburet. Arch. d. Phanr., Ill.Ilcibo, II. Bds, 4 Ilft- 23 354 Sideringelb. — Goklchloriiv. Dagegen liefern beide Gase bei ihrer gemeinschaftlichen Einwirkung auf metall. Eisen in reichlicher Menge die Abla- gerung von Carburet. Erhebt man die Temperatur bis zur lebhaften Rothglühhitze, so verschwindet die schwarze Abla- gerung sofort, indem der Kohlenstoff durch das anwesende Eisenoxyd verbrannt wird. In den Hochöfen wird sich das besprochene Carburet in den oberen Theilen ablagern und wird dann in den unteren Regionen durch das Eisenoxyd wieder verbrannt. Die Zersetzung des Kohlenoxydgases erfolgt unter Frei- werden von Wärme, auf jedes Kilogramm abgelagerten Kohlen- stoff sind 3134 Wärmeeinheiten zu rechnen. Atmales de Ckim. et de Fhys. Mai 1872. Fcs. Basisch - elirouisaures Eisenoxyd oder Sideringell). Löst man nach V. Kletzinsky 433 Gewichtstheile krystallisirtes Eisenchlorid , in welchem 325 Gewichtstheile wasserfreies Eisenchlorid enthalten sind, in Wasser, und ver- setzt diese Lösung mit einer Auflösung von 1473 Gewichts- theilen doppelt chromsauren Kali's, so scheiden sich nach längerem Kochen der gemengten wässerigen Lösungen 378 Ge- wichtstheile basisch -chromsaures Eisenoxyd oder Sideringelb ab, während 90 Theile Wasser von dem Krystallwasserge- halte des Eisenchlorids frei werden und 1040 Theile sogenanntes chlor- chromsaures Kali entstehen, welche mit 389 Theilen einfach chromsauren Kali's im Wasser gelöst bleiben. Dieses Sidei'ingelb ist ganz vorzüglich zum Wasserglasanstrich ge- eignet, da es, mit demselben fein verrieben, einen rasch trocknenden, nach Art der Cemente versteinernden Anstrich giebt, welcher selbst der Gewalt des fliessenden Wassers widersteht. Mit Ultramarin gemengt liefert es ein schönes Grün, das gleichfalls vorzüglich für den wasserfesten Wasser- glasanstrich geeignet ist. {Ditiglers Pob/t. Journ. Bd. CGVII. Hcftl. y.8L). " Kr. Darstellung und Eigenschaften des Ooldchlorürs. üeber die Temperatur, bei der man die Darstellung des Goldchlorürs aus Goldchloi'id vorzunehmen habe, schwankten die bisherigen Angaben bedeutend. Berzelius, Lehrbuch der Ainblygonit von Moutebvas und Montebrasit. 855 Chemie 5. Aufl., schreibt eine Temperatur von 180*^ — 200*^ vor, neuere Werke jedoch, so Otto's Lehrbuch , Muspratt u, A., geben eine Temperatur von löO*^ an. Diese verschiedenen Angaben und die nach ihnen erhaltenen Producte sind von G. Lauchs geprüft worden, und erhielt er folgende Resul- tate. Erhitzt man Goldchlorid in einer offenen Porcellanscliale auf 150*^, so geht wenig Chlor fort, und man erhält nach mehrtägigem Erhitzen einen schmutzig grünlichen Körper. Setzt man die Erwäi'mung länger fort, so hört die langsame Chlorentwicklung erst auf, nachdem die ganze Chlorverbindung in metallisches Gold zersetzt ist. Giebt man dagegen dem Sand- bade eine Temperatur von 180° — 200** und sorgt durch Umwenden und Reiben mit dem Pistill dafür , dass stets neue Mengen Chlorid an die Wandungen der Schale kommen und etwaige Klümpchen zertheilt werden, so ist die Entwick- lung von Chlor eine sehr rasche, das flüssig gewordene Chlorid wird zuerst braunroth, dann schmutzig braun, gelbbraun und trocken, nach weiterem Erhitzen grünlich und zuletzt rein gelb. Die Arbeit ist auf diese Weise in wenig Stunden vollendet, jedoch hört die Chlorentwicklung auch hierbei nicht auf, und das Ende des Processes ist nur an den Farben- übergängen zu erkennen. Die nach beiden Methoden erhal- tenen Producte untersucht, zeigten folgende Verschiedenheiten: Bei 1500 erhalten Bei 1800—200» erhalten schmutzig grünlich: rein hellgelb: Goldchlorür 94% 99,76 7„ Goldchlorid 4,07 — Met. Gold 1,93 0,24 100,00 100,00 (Kolbe's Journ. für p-aktische Cliemie , neue Folge. Bd. VI. p. 156.). J. Ainblygonit Ton Montelbras und Montebrasit. Des Cloiseaux hat zu Montebras zwei Mineralien aufge- funden, das eine kommt mit dem Amblygonit von Penig (Sachsen), das andere mit dem von Hebron (Staat Maine in Amerika) überein. Er bezeichnet das letztere als Montebrasit und will den Amblygonit von Hebron auch als solchen bezeich- net wissen. In der chemischen Zusammensetzung zeigen beide eine Yerschiedenheit , der Amblygonit ist natronhaltig 23* 356 Wavellit von Montebras. und wasserfrei, der Montebrasit ist natronfrei und wasser- haltig, wie nachstehende Analysen zeigen. Amblygonit von Montebras. von Penig. II. III. Fluor Phosphorsäure Thonerde Lithion Natron Kali Kalk Mangan Verlust b. Glühen Kieselsäure I. Pisani. 8,20 46,15 36,32 8,10 2,58 V. Kobell. Rammeisberg. Raramelsberg. 9,00 45,91 35,50 6,70 5,30 10,06 48,55 36,36 7,96 0,93 0.40 — 0,50 0,40 — 1,10 0,70 — 0,60 9,44 48,00 36,26 6,68 3,29 0,43 Härte 102,85 104,21 104,26 3,09 — 3,10 — — Montebrasit v. Hebron Montebras nach Pisani. 104,10 3,11 Fluor Phosphorsäure Thonerde Lithion Wasser Härte 5,22 46,65 36,00 9,75 4.20 101,82 3,03 (Annal. de C/iim. et de Phys. November 3,80 47,15 36,90 9,84 4,75 102,44 3,01 1872.). Fcs. Warellit Ton Montel)ras. Des Cloiseaux hat im Amblygonit von Montebras auch Wavellit als dünnen Anwurf in den Spalten desselben gefunden. Pisani hat denselben analysirt und nachstehendes Resultat erhalten; Fluor 2,27 Phosphorsäure 34,30 Thonerde 38,25 Wasser 26,60 101,42 Härte 2,33 {Annal. de Ghim. et de Phys. November 1872.). Fcs. Darstelliuig schwarzer Dach - uud Mauersteiue. o57 Darstellung schwarzer Bach- iiud Mauersteine. Das Verfahren, welches man anwendet, um in den Oefen die Dachziegel oder auch gewöhnliche Mauersteine und Fliese blau zu brennen oder zu dämpfen ist folgendes. Der untere Theil des Ofens wird, wie dieses ja stets beim Dach- steinbrennen geschieht, mit Ziegelsteinen oder Fliesen vollge- setzt, in diesen werden die Schürgassen ausgesetzt und die- selben in gewöhnlicher Weise zugekragt; die Höhe dieser Schichten beträgt bis zu einem Meter, darüber kommen dann die Dachsteine. Ist der Ofen gefüllt, so wird der Inhalt desselben ganz in derselben Weise, als ob die Ziegel roth gebrannt werden sollten , gebrannt. Ist der Punkt der Gare für den Ofen eingetreten, so werden zunächst die über das Ofengewölbe hinlaufenden Canäle an den Stellen, wo die OefFnungen im Ofengewölbe in dieselben einmünden, abgedeckt, die Oeffnungen selbst bis auf zwei oder drei auf das Sorg- fältigste mit Steinen und Thon verstopft, darauf unten in die Schürgassen frisch geschlagenes Erlenholz hineingeschoben, und nun sowohl die Feueröffnungen als Aschenfälle und die letzten oberen Abzugslöcher so schnell wie möglich vermauert und luftdicht verschmiert. Durch die Einwirkung der Hitze auf das feuchte Holz bilden sich nun eine Menge Gase und ein dichter Qualm erfüllt den ganzen Ofen , durch dessen reducirte Kohlentheilchen die Blau-, resp. Schwarzfarbung der Ziegel- und Dachsteine vor sich geht. Man hat dann noch darauf zu achten, dass die Abkühlung des Ofens möglichst schnell geschieht, und sucht dieses durch Besprengen der Ofengewölbe mit Wasser zu beschleunigen. Versäumt man diese Vorsichtsmassregel, oder ist der Verschluss des Ofens kein luftdichter gewesen, so kann es leicht geschehen, dass der Process der Schwarzfärbung wieder zurückgeht, und die Ziegel ihre ursprüngliche rothe Farbe zeigen. Gewiss liessen sich noch mannigfache Modificationen dieses Verfahrens , resp. Verbesserungen desselben anbringen, wodurch die Bürgschaft für das Erlangen der gewünschten Färbung der Steine eine grössere würde, und ist hier noch ein weites Feld für selb- ständige Versuche der Ziegeleibesitzer. Aehnlichkeit mit der beschriebenen Methode bietet die in England zur Herstellung schwarzer Klinker benutzte. Diese werden in der Weise hergestellt, dass gewöhnliche Verblendsteine in Steinkohlen- theer gekocht werden. Diese so präparirten Steine haben den grossen [ff achtheil, dass sich sehr leicht Staub an ihnen anhängt, und ihnen ein schmutziges, unansehnliches Aussehen 358 Chlorkalk als Desinfectionsraittel für Aborte, Senkgruben u. s. w. giebt. Bei der Billigkeit ihrer Herstellungsweise findet man diese Steine bei gewöhnlichen Bauten vielfach im Gebrauch, wo es aber auf Eleganz ankommt, verwendet man ausschliess- lich die sogenannten Eisensteine, Iren bricks. Ihre Berei- tung ist kurz folgende: Nachdem die im Ofen befindlichen Steine in einen klinkerartigen Zustand übergegangen sind, so werden in jede Schürgasse einige Schaufeln Salz eingeworfen, durch welches die Steine eine dünne, äusserst harte Glasur erhalten ; zugleich werden frische Kohlen in den Feuerungen aufgeworfen, und ehe diese vollständig durchglühen können, sowohl die Abzüge im Gewölbe als die Feuerlöcher fest ge- schlossen und verschmiert. Der so erzeugte Qualm hat eine ähnliche Wirkung, wie der des Erlenholzes bei der Fabrika- tion der belgischen Dachziegel. — {Deutsche Industrie - Zei- tung. 1872. No. iß. Polytechn. Joiini. Dingler. Bd. CG VI. p. 347.). Kr. Chlorkalk als Desinfcetionsmittel für Aborte, Senkgruben u. s. w. Bekanntlich ist der Chlorkalk eines der am energischsten wirkenden Desinfcetionsmittel, und seinem allgemeinern Ge- brauche stand bis jetzt die lästige Nebenwirkung auf die ßespirationsorgane im Wege. Nun hat Albert Eckstein, technischer Chemiker in Wien, eine Methode empfohlen, nach welcher dieser Uebelstand bei der Anwendung des Chlorkalks vermieden werden kann. Der zur Desinfection bestimmte Chlorkalk wird nämlich in einen Sack von Pergamentpapier gethan, den man einfach zubindet, und in den zu desinficiren- den Raum thut. Die Wirkung des Chlorkalks ist hier durch die osmotische Eigenschaft des Pergamentpapiers eine all- mählige, in keiner Weise belästigende. Ein solcher gefüllter Sack bleibt, in den Abort geworten, an einer und derselben Stelle liegen, wird von den Wasch wässern der Haushaltungen nicht weggeschwemmt und wirkt local, da er immerfort in Berührung mit Flüssigkeit ist. Eckstein hat zwei Jahre lang in seinem Hause in Wien, dessen Aborte täglich von minde- stens hundert Personen besucht werden, Versuche mit einer grossen Zahl Desinfcetionsmittel angestellt, nach welchen Chlorkalk, in einem Sack von Pergamentpapier, am längsten und kräftigsten wirkte, alle übrigen Mittel, wie Eisenvitriol, Kupfervitriol, phenylsaurer Kalk, schweflige Säure, rohe Neues Verfahren bei der Darstellung caustischer Soda. — Syngenit. 359 Carbolsäure, übermangansaures ISTatron, standen ihm in Wirkungs- dauer und Intensität derselben bei weitem nach. — {Wochen- schrift des nieder -österreichischen Geiverhevereins. 1872. No.4:7. Binglers Fohjt. Journ. Bd. CCVL 'p. i24.). Kr. Neues Verfahren Ibei der Darstellung caustischer Soda. Es ist bekannt, dass der grösste Theil der in den Soda- fabriken erzeugten caustischen Soda aus den beim Versieden der rohen Sodalaugen restirenden Mutterlaugen gewonnen wird. Hierbei kam es besonders darauf an, die in denselben ent- haltenen Schwefelverbiudungen zu beseitigen, was auf ver- schiedene Weise yersucht ist, ohne jedoch für die Praxis genügende Eesultate zu liefern. Auch das Yerfahren, im ersten Stadium des Eindampfens der Laugen, so lange diese noch nicht dickflüssig geworden sind , Luft einzublasen , um den Schwefel zu oxydiren und die Verdampfung zu befördern, giebt keine genügenden Re- sultate, die Oxydation ist eine sehr langsame und unvoll- ständige. Bei dem neuen von Heibig eingeführten Yer- fahren ging derselbe gegen das zuletzt erwähnte einen Schritt weiter, indem er die Luft nicht in die Laugen, sondern erst in die im rothglühenden Flusse befindliche Masse leitet. Die Oxydation der Schwefelverbindungen beginnt sofort, und wird durch zeitweise gewonnene Proben nach dem Aussehen con- trolirt. (Folytechn. Journ. Dingler. Bd. CCVL p. 375). Kr. Syngenit. Auf Sylvindrusen von Kalusz in Galizien wurde ein neues, der vielartigen, den Stassfurter und Xaluszer Steinsalzlagern eigenthümlichen Mineralien gefunden , deren physikalische und krystallographische Eigenschaften in der Zeitschrift „Lotos 1872. Juni. 137" von v. Zepharovich beschrieben sind, und von demselben Syngenit genannt. Es steht äusserlich und auch seiner chemischen Zusammensetzung nach dem Polyhalit: 2 CaSO* -1- MgSO* -|- K^go* -f- 2H20 nahe.*) *) = 16. 360 Chem. techu. Gasanalyse. Die procentische Zusammensetzung ergab nach 0. Voclker: CaO 16,97 MgO 0,46 KK) 28,03 S03 49,04 H20 5,81 100,31 Abgesehen von dem kleinen MgOgehalt, entspräche dies der Formel CaS0*+K280^+ IPO. Ersetzt man in der Formel des Polyhalits die Magnesia durch Kali und theilt man sie durch 2 , so erhält man die des Syngenits. Diese Verbindung war übrigens vor seiner Auffindung als Mineral schon künstlich dargestellt worden, (Annal Ch. u. Pharm. 165. 358.). Et. Chem. techn. Gasan.alysc. Einen für Interessenten sehr empfehlenswerthen Apparat hat Cl. Winter construirt und damit ermöglicht, auf ein- fache und hinreichend genaue Weise Gasgemenge, besonders Feuerungsgase schnell zu untersuchen. Indem wir auf die betr. Abhandlung selbst verweisen , worin der Apparat durch Zeichnung erläutert, die Methoden der hier nur absorptiome- trischen Bestimmungen in genügend reichen Beispielen vorge- führt sind — beschränken wir uns, den Absorptionsapparat im wesentlichen zu beschreiben: Zwei llöhren, die an einem Ende so gebogen sind, dass sie mit den Beugungsenden durch einen Kautschukschlauch verbunden, gewissermassen eine U- förmige Röhre bilden, sind an einem Stativ so angebracht, dass sie mit Leichtigkeit im Kreise der Vertikalebene sich herumführen lassen. Das eine Schenkelrohr erweitert sich oberhalb der Krümmung und ist mit zwei Hähnen versehen, zwischen welchen beiden der Baum vollständig kalibrirt ist. Der, bei aufrechter Stellung des Apparats, obei'e Hahn lässt die Gase in eine feine Spitze heraustreten, zur etwaigen Prüfung auf ihre Brennbarkeit u. dergl. , der untere dagegen hat eine doppelte Durchbohrung: die eine die Verbindung vermittelnd zwischen dem engeren und dem weiteren, kali- brirten Röhrentlieil , die andere nach Aussen tührend endigt in einem (ilasröhrchcnansatz und dient zum Einführen der Gase in den kalibrirten Theil. Die andere Schenkelröhre dient Zur Milch2)rüfimg. — Santonol. 361 zum Auffüllen der Absorptions - Flüssig-keiten , Herstellen des Druckniveau's u. s. w. Man muss natürlich mehrere Apparate haben, wenn vieltheilige Gemenge vorlieg-en, da durchschnittlich immer nur ein Gemengtheil des Gases direct bestimmt werden kann. {.Journal f. pr. Ch. N. F. 6. 301.). Et. Zur Milcliprüfung. Da der G^ehalt der Milch an Milchzucker ein sehr con- stanter sein soll, so empfiehlt Brown denselben zu bestimmen und danach die Güte der Milch zu beurtheilen. Zu dem Ende scheidet er das Casein unter Zusatz von 1 Proc. Essigsäure durch Erhitzen aus, verdünnt die Molke bis zu einem gewissen Maass und tropft davon aus einer Bürette in eine bestimmte Menge einer siedenden Solution von weinsaurem Kupferoxyd - Kali bis zur Entfärbung. Xach Brown en fällt der Zuckergehalt der Milch nach dieser Methode meist zu hoch aus, indem dieselbe einen flüchtigen Riechstofi" enthält, der gleichfalls reducirend wirkt. Er mischt 2 Vol. Alkohol (spec. Gew. 0,833) mit 1 Yol. Milch und filtrirt das ausgeschiedene Eett und Casein ab. In dem Filtrat zeigt eine Erhöhung des spec. Gew. von 0,905 als das der Mischung von Alkohol und Wasser um je 0,004 etwa 1 Proc. Milchzucker an. Dasselbe wird bis zur Syrupsdicke eingedampft, mit Wasser verdünnt und dann der Zucker durch die Kupferprobe bestimmt. (The Phar?n. Journ. and Transact No.CXXVni—CXXXZ ThirdSer. Beehr. 1872. F. 482 u. 501.). Santonol. Die Formel des Santonin's ist = C^^Hi^O^. Erhitzt man dasselbe nach De St. Martin im Glasrohr mit Zink- staub in Wasserstoffform, so condensirt sich in dem kälteren Theile des Rohrs eine gelbe Flüssigkeit, welche neutral reagirt, in Wasser unlöslich, in Aether und Alkohol, so wie in koblensaui-em Kali leicht löslich ist, und mit einem Ueber- schuss des letztern einen kalihaltigen Niederschlag giebt. Aus dieser Flüssigkeit setzen sich nach einiger Zeit Krystalle 362 Synthese der Aldehyde. — Die Chlorürc des Acctylcns. ab, deren Zusammensetzung* = C^^H^^O. Der Verfasser nennt diesen Körper Santonol. Er hat das Anselin von Stearin, schmilzt bei etwa 135*^ C. , ist unlöslich in Wasser, sehr löslich in Alkohol und Aether. Mit Schwefelsäure gieht er eine Sulphosäure, deren Barytsalz löslich ist. Die Mutterlauge des Santonols wii*d an der Luft bald dunkler braun. Sie enthält wahrscheinlich ein weiteres Reductionsproduct des Santonin's. {The Pharm. Journ. und Trmisad. No. CXXVII — CXXXI. Third. Scr. Beehr. 1872. P. 504.). . Wp. Synthese der Aldehyde. Lieben weist Linnemann's Ansprüche auf die Priorität bezüglich der Synthese der Aldehyde aus den fetten Säuren, durch Destillation ihrer Kalksalze mit ameisensaurem Kalk, zurück, die vielmehr von Piria und Limpricht (1856) herrühre. Die Synthese der Alkohole lehrten Wurtz und Friedel 1862. Vor Linnemann 1863 führte E,ossi Amylalkohol successive in Cyanamyl, Capronsäure, Capronaldehyd , und Caproylalkohol über, während Wurtz 1865 in gleicher Weise aus Valerian- säure Amj'^lalkohol gewann. Bei der von Linnemann und Siersch 1867 ausgeführten Synthese des Propylalkohohls aus Propionsäure wäre man vielmehr zu dem Resultat gekommen, dass die Destillation des Kalksalzes mit ameisensaurem Kalk kein Propionaldehyd ergäbe, die Function aber überhaupt keine Klassenreaction für die Fettsäuren sei. Nun fanden der Verf. und Bossi, dass dem gleichwohl so sei und stellten unter andern den normalen Butylalkohol aus Gährungsbuttersäure dar, Linnemann sprach Zweifel an der Richtigkeit dieser Versuche aus , stellte indessen selbst in dieser Richtung und mit gleichem Erfolg solche an, die er 1872 in den Ann. der Chem. und Pharm, veröffentlichte, ohne die Lieben -Rossi'schen Untersuchungen zu erwähnen. Gleichzeitig habe Linnemann die Methode des Verf. und Rossi's nicht verbessert, da die Ausbeute nach seinem Verfahren eine weit geringere sei. {Annal. d. Chem. u. Iharm. Bd. CLXV. p. 138.). Et Die Chlorüre des Acetylens haben Berthclot u. Jungfleisoh untersucht und die Existenz zweier Chlorverbindungen nachgewiesen, nämlich C^H^Cl^ C^H^Cl^ Bei der Behandlung von Acetylcn mit Antimon- Die Chloriire des Acetylens. 363 hyperchlorid erhält man eine krystallinische Masse von folgen- der Zusammensetzung: C^H^Sb Cl^; 100 Th. Hyperchlorid absorbiren 8 Th. Acetylengas, Beim Erwärmen zersetzt sich diese Verbindung in Acetylen- chlorür und Antimonchlorür : C^H^Sb CF = C^H^Cl^ + Sb Cl^. Ist die Verbindung jedoch mit Antimonhyperchlorid ge- mischt, so vollzieht sich die Reaction v^ie folgt: C^H2,SbC15 + SbCl^ = C*H2Cl^+2SbC13, es wird also Acetylenchlorid gebildet. Das Chlorür ist eine farblose Flüssigkeit, von starkem Geruch nach Chloroform, der Dampf schmeckt süss und ver- ursacht Zahnweh, siedet bei bb^. Eeuchte Luft zersetzt es; mit Wasser in verschlossenen Gelassen auf ISO*' erwärmt, bildet sich Chlorwasserstoff neben anderen Producten. Mit Kalihydrat giebt es Essigsäure. In einer verschlossenen Röhre längere Zeit auf 360'^ erhitzt, zerfällt es in Kohlenstoff und Chlorwasserstoff, ohne bemerkenswerthe Mengen anderer Zersetzungsproducte. Das Acetylenchlorid, C^H^CH, ist ebenfalls eine farblose Flüssigkeit von Geruch des Chloroforms, siedet bei 147". Mit Wasser auf 180° erhitzt, zersetzt es sich langsam unter Bildung von Salzsäure. Einem Strome Chlorgas ausgesetzt, liefert es Kohlen- stoffsesquichlorid mit verdünnter alkohol. Kalilösung. Mit alkohol. Kalilösung liefert es Chlorkalium und gechlortes Acetylenchlorür : C4H2C14 ^ KO,HO = C^HCl, CP + KCl + 2 HO. welches eine farblose, bei 88 '^ siedende Flüssigkeit darstellt. Alkohol. Kalilösung zersetzt dasselbe, ohne dass dabei zwei- fach gechlortes Acetylen C^CP, gebildet wird, wie man nach der Theorie voraussetzen kann, Concentr. alkohol. Kalilösung verwandelt das Acetylenchlorid in Glycolsäure, C^H^O^. Erhitzt man das Acetylenchlorid in einer verschlossenen Röhre durch 5 Stunden auf 300", so zerfällt es in gechlortes Acetylenchlorür und Chlorwasserstoff; dagegen auf 360" erhitzt giebt es Chlorwasserstoff und die, mit dem zweifach gechlorten Acetylen polymere Verbindung von lulin. Letztere ist nach den Untersuchungen von Basset sowohl, als auch von Berthelot und Jungfleisch, sechsfach gechlortes Benzin, C^^Cl^. Man müsste daher eine polymere Umbildung des zweifach gechlorten Acetylens im Momente des Entstehens annehmen: 3 C^Cl^ = Ci^CP. (Annal. de Chim. et de Fhys. August 1872.). Fcs. 364 Trichloi essigsaures Kali ausChloralhydiat. — Fabrikation d.AVeinoäure. Trichlorcssigsaures Kali aus Chloralliydrat, Trichloressigsaures Kali wird nach A. Clermont*) erhalten durch Mischung concentrirter Chamäleonlösung und Chloralhydrat zu äquivalent. Theilen. Die stürmische Reaction ist zu massigen durch Eintauchen des Gefässes in kaltes Wasser. Nach genügender Concentration scheidet sich das Salz in weissen Nadeln ab. Das saure Salz wird erhalten bei Anwen- dung der doppelten Menge von Chloralhydrat, welches auch durch directe Vereinigung der Säure mit dem neutralen Salze erhalten wird. (Annal Ch. Ph. 166. 64.). Et. Die Fal)rikatioii der Weinsäure. Nach Dr. M. K u r t z zerfällt die Darstellung der Wein- säure in zwei wesentlich von einander zu trennende Opera- tionen: 1) in die Darstellung des Weinsäuren Kalkes und 2) in die Abscheidung der Weinsäure aus demselben. I. Darstellung des weinsauren Kalkes. Zur Bereitung desselben dient als Rohmaterial theils der rohe Weinstein, theils die Weinhefe, sowie auch die Rückstände von der Tartar. natronat. -Fabrikation und die Rückstände der Weinsteinraffineiien. Eei der Bereitung aus rohem Weinstein werden gewöhnlich 10 — 15 Ctr. in einen grossen (ca. 100 CL. Inhalt) zu ^/g mit HO gefüllten Bottich eingetragen und mittelst Dampf unter beständigem Umrühren zum Sieden erhitzt. Ist diese Temperatur erreicht, so wird der Dampf abgesperrt und die Säure mit Kreide neutralisirt. Durch gut angebrachte Ventilation wird der Arbeiter gegen die entweichende CO^ geschützt. Der Rechnung nach bedarf man auf 18,8 Weinstein 5 Kreide; da aber der rohe Weinstein selten mehr als 80% saures weinsaures Kali enthält, so stimmt die Rechnung in der Praxis nicht. Auch darf man nicht völlig neutralisiren, weil sonst Magnesia, Thonerde, Eisenoxyd etc. ebenfalls mit ge- fallt werden. Bei Weinsteinen , die sehr reich an Farbstoffen und sonstigen mineralischen Verunreinigungen sind, ist es sehr zweckmässig, etwas Salzsäure (25 — 50 Pfd.) beim Be- ginn der Arbeit zuzufügen. — Zur Umwandelung des neutralen weinsauren Kalis in weinsauren Kalk dient meist der Gyps, da er gewöhnlich billiger als CaCl zu stehen kömmt. Die Menge desselben lässt sich aus dem Verbrauche an Kreide berechnen, auf 5 Kreide kommen 8,6 Gyps. Da der aus •=) Compt. rend. 74. 1492. Die Fabrikation der Weinsäure. oü5 Hefe erhaltene weinsaure Xalk sehr rein ist, und bei seiner Verarbeitung auf Weinsäure einen sehr reinen Gyps liefert, wird dieser als I^ebenproduct erhaltene Gyps in den Fabriken, die mit Weinstein- und Hefe arbeiten, gern verwandt. Die Einwirkung des Gypses auf das neutrale weinsaure Kali geht ziemlich langsam Yon Statten und dauert, wenn die Flüssigkeit sehr concentrirt ist, mehrere Stunden. Kommt auf Zusatz von Essigsäure zu einer abfiltrirten und abgekühlten Probe kein Niederschlag zum Vorschein, so ist die E.eaction beendet. Den Inhalt des Bottichs lässt man nun auf ca. 50*^0 abkühlen und lässt denselben durch ein Sieb in einen zweiten, zum Absetzen des weinsauren Kalks, ablaufen. Hat sich nach 3 — 4 Stunden die Flüssigkeit bis auf ca. 25 °C abgekühlt und hat sich der weinsaure Kalk abgesetzt, so wird mittelst des Hebers abgezogen und der Mederschlag ausgewaschen. 2) Aus Weinhefe. Im ersten Frühjahre nach beendeter Hauptgährung hat sich in dem jungen Weine ein Absatz von Hefe (Geläger) gebildet, der ohngefähr ö'^Jq des Weins beträgt. Nachdem der Wein abgezogen, wird die Hefe ge- presst und so noch ^/g des sogenannten Pressweins erhalten, ^/g bleibt als teigartige Masse (gepresstes Geläger) zurück. Die Hefe enthält 7 — 20 °/j an weinsauren Salzen und wird in den Fabriken theils gepresst, theils ungepresst verarbeitet. a. Die Verarbeitung der feuchten Hefe. Von der ungepressten, so wie von der gepressten Hefe wird zuerst der Spiritus abdestillirt, wo 1 — 4% Ausbeute erhalten werden. Nach der Destülation wird die Hefe, wenn nöthig, mit HO verdünnt und mittelst einer Pumpe in einen- Bottich von ca. 100 — 150 H. L. Inhalt gebracht. Gewöhnlich nimmt man 50 Ctr. Hefe, füUt mit HO beinahe voll, setzt 1 Ctr. rohe HCl zu, bringt hierauf das Bührwerk in Gang und erhitzt mit Dampf bis fast zum Sieden. Ist dieser Punkt erreicht, sperrt man den Dampf ab und lässt einige Stunden absetzen, wo sich der grösste Theil klärt; er wird dann mit Hebern in einen zweiten Bottich abgelassen und mit Kreide bis zur schwach sauren Beaction gesättigt. Durch das sich bildende Chlorcalcium wird alle Weinsäure gefällt. Die Flüssigkeit wird nun in einen dritten Bottich gebracht, wo sich der wein- saure Kalk absetzt und schliesslich ausgewaschen wird. Der schlammige Bodensatz des ersteren Bottichs wird mittelst Dampf oder comprimirter Luft durch Filterpressen gepresst, und so auch der letzte Best an Weinsäure gewonnen, während der Bückstand noch auf frankfurter Schwarz oder Pottasche verarbeitet werden kann. 36G I)ie Fabrikation der Weinsäure, b. Die Verarbeitung der getrockneten Hefe. Das gepresste Geläger wird in faustgrosse Stücke zerschnitten, an der Luft getrocknet und als Material für Herbst und Winter aufgehoben. Vor der Verarbeitung auf weinsauren Kalk wird er in einer gewöhnlichen Melilmühle gemahlen, was durchaus keine Schwierigkeiten bietet. Von diesem Hefe- mehl bringt man ca. 15 — 18 Ctr. in einen Bottich wie bei a, füllt mit HO auf, setzt 50- 100 Pfd. rohe HCl zu, bringt den K.ührer in Gang und erhitzt mit Dampf, bis fast zum Kochen, stellt dann den Rührer ab und verfährt wie bei a. Der aus Hefe erhaltene weinsaure Kalk ist reiner und weisser, als der aus rohem Weinstein bereitete und lässt sich leichter auswaschen; die aus ihm erhaltene Weinsäure ist bedeutend krystallisationsfähiger. Aehnlich wie die Hefe werden die Rückstände von der Fabrikation des Seignettsalzes und der Weinsteinraffinerien verarbeitet — Sind die Lokalitäten zur Darstellung des weinsauren Kalkes und der Weinsäure nicht örtlich vereinigt und soll der weinsaure Kalk einen Transport erleiden, so muss er abgepresst und getrocknet werden, da er feucht rasch in die butteressigsaure Gährung übergeht. IL Die Darstellung der Weinsäure aus wein- saurem Kalke. Zur Reindarstellung der Weinsäure wird der weinsaure Kalk mit SO^ zersetzt. Der Berechnung nach bedarf man auf 9,4 weinsaurem Kalk, 4,9 Schwefelsäurehydrat. In der Praxis braucht man hingegen mehr, da nur aus ziemlich stark mineralsauren Lösungen schöne grosse Krystalle von Weinsäure erhalten werden, während kleine Beimengungen von weinsauren Kalk oder Kalisulfats zu ganz fatalen Kry- stallisationen führen. Ist der wein saure Kalk frisch darge- stellt, so begeht man keinen Fehlgriff, wenn man ebensoviel englische SO^ zusetzt, wie man Kreide zum Neutralisiren verbraucht hat. — In einer geeigneten Mulde mischt man den weinsauren Kalk nach und nach mit der SO^, giebt so viel als nöthig HO hinzu, um einen rührbaren Brei zu erhalten, erhitzt mit Dampf unter Umrühren bis 75 ^'C. Ist das Auf- schäumen vorüber, so filtrirt man eine Probe ab, versetzt mit CaCl-lösung (in der Praxis von 23 ''B.) und bemisst nach dem entstehenden Mederschlage den weiteren Zusatz von SO 3, so dass letztere in einem gewissen üebcrschusse vorhanden ist. Die Lösung wird in hölzerne Kästen, die mit Blei, Stroh und Filz ausgeschlagen sind, filtrirt und mit Dampfschlangen Die FaLrikation der Wemsäure. 867 in Bleipfannen eingekoclit, wo sich noch etwas Gyps aus- scheidet. Wird die Lauge concentrirter , so darf man die Temperatur von 70 — 75 °C. nicht überschreiten, weil sonst die SO^ ihre vei'kohlende Wirkung äussert. Ist eine Concen- tration von 40 ^B. erreicht, so wird die Lauge in mit Blei gefütterten Kästen oder grossen Thonschalen zur Krystallisa- tion hingestellt. Mit Thonschalen lässt sich rascher arbeiten, da sie im dritten Theile der Zeit auskrystallisiren. Die Krystalle sind zwar entsprechend kleiner, doch hat dies bei der rohen Säure keine Bedeutung. Die Mutterlaugen werden noch dreimal eingedampft und der ßest zum Ilohmaterial zurückgegeben. Die erhaltenen Krystalle werden in einer kupfernen Centrifugalmaschine ausgeschleudert, wieder gelöst, mit Spodium bei 20'' B. entfärbt, durch Filterkörbe filtrirt, etwas SO^ des schönern Krystallisirens wegen zugesetzt, auf 35 — 40*^ B. eingedampft und wieder in Bleikästen zum Kry- stffllisiren gebracht. Die nun erhaltenen Krystalle werden geschleudert, getrocknet und gesiebt. Zu pharmaceutischen Zwecken müssen sie nochmals gelöst, bis Sb^ B. eingedampft und ohne Zusatz von SO-^ in Thonschalen krystallisirt werden. Die jetzt erhaltenen Krystalle werden nicht geschleudert, sondern blos getrocknet. In Grösse und Form sind sie v/esent- lich von der technischen Säure unterschieden, sie zeigen weniger Hemiedrie und ihr Gehalt an Pb und SO^ ist ziemlich reducirt. Die Abfälle beim Sieben werden auf Quetschmühlen gemahlen und kommen als gepulverte Säure, gewöhnlich die unreinste, in den Handel. III. Haffiniren des W.einsteins. Der rohe Wein- stein wird gemahlen und in grossen Bottichen nach Zusatz von HCl, in kochendem Wasser gelöst, Spodium zugesetzt und durch Filterpressen gedrückt. Der so erhaltene Weinstein ist nach nochmaliger Krystallisation als rein zu betrachten. Ein Ueberschuss von Spodium ist zu vermeiden, weil die Krystalle sonst grau werden. lY. Wert hbe Stimmung des Weinsteins. 4,7 g. Weinstein werden gelöst und mit Normalnatronlauge und Lackmus als Indicator titrirt; die gefundenen Cub. Centim. multiplicirt man mit 4, um die ^/q zu erhalten. Viele rohe Weinsteine enthalten bis zu 10 7o weinsauren Kalk, welcher beim Titriren entgeht; er setzt sich leicht am Boden ab und ist durch seine Leichtlöslichkeit in HCl leicht erkenntlich. Die weissen ungesiebten Rohweinsteine des Handels sind ab- sichtlich mehr oder weniger mit Sand und Hefe gefälscht. So bestand schon lange vorher, ehe man die Hefe auf Wein- 368 Eestimmimg des Asparagins. säure verarbeitete, zu Altofen eine regelrechte Fabrik, in welcher die Hefe in Weinstein ähnliche Krusten gepresst, mit Weinsteinpulver bestreut, getrocknet und dann dem Wein- stein zugemischt wurde, {Chem. Centr. Bl. S. 713. 1871. Fharmac. Zeitsckr. f. Eussland. XL Jahrg. No. 4. 1872.). C. S. (^uaiititatiYe Bestimmung des Asparagins. Bekanntlich zerlegt sich Asparagin bei längerem Kochen mit Salzsäure in Ammoniak und Asparaginsäure, nach: C^H8N203 + H^O == NH3 + C^H^N^O*.*) Die Asparaginsäure entwickelt, mit bromirter Natronlauge behandelt, kein Stickgas, wie das Ammoniak und es entsprechen daher 14 Theile des tVeigewordenen Stickstoffs 132 Theilen Asparagins. R. S ach s e prüfte zunächst das Verfahren bezüglich der quantitativen Bestimmung des Asparagins und erhielt sehr genaue Resultate, so gaben 0,3030 g, Asparagin 0,028 g. Stickstoff, = 0,300 g. Asparagin, was besonders hervorzu- heben ist gegenüber dem Lmscand, dass die directen Bestim- mungsergebnisse für Stickstoff (14) auf Asparagin (132) umge- rechnet, also nahezu verzehnfacht werden. Bei Gegenwart von Eiweisskörpern geht das Asparagin bald in Gährung über, deren Endresultat das bernsteinsaui-e Ammoniak ist, nach: C4H8^T2Q3 ^ H20 + 2 H = cm^^u^yo^. Hierdurch wird sämmtlicher Stickstoff in die für bromirte Natronlauge angreifbare Form gebracht, und kann dieser Um- stand, wenn es sich um die quantitative Bestimmung des Asparagins in den leicht angährenden, vom Asparagin zudem schwierig schnell zu trennenden Pflanzensäften handelt, be- deutende Fehler veranlassen. Indem nun der Verfasser 10 g. Erbsenmehl mit bestimmten Mengen von Asparagin mischt, also die zur eben erwähnten Gährung günstigsten Bedingungen herstellte , suchte er eine möglichst schnelle Ti*ennung des Asparagins von den in wässriger und alkoholischer Lösung gehaltenen Pflanzensäften zu bewirken. Zu dem Zweck be- handelt er obige Gemenge mit 200 CG. einer Mischung gleicher Volumtheile Alkohol und Wasser in der Siedhitze bei vorge- legtem Rückflusskühler, nimmt vom Feuer und giebt zu 5 CG. einer kalt gesättigten, alkoholischen Quecksilberchloridlösung, *;C==12. 0=-i6, Bestimmung des Asparagins. 369 die mit gleichem Yolum Wasser verdünnt worden. Man erhält so einen ^Niederschlag , von welchem schnell und klar die das Asparagin enthaltende Flüssigkeit abfiltrirt wird. Menge etwa 500 — 550 CC. Man dunstet dies Filtrat ein, der B-ückstand löst sich nur zum Theil, Lösung und darin suspendirter Rück- stand auf etwa 50 CC. gebracht, werden mit Schwefelwasser- stoff behandelt, filtrirt, mit heissem Wasser einige Mal nach- gewaschen bis zu einer Flüssigkeitsmenge von 110 — 120 CC. Darauf zerlegt man das in der Flüssigkeit enthaltene Aspara- gin durch Salzsäure. Würde man vor Entfernung des über- schüssigen Quecksilberchlorids mit Salzsäure kochen, so würde sich das Asparagin weiter zersetzen. Nach der Zerlegung behandelt man mit bromirter üs'atronlauge, wie oben angegeben. Verfasser erhielt so aus verschiedenen Versuchen sehr befrie- digende Resultate, deren wir einige folgen lassen: *1) 0,0972 g. Asparagin in 10 g. Erbsenpulver gefunden 0,1009 g. *2) 0,2235 „ „ „ „ „ „ „ 0,2489 „ 3)0,0930,, „ „ „ „ „ „ 0,0933,, 4)0,2252,, „ „„ „ „ 0,2046,, Die mit einem * bezeichneten Portionen waren 3 Stunden, die andern 1 — 1,25 Stunden mit Salzsäure behandelt worden. Erstere ergaben einen beträchtlichen Mehrgehalt an Asparagin, jedenfalls herrührend von der weitergehenden Zerlegung auch der Asparaginsäure. Vorschrift ist daher, nicht langer als eine Stunde mit Salzsäure (10 CC.) zu kochen. Ein kleiner Fehler der Bestimmungen lag in dem Um- stände, dass das Erbsenmehl ohne Beimischung von Asparagin bei gleicher Behandlung durch bromirte Natronlauge frei- werdenden Stickstoff hergab. Indessen betrug die Menge desselben aus 10 g. des völlig asparaginfreien Materiales nur 0,00005 g., konnte also füglich übersehen werden. Da nun Asparagin enthaltendes Erbsenmehl, wenn es im Verlauf der Behandlung, nach dem Abfiltriren vom Schwefelwasserstoff- niederschlag direct und ohne mit Salzsäure zu kochen, mit bromirter Natronlauge versetzt wurde , im Mittel 0,0039 Stick- stoff entwickelte, — jedenfalls ein Beweis einer schon während der Vorbehandlung eingetretenen Zerlegung des Asparagins, — so musste auf eine Correctur im obigen Sinne abgesehen werden. Diese Methode empfiehlt sich sehr für pflanzenphysiologische Untersuchungen, sie nimmt gegen 12 Stunden zur Ausführung in Anspruch und erlaubt dabei eine beträchtliche Zahl paralleler Versuche. {Landiüirthsch. Versuchsstat 1873. XVI. 61). Et Arcli. d. Phann. lU. Reihe. U. Bds. 4. Hft. 24 370 Flüchtiges Oel von Pastiiiaca sativa. Zusammousetzuiig des flüchtigen Oels von Pastinaca sativa L. Nachdem Z i n c k e im ätherischen Oel von Heracleum spondylium, Franchimont und Zincke im ätherischen Oele von Heracleum giganteum Fettsäureäther aufgefunden haben, ist es J. J. van Renesse gelungen, auch in den Früchten von der der Gattung Heracleum so nahe stehenden Pastinaca sativa Aether der Fettreihe zu entdecken. Der- selbe fand das ätherische Oel dieser Früchte zum grössten Theile bei 244"— 245<* siedend, bei 0° von 0,8752, bei + Ib^ von 0,8692, bei + 30« von 0,8575 spec. Gew. und von der empirischen Zusammensetzung C^^H^'^0^ (nach den altern Aequivalentwerthen O^^H^^O*). Nach der Zersetzung des Oeles mittelst alkoholischer Kalilauge in einem mit Rückfluss- kühler verbundenen Kolben, Abdestilliren des Weingeists und Vermischen des Rückstandes mit AVasser schied sich ein auf Wasser schwimmendes Oel aus, welches sich durch den Siede- punkt 196 — 1970 und die Analyse als Octylalkohol CSHiK) (nach älterer Schreibweise, = 8 gerechnet, C^^H^'O. HO) zu erkennen gab. Durch Zusatz von Schwefelsäure zu der alkalischen Flüssigkeit, von welcher der Octylalkohol abge- hoben worden war, und Destillation wurde ein saures Product gewonnen, welches zum Theil in ein Natriumsalz, zum Theil in ein 'Calciumsalz verwandelt wurde. Aus ersterem wurde durch Umsetzung mittelst salpetersaui'em Silberoxyds ein Sil- bersalz dargestellt, welches bei der Analyse die Zahlen des buttersaurem Silberoxydes C^H' — CO — OAg (dua- listische Formel, = 8: AgO. C« H^ 0^) gab. Das Kalksalz bildete sternförmig gruppirte Krystalle, deren bei gewöhnlicher Temperatur gesättigte Lösung bei geringer Erwärmung zu einem Krystallbrei erstarrte. Aus dem Natriumsalze wurde die Säure selbst dargestellt und bei 164^ — -165" siedend gefunden. Aus diesem hohen Siedepunkte und dem angeführten Verhalten des Kalksalzes geht hervor, dass die vorliegende Säure nicht Isobuttersäure >QJJ3 \ \PW3 ^^ — ^^ — ÖH , sondern normale Buttersäure CH3 — CH2 — CH2 — CO — OH ist. (Isobuttersäure siedet bei 153" und liefert ein Kalksalz, welches in heissem Wasser löslicher ist, als in kaltem.) Die höher und niedriger als 144" — 145" siedenden Antheile des Pastinaköles wurden als Gemenge von Octyl- äther verschiedener Fettsäuren erkannt. Darstellung des Fuchsins. — Sorbit. 371 Aus dem Octylalkohol des Pastinaköles wurde Octyljodid C8H17J (ältere Schreibweise Ci^HiU) und endlich durch Digestion des letztern mit Ammoniak im Wasserbade Octyl- ^ ^ \^ und Dioctylamin C^K^''^ j. \ ^ ersteres etwa vom Siedepunkt 180 — 200, letzteres über 220'' siedend. Beide Amine sind Flüssigkeiten. Das Octylamin hat jedoch noch die besondere, an andern primären Monaminen bisher noch nicht beobachtete Eigenschaft, mit 1 Molekül "Wasser eine krystallinische Verbindung zu bilden. (^Ann. Chem. u. Pharyn. 166. S. 87). E. M. amin tt? ' X und Dioctylamin C^H^'''} N, erhalten. Darstellimg des Fuchsins. A. Brüning theilt mit, dass es ihm gelungen sei, Fuchsin (bekanntlich chlorwasserstoffsaures Rosanilin C^*-* H^^N^, HCl) mit Umgehung der Anwendung von Arsensäure nach einer Methode darzustellen, welche im Wesentlichen auf der Wechselwirkung zwischen (Xitrotoluol enthaltendem) Nitrobenzol C^H^ — IfO^ und (toluidinhaltigem) Anilin C6H5_ SH^ beruht. Seit October vorigen Jahres arbeitet seine Fabrik nur nach dieser Methode. {Ber. d. Chem. Ges. 1873. S. 25.). E. M. SorMt. Diesen neuen Körper hat Boussingault in dem ge- gohrenen Safte der Beeren von Sorbus aucupar. entdeckt. B. beabsichtigte nämlich aus schon früher von Pelouze aufge- fundenem Sorbin einen nicht gährungsfähigen Zucker darzustellen. In Folge dessen wurde der gegohrene Saft mit Blei- essig gefällt, filtrirt, das Filtrat mit Schwefelwasserstoff behandelt und die Flüssigkeit bis zum Syi'up verdunstet. Der Syrup zeigte aber selbst nach Monaten keine Spur von Krystallisa- tion, während Sorbin mit Leichtigkeit krystallisirt. Bei 60 bis 80° C. längere Zeit hingestellt, nahm der Syrup die Ge- stalt einer durchsichtigen, gelblichen Gelatine an. Nachdem diese über Winter in einem verschlossenen Gefässe gestanden, hatte sie sich in eine schmierige Masse verwandelt, die eine 24* 372 Gäbrung zuckerhaltiger Körper. grosse Menge nadeiförmiger Krystalle einschloss. Diese Krystalle wurden von dem Syrup, welcher essigsaure Alkalien und einen reducirenden Zucker enthielt, getrennt, mit Alkohol gewaschen und getrocknet. Sie erscheinen dann weiss, von erfrischendem, süssem Geschmack und enthalten keine Spur eines reducirenden Zuckers. Die Lösung übt keinen Einfluss auf das polarisirte Licht. In Wasser löst sich der Sorbit sehr reichlich und krystallisirt daraus sehr schwer. Kalter Weingeist löst nur wenig, warmer etwas mehr. Die Analyse ergab: C 39,13 H 7,67 53,20, was die Formel C^^R^^O^^ ergiebt. Einer Temperatur von 110° ausgesetzt, verliert S. ein Aequivalent Wasser, sodass die Formel C^^H'^O^^ + HO wird. Sorbit hat demnach eine dem Mannit und Dulcit analoge Zusammensetzung, unterscheidet sich aber von den beiden Letzteren durch folgende Eigenschaften: Er schmilzt bei 100*^ und wird bei 110° wasserfrei, während Mannit bei 165°, Dulcit bei 182° schmilzt. Mit Wasser giebt Sorbit eine syrup- artige Lösung, die nur schwer krystallisirt, Mannit giebt keine solche Lösung. Mit Salpetersäure behandelt giebt er keine Schleimsäure, wie Dulcit. Conc. Schwefelsäure löst ihn ohne Verkohlung, sättigt man diese Lösung mit kohlens. Baryt, so erhält man ein lösliches Barytsalz, dessen Zusammensetzung noch zu er- mitteln ist. Der Sorbit entsteht nicht durch die Gährung, sondern ist bereits fertig gebildet in den Vogelbeeren. [Annal. de Chim. et de Fhys. Juli 1872.). Fcs. Crähriing zuckerhaltiger Körper. Jos. Boussingault hat im weiteren Verfolg seiner Unter- suchungen über die Gährung zuckerhaltiger Körper die nach- stehenden Resultate erhalten: Heidelbeeren, Gramm Zucker Alkohol Säure Vor der Gährung 9486,5 598,6 0,0 64,32 nach der „ 9166,3 0,0 239,63 64,88 Differenz —320,2 —598,6 -j- 239,63 -j-0,56 Gährung zuckerhaltiger Körper. 373 Weisse Trauben von Lampertsloch. Gramm Zucker Alkohol Säure Most vor der Gährung" 9715,5 1688,46 0,0 39,74 „ nach „ „ 8955,0 Spuren 781,41 47,82 Differenz —760,5 —1688,46 -{-781,41 +8,08 Honig. Volum Gramm Zucker Alkohol Säure Vor der Gährung 3,845 Liter 4012,87 378,73 0,0 0,62 nach „ „ 3,837 Ltr. 3823,0 Spuren 177,65 3,07 Differenz —0,008 —189,87 —378,73 -t-177,65 -f-2,45 In allen Versuchen ist die Säure in HO, SO ^ ausgedrückt. (Annal. de Chem. et de Fhys. Juli 1872). Fcs. C. Literatur und Kritik. Vademecum des pract. Ohemikers. Sammlung älterer und neuster Tabellen, Formeln und Zahlen aus dem Ge- biete der Chemie, Physik und Technologie, Ein Hand- und Hilfsbuch bei den Arbeiten im Laboratorium und in chemischen Fabriken zum Gebrauche für Apotheker, Brauer, Brenner, Chemiker, Droguisten, Färber, Mineralwasser- fabrikanteu, Photographen, Zuckerfabrikanten u. A. zusam- mengestellt von Dr. Gust. Heppe. Leipzig, Verlag von Ch. E. Kollmann. Vor uns liegen vier Lieferungen dieses practischen Werkchens im handlichen Taschenformat vom Jahre 1871 bis 1873. Der Inhalt ist äusserst reichhaltig und macht das Buch zu einem wcrthvollen Begleiter in das Laboratorium und in die Fabrik. Da dasselbe doch wesentlich ein Nachschlagebuch ist, so wäre ein specielles Inhalts verzeichniss mit Angabe der Seitenzahl wünschenswerth gewesen, und würde dadurch der practische Werth erhöht werden. Auf dem Umschlag ist das Inhalts- verzeichniss , obgleich nicht ausführlich und ohne Seitenzahl , angegeben. Die Wiedergabe desselben wird am besten zeigen , wie weit sich die Brauchbarkeit des Werkchens erstreckt. Inhalts verzeichniss. I. Allgemeine chemisch - physikalische Hilfstabellen. a. Grundstoffe. Verzeichniss der chemischen Grundstoffe, ihrer Zeichen, Aequivalente und Atomgewichte. Atom - Volumen - Molekulargewichte der im gasförmigen Zustande bekannten Grundstoffe. Tabellen über die specifischen Gewichte der che- mischen Grundstoffe. Tabelle über die Ausdehnungscoefficienten der Metalle durch diu Wärme. Tabelle über die Wärmeleitungsfähigkeit der Metalle. Tabelle über die L'.limelzpunkte der Metalle. Zusammenstellung der Metalle nach ihrem Leitungsvermögen für Electricität. Electrische Spannungsreihe der Metalle. Zusammenstellung der Metalle nach ihren Elasticitäts - und Cohärenz- verhältnissen. Zusammenstellung der Metalle nach ihrem Verhalten zur Luft bei gewöhnlicher und höherer Temperatur. Literatur und Kritik. 375 Zusammenstellung der Metalle nach ihrem Verhalten zu den wichtig- sten eoncentrirten und verdünnten Säuren, Laugen, zu Chlor, Brom, Jod und Schwefel bei gewöhnlicher und höherer Temperatur. Verzeichniss der wichtigsten Legirungen nach ihrer Zusammensetzung etc. b. Verbindungen. Verzeichniss der wichtigsten anorganischen Verbindungen nebst For- meln und procentischem Gehalt. Verhältniss über die Siedepunkte anorganischer u. orgau. Flüssigkeiten. Zusammenstellung der wichtigsten anorganischen Verbindungen hin- sichtlich ihrer Löslichkeit im Wasser und andern Flüssigkeiten. Zusammenstellung der wichtigsten organischen Verbindungen hin- sichtlich ihrer Löslichkeit in verschiedenen Flüssigkeiten, namentlich der Alkaloide in Wasser, Alkohol, Aether , Chloroform, Benzin, Schwefel- kohlenstoff, Amylalkokol u. s. w. Tabelle über die Ausdehnungscoefficienten verschiedener Flüssigkeiten durch die Wärme. II. SpecieUe chemische Hilfstabellen. Alkoholometrie (Verschiedne Tabellen). Sacharometrie (desgl.). Tabelle über die alkalimetrischen Grade verschiedener Länder. Tabelle über die chlorometrischen Grade verschiedener Länder. Tabellen über den Procentgehalt und die Dichtigkeiten von Aetzlaugen, Ammoniak u. s. w. Tabellen über den Proceutgehalt und die Dichtigkeit von Salzlösungen, namentlich Pottasche, Soda, Glaubersalz, Bittersalz, Salpeter, Eisen- vitriol, Zinkvitriol, Kupfervitriol, Bleizucker, Kochsalz, Chlorzinn, Chlor- calcium, Chlorbaryum u. s. w. Tabellen über den Procentgehalt und die Dichten von Schwefelsäure, Salzsäure, Salpetersäure, Phosphorsäure, Essigsäure, "Weinsäure, Citronen- säure u. s. w. Tabellen über die Absorption von schwefliger Säure, Chlorwasser- stoffgas, Kohlensäure und Ammoniakgas durch Wasser bei verschiednem Druck und verschiedenen Temperaturen. Tabellen über die Dichte und den Gehalt der wässrigen Brom- und Jodwasserstoffsäure und der Flusssäure. Tabelle , den Gehalt an Soda und Pottasche durch Salpetersäure zu bestimmen, Tabelle zur Weinsteinbestimmung. Tabelle über die Löslichkeit des Schwefels in einigen Flüssigkeiten. Tabellen über die Schmelz- und Erstarrungspunkte der Fette und verschiedener Fettmischungen. Tabellen zur Bestimmung des Stärkemehlgehaltes der Kartoffeln. Vergleichende Zusammenstellung der specifischen Gewichte und Siede- punkte der Petroleumdestillate. Verschiedene andere Tabellen und Zusammenstellungen. III. Wasser und Wasserdampf. Tabelle über die Härtebestimmung des Wassers mit Seife. Tabelle über die (Temperatur) Ausdehnung des Wassers durch die Wärme. Tabelle über die Temperatur, Gewicht und Spannung des Wasser- dampfes. Tabelle über die Grösse einer Atmosphäre in verschiedenen Länder- nxassen. 876 Literatur luid Kritik. Tabelle über die verschiedenen Gewichts- und Raum Verhältnisse des Dampfes zwischen 1 und 10 Atmosphären -Druck u. s. w. IV. Thermometrie, Vergleichung der Thenuometerscalen nach Celsius , R^aumur und Fahrenheit. Vergleichung der Thermometerscalen mit dem Luftthermometer. Tabelle über die Volumonveräuderung des Glases durch die Wärme. Tabelle über die specifischeu Wärmemengen verschiedener Stoffe. Tabelle über die latente Wärme verschiedener Stoffe. Tabelle über die nutzbaren Wärmeetfecte der Brennmaterialien. V. Specif. Gewicht und absolutes Gewicht bestimmter Raumtheile v ersch ie dener Kör p er. Tabelle zur Vergleichung der Aräometergrade von Beaume, Beck und Cartier mit dem spec. Gewicht, Tabellen über die spec. Gewichte der wichtigsten Körper. Tabelle über das absolute Gewicht bestimmter Raumtheile verschie- dener Körper. Gewichtstabellen für verschiedene Metallplatten, Röhren u. s. w., nach neuem Maasse und Gewicht. Verschiedene andere hierher gehörige technische Tabellen. VI. Maasse und Gewichte; Flächen- und Körperbe rechu u ng. Reductionstabellen der Maasse und Gewichte verschiedener Länder in das neue metrische System, Formeln zur Berechnung der Flächen- und Körperinhalte. Vergleichung der Grösse der Pferdekraft nach verschiedenen Landes- maassen u. s. w. VII. Verschiedenes. Kurze übersichtliche Zusammenstellung der verschiedenen Methoden der Darstellung der wichtigsten chemischen Präparate mit Angabe der Gewichtsverhältnisse und der Ausbeute. Tafeln für die Bereitung der wichtigsten künstlichen Mineralwässer. Tabelle über die mittlere Ausbeute an ätherischen Oelen aus Pflanzen- stoffen. Dem Anscheine nach ist das Werk noch nicht vollendet; es würde alsdann auch noch manche für die Praxis schätzbare Tabelle Aufnahme finden können. So vermisste ich z. B. eine solche über den Procentge- halt und die Dichtigkeit einer wässrigen Lösung des salpetersaurem Silber- oxyds, welche namentlich für Photographen kaum entbehrlich ist. Mög- licherweise ist mir indessen dieselbe wegen des mangelhaften Inhaltsver- zeichnisses nur aufzufinden nicht gelungen. S, Literatur und Kritik. 877 „Die technisch- chemischen Mittheilungen der Jahre 1869 bis 1872-, ihrem wesentlichen Inhalte nach alphabetisch zu- sammengestellt von Dr. L. Eisner. Berlin, Verlag von Julius Springer." 19. 20. und 21. Heft des ganzen Werkes. „Sachregister zu den bisher erschienenen zwanzig Heften der technisch - chemischen Mittheilungen der neuesten Zeit, ihrem wesentlichen Inhalte nach alphabetisch zusammengestellt von Dr. L. Eisner. Die Jahre 1846 — 1871 enthaltend. Berlin 1873. Verlag von Julius Springer." Eine frühere Beurtheilung dieses verdienstvollen Werkes bis zum 18. Heft erschien im Archiv der Pharmacie im 142. Band, S. 281. Das damals zum Lobe desselben Gesagte lässt sieh in vollem Maass auch auf die vorliegenden Hefte beziehen. Durch die enormen Fortschritte der technischen Chemie in den letzten Jahren wird die Fortführung eines solchen mit Sachkenntniss geordneten Sammelwerkes immer unentbehrlicher, denn nur Wenigen ist es möglich, die grosse Anzahl der gegenwärtig erscheinenden Zeitschriften technisch - chemischen Inhaltes sich selbst anzu- schaffen, abgesehn davon, dass das rasche Auffinden des gewünschten Arti- kels in einer solchen compendiösen Zusammenstellung weit leichter gelingt. Die Angabe der Quellen ist übrigens stets sehr genau, sodass man nöthigenfalls die Originalartikel vergleichen kann. Aus der grossen An- zahl der mitgetheilten Artikel mögen hier die folgenden namhaft gemacht werden ; 19. Heft. Abputz für Wände. Aetzmittel für ümdruckplatten , neues. Albolith, ein neuer Cement von M. ßiemann in Breslau, aus Magnesit bereitet. Alizarin, künstlich es. 1) Durch Umwandlung von Anthracen in Oxanthracen. 2) Durch Behandlung des Anthracens mit 2 Moleculen Brom in der Wärme. 3) Darstellung des Alizarins aus diesen Körpern durch Zusammen- schmelzen derselben mit HO. Alkohol. Denselben von riechenden Stoffen zu befreien. Man destülirt denselben zu diesem Zweck mit einer entsprechenden Menge über- nifingansauren Kali's. Ammoniak. Gewinnxing desselben aus Gaswasser nach F. Braby. Anilinfarben, über arsenhaltige und arsenfreie, von Dr. Werner - Ertel. Anstriche verschiedner Art. Anthracen, Darstellung von Dr. Greiff aus Theer. Anthracen nach Brönner und Gutzkow, aus Asphalt. Appreturen verschiedner Art. Bier, Prüfung desselben. Bleichen der Garne und Gewebe durch Übermangans. Kali von Anton Pubetz. Brocat-Krystallf arben aus Glimmer von Dr. Cech in Prag. Chloralhydrat, Anwendung und Prüfung. Diatit. Eine neue plastische Masse aus Gummilack und feinver- theilter SiO^ nach J. M. Merrik. Eisen. Klein's Verfahren, durch galvanoplastisch niedergeschlagenes Eisen Copien von vertieften Kupferplatten herzustellen. 378 Literatur und Kritik. Eisenseife. Mittel gegen Verbrennungeu u. s. w. Eraailliren von Spiritusfässern (in Russland gebräuchlich). Färben und Drucken, verschiedene Verfahren. Farben. Phenylbraun, Magdalaroth, Aldehydgrün, Turacin, ein kupferhaltiger, thierischer Farbestofif. Lydin, Dinitronaphtal , ein gelber Farbestoff. Ein blauer mineralischer Farbestoff aus Malsteinen. Feuer, flüssiges. Eine Mischung von Schwefelchlorür und phosphor- haltigem Schwefelkohlenstoff. Sie lässt sich in verschlossenen Gefässen ohne Gefahr aufbewahren. Durch Zusatz von Ammoniakflüssigkeit ent- zündet sie sich plötzlich. Diese Mischung wurde im letzten amerikanischen Ki'ieg unter dem Namen ,,Fenian- Feuer" verwendet. Filzhüte auf verschiedene Art zu färben. Fleisch zu conserviren nach verschiedenen Methoden. Galvanoplastische Niederschläge auf Pflanzen und Tbicren zu erzeugen. Von 0. Mathey. Glycerin. Verschiedene Präparate zu technischer Anwendung. Jute. Zum Verspinnen vorzubereiten von P. Buchan und A. Guild. Jute zu bleichen. Kau ts oho uk- Sohlen für Stiefeln und Schuhe. Kesselstein. Verschiedene Mittel dagegen. Kirsch w ass er, künstliches nach H. Reinsch. Kitte, verschiedene. Kumis. Ueber Bereitung desselben nach Art der Tartaren von Dr. A d. Oberstein. Lacke, versch. Art. Leder, aus altem Schuhwerk zu verwerthen. Leder aus Baumwolle. Legirungen zu Stahlglocken. Legirungen zu klingender Bronce. Legirungen zum Plombiren der Zähne. Messing mit Lustrofarben zu überziehen. Messing galvanisch mit Wisniuth zu überziehen. Messing mit Brittania und Antimon zu überziehen. Oele. Prüfung und Reinigen der Brenn- und Maschinenöle. Oelpergament nach Dr. Hofmann. Ozonäther als Luftreinigung. Panamin (Waschmittel). Parfüm. Parfümirtes Leder, spanisches. Hyacinthenparfüm. Pepsin- Darstellung, Wirkung- und Dispension von Dr. H. Hager. Pins Colour, eine neue rothe Farbe für Porzellan und Fayence - Malerei. Nach Gentele u. s. w. Für unsere Leser wird der Lihalt der neuern Hefte, 20 u. 21 von den Jahren 1870 — 1872 natürlich das meiste Interesse besitzen, wesshalb wir auch nur noch aus diesen das Wesentlichste anführen wollen. 20. Heft. Albumin aus Fischeiern. Von Wilh. Grüne. Alizarin. Reines Pflanzenalizaiin darzustellen. Von V. Wartha. Alizarin. Verbesserte Darstellung von Dale und Schorlemmer. Anthracen. Ueber Reindarstellung desselben von A. Schuller. Appretur. Neue, glanzvolle von Puschen. Appretur nach Grüne. Arsen, Prüfungen auf dasselbe. Bier. Conscrvationsmittol. Bier. Klärungsmittel. Carbolaäurc. Als fäulniss widriges Mittel b. d. Lederber. Nach Bandet. Cemente verschiedener Art. Literatur und Kritik. 379 Ch loralhy dr at. Reinigung nacli Flückiger. Chluralominiumhydrat als Desinfectionsniittel. Darstellung durch doppelte Zersetzung von schwefelsaurer Thonerde u. Chlorcalcium. (Die desinficirenden Wirkungen des Chloralum's werden neuerdings sehr in Frage gestellt. S.) Com positions metall für Dampfschieber. Curcuniin. Farbstoff der Curcumawurzel. Von Daube. Documente, Entdeckung der Fälschiing derselben. Düngemittel, Seifensiederascbe als solches. Eisen. Ueberziehen desselben mit Messing und Kupfer auf galvauischem Wege. Von H. Wallen. Eisen emailliren. Eisen, Verzinnung v. Gusseisen, nach Hofklempner Renner in Breslau. Färben und Drucken. Verschiedene neue Verfahren. Farben, neue. Flammenschutzmittel, neue u. s. w. Heft 21. Albuminkohle für Zuckerraffinerien. Ale. Ueber Pale Ale. Von J. Mehring in Frankenberg. Aluminium plattirung. Von Dr. Clemens Winkler. Anilinfarben. Verfälschung derselben. Anstrich. Verschiedene Anstriche für Häuser, Holzwerk, um es gegen Feuer zu schützen. Aurin. Von Dale und Schorlemmer. Bier, rothes, Branntwein aus Sägespänen von C. Zetterland. IJrod. Ueber Prüfung desselben. Br od -Bereitung, verbesserte. Brokatfarbe auf Tapete. Von Westermann. Butter, Prüfung. Carb Ölsäure. Gegenmittel; Prüfung; Darstellung. Cellulose. Anwendung der Löslichkeit derselben in Kupferoxyd- Animon zur Darstellung von wasserdichtem Papier, Dachpappe, künst- lichen Holztafeln u, s. w. Chlor. jSTeue Bereitung. Von H.Deacon. Chloralum. Chlorkalk, Prüfung, Chlorometrie. Chromsäure, Darstellung reiner. Von E. Zettnow. Cichori encaffe, Verfälschung mit Torf. Citronensäure, Prüfung. Collodium. Vei-schiedenes über dessen praktische Anwendung. D esinfec tion. Explosives Material. Nach Moschamp. Färben und Drucken. Viele verschiedene neue Verfahren. Galvanoplastik. Von Prof. Heeren. Gold, Talmigold. Von Dr. Clemens Winkler. Indophan. Ein neuer blauer Farbestotf, ein Derivat der Naphtyl- purpursäure. Von E. von Sommaruga. Kitte verschiedener Art. Leder, Färben desselben. Nach Ferd. Springmühl. Leim, Schnelltrocknen desselben. Licht, Messung desselben nach Dr. Vogel. Metalle, verschiedene üeberzüge derselbe«. Mutterkorn. Dasselbe im Roggenmehl nachzuweisen. Nickel, Vernickelungsmethoden u. s. w. 380 Literatur uud Kritik. Aus vorstehenden Beisjjielen luag mau die KeichliaUigkeit des Inhaltes dieses Werkes ermessen. Die Ausstattung desselben ist vortrefilich.. 6'. Ueber Molekulverbindungen nach festen Verhältnissen. Von Dr. Alexander Naumann, a. o. Professor au der Universität Giessen. Heidelberg, Carl Winters Univer- sitätsbuchhandlung. 1872. 64 S. Nach Erläuterung der physikalisch chemischen Betrachtungen, welche in der Neuzeit angestellt werden müssen, wenn man Folgerungen über die Zusammensetzung von Verbindungen ziehen will, führt der Verfasser in verschiedenen Kapiteln aus, dass die Annahme einer constanten, sich auf in Gasform beständige Verbindungen stützende, Werthigkeit die möglichst sichere Grundlage für solche Betrachtungen biete. Versteht man unter Werthigkeit oder Valenz eines Elements das Bindungs- oder Sättigungsvermögen desselben, so gelangt man zur- constanten, fasst man sie als den jeweiligen Substitutions- oder Wirkungswerth auf, zur wech- selnden Valenz. Verfasser glaubt , dass bei Annahme einer wechselnden Valenz , wie sie in den Schriften Kolbe's , Blomstrand's und des kürzlich verstorbenen Buff vertreten wird, die Vorstellungen über die Anordnung der elementaren Atome in complicirten zusammengesetzten Verbindungen mehr der Willkür überlassen bleiben, als dieses der Fall sei, wenn man von einer constanten Werthigkeit ausgehe ; er ei'kennt an , dass manche Entscheidungen eingehenderen Untersuchungen vorbehalten bleiben müssen. — Bei Besprechung des Erlenme)-er'schen Werkes an dieser Stelle wurde auf einige Uebelstände hingedeutet, welche als Folge der Annahme einer constanten Werthigkeit erschienen. Da jedoch auch von den Vertretern der wechselnden Valenz nicht alle Verbindungen als Atom verbin düngen, d. h. solche, in welchen die elementaren Atome durch gegenseitige Sättigung der ihnen zukom- menden Verwandtschaftseinheiten zusammengehalten, aufgefasst, sondern auch Molekulverbindungen anerkannt werden, so handelt es sich vor- zugsweise darum, wo die Gränze zwischen beiden zu ziehen ist. In den Molekulverbindungen sind Molekiile nähere Bestandtheile , welche durch wechselseitige Gesammtanziehung der Moleküle als solche zusammengehalten werden. An mehreren Beispielen wird erläutert, dass die Fähigkeit oder Un- fähigkeit den doppelten Austausch zu erleiden kein sicheres Kennzeichen abgiebt für Atomverbindungen und Molekulverbindungen und dass auch andere aufgestellte Unterscheidungsmerkmale nicht untrüglich sind. Verfasser unterscheidet Molekulverbindungen nach festen (Baryum- chloridhydrat) und nach veränderlichen Verhältnissen; zu letzteren gehören Lösungen , Absorptionen , Mischungen aus Alkohol und Wasser etc. Nur die erstere Art ist Gegenstand eingehenderer Betrachtungen. — Aus Dampf- dichtebestimmungen von Phosphorpentachlorid und von Essigsäure, wird gefolgert, dass die theoretische Möglichkeit des Bestehens von Molekulver- bindungen in Gasform vorhanden sei. — Bei den Betrachtungen über Molekulverbindungen nach festen Verhältnissen in flüssiger Form wird hervorgehoben , dass die Lösung fester Körper in Flüssigkeiten stets xinter Wännebindung vor sich gehe und dass eine etwaige Temperatur- Literatur und Kritik. 381 erhöhung anderen gleichzeitig stattfindenden chemisclien Vorgängen zuzu- schreiben sei. Für das Fortbestehen der Molekulverbinduugen, insbeson- dere krystallwasserhaltiger Salze, in Lösungen werden Belege beigebracht und auch die Ausscheidung derselben aus Lösungen besprochen. — Für die Annahme von Molekulverbinduugen in fester Form werden u. a. die verschiedenen Krystallformen von Quecksilberjodid und von kohlen- saurem Kalk als Beweise angeführt; auch die Wärmecapacität und die "Wärmewirkungen bei der Krystallisation anfangs amorpher Körper dienen diesen Anschauungen als Stütze. Die Schrift bietet ausserordentlich viel Anregendes, bespricht die in neuester Zeit gemachten Beobachtungen und wird sicher von Jedem , der die Entwicklung der neueren Ansichten in der Chemie verfolgt und gern von den Bestrebungen der Forscher Kenntnis nimmt, mit regem Inter- esse gelesen werden. Bissendorf, Febr. 1873. Dr. E. Kemper. Die Destillirkunst der geistigen Gretränke auf warmem und auf kaltem Wege, nebst einer prak- tischen Anleitung zur Essig- und Schnell- Essig- fabrikation von Ä. L. Möwes. Dieses Buch, von dem uns augenblicklich die siebente Auflage vor- liegt , was wohl an und für sich schon die beste Empfehlung für seine Brauchbarkeit sein dürfte, behandelt in einer methodischen "Weise die einzelnen Theile und Zweige der Destillirkunst. Es beginnt mit einer Einleitung, in der die allgemeinen Begriffe der Destillation sachgemäss erörtert werden. Dem Abschnitt, welcher vom Destilliren speciell han- delt, sind verschiedene vergleichendeTabellen beigegeben, die das nöthige Berechnungsmaterial für die dabei zu beobachtenden Temperaturen ent- halten. Dann folgt eine Besprechung der verschiedenen Spiritusarten und der nöthigen Vorsichtsmassregeln beim Einkaufen derselben, nebst der Prüfung derselben auf ihren Gehalt durch Alkoholometer, wobei wieder die nöthigen Tabellen beigefügt sind. Der folgende Abschnitt handelt von der Reinigung des rohen Spiritus. Es sind hier die verschiedensten Reinigungsmethoden angeführt und anschaulich beschrieben, so dass dieser Theil des Buchs zu einem der wichtigsten desselben, besonders für den Liqueurfabrikanten, zählen dürfte. Hieran schliessen sich Tabellen, aus denen man die Mischungsver- hältnisse von Spiritus mit Wasser auf eine beliebige Stärke leicht berech- nen kann. Es folgt nun eine Beschreibung der sämmtlichen Pflanzenstofife, welche bei der Liqueurfabrikation in Anwendung kommen, und zwar ist ein Hauptgewicht auf die vorkommenden Verfälschungen derselben gelegt, und auf die Erkennung solcher. Nach der methodischen "Weise, welche, wie schon erwähnt, das ganze Buch vortheilhaft auszeichnet, geht nun der Darstellung der Liqueure im Allgemeinen die Bereitungsweise der Fruchtsäfte und Extracte vorher, und möchte hier auch manche Hausfrau nützliche Rathschläge und "Winke finden. Nachdem die Darstellung der Liqueure im Allgemeinen abgehandelt ist, folgt die Darstellung derselben im Speciellen, und zwar umfasst dieselbe wohl alle Liqueure, die nur einigermassen in Aufnahme gekommen sind. Hieran schliesst sich eine Anzahl Vorschriften zur Nachbildung des Rums, Franzbranntweins und HS2 Literatur und Kritik. Arraks, sowie eine ßeiljc von solchen, zur Anfertigung künstlicher Weine, Fruchtweine etc. Die Darstellung der Liqucure auf kaltem Wege wird dann in ausführlicher Weise beschrieben, sowie die Darstellung wohl- riechender Wasser und Essenzen. Den Schluss des Buches bildet die Essig- und Schnell -Essigfabrikation, die ebenfalls in allen ihren Theilen und Methoden genau und fasslich beschrieben wird, auch hier ist alles Nöthige erwähnt, wodurch man sieh vor Verfälschungen hüten, und die Güte eines Essigs prüfen kann. Wie schon aus dieser Eeichhaltigkeit seines angeführten Inhalts hervorgeht, ist das vorliegende Buch ein sehr zu empfehlendes Hülfsmittel für jeden Liqueurfabrikanten, wie es auch in jeder Haushaltimg von Nutzen sein dürfte. — Jvr. Dr. Otto Damme r. Kurzes chemisches Handwörterbuch zum Gebrauche für Chemiker, Techniker, Aerzte, Pharmaceuten, Landwirthe, Lehrer und für Freunde der Naturwissenschaften überhaupt. 1. Lieferung. Berlin 1872. Verlag von Robert Oppenheim. Dieses interessante und mit Fleiss beai'beitete Werk, wovon uns die 1. Lieferung vorliegt, behandelt eng gerahmt , in alphabetischer Ordnung die chemischen Verbindungen, Mineralien etc. nach dem neuern Stande der Wissenschi-.ft. Durch Anreihen von Thatsaehen an Thatsachen .suchte der Verfasser unter Auss dieidung alles Lehrhaften, was sich freilich nii;ht conseqnent durchführen lie.ss, für den Practiker ein zweckmässiges Xafh- schlagewerk zu liefern, ohne dal)ei einen voluminösen Band zu schaffen. Doch nicht blos für den Chemiker, auch für den Nichtchemiker ist vor- liegendes Vv'erk von Wichtigkeit, indem letzterer dem xVlphabet folgend leicht das auffinden kann was er sucht, was in Lehrbüchern wegen anderer systematischer Anordnung wegen schwerer fallt. — Alle wichtigeren Kör- per werden im vorliegenden Werke als Specialartikel behandelt und sind alle chemischen Verbindungen zunächst unter ihren Stichwort , aber z. B. nicht Chloraluminium, sondern Alum iumchlorid, nicht Schwe- felammonium sondern Ammonium sulfur et zu suchen. Eine grössere Abhandlung ist z. B. eingeräumt der Bedeutung Absorption, wo auch eine Tabelle über die Absorptionsfähigkeit des Wassers bei verschiedenen Temperaturen von Stickstoff, Luft, Sauerstoff, Kohlensäure und Schwefel- wasserstoffgas beigefüfrt ist, ferner nehmen Aep feisäure, die Bedeutung Aequivalent, das Capitel A Ikaloide, Alkohol, Alkoholometrie und Ammoniak grössere Räume ein , und sind den letzten Dreien ebenfalls Tabellen beigegeben. Das Capitel Aepfelsäure schliesst zwar das Extr. Ferri pomat. ein, doch von der Existenz einer Tinct. Ferri pomr.t. ist nicht die Rede; ebenso hat Verfasser den Ameisenspiritus, der .Ameisensäure enthält und aus Ameisen durch Destillation mit Spiritus bereitet wird, so wie eine Tinctur. Formic. aufgenommen, doch unter dem Capitel Ameisensäure das Vorkommen derselben in den Waldameisen zu erwähnen übersehen. Zu dem Capitel Alkaloiide sei uns erlaubt /u bemerken, dass es etwas gewagt erscheint, das Colchicin fest zu den Alkaloiden zu zählen und sogar als Vertreter einer ganzen Pflanzen- farailie hinzustellen, da es bis jetzt immer nur als indifferenter Bit- terstoff angesehen worden ist. Trotz dieser kleinen Mängel, wenn es überhaupt so zu nennen ist, können wir vorliegendes Werk dennoch aufs Beste empfehlen und wünschen, dass es recht viele Auflagen erleben möge. C. S, Literatur und Kritik. -^83 D i c t i n n u i r e T e c li n o 1 o g i q u e dans les langiies Francaise, Anglaise et x\lleinande. Redige par M. Alexandre Tol- hausen (Traducteur pres la chancellerie des brevets d'in- vention ä Londres), revu et augmente par M.Louis Tol- hausen (Consul de France ä Leipzig.) P Partie. Fraucais- Allemand - Anglais, (Premiere moitie.) Leipzig 1873. Bern- hard Tauchnitz. Kl. Lexic. 8. XIL .432. 5 Frcs. = 4 Mark = 4 Shilling. Das vorliegende, mit eminentem Fleisse bearbeitete "Werk hilft, um einen oft missbrauebten , diesmal jedocb wörtlich zutreffenden Ausdiiick anzuwenden, einem lange gefühlten Bedürfnisse ab. Jeder, der sich mit der Leetüre, hauptsächlich aber mit der Uebertragung von Fachjournalen in die französische, englische oder deutsche Sprache beschäftigt, ist wol ein oder das andere Mal \ini den präcisea Ausdruck in der gewünschten Sprache in Verlegenheit gerathen und hat sich vergeblich nach einem Eathgeber umgesehen Das hier angezeigte Werk, so weit es vorliegt, ist ein solcher zuverlässiger Eathgeber und verbindet, treu seinem Motto: „Multa et Multum," mit ausserordentlicher Vielseitigkeit eine ebenso ausser- ordentliche Gründlichkeit. Die äussere Einrichtung des "Werkes ist die , dass in dreigespaltenen Seiten in kleiner Antiquasehrift die drei Sprachen in verschiedener Schrift ausgezeichnet sind, so dass das gesuchte "Wort sofort durch den Druck ins Auge fällt. Nach einem kurzen Avant -propos folgt das Verzeichniss der benutzten literarischen Hilfsmittel, dann VII — XII das Verzeichniss der Abkürzungen. Hier schon liegt ein Beweis für die Eeichhaltigkeit des Werkes, indem 227 Branchen aufgeführt sind. Ausserdem kommen noch viele Gewerbe mit nicht abgekürzter Bezeichnung im Texte vor, sodass c. 260 Wissens- und Geschäftszweige im Werke be- rücksichtigt sind. Dann folgt A. S. 1 — 76, darin u. a. Acetal und Zugehöriges 35, Acide252, Acier 241, Aluminaire mit Zugehörigem 105, Arseniate etc. 124 Stichworte; B. S. 76—147, darin Bain 64, Baryte 20, Bois 797 Stichworte; C. S. 147 — 275, darin Carbonate etc. 55, Charbon 54, Chaux 125, Chimie 20, C ob alt 21, Coton 57, Cuivre 217, Cyane 25 Stiebworte; D. S. 275 — 311, darin Diamant 35 Stichworte; E. S. 311 — 375, darin E au 167 Stichworte; endlich S. 375 — 432 F. bis Frelater, darin Fer 818, Fluor 21 Stichworte. Um ein. vollständiges Bild dieses Werks zu geben, fügen wir, nach An- gabe der wenigen vorstehenden Beispiele für die Eeichhaltigkeit, noch ein Beispiel für die Art der Bearbeitung hinzu : Fer, Chloride de fer, sesquichloride de fer, m.; das Eisenchlorid, anderthalb Chloreisen, Eisensesquichlorid, Eisensublimat; Sesqui- or tri- chloride of iron, ferric chloride, perchloride of iron, iron Sublimate. Das Erscheinen der zweiten Hälfte dieses ersten Theiles ist in aller- nächster Zeit zu erwarten. Der zweite Theil ist in der Sprachenanordnun»-: Anglais-Allemand-Fran(jais, der dritte endlich bringt: Allemand - Francjais- Anglais, Eigentliche Druckfehler sind uns nicht aufgefallen, was bei einem so schwierig herzustellenden Werke viel sagen will. Bei dem massigen Preise «nd der ansprechenden Ausstattung dieses vorzüglichen Werkes wünschen wir demselben die verdiente weiteste Verbreitung, Dr. Heinrich Böhnke - Reich, o84 Anzeigen. TT^ljj^ Pinsel an Silberdraht mit Bieberhaar Gross 9 Thlr. -'■-'-"-^^'"niit Schwämmchen Gross 7 Thlr. J. Cr. Druschke, Berlin, Sebastianstr. 39. In unserem Verlage ist soeben erschienen : Die Pharmacopoea Grermanica verglichen mit den jüngsten Ausgaben der Pharmacopoea Borussica dem Scliacht'sclieii Supplement etc. für Apotheker, Aerzte, Medicinal- Beamte und Oroguenhändler von B. Hirsch, Apotheker zu Grünberg (Schlesien). Erste Lieferung". Bog-en 1 — 6. gr. 8. geheft. Preis 15 Sgr. Das im Manuscript fertige Werk, wird in 5 bis 6 rasch auf einander folgenden Lieferungen ä 6 Bogen erscheinen. Berlin, den 1.5. März 1873. Königliche Geheime Ober-Hofbuchdrucl(erei. (K. V. Decker.) Im Verlage von R. Oldeilbourg in München ist soeben erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Pharmacopoea Germanica. Ins Deutsche übersetzt von Ludwig Andreas Büchner, Doctor der Philosophie und Medicin , ordentlichem Professor der Pharmacie an der Universität München, ordentlichem Mitgliede der kgl. bayerischen Akademie der Wissenschaften. 8^ 24 Bogen broschirt. Preis: 1 Thaler. Mayer & Müller in Berlin, Markgrafenstr. 50 kaufen zu holten Preisen completc Exemplare und einzelne Jahrgänge von : Annalen d. Pharmacie, herausgegeb. v. Brandes, Geiger, Liehig etc. Annalen d. Chemie u. Pharmacie, hcrausg. v. Liebig, Wöhler, Kopp. Annalen d. Physik u. Chemie, herausg. v. Poggendortf. Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie, Physik etc., her- ausgegeb. v. Liebig, Kopp und Will. ARCHIV DER PHAßMACIE. 3. Keilie, 2. Band, 5. Heft. A. Originalmittheilungen. J. [Pliarmacie, pliarmacent. und phys. Olieinie. Darstellung- Ton Mandelsäure. Von Otto Müller, z. Z. in Egelshofen bei Constanz. Die Mandelsäure (CSHSO^)*) ward im Jahre 1832 von Winkler bei Gelegenheit der Untersuchung des Bitter- mandel wasser's zuerst dargestellt; in Eolge einschlägi- ger Entdeckungen von Lieb ig und Wo hier unterwarf jedoch Winkler im Jahre 1836 die Mandelsäure einem nochmaligen Studium, als dessen Frucht er die Erklärung abgab, dass sich obige Säure bilde, wenn Chlorwasserstoff- säure mit einem Gemenge von Bittermandelöl und Blausäure abgedampft werde. Im Jahre 1848 stellte Wo hier die Mandelsäure dar durch Behandlung von Amygdalin mit Salz- säure; die Bildung und die Formel der Säui'e aber wurden erst ganz klar, als Wislicenus aus Acetaldehyd, Blausäure und Salzsäure Aethylidenmilchsäure darstellen lehrte und man nun die Mandelsäxire als' Phenylglycolsäure betrachten musste. Während nun die Darstellung derartiger niedei-molecularsub- stituirter Aldehydderivate ohne grosse Schwierigkeit von Stat- ten geht, indem Acetaldehyd und seine nächst höheren Ho- mologen sich doch wenigstens noch einigermassen mit Salz- säure, Blausäure und Wasser mischen lassen, mischen sich die hochmolecularen Aldehyde, wie Benzoylaldehyd nicht mehr *) = 16. Arch, ü. Pharm. III. Reibe, n. Bds. 5. Heft, 25 386 0. Müller, Darstellung von Mandelsäure. mit HCl, HCN und H^O: die gegenseitige Einwirkung dieser beiden Gruppen, also die Darstellung nach Win kl er' scher Methode, lieferte nur geringe Ausbeuten. Es galt nun, den Versuch zu machen, das Aldehydschwefligsäure - Additionspro- duet des Benzoylaldehydes mit Cyankalium zusammenzubrin- gen, indem Verfasser sich der Hoffnung hingab, der Schwef- ligsäurerest könnte sich mit dem Kalium des Cyankalium's vei-einigen und als neutrales Sulfit sich abscheiden, während das Cyan an die Stelle des Schwefligsäurerestes tretend nun unter denselben Bedingungen das Cyanderivat des Aldehydes bilden helfen würde. Dieser Vorgang lässt sich durch fol- gende Formel ausdrücken: C«H^ ^OH l\^ /OK + ^0^ = ^^g -f-KCN=SO +0-^2^ H CO ONa ^OSO ^^^* '^^ ^■^ONa CN Benzoylaldehyd oder Benzylidenhydrat- Benzylidenhydrat- Benzylidenoxyd. uatriumsulfit. cyanür. Dieses letztere Cyanür wäre nun die letzte Station zur Darstellung der Mandelsäure: man brauchte es nur mit Salz- säure und Wasser zu behandeln, um neben Salmiak jene Säure zu erhalten: C«H5 C^Hö Benzylidenhydrat- Carboxylsäure, 'Phenylglyc Ölsäure oder Mandelsäure. ^Ch^ + HC1+ 2H20 =NH*ci+ c;;;^^^ CN CO ^OH Die Hoff"nung, es möge wirklich obige Umsetzung statt- finden, bestätigte sich nun im Verlaufe meiner Arbeit auf die erwartete Weise. Erst stellte ich durch Schütteln von Bittermandelöl mit einer concentrirten Lösung von Hydronatriumsulfit (saurem schwefligsauren Natron) das Aldehyd- Additionsproduct dar. Das krystallinische Benzylidenhy dratnatriumsulfit ist in Alkohol unlöslich, dagegen zeigte es doch schon, in gewöhnlicher Temperatur mit Cyankalium und Aethylalkohol 0. Müller, Darstellung von Mandelsäure, 387 zusammengebraclit, nach längerer Zeit eine Einwirkung", inso- fern, als das Geraisch sich bräunte und einen viel schwereren salzigen Niederschlag absetzte. Ich wandte nun, auf gr. 50,0 des Benzylidenhydrat- natriumsul fites statt der theoretisch erforderten gr. 16,08 Cyankalium einen Ueberschuss an und zwar gr. 25,0 Cyan- kalium, pulverisirte beide Körper fein und Hess sie nun mit ziemlich viel (circa 90°/oigem) Alkohol übergössen, auf dem Wasserbade in einem Kolben mit Rücklaufkühler circa 9 Stun- den gegenseitig einwirken. Es bildete sich, während das Gemisch beim Sieden heftig stiess, unter nebenhergehender Entwicklung von CNH und NH^ — die wahrscheinlich von einer spontanen Zersetzung des KCN resp. von einem K^CO^ oder KOHgehalt desselben herrührte — ein ziemlich schwe- rer salzartiger, leicht sich absetzender Mederschlag und die alkoholische Lösung wurde dunkelbraun. Letztere ward vom ersteren abfiltrirt, dieser dann noch mit Alkohol gewaschen, bis er weiss geworden, getrocknet und untersucht. Er ent- hielt der überwiegenden Menge nach KNaSO^, sehr wenig KCN und K^CO^ und wog circa gr. 30,0. Der Berechnung nach C^H'O^SNa = 202 KNaSO^ = 142 202 : 142 = 50 : x; X = 35,14 musste er circa gr. 35,14 wiegen, wenn der Verlauf glatt quantitativ vor sich gehen sollte ; obige gr. 30,0 stimmen doch einigermassen zu letzterer Zahl, sodass ich schon annehmen durfte, das Cyanür werde sich hauptsächlich gebildet haben. Das Cyanür, das Analogieen gemäss ölig sein dürfte, zu isoliren gelang mir nicht; ich richtete daher mein Augen- merk sofort auf die Weitei'bearbeitung desselben, indem ich jene dunkelbraune alkoholische Lösung durch Destillation vom Alkohol befreite und den syrupartigen Bückstand mehrmals mit verdünnter Salzsäure behandelte. Die sauren wässerigen Flüssigkeiten wurden vereint abgedampft, der etwas schmie- rige Rückstand wieder mit Wasser behandelt, die saure Flüs- sigkeit abfiltrirt, und über überschüssigem BaCO^ eingedampft, 25* 388 C. F. Schulze, Die Bestandtheile der Cubebeu etc. Der Rückstand ward in einem Trichter mit einem Gemische von 1 Alkohol auf 3 Aether gewaschen, bis er weiss war und die Waschflüssig'keit farblos ablief. Den so gerei- nigten Rückstand zerrieb ich mit Wasser zu einem dünnen Brei, gab denselben in einen Glascylinder, versetzte ihn mit einem minimen Ueberschuss von Schwefelsäure und schüttelte nun das Gemisch mehreremale mit Aether aus. Die ätherische Lösung' gab verdunstet, nach nochmaligem Reinigen mit Thier- kohle und mehrmaligem Umkrystallisiren , schöne Mandel- säure, deren Kiystallform , Geschmack, Geruch, Löslich- keitsverhältnisse den früher beschriebenen völlig entsprachen. Die Elementaranatyse der Säure ergab folgende pro- centische Zahlen: gefunden verlangt ■C 63,521 63,157 H 5,266 5,265 31,213 31,578 Das Kupfersalz, welches, der einbasischen Natur der Mandel säure entsprechend ein einfaches Cupridsalz ist, ergab : gefunden verlangt C 52,049 — 52,570 52,545 H 4,009— 4,108 3,831 26,288—25,922 26,274 Cu 17,654—17,400 17,350 Den Schmelzpunkt der Säure, bisher unbekannt, be- stimmte ich zu 115'*C. Die Bestandtlidle der Cubelbeii, mit liauptsjicliliclier Berücksichtigung' der Culbebeiisäure. Von C. F. Schulze in Jena. Wiederholt waren die Cubeben Gegenstand chemischer Untersuchungen, doch erstreckten sich diese Arbeiten immer nur darauf, den Gehalt an ätherischem Gel, so wie die Extrakt- C. F. Schulze, Die Bestandtlieile der Cubebea etc. 389 ausbeute und die Gewinnung des Cubebins zu ermitteln. Später wurde auch die Zusammensetzung einiger dieser Kör- per bekannt ; so giebt H. L u d w i g in seinem Lehrbuch für Pharmacie Bd. 3 p. 391 für das Cubebenöl die Formel C^'^H^^ für den Cubebencampher die Formel C^°H^*'0^ und für das Cubebin die Formel C^^^H^oOis an. Später veröffentlichte Bernatzick im Wochenblatte der Gresellschaft der Aerzte in Wien 1863 p. 27 eine grössere Arbeit über die Cubeben, die sich etwas weiter als die früheren erstreckt und wo zum erstenmale eine Säure der Cubeben, „die Cubebensäure" zur Sprache gebracht wird. Als Auszug ging diese Arbeit in verschiedene andere Zeitschriften über (Chemisches Cen- tralblatt Nr. 12 vom 16. März 1864, Canstatts Jahresbericht über die Fortschritte der Pharmacie 1863 p. 18, und Büch- ners Eepertorium für Pharmacie, Will's Jahresbericht von 1864) und wurde zuletzt als Preisarbeit, gestellt von der Hagen - Buchholzstiftung von E. A. Schmidt, d. Z. stud. pharm, in Halle a/S. bearbeitet und 1869 im Archiv für Phar- macie Bd. CXLI, IL Beihe 1. Heft veröffentlicht. Zur selben Zeit wie Schmidt arbeitete auch ich über die gestellte Frage und da ich betreffs der Cubebensäure zu einem etwas ande- ren Besultate kam, halte ich es für geboten, es zu ver- öffentlichen. Bernatzick befreite das ätherische Extrakt der Cubeben zuerst durch wiederholte Destillation mit Wasser vollständig vom ätherischen Oele, löste den harzigen Bückstand in etwas Alkohol, erhitzte die Lösung mit Kalilauge, versetzte hierauf mit Wasser und fällte das Filtrat mit Chlorbaryum. Durch Auskochen des Niederschlags mit Wasser erhielt er Krystalle eines Barytsalzes (Aetzbaryt?). Durch Umkrystallisiren aus Wasser reinigte er dasselbe und zerlegte dann mit einer, ein lösliches Salz bildenden Säure, wo sich eine harzähnliche Masse abschied , die er Cubebensäure nannte , doch dafür eine chemische Formel schuldig blieb. Diese Arbeit diente mir als Leitfaden bei meiner Unter- suchung. Ich estrahirte zuerst 250 g. grob gepulverte Cube- ben im Aetherextractionsapparate mit xlether von 0^728 spec. .j90 C. f. Schulüe, Die Bestandtheile der Cubebeü etc. Gew. so lange, bis der Aether vollkommen farblos ablief. Von den vereinigten und filtrirten Tinkturen -wurde der Aether im Wasserbade vollständig abdestillirt. Der Rückstand wurde mit Natronlauge von 1,081 spec. Gew. = 8,48 7 % NaOgehalt im Wasserbade erhitzt und dann zum Erkalten bei Seite gesetzt. Nach dem vollständigen Erkalten hatte sich auf der Oberfläche eine Seifenscheibe abgeschieden, wäh- rend sich in der unterstehenden Flüssigkeit Krystalle gebildet hatten. Die Seifenscheibe wurde nochmals mit Natronlauge von demselben Procentgehalt erhitzt, wo sich nach dem Ei'- kalten abermals, wenn auch weniger, Krystalle absetzten. Die Krystalle wurden von den Flüssigkeiten getrennt, letztere vereinigt und bis zum dritten Theile des Volumens einge- dampft, wo sich abermals noch wenige Krystalle ausschieden; — der Rest der Flüssigkeiten wurde mit Chlorbaryum gefallt. Der reichlich entstandene Niederschlag erwies sich jedoch als kohlensaurer Baryt. — Die Seife wurde in Wasser gelöst, mit dem gleichen Vo- lumen höchst rectificirtem Weingeist versetzt und ruhig bei Seite gestellt, wo sich nach Verlauf einiger Tage die emul- sionsartige Flüssigkeit klärte und auf der Oberfläche eine Oelschicht abschied, hingegen am Boden sich Krystalle in geringer Menge abschieden. Ebenso war die Oelschicht sehr reichlich mit Krystallen durchsetzt, die sich als Cubebin characterisirten. Beim Verbrennen gaben dieselben keinen alka- lischen Rückstand , während bei den zuerst erhaltenen , über- haupt auch ganz anders gestalteten Krystallen , nach wieder- holtem TJmkrystallisiren aus Weingeist, der Verbrennungs- rückstand deutlich alkalisch reagirte. Die Seife wurde mit Salzsäure zersetzt und das sich abscheidende Weichharz als solches aufgehoben. Das Fil- trat wurde eingedampft und der Rückstand mit Spiritus aus- gezogen um etwaige vorhandene glycerinartige Körper aufzu- finden, die jedoch nicht zugegen waren. Nachdem auf diese Weise der Gang der Analyse festge- stellt war, wurden noch 750 g. Cubeben im grob gepulverten Zustande nach und nach mit 6 Liter Spiritus von C. F. Schulze, Die Bestandtheile der Cubeben eic. 391 0,83 spec. Gew. vollständig erschöpft und von den ver- einigten und filtrirten Tinkturen der Spiritus im Wasserbade abdestillirt. Der Eückstand wurde mit 2 Liter T^atronlauge, von demselben Gehalte wie früher, einige Stunden auf dem Wasserbade erwärmt und bei Seite gestellt, Nach dem Er- kalten hatten sich abermals die charakteristischen Krystalle unter dem Seifenkuchen abgeschieden. Der rückständige Seifenkuchen wurde mit 1 Liter Natronlauge nochmals auf dieselbe Weise behandelt und so weiter nach der oben ange- führten Weise verfahren. Die bei dem Verseifen erhaltenen Krystalle wurden wie- derholt aus höchst rectificirtem Weingeiste umkrystallisirt, wo sie als feine weisse Nadeln erhalten wurden. Wie schon angegeben, hinterliess dieses Salz beim Verbrennen einen alkalischen Rückstand, der mit Säuren aufbrauste. Es schmeckte sehr bitter und kratzte im Gaumen. Der Luft ausgesetzt, färbte es sich im feuchten Zustande rasch dunkel. Mit concentrirter Schwefelsäure Übergossen färbten sich die Krystalle schön carmoisinroth und verschwand die Färbung bei Zusatz von viel Wasser. Um die chemische Pormel für die Säure dieses Natron- salzes, welches ich cubebensaures Natron nenne, festzustellen, wurde das Salz mit verdünnter Schwefelsäure zerlegt, der abgeschiedene harzige Rückstand noch einigemale mit dersel- ben Säure behandelt, schliesslich in Weingeist gelöst, die Lösung mit Bleiessig versetzt und daraus das Blei durch Schwefelwasserstoff wieder entfernt. Die Flüssigkeit wurde vom Schwefelblei abfiltrirt, letzteres nochmals mit Weingeist ausgekocht und abermals filtrirt. Die vom Schwefelblei erhal- tenen Filtrate hinterliess nach vorsichtigem Verdampfen im Wasserbade die Cubebensäure als eine harzartige Masse, von ganz schwach- gelblicher Färbung, die zwischen den Fingern erweichte und aus keinem Lösungsmittel, weder aus Aether, noch aus Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Benzin oder Pe- troleumäther krystallinisch erhalten werden konnte, sondern stets als amorphe Masse, die sich an der Luft sehr rasch dunkel färbte, zurückblieb j selbst durch die stärkeren Ver- o'J2 C. F. Schulze, Die Be-itamUheile der Cubebeu etc. grösBerungeii des Mikroskops waren keine Kr^'stalle wahrzu- nehmen. Sie lallt die alkalischen Erden und die Metall oxy de, doch ist es mir nicht gelungen, diese Niederschläge umzu- krystallisiren. (Am besten eignet sich zu diesen Fällungen das Natronsalz in alkalischer Lösung.) Der Schmelzpunkt der Säure liegt bei 45^0. (bei 56 "C. nach Schmidt). Sie ist nicht snblimirbar, sondern zersetzt sich unter Schwärzung und verbrennt schliesslich mit stark russendcr Flamme. Mit concentrirter Schwefelsäure übergössen färbte sich dieselbe, wie schon erwähnt, schön carmoisinroth , die mit Wasser ver- dünnte Lösung entfärbte sich, ohne kohlige Flocken abzu- scheiden. Die rothe schwefelsaure Lösung wurde durch Kalihypermanganat vollkommen wieder entfärbt. Auf Zusatz von etwas Salpetersäure zur rothon schwefelsauren Lösung nahm dieselbe unter Gasentwickelung eine schmutzig - braune Farbe an. Beim Verbrennen mit Kupferoxyd *) im Sauerstoffstrome ergaben 0,321g. der so gereinigten Säure 0,791 g. CO^ = 0,216 g. C. und 0,196 g. HO = 0,022 g. H. berechnet gefunden 28 C = 67,7 7o = 67,3 %• 16H = 6,5 }) = 6,8 !) 80 = 25,8 7J = 25,9 >> 100,000 100,0 woraus die Formel HO,C28Hi507(2HO,C26Hi20i2 «ach Schmidt) abzuleiten wäre. Mangel an Material verhinderten weitere Controlanalysen. Natronsalz. I. 0,300 g. wurden bei 100" C. so lange getrocknet, bis kein Verlust mehr wahrgenommen werden konnte, und verloren 0,04 g. = 13,33"/o. II. 0,500g. verloren auf gleiche Weise 0,065g. = 13%; Mitteln 13,1670/0 Wasser. *) Die Säure wurde nicht auf Porzellanschiti'chen verbrannt, sondern mit frischgt'gliihtem Kupferoxyd, dem etwas gut ausgetrocknetes chlorsau- res Kali zugemischt war, gemischt und so iu die llöhre eingetragen. C. F, Schulze, Die Eestandtheile der Cubeben elu. 39o III. Zur Bestimmung- des Natron« wurde das Salz mit verdünnter Schwefelsäure zerlegt, geglüht und dann noch zweimal mit derselben Säure behandelt; 0,300 g. des Salzes gaben 0,069 g. NaO,S03 == 10,047o Natron. IV. Eine zweite Bestimmung wurde mit Salzsäure auf dieselbe Weise wie die erste ausgeführt und hierbei aus 0,500 g. Salz 0,090 NaCl erhal- ten, = 9,5»/u NaO. V. Die dritte Bestimmung wurde nochmals mit verdünnter Schwefel- säure ausgeführt und aus 0,500 g. Salz 9,6«/u NaO erhalten. Die Formel NaO, C^sHi^O' -f 4H0 verlangt 10,130 7o Natron. Der berechnete Krystallwassergehalt obiger Formel ist = 11,765%, während 13,167 7o Wasser gefunden wurden; jedenfalls war das Natronsalz noch etwas feucht. Indifferentes Harz. Der Eückstand der Seife wurde weiter, nachdem Oel und Cubebin getrennt waren, mit Salzsäure behandelt, wobei sich ein braunes Harz abschied. Alle Versuche, dasselbe krystallisirt zu erhalten, scheiterten. Es war von Pillenmas- senconsistenz, erweichte sehr leicht, war in Aether und Chlo- roform leicht, in Alkohol schwer löslich. Concentrirte Schwe- felsäure gab mit demselben eine schmutzig braune Mischung, die sich auf Zusatz von Salpetersäure zuerst schön purpurroth, dann violett und schliesslich braun färbte. Nach längerem Stehen an der Luft trat diese Eeaction nicht mehr ein, die Mischung wurde blos schmutzig roth , dann schmutzig violett und sah aus wie mit Alkalien versetzter Syr. Ehöados. Cubebin. Der von der Darstellung des cubebensauren Natron resti- rende Seifenkuchen wurde in wenig Wasser gelöst, mit der gleichen Menge Weingeist gemischt, erhitzt und zum Erkalten bei Seite gestellt. Nach dem Erkalten hatten sich das fette Oel sowie das Cubebin abgeschieden. Das abgeschiedene Cubebin wurde gesammelt und mit- heissem Weingeist um- o94 C. F. Schulze, Die Bestandtheile der Cubebeu etc. krystallisirt, wo es in schönen weissen seideglänzenden, lock- ren Nadeln ähnlich wie schwefelsaures Chinin auskrystallisirte. Die Kiystallc waren geschmacklos, unlöslich in Wasser, schwerer löslich in kaltem , leicht löslich in heissem Alkohol. Heisse Salzsäure löste etwas auf und trübte sich beim Er- kalten. In Kalilauge ist es unlöslich. Mit concentrirter Schwefelsäure färbt es sich schön purpurroth, wobei die Krystalle vernichtet und theilweise verkohlt wurden. Die schwefelsaure Mischung bräunte sich unter Gasentwickelung auf Zusatz von Salpetersäure; ein Zusatz von Kalihyperman- ganat zur schwefelsauren Mischung entfärbte dieselbe. Das Cubebin lässt sich nicht sublimiren, sondern verkohlt beim Erhitzen und verbrennt sehr leicht mit starker russender Flamme. Der Schmelzpunkt liegt bei 115^0. Obige Eigen- schaften stimmen mit dem von Cap itaine undSoubeiran entdeckten Cubebin überein. Um von der gleichmässigen Beschaffenheit der Natron- verbindung mich zu überzeugen, w^urden nochmals 2 Pfd. Cubeben mit Alkohol auf dieselbe Weise, wie früher angege- ben, extrahirt, von den vereinigten und filtrirten Tinkturen der Spiritus theilweise abdestillirt und einige Wochen bei Seite gestellt, w^o sich das Cubebin in weissen wolligen Na- deln abschied. Das vom Cubebin befreite Extract wurde völ- lig vom Weingeist befreit und wie früher mit Natronlauge behandelt, wo sich dann wiederum diese ganz charakteristi- schen, sehr bitter schmeckenden Krystalle bildeten. Da die Krystalle noch immer etwas nach Cubebenöl riechen und schmecken, ist zur Darstellung des cubebensauren Natrons resp. der Cubebensäure die vorherige Entfernung des Oeles zu empfehlen und würden sich die Rückstände von der Oel- destillation vortheilhaft verwenden lassen. J. Schtiauss, Photographiren a. trocknen CoUodiumplatten. 395 lieber das PliotogTai)liireii anf trocknen CoUodium- platten. Von Dr. J. Schnauss. I. Bald nachdem das Collodium als die vortrefflichste Un- terlage, gleichsam als das indifferente Medium des photogra- phischen Processes auf Glas mittelst Jodsilbers entdeckt worden war, stellte sich neben den Vortheilen dieses Ver- fahrens, wenn es sich um rasche, fast momentane Aufnahmen, daher namentlich von Portraits und Strassenscenen handelte, deren Umständlichkeit bei Aufnahmen ausser dem Hause, also auch in bedeutenderer Entfernung von dem Dunkelzim- raer, heraus. Das Dunkelzimmer bleibt unter allen Umständen unentbehrlich bei Bereitung und Entwicklung empfindlicher Negativ - Platten und Papiere; doch wenn es gelang, die Empfindlichkeit der CoUodiumplatten auf Stunden und Tage zu erhalten, so konnte man den bis jetzt stets unvermeidli- chen Transport einer Menge Gefasse, Utensilien und sogar Zelte vermeiden. Denn bisher musste das Augenmerk jedes Photographen bei Aufnahmen ausser dem Hause zunächst auf Einrichtung eines Dunkelzimmers gerichtet sein , und sollte auch nur das primitivste Winkelchen eines Hauses dazu die- nen, wenn es (im Winter) nur nicht zu kalt und staub- sowie geruchfrei war. Mindestens durften keine Schwefelwasser- stoff- oder Ammoniakgase in der Nähe sein. Doch nicht immer glückte es ihm, einen solchen Ort zu finden, bei Land- schaftsaufnahmen z. B. ist oft weit und breit keine mensch- liche Wohnung zu finden. Man nahm sodann seine Zuflucht zu Zelten , die oft nur so gross waren , dass der Oberkörper und die Arme des Operateurs genügenden E,aum zur Arbeit im Dunkeln, welches nur durch ein kleines orangegelbes Glas etwas erleuchtet wurde, besassen. Als Eaum zum Transport und zur Anwendung der ver- schiedenen Gefässe und Schalen diente zuweilen das Innere der etwas grossen Camera obscura selbst. . Doch gerade das Transportiren einer ziemlichen Anzahl zerbrechlicher Gefässe 396 J. Scliuauss, Photographiren ii. trockuen ColloJiumplalten. und Schalen mit so kostbarem, unter Umständen unersetzlichem Inhaltmachte derartige Aufnahmen oft zur Qual. Auch an manchen tragi- komischen Situationen fehlte es nicht. Zuweilen stellte sich ein plötzlicher Gewitterregen ein, während gerade der Photograph die Platte bereitete, die nun nolens volens verwendet werden miisste, denn die Empfindlichkeit derselben war ja nur auf Minuten berechnet. Schon eine grössere Wolke, die plötzlich die Sonne verdunkelte, konnte die schönste, sorgfal- tig berechnete Beleuchtung der Landschaft verdunkeln. Ganz anders, bei weitem vortheilhafter und bequemer gestaltete sich die Sache, wenn man zu Hause, vielleicht schon Abends vor- her, sich eine Anzahl Platten im Voraus präpariren und in wohlgetrocknetem Zustande mehrere Tage und selbst Wochen aufbewahren kann. Natürlich musste auch der durch die Ex- position in der Camera obscura empfangene Lichteindruck sich in unverminderter Stärke mindestens so lange erhalten, bis der Operateur wieder zu Hause angelangt ist und die Entwicklung der Platten im Dunkelzimmer vornehmen kann. — Eine Collodiumplatte mit den genannten Eigenschaften blieb eine Zeit lang das Ideal des praktischen Photographen, viele Versuche wurden ohne praktische Erfolge angestellt, bis es zuerst Taupenot gelang, durch Combination der Anwen- dung von Collodium und Albumin Trockenplatten zu bereiten, welche den gehegten Hoffnungen ziemlich nahe kamen, mit alleiniger Ausnahme der benöthigten Expositionsdauer. Die- selbe war und ist jetzt noch länger als die der feuchten Collodiumplatten , sie wechselt von Y2 — ^ Minuten. Für architectonische und Landschaftsphotographien ist eine längere Belichtung jedoch kein Fehler, oft sogar ein Vortheil, indem sich über das Gesichtsfeld bewegende Gegenstände, die bei secundenlanger Exposition die Aufnahme verunstalten könnten, bei Verlängerung derselben nicht mit abgebildet w^erden. Aehnliches findet statt bei Laubwerk, welches stetig von einem leichten Wind hin und her bewegt wird. Eine sccundenlange Exposition giebt den Baumschlag gänzlich verwischt, eine minutenlange dagegen nimmt jedes Blatt inner- halb des Raumes auf, in welchem es sich während dieser J. Schnauss, Photographiren a. trocknen Oollodiumplattcn. 397 Zeit hin und her bewegt hat. Der Gesammteffect ist folglicli ein viel besserer. — Neben einer grösseren Unempfindlichkeit haben sämmt- liche Methoden zur Bereitung trockner Platten auch noch den Fehler, meist sehr umständlich zu sein und zu ihrer erfolgreichen Ausübung eine noch weit grössere Sorgfalt und Accuratesse zu erfordern, als die der feuchten Platten. Dies ist denn auch die Ursache, wesshalb dieselben nur von weni- gen Photographen, meist von Amateur's, namentlich in Eng- land, seltner in Deutschland, ausgeübt werden. Wenn man jedoch genug Geduld und Ausdauer besitzt, gelangt man schliesslich zu höchst erstaunlichen Resultaten, welche die Schönheit einer Aufnahme auf nassen Platten mindestens erreichen. Daneben bieten die Trockenmethoden auch man- ches wissenschaftliche Interesse dar, wodurch die Besprechung derselben in dieser Zeitschrift wohl gerechtfertigt sein dürfte. Die sämmtlichen Collodium - Trockenverfahren haben das Princip zur Grundlage, die Jodbromsilber- Collodiumschicht vor dem hornartigen Austrocknen zu schützen, sie möglichst porös, zuweilen auch durch hygroscopische Substanzen in einer Art Hydratzustand zu erhalten. Die Qualität der zur Bereitung des Trockencollodiums dienenden Collodiumwolle ist hierbei ebenfalls von Einfluss, folglich auch deren Darstellung, bei welcher Temperatur, ob durch stärkere oder schwächere Säuren sie erzeugt wurde. Das Häutchen soll kaum zu bemerken sein, vielmehr eine poröse staubartige Schicht ent- stehen. Dies geschieht Alles in der Absicht, nicht allein die chemisch - physikalische Einwirkung des Lichtes zu erleichtern, sondern auch die Reactionen der nachfolgenden Entwick- lungsflüssigkeiten möglich zu machen, denn auch hier gilt der alte chemische Grundsatz: Corpora non agunt, nisi soluta. Wenigstens ist ein hornartiges Eintrocknen der empfindlichen Schicht auf der Glasplatte der Entwicklung des latenten Bil- des vollständig hinderlich, — Man verwendete zuerst natürlich verschiedene hygrosco- pische, gegen die photographischen Lösungen möglichst indiffe- rente Stoffe, wie Traubenzucker (Honig), Gummi, sogar salpe- 398 J. Schnauss, Photograpbiren a. trocknen CoUodinmplatten. tersaure Magnesia und Salpeters. Zinkoxyd, indem man die collodionirte, in's Silberbad getauchte, gut abgewaschene Platte mit der wässrigen Lösung der betr. Substanz überzog und sie nunmehr, auf das sorgfaltigste vor Licht und Staub geschützt, zum freiwilligen Trocknen hinstellte. Diese Substanzen entsprachen jedoch den gehegten Er- wartungen nur unvollkommen, theils waren sie zu klebrig und sammelten die Stäubchen der Atmosphäre zu sehr auf der Oberfläche der Platten, theils griffen sie in die chemischen Eeactionen ein und verschleierten nicht selten das Bild. — Wie schon erwähnt, fasste zuerst der Franzose Taupe- not den glücklichen Gedanken, das schon vor Entdeckung des Collodiums in der Photographie mit Erfolg, sogar bei trocknen Platten, angewandte jodirte Albumin als conservi- renden Ueberzug der empfindlich gemachten Collodiumplatten zu benutzen. In den ersten Anfängen der Photographie auf Glas , nachdem die T a 1 b o t ' sehen Papiernegativen bezüglich der Feinheit für architectonische Aufnahmen nicht mehr ge- nügten, hatte man Glasplatten mit Albuminlösung, welche Jodkalium enthielt, überzogen, in ein Bad von salpetersaurem Silberoxyd, das mit Essigsäure stark angesäuert war, getaucht, hierauf gut mit destillirtem Wasser abgewaschen und getrock- net. Die Exposition war zwar sehr lange, oft halbe Stun- den, aber die Resultate äusserst fein. Zu bemerken ist hier noch, dass die berühmten Glasstereoscopbilder (Positive) alle auf diese Weise auf Albumin, und zwar mittelst Copirens hinter den Negativen in einem besondern Rahmen, erzeugt werden. — Die Entwicklung der Albumin - Platten erfolgte stets noch durch eine concentrirte Auflösung von Gallussäure und währte oft mehrere Stunden. Taupenot's Albumin - Collo- diumverfahren ist im Wesentlichen Folgendes: Die wohlgereinigten Glasplatten werden mit Jodcollodium wie gewöhnlich übergössen. Selbstverständlich kann man hierzu, sowie zu allen Ti'ockenmethoden keineswegs ein Jodcollodium anwenden, welches gute Portrait - Negative liefert. Der Kürze wegen nennt man im Allgemeinen jedes fertig präparirte Ool- lodium: Jodcollodium, obwohl dasselbe weder Jod, noch J. Schnauss, Photographiren a. trocknen Collodiumplatteu. 399 Jodsalze für sich allein enthält , sondern jetzt fast immer mit mehr oder weniger Bromsalzen neben den Jodsalzen versetzt ist. Dieselben haben den vortheilhaftesten Einfluss sowohl auf die Haltbarkeit des Jodcollodiums , als auf seine Lichtempfindlichkeit, indem das beim Eintauchen in das nega- tive Silberbad sich in der Schicht neben Jodsilber bildende Bromsilber für viele Farben eine weit grössere Empfind- lichkeit besitzt, als ersteres, wodurch namentlich die Portraits viel modulirter, in Licht und Schatten ohne strenge Contraste erzeugt werden. — Ebensowenig wird freies Jod mit Willen zu dem präparirten Collodium gesetzt. Jedoch enthält ein älteres Jodcollodium in Eolge freiwilliger Zersetzung der Jodsalze mehr oder weniger freies Jod. Dieses übt auf die Empfindlichkeit der Schicht einen bedeutenden Einfluss aus. Es wird im Silberbad durch dasselbe ein Molecül Sal- petersäure frei 5 diese schwächt zwar etwas die Sensibilität der Platte, giebt aber viel reinere und kräftigere Bilder. Für Trockenplattenaufnahmen sind gerade solche besonders zu wünschen, während die Empfindlichkeit, wie wir gesehen ha- ben, in zweiter ßeihe steht. Aus dem Gesagten ergiebt sich daher, dass wir zu jedem Trockenverfahren, welchen Namen es auch führen mag, stets ein älteres, feines Jod enthaltendes Collodium vorziehen, oder doch ein frischeres mit etwas älte- rem versetzen müssen. Wie wir früher erwähnten, ist auch die Bereitungsart der CollodiumwoUe von Einfluss. Manche ziehen für Trocken- plattencollodium das Pyroxylin aus Papier bereitet vor; Dr. Liesegang in Elberfeld nennt es Papieroxyl und hat sich durch eine besonders vortheilhafte Darstellungsweise desselben Verdienste erworben. Eine Veröfi'entlichung der ersteren wäre indessen zu wünschen, und zwar eine ganz specielle und wahrhafte, denn es gelingt nur Wenigen, nach den bekannnt gewordenen Vorschriften ein lösliches Papieroxyl zu bereiten. Ferner ist für ein gutes Trockencollodium auch das Ver-> hältniss des Alkohols und Aethers zu berücksichtigen. Früher überwog letzterer bedeutend den Alkohol, neuerdings nimmt 400 J. Scbnauss, Photographircn j ni 10 55 g) JodkaHum I 1 55 }} II 2,5 >} j> III 10 55 h) Bleizucker, kryst. I 1 55 55 II 5 55 i) Eisenvitriol, kryst. I 2,5 55 55 II 5 55 k) Kupfervitriol, kryst. I 2,5 55 55 II 5 55 1) Essigsäure I 2,5 55 m) Oxalsäure I 5 55 n 2,5 1} 412 C. Erhart, Subcutane Injection bei Pflanzen Wenn man nun annehmen darf, dass nach dem oben angegebenen Verfahren etwa V20 = ^fi^ CC. der Lösungen eingespritzt werden, so wird durch jede Injection einer 1 procentigen Flüssigkeit = 0,0005 g. 2,5 „ „ = 0,00125 „ 5 „ „ = 0,00250 „ 10 „ „ = 0,00500 „ 20 „ „ = 0,01000 „ der eventuell mit Hydrat- und Krystallwasser zu berechnen- den festen Substanzen eingeführt. Einige Zeit nach der Impfung wurde nachzuweisen ver- sucht, ob von den betreffenden Flüssigkeiten etwas imbibirt und fortbewegt worden war: Man versuchte vorsichtig ge- wisse Theile der näheren Umgebung der Impfstelle, und ver- suchte die Reactionen der entsprechenden Substanzen hervor- zurufen, dies gilt natürlich nur von den feuerbeständigen Verbindungen und Stoffen. Lithium Hess sich in allen Fällen nachweisen, in Folge seines präcisen Spectrums und weil es von allen in Frage kommenden Gewächsen leicht und vollständig imbibirt zu werden schien. Man brauchte hierbei nur ein Blatt, oder Stengelstück mit einem Platindraht zu umwickeln und direkt in der Spectralflamme zu verbrennen. Demnächst gaben die scharfen Jodreactionen Nachweis über das Verhalten und den Verbleib des Jodkaliums, Auch Barytreactionen (mit Schwefelsäure und spectral- analytisch) gelangen noch hinreichend sicher. Kupfer und Blei Hessen sich gleichfalls wieder auffinden ; Eisen, Kalium, Natrium, Chlor, Phosphorsäure wurden dage- gen in einigen wenigen Fällen durch vergleichende Versuche, nach Stärke der qualitativen Reactionen als aufgenommen, oder nicht aufgenommen beurtheilt. Oxalsäure und Essigsäure waren selbst an der Impf- stelle schwer zu erkennen, in vielen Fällen aber documentirte sich die Aufnahme und Mitfortbewegung durch anormale Er- scheinungen an von der Impfstelle verhältnissmässig abliegen- den Theilen der injicirten Pflanze. C. Erhart, Subcutane Injection bei Pflanzen. 413 Die Eigenthümlichkeit des Chlorlitliiums Hess von vorn- lierein vermuthen, dass es gewissermassen als Anzeiger sowohl über die Richtung als auch über die Schnelligkeit der Saft- circulation dienen könne. Die Versuche gaben dieser Vor- aussetzung Wahrscheinlichkeit genug, wennschon in Folge des Mangels allgemeiner Grundlagen von genauen Bestim- mungen in dieser Hinsicht abgesehen wurde. Es wäre daher das Chlorlithium den Pflanzenphysiologen als ein werthvolles Hülfsmittel für Entscheidung jener und ähnlicher Eragen zu empfehlen, während bei lithiumhaltigen Pflanzen Rubidium u. ä. die gleichen Dienste leisten könnten, doch hat man sich vor- dem experimentell zu sichern, ob diese spectralanalytisch mit grosser Sicherheit aufzufindenden Substanzen nicht schon von den Pflanzen dem Boden entzogen wurden, in dem sie der absoluten Menge nach nur in Spuren, der Vertheilung nach aber fast überall vorzukommen scheinen. So wurde in unsern Versuchen die Lithiumlinie bei Behandlung von Ne- rium Oleander so weit von der Impfstelle und gleichzeitig so deutlich aufgefunden, dass es in hohem Grade unwahrschein- lich erschien, es könne bei der vorauszusetzenden Verdünnung des injicirten Chlorlithiums noch eine verhältnissmässig so starke und constante Eeaction auftreten. In der That erga- ben Versuche mit verschiedenen Theilen verschiedener Exem- plare von Nerium Oleander das Lithium spectrum so sicher, dass nur aus dem stärkeren Hervortreten der Linie in der Nähe der Impfstelle auf künstlich eingeführtes Lithium gedeu- tet werden konnte. Nach dieser Erfahrung wurden natürlich sämmtlich hier in Behandlung genommene Pflanzen auf Lithium geprüft. Die Versuchsperiode dauerte vom 29. Mai bis Mitte August 1872. Zunächst wurden mit der 1. procentigen Lö- sung von Chlorlithium in ganz gleicher Weise Blätter und Zweige von Ampelopsis hederacea, und Blätter von Agapan- thus vernus injicirt. Die unten folgende Tabelle über die verschiedenen Beobachtungen wird am deutlichsten und kür- zesten das Verhalten und die Fortbewegung des Chlorlithiums erkennen lassen. In den danebenstehenden schematischen 414 C. Erhart, Subcutane Injection bei Pflanzeu. Zeichnungen, wie in den Tabellen bedeuten: J die Impfstelle; a, b, c . . . die Probestellen oberhalb, a, ß, y . . . dieselben unterhalb der Impfstelle, Die Agapanthusblätter wurden etwa in der Mitte , 9 bis 12 Centim. über dem Boden, die Ampelopsisranken an geeig- neten Stellen möglichst in der Mitte, die einzelnen Elätter in den Battstielansätzen geimpft. Es wurde nicht unterlassen, einige andere entsprechende Pflanzentheile zu verwunden. Dies Verfahren wurde im allgemeinen auch bei den Ver- suchen mit den übrigen Pflanzen und Lösungen innegehalten. Fiff. I. I. Ampelopsis hederacea am Stamm. (LiCl lösungen zu 1. und 2,5 Proc.) Am 29. Mai zwischen 9 — 10 Uhr Morgens wui'de ein Blatt subcutan injicirt; zwischen 3 — 5 ühr Nachmittags wurden sodann spectralanalytische Pfüfungen auf Lithion vor- genommen. Die Impfstelle J (siehe Fig. I) gab starke Lithion- reaction, ebenso eine Probe bei a, schwächer bei b, gar nicht bei d ; nach unten traten die Beactionen stark ein bei a, etwas schwtä- cher bei ß, nicht bei y ein. An demselben Tage wurden noch eine ganze Reihe Blätter geimpft , jedoch in verschiedenen Perio- den auf Lithion ge- prüft. Blatt B wurde in den einzelnen kleinen Blatt von Ampelopsis hederacea. Blättern untersucht und gefunden : bei 1 am 30. Mai zwischen 7 — 9 Uhr Vor- C. Erhart, Subcutane Injection hei Pflanzen. 415 mittags bei b, c und d deutliche Eeaction ; 2 "desgl. am 30/5 zwischen 2 und 4 Uhr I^achmittags bei b, c, d und e deutliche Eeaction ; 3 am 31/5 zwischen 7 und 8 Uhr Vormittags deut- liche Reaction bei b und c, keine bei d ; am 1. Juni ergaben die Impfstelle und a noch deutlich Lithion und ein Blättchen bei d nicht mehr, ebenso war nach unten bei a und ß kein Lithion mehr zu finden. Ein drittes Blatt C erwies am 30. Mai, Vormittags zwi- schen 9 — 10 Uhr sehr deutliche Lithionreaction bei Impf- stelle und a, ferner bei b und c, und nach unten bei a, ß und y. Zweige Eig. IL Es Fig. II. wurden 4 Zweige A, B, C und J) , sämmtliche gleich- falls am 29. Mai Vormittags zwischen 9 — 10 Uhr ge- impft und lassen sich aus Fig. II sehr leicht die ge- prüften Stellen erkennen. ß ^^=^ "-^j A ergab an denselben Tage, 29/5 Nachmittags zwischen 3 — 5 Uhr deut- liche Lithionreactionen bei "^ J und a, etwas weniger ^ ,,^j a • i,j. t, • 1. T Ampelopsis hederacea ffegen ^L d. nat a und ß, mcht bei b und C. 5,. Blattstiele angedeutet. B ergab zur selben Zeit bei b geringe Reaction; am 30/5 früh zwischen 7 — 9 Uhr reagirten a schwach, ß nicht aut Lithion; desselben Tages E"achmittags zwischen 2 — 4 Uhr reagirten schwach a und b, nicht c und f; am 31/5 Vormit- tags zwischen 7 — 8 Uhr zeigte sich Lithion deutlich aber weniger stark bei J, a und b, bei y, nicht bei f und £. ^ C wurde sofort am 29/5 Nachmittags untersucht und erwies starke Reaction bei J und a, keine bei b und y. D wurde erst am 31/5 Vormittags zwischen 7 — 8 Uhr geprüft und ergab schwache Lithionreaction bei a, c und f 41G C. Erbart, Subcutane Injoction bei Pflanzen. l)ei u und ß. Am 1/6 wurden ferner deutliche aber schwache Reaction gefunden, bei J, b, d, f, a, ß, y, keine bei t. Bezeichnen wir mit + starke Reaction, mit x schwächere, mit - den Mangel derselben, so kann folgende Tabelle den Verlauf der Untersuchungen verdeutlichen. Zeit. ■^7s9 — lO^V. Blätter. A. i B. C. Zweige. A. 1 B. j C. D. „ 3-5'' N. XXX- J a b d + X-: - n ^ y\ + + -- J a b e X X « ß X b J a b r — 30/5 7—9 " V. — xxxx XXX J a b c b c d XXX a ß y — X - « ß — — „ 2-4'' N. — xxxxl _ b c d e — XX-- a b e f — — ^Vs 7-8'' V. — XX- b c d ~ — XXX- J a b f X - Y * — XXX a c f X X « ß Vg — XX- J a d 1 _ aß ' — — — xxxx J b d f XXX - K ß Y ^ II. Agapanthus vernus (Blätter): Lösung von LCl zu 1 u. 2,5 Proc. Geimpft wurden direct an der Pflanze Blatt A. B, C und D am 29. Mai 1873 zwischen 9—10 Uhr Vormittags. Fig. III verdeutlicht die Stellen. Fiff. in. Stück eines Blattes von Agapanthus in nahezu natürl. Grosse. Die bei b u. ß gezogen. Halbkreise deuten die zur Prüfung entnommen. Stücke an. C. Erliart, Subcutane Injection bei Pflanzen. 417 Blatt A reagirte an demselben Tage Nachmittags zwi- schen 3 — ^5 Uhr stark auf Lithion bei J und a, sowie «, weniger stark bei b, c und d, sowie bei ß und /. B. ergab am 30. Mai Vormittags zwischen 7 — 9 Uhr schwache Lithionreaction bei d und d, am selben Tage Nach- mittags zwischen 2 und 4 Uhr weniger starke E-eaction bei J, a und d, bei a und y. C. erwies am 30/5 Vormittags zwischen 7 — 9 Uhr starke Pteaction bei a und a, am 31/5, zu gleicher Zeit, weniger starke Reaction bei J, d und y. D. wurde erst am 1. Juni Vormittags geprüft und ergab schwächere Reaction bei J, keine bei a, b und d, sowie bei y und ß. 29/5 9 — 10^ V. A. B. C. D. 29/5 3 — 5" N, + + XXX J a b c d + X X a ß y — — — 30/g 7 — 9" V. — X d X + a — 31/5 2—4" N. — XXX J a d X X « y — — si/s 7 — 8'' V. — — X X J d X r — Ve — — — X J a b d y ß Die 5procentige Lösung rief anormale Erscheinungenn hervor. Schrumpfen und Verdorren der Impfstelle und sodann der Spitze, war also schon zu concentrirt, bei Ampelopsis war jedoch die Einwirkung derselben nicht so merklich. Zu bemerken bleibt der Unterschied, den Ampelopsis und Agapanthus zeigen, wenn man die am fünften Tage gleich- zeitig geprüften, der Längendistanz nach wenig verschiedenen Arch. d. Pharm, ITI. Reihe. II. Bds. 4. Heft. 27 418 C. Erhn,rt, Subcutaue Injection bei PÜanzeii. Partieen beider verg-leicht. Es wurde noch öfter wahrge- nommen, dass (auch an Iris germanica) Agapanthusbhätter in kürzerer Zeit das Chlorlithium, sei es ausgeschieden, sei es weiter fortbewegt und verdünnt haben als Ampelopsis und andere Dicotyledonen. Salix fragilis. Zweige von Salix fragilis, zum Theil auf dem Stamm belassen, zum Theil in Wasser vegetirend, Hessen sich leicht injiciren und zeigten für kurze Zeit (2 — 3) Tage auf ent- sprechende Entfernung deutliche Lithiumspectra. AristolochiaSipho. Von Aristolochia Sipho wurden 6 Blätter und 5 Zweige in der Weise geimpft, wie für die Blätter die beistehende Zeichnung (Fig. IV) in mehr schematischer , als naturgetreuer Art veranschaulichen mag. Schon nach 3 — 4 Stunden (es war ein feuchtwar- mer Junitag [der 12.] und die Aristo- lochia rankte im Schatten) zeigte sich Lithium , in a und b besonders lebhaft, in c und d des Blattes weniger. Nach 24 Stunden waren die Spectra an den- selben Stellen matter, obwohl grössere Mengen in die Flamme geführt wur- den, nach 3 Tagen war ein Spectrum kaum noch an der Impfstelle zu erken- nen. Aehnlich verhielt es sich mit Elatt V. Aristolochia Sipho mit LiCl injicirt, nach 3 bis 4 Stunden. den Zweigen. Vitis vinifera. Eine injicirte Jungrebe von Vitis vinifera zeigte nach etwa 18 Stunden die rothe Lithiumlinie besonders schön in den Endblättern und der Endwickelranke, in einer Entfernung von gegen 9 Centim. von der Impfstelle. C. Erhart, Subcutane Injection bei Pflanzen. 419 Sedum tectorum. Einige in feuchtem Sande vegetirende, gestengelte Eosetten von Sedum tectorum wurden an einem der peripheri- schen Blätter geimpft und nach einiger Zeit gaben die cen- tralen Blätter und die Stengel das Lithiumspectrum. Die Versuche mit den Lösungen von KCl-]S[aCl-NaO,H4NO,HO,P05 + 8H0,b-e der obigen Tabelle wurden an Agapanthus, Sedum, Vitis, Ampelopsis und Aristolochia vorgenommen, es stellte sich aber heraus, dass die hochprocentigen Lösungen zu stark waren, während bei schwächeren jeder Versuch, die gelösten Salze, an von der Impfstelle entfernten Punkten , qualitativ , als in Folge der Injection vorhanden, nachzuweisen, aussichtslos erschien. Wurden von den mit 10 % Lösungen injicirten Exemplaren mikroskopische Schnitte, in der Ebene der Impf- wundenaxe oder quer dagegen, entnommen, so zeigte .sich übrigens deutlich, zum Theil in krystallin. Ausscheidungen, dass in vielen Fällen auf merkliche Entfernung hin imbibirt sein musste, gleichzeitig aber auch, eine Missfärbung des Ge- webes, welche eine Erkrankung oder, wenn man so will, Vergiftung des letzteren verrieth. Einige Male wurde selbst an Blatt- und Zweigtheilen , besonders den Spitzen, die rela- tiv weit ab von der Impfstelle lagen, beobachtet, dass im Verlauf von 24 — 36 Stunden brandige Flecken entstanden-, zum völligen Absterben kam es indessen nie. Solche Krankheitserscheinungen traten bei Anwendung selbst sehr schwacher Eisen -, Kupfer -, Blei - und auch Chlor- baryumlösungen auf. Die Imbibitionsgrenze , und folgerichtig die Concentrationsgrenze der Lösung war hier viel enger gezogen. Agapanthus und Iris wurden gelb, starben ab an der Spitze. Unter den Dicotyledonen schienen Salix und Vitis am meisten afficirt zu werden. An den Impfstellen waren die injicirten Substanzen unschwer nachzuweisen, wur- den aber nie, darüber oder darunter, in einiger Entfernung gefunden. Hierbei ist vielleicht noch einmal hervorzuheben, 27* 420 0. Erhart, Subcutane Injection bei Pflanzen. dass die an andern Exemplaren unter gleichen Umständen gemachten einfachen Impfwunden nie die obigen abnormen Erscheinungen veranlassten. Diese erstem unterschieden sich zudem bemerkenswerth, durch die geringere Schnelligkeit ihres Eintretens, von denen, welche die Folge einer so bedeu- tenden Verwundung sind, dass die dahinter liegenden, abhängi- gen Theile gewissermassen in Eruährungsnoth gerathen. Essigsäure und Oxalsäure. Essigsäure und Oxalsäure wirkten energisch auf Aga- panthus und Nerium ein, die geimpften Stellen schwollen gewissermassen an, — wohl in Folge des grossen Imbibitions- (Fig. V.) Vermögens , das Säuren überhaupt gegen die Zellhäute besitzen — dann trat nach etwa 24 Stunden deutliche Misslarbung ein, die von Spitze und Impfstelle gleich- massig vorrückte, bis allmählig das ganze Blatt gelb wurde und schliesslich abstarb (bes. Agapanthus und Iris (siehe Fig. V.). Viele Blätter von letzterem widerstanden zwar dem Eingriff, waren aber bis zum Ende der Gesammtvegetation an der trocke- nen Spitze und Impfstelle mit gelblicher Umrandung leicht zu erkennen , während die einfachen Impfwunden eine schmale, oft kaum wiederzufindende Narbe hinter- liessen. Höchst überraschend war es nun, dass Ampelopsis und Vitis dui'ch Injection von Essig- und Oxalsäure in keiner Weise, kaum bei Anwendung hochprocentiger Lö- Elatt von Iris germa- y^ngeJ^ alterirt schienen.*) Ob diese nica mit Oxalsäure inji- . p. , . c- • i • • cirt, nach 24 Stunden, künsthch emgefuhrten Sauren in denjeni- *) Annal. d. Chem. u. Pharm. 161. 225, v. Gorup -Besauez fand in dem Saite von .Ampelopsis ntbtu sauern Tartraten, auch Brenzcatechiu und glycolsauren Kalk. C. Erhart, Subcutane Injection bei Pflanzen. 421 gen Pflanzen, die nachweislich schon i-elativ viel freie Säure oder wenigstens sogen, saure Salze enthalten, für letztere gewissermassen vicariren können, ob ihr Diffusionsverhältniss der Saftlösung und den imbibirenden Membranen adäquater ist, ob endlich auch anzunehmen sei, dass sie, besonders die Oxal- säure, vergleichsweise leicht und schnell dui'ch die in der Zelle statthabenden chemischen und physikalischen Eingriffe — den vitalen Process — gespalten und zur weiteren Syn- these der Pflanzenbaustoffe verwandt werden können: dies sind Fragen, die sich gegenüber einer so merkwürdigen Ab- weichung verschiedener Pflanzen im Verhalten gegen dieselbe Injectionsflüssigkeit unwillkürlich aufdrängen, deren Erledi- gung aber noch umfassendere Vorkenntnisse und Experimente, als wir augenblicks besitzen und ausführen können, voraus- setzt. Dass jene Säuren wirklich und ohne Schaden von Ampelopsis und Vitis aufgenommen wurden, unter denselben Umständen, unter welchen sie Chlorlithium imbibirten und unter welchen Agapanthus und I^erium die vorhin erwähnten Erkrankungssymptome zeigten, leidet nach Umfang der ange- stellten Versuche kaum einen Zweifel. Auch gelang es nicht — und es war in diesen Fällen die Schwierigkeit des Nach- weises durch die stark sauren Pflanzensäfte wesentlich ver- mehrt — die injicirten Säuren nach Verlauf von 18 bis 24 Stunden an der Impfstelle nachzuweisen. Jodkalium. Von hohem Interesse waren ferner die Injectionsversuche mit der 1 und 2,5 procentigen Jodkaliumlösung, die 10 pro- centige war in allen Fällen (ausgen. Sedum) von zu energi- scher momentaner Wirksamkeit, als dass das Salz in dieser Concentration weit hätte fortbewegt werden können. Viel- mehr stellten sich nach Injection dieser starken Lösung ähn- liche Symptome an der Impfstelle ein, wie sie bei Anwendung von hochprocentigen Lösungen von Ghlorkalium u. s. w. ein- traten, unterschieden jedoch dadurch von jenen , dass in der tiefdunkelbraun bis schwarz gewordenen Impfregion freies 422 C Eihart, Subcutane Injection bei Pflanzen. Jod in einigen Fällen gefunden wurde. Wie dort, wurde auch hier öfter ein Erkranken entfernt gelegener Theile wahr- genommen, ohne dass indess in diesen Jod aufzufinden war: so dass sich die anomalen Erscheinungen (Absterben der Blattspitzen) wohl durch das Ernährungshemmniss erklären lassen, was nothwcndig mit der Beschränkung des activen Zellen- und Gefässcomplexes zusammenhängt, welche durch das Imbibitionsgebiet der injicirten Lösung bedingt wird. Die Injectionen der dünneren Jodkaliumlösungen riefen auch an von den Impfstellen entfernteren Punkten abnorme Veränderungen hervor und in den bezüglichen Pflanzentheil en Hess sich in der Regel das Jod schon nachweisen, wenn man ihre Asche in ein Kölbchen gab, einige Tropfen rauchender Salpetersäure zufügte, und sodann das Kölbchen mit einem Korke schloss, an dessen unterem Ende ein Streifen Stärke- papiers befestigt war. Letzteres bläute sich in der Regel sogleich, oder nach einiger Zeit. Versagte dies Verfahren gänzlich, so gelang es noch oft, die Jodamylumreaction *) hervor- zubringen, wenn man die Asche mit wenig heissem "Wasser digerirte , die Lösung mit möglichster Zurücklassung von Aschetheilchen in ein anderes Schälchen brachte, einen Tropfen einer schwachen Kaliumbichromatlösung , 1 Tropfen Salz - oder Schwefelsäure und endlich einen Tropfen dünnen Amylum- breies hinzufügte: in dieser Reihenfolge ist eine an sich kaum mögliche Verwechselung mit der Färbung des Chrom- oxydes ganz vermieden. (Fig. VI.) Bei Nerium Olean- der (siehe Eig. VI) zeigte sich die stö- rende Wirkung des Jodkaliums besonders deutlich, insofern als die Blattspitzen der, der Impfstelle zu- nächst liegenden Blät- Die dunkel schraffirten Stellen zeigen die erkrank- in 'U tenPartienan,au.b;crepräsentirteingesundJ31att. ter SCliWOilen , SICH *) Fresenius Zeitschrift f. analyt, Chemie. Jahrgang 6. 116. C. Erhartj Subcutane Injection bei Pflanzen, 423 bräunten und yerdorrten. Ein völliges Absterben wurde we- der an Theilen auf der Mutterpflanze , noch aucli an den davon getrennten in Wasser vegetirenden Zweigen wahrgenommen. Vielmehr trieben die letzteren Wurzeln, und haben sich nach ihrer Verpflanzung in Töpfe bis heute völlig normal ent- wickelt. Sedum tectorum war gegen die Injection ziemlich passiv und gab erst deutliche Txeactionen auf Jod, wenn man eine Rosette längere Zeit mit ihrem Stengel in verdünnte Jodka- liumlösung eintauchen liess. Unter gleichen Umständen star- ben ]S[erium, Salix, Ampelopsis ab, besonders schnell aber •Zweige einer weissblühenden Heckenrose. Bald zeigten sich an den verschiedensten Stellen braune Flecken, besonders an den Blättern und es liess sich schliesslich das Jod in allen Theilen nachweisen. Sedumrosetten erholten sich wieder, wenn sie in feuchten Sand oder reines Wasser gestellt wurden. Jodkalium schien nur langsam transportirt zu werden in Vergleich mit Chlorlithium: dieses war nach 4 — 5 Tagen kaum noch aufzufinden, jenes wurde in einem Falle noch am 10. Tage nach der Injection erkannt, während die spectralanalyt. Beaction des Lithiums an Feinheit die genaueste auf Jod bei weitem übertrifi't. Diese ersten Versuche, welche natürlich des strengen Planes im Vorgehen nach bestimmter Eichtung ermangeln mussten, haben wenigstens dargethan die Möglichkeit: dass auf dem Wege subcutaner Injection fremde Stoff'e dem Pflan- zensafte beizumisciien sind; ferner, dass dieselben häufig nicht ohne eigenthümlichen Einfluss — difi"erirend nach der mate- riellen und quantitativen Verschiedenheit der Lösungen — auf die behandelten Pflanzen sind; und endlich, dass gewisse endosmotische Beziehungen der Injecta zum bewegten Safte und der Zellmembran einer Pflanze, die Schnelligkeit der Fortbewegung der fremdartigen Substanzen, und was daraus sich zu erklären scheint: Schädlichkeit oder Unschädlichkeit derselben, zu bestimmen scheinen. Weitere und ausgedehn- 424 C. Philipps, Anschwellungen d. Rosakastaiiie. iere Untersuchungen nach diesem Verfahren werden vielleicht zur Lösung manchen alten Räthsel's bezüglich der Vor- gänge im Pflanzenleibe beitragen und manches neue Eäthsel bringen. lieber die bei der Kosskastanie (Aesculus Hii>i)0- castanum L.) auftretenden Ast- Anschwellungen. Von Dr. Const. Philipps, Apotheker in Eupen. Unter den Rosskastanienbäuraen der von Bonn nach Poppeisdorf führenden Allee befindet sich einer, welcher durch seine eigenthümlichen Ast- Anschwellungen ausgezeichnet ist. Es ist mir bis jetzt noch kein Exemplar zu Gesicht gekom- men, welches mit solchen Anschwellungen behaftet gewesen w^äre, und ich habe mich vergebens bemüht in der Gegend von Bonn, so wie auf meinen Excursionen in Deutschland und der Schweiz ein solches ausfindig zu machen. Soviel mir bekannt, ist auch bis jetzt über ein ähnliches Vorkommniss noch nichts in der Literatur vorhanden ; Schacht macht zwar über die Roth- und Weiss -Fäule bei der Ross- kastanie einige Mittheilungen in seinem Aufsatz : „ Ueber die Pflanzenzelle,'' indessen hat dies mit den Ast -Anschwellungen, wenn gleich auch an ihnen Fäulniss - Erscheinungen vorkom- men, nichts gemein. Die ersten Anhaltspunkte bot mir die von de Bary in der botanischen Zeitung gemachte Mittheilung über den Rin- denkrebs der Weisstanne (Abies pectinata). *) Derselbe stellt diese Krankheit als das Resultat der Wirksamkeit eines endophyten parasitischen Pilzes hin und mir kam der Ge- danke, dass es mit der Anschwellung bei der Rosskastanie eine ähnliche Bewandtniss habe. Diese Ansicht hat denn auch ihre Bestätigung gefunden. *) Pringshcini, Jahrbücher, III, pag. 442 s. q. C. Philipps, Anschwellungen d Rosskastanie. 425 Geht man von dem Schlosse Poppeisdorf in der zur rechten gelegenen Allee nach der Stadt hin, so ist unser Baum zur linken Hand der dritte in der Allee, Es findet sich daselbst keine andere Bodenbeschaffenheit, wie bei sämmt- lichen übrigen Bäumen, auch lässt sich annehmen, dass das Exemplar mit den andern ein und derselben Baumschule ent- nommen ist , da die Bäume der ganzen Allee ziemlich von gleichem Alter zu sein scheinen; dennoch finden wir die selbst in unmittelbarer Kähe stehenden Bäume von solchen Ast- Anschwellungen vollkommen frei. Die totale Höhe des Baumes kann auf 14 — 15 Meter geschätzt werden. Die Höhe des Hauptstammes, dessen Um- fang 3,5 Meter beträgt, ist 2 Meter. Die Grössen - Verhältnisse stimmen mit den andern dort angepflanzten Bäumen vollkommen überein, die Entwicklung der Aeste hingegen ist hinter der der übrigen Bäume zurück- geblieben; indess lässt sich bei vollständiger Belaubung kein Unterschied wahrnehmen und sind alsdann die in Bede stehenden Anschwellungen dem Beobachter fast völlig entzo- gen. Der Baum scheint im Allgemeinen durch die Xrankheit nicht zu leiden, da derselbe ebenso stark belaubt ist als die übrigen Bäume der Allee und schön ausgebildete Blüthen und reife Erücbte trägt. Ich habe Gelegenheit gehabt diesen Baum mit kleinen Unterbrechungen ein ganzes Jahr hindurch zu beobachten und während dieser Zeit nichts Aussergewöhnliches wahrnehmen können. Am Hauptstamme finden sich die Anschwellungen nicht, dagegen kommen sie an Aesten jeglicher Ordnung vor. Sie erscheinen in elliptischen, die Aeste regelmässig umgebenden Wülsten, seltner sind diese mehr kugelförmig gestaltet; als seitliche Protuberanzen, was ein nicht grade seltenes Yor- kommniss bei der Bosskastanie ist, finden wir sie an diesem Baume nie. Der Umfang solcher Anschwellungen ist sehr verschieden, steht jedoch keineswegs in irgend einem Ver- hältniss zu den Dimensionen der Aeste selbst. Man bemerkt vielmehr ganz junge Aeste mit verhältnissmässig starker, und 426 ('.Philipps, Anschwellungen d, Rosskasianie. alte Aesle mit schwächerer Anschwellung und umgekehrt. An einigen derselben trifft man ganz gesunde Achsenorgane, Avelche kräftige, nichts Krankhaftes verrathende Knospen trei- ben, und die sogar bisweilen Blüthen und Früchte zur Ent- wicklung bringen. Die Rinde der Jüngern Ast - Anschwellungen bietet im Allgemeinen keine Abnormitäten dar, nur in einzelnen Fällen nimmt man Risse wahr,, die bei altern Exemplai'en allerdings f;ehr häufig vorhanden sind. Meistens sind die Risse mehr oder weniger durch eine Ueberwallung der Rinde geschlossen, jedoch kommt es auch vor, dass dieselben weit aufklaffen. Der Querschnitt durch den breitesten Theil einer Ast- Anschwellung ohne Rindcnriss genommen , zeigt das Mark in fast normaler Breite , dagegen ist Holz und Rinde bedeutend stärker entwickelt. Die Farbe des Markes ist dunkelbraun, ähnliche Fär- bungen zeigt das Holz in der Nähe des Markes. Gegen die Rinde hin wird dasselbe nun allmählig schmutzig grün und geht alsdann scharf abgegränzt wieder in noi'mal gefärbtes Holz über. Es ist umgeben von einer stark entwickelten Rinde, welche auf dem frischen Schnitte von der Rinde ge- sunder Stammstücke nicht verschieden ist, sie färbt sich aber im Vergleich zu dieser viel rascher braun, was, wie wir später sehen werden, von einem grössern Gehalt an Gerb- stoff herrührt. Viele Markstrahlen kennzeichnen sich durch ihre tief braune Farbe, ungewöhnliche Breite oder gar durch Risse. Die Jahresringe sind in dem schmutzig grün geförbten Theil des Holzes durch die dunklere Färbung des Herrbst- holzes leichter kenntlich, während sie in den gesunden Schich- ten weniger deutlich hervortreten. Der Längsschnitt durch eine derartige Anschwellung weist im Allgemeinen keine besondern Eigenthümlichkeiten, welche nicht schon auf dem Querschnitt zu sehen wären, auf. Das Mark zeigt sich in der Mitte der Verdickung auf dem Längsschnitte schwarz und bröcklich , oben und unten aber, nach den noch anhängenden gesunden Stammtheilen hin wird C.Philipps, Anschwellungen d. Rosskastauie. -127 es immer heller und erhält in den gesunden Theilen seine normale Farbe wieder. Aehnlich wie das Mark geht auch das dunkler gefärbte Holz in normal geförbtes über-, ebenso erlangt die Rinde dort ihre gewöhnliche Breite wieder. Verschieden von den besprochenen sind die Längs - und Quer- Ansichten solcher Anschwellungen, welche einen seitli- chen Rindenriss zeigen. Eei diesen sieht man, von dem Risse ausgehend, das zunächst liegende Holz in Humification begriffen. Manchmal breitet sich die Päiüniss bis über das Mark und das auf der andern Seite befindliche Holz aus. Um ein klares Bild von dem groben anatomischen Bau einer solchen Anschwellung zu gewinnen, wurden genaue Messungen der einzelnen Schichten auf dem Quer- und Längsschnitte durch den breitesten Theil derselben an vier äusserst typischen Stücken angestellt. Von diesen Anschwel- lungen hatten zwei einen seitlichen Rindenriss, die andern beiden waren unverletzt. Zum Zwecke eines Vergleichs mit den oben und unten befindlichen gesunden Asttheilen, wurden auch diese gemessen und ist das Ergebniss einer jedesmaligen Messung der Anschwellung vorausgeschickt. Bemerken möchte ich, dass zur Bestimmung der Jalu-es- ringe in den altern Stücken, der möglichst glatte Querschnitt derselben kurze Zeit in conc. Schwefelsäure getaucht, darauf mit Wasser abgewaschen und die obere verkohlte Schicht mit dem Messer weggeschnitten wurde. Durch dieses Ver- fahren zeigten die einzelnen Jahresringe das Herbstholz viel deutlicher und mit einer guten Loupe konnten dieselben genau gezählt werden, was bei gewöhnlichen Querschnitten nicht der Fall war. I. Querschnitt eines Astes (38 jährig) ohne seitlichen Rin- denriss. a) Messung des gesunden Theiles: Umfang = 12,5 Centim. Durchmesser =4 „ Durchmesser des Markes = 0,3 „ Dicke des Holzringes = 1,4 „ Dicke der Rinde = 0,4 428 C. Philipps, Anschwellunf^rti d. Rosskastanie. b) Messung des kranken Tlieiles: Umfang- = 30,8 Centim. Durchmesser = 9,8 Durchmesser des Markes = 0,3 Dicke des gefärbten Holzringes = 4,3 Dicke des normalen Holzringes = 0,9 Dicke der Rinde = 1,1 Länge der Anschwellung =51 Centim. IL Querschnitt eines Astes (9 jährig) mit Eindenriss. a) Messung des gesunden Theiles: Umfang = 6 Centim. Durchmesser =1,8 „ Durchmesser des Markes = 0,25 „ Dicke des Holzringes =0,9 „ Dicke der Rinde = 0,2 „ b) Messung des kranken Theiles: Umfang Durchmesser Durchmesser des Markes Dicke des gefärbten Holzringes Dicke des normalen Holzringes Dicke der Rinde Länge der Anschwellung =28 Centim. Länge des Rindenrisses =4 „ Breite des Rindenrisses =1,3 „ IIL Längsschnitt eines Astes (18 jährig) ohne seitlichen Rindenriss. a) Messung des gesunden Theiles: Umfang == 5,3 Centim. Durchmesser = 1,4 „ Durchmesser des Markes = 0,4 „ Dicke der Holzschicht = 0,4 „ Dicke der Rinde — 0,1 „ = 16,7 Centim = 4,4 „ = 0,3 ,.' = 1,4 „ = 0,5 » = 0,5 „ ly. C. Philipps, Anschwellungen d. Hosskastanie. 429 b) Messung- des kranken Tlieiles: Umfang =22 Centim. Durchmesser =5 „ Durchmesser des Markes = 0,45 „ Dicke der gefärbten Holzschicht = 1,9 „ Dicke der normalen Holzschicht = 0,5 „ Dicke der Einde = 0,4 „ Länge der Anschwellung =31 Centim, Längsschnitt eines Astes (21 jährig) mit seitlichem Rindenriss. a) Messung des gesunden Theiles : Umfang = 11,8 Centim. Durchmesser = 2,7 „ Durchmesser des Markes = 0,5 „ Dicke der Holzschicht = 0,9 „ Dicke der Einde = 0,2 „ b) Messung des kranken Theiles : Umfang = 30 Centim. Durchmesser == 7,8 „ Mark wegen der Fäulniss nicht messbar, unterhalb derselben beträgt der Durchmesser = 0,5 „ Dicke der gefärbten Holzschicht = 4,7 „ Dicke der normalen Holzschicht = 0,7 „ Dicke der Einde =■ 0,6 „ Länge der Anschwellung =29 Centim. Länge des Eindenrisses ==17 „ Breite des Eindenrisses = 2 — 2,5 Centim. Indem wir zur eigentlichen mikroskopischen Untersu- chung übergehen, sollen über das dabei eingeschlagene Ver- fahren einige kurze Bemerkungen vorausgeschickt werden. 430 C. Philipps, Anschwellungeu d. Rosskastanie. Zuerst wurde der breiteste Theil der Ast - Anschwellung in allen seinen Schichten, von dem Marke ausgehend, unter- sucht; darauf in der Längsachse nach oben und unten die Untersuchung fortgesetzt und endlich Rindenriss, Knosjien, Blüthen und Flüchte speciell betrachtet. Das Mark. Das Mark besteht in dem am stärksten verdickten Theil der Ast - Anschwellung aus einem tief braun gefärbten Ge- webe, welches locker in der Höhlung des Holzes liegt. Auf dem Querschnitt sind die Zellen in der Mitte durchschnitt- lich 30,7"" gross, die des Umfanges hingegen nur 26,5"""*) Verglichen mit dem Marke eines oberhalb der Anschwellung befindlichen gesunden Asttheiles , bemerkt man , dass diese Markparenchymzellen bei Weitem grösser sind ; z. B. haben die Zellen in der Mitte des Markes auf dem Querschnitt 40,9"", die des Umfanges 26,9"" Grösse. Die Zellhaut derselben ist schwach gefärbt und giebt mit Chlorzinkjod keine blaue, sondern vielmehr eine röthliche Farbe. Der In- halt der einzelnen Zellen ist eine feinkörnige Masse, die von ammoniakalischer Carminlösung nicht tingirt wird , dagegen Anilintinctur begierig aufsaugt. Mit Carminlösung ward in der Weise operirt, dass die Objecto circa 24 Stunden in die- selbe hineingelegt und dann auf das Objectglas in ein wässe- riges Glycerin gebracht wurden. Mit Anilintinctur ergab es sich am zweckmässigsten, die Objecte nur auf dem Objectglase zu tingiren und kurze Zeit nachher mit einer ISiIischung aus gleichen Volumina Glycerin, Alkohol und Wasser auszuwaschen. Welche Wirkung diese und noch andere, bis jetzt nicht allgemein angenommene Ecagentien (von denen später die Rede sein wird) ausüben, darüber giebt die von Hanstein gemachte Mittheilung in den Sitzungsberichten der niederrheinischen Gesellschaft des *) Diese, wie auch die spätem Messungen sind durch die mittlere Zahl angegeben, welche aus zQ* 29 452 C. Philipps , Anschwellungen d. Rosskastanie. Tab. XI und XII a. C. Philipps, Anschwellungen d. Rosskastanie. 453 Tab. XI und XII b. 454 C. Philipps , Anschwellungen d, Rosskastanie. Tab. XI und XII c. SäS^^ t .jr Diese drei Tafelnjerauschaulichen die in einer s. g. Feuchtkammer getriebenen M ycelfäden. ' Man sielit daraus deutlich, wie sie über die Grenzen der ursprünglichen Zellen sich weit hinaus erstrecken ; ebenso keimende Spor en. 455 B. Monatsbericht. I. _AJ.lgemeiiie und ange^vandte Olieinie. Eigenschaften der Sonnenstrahlen. G. Eobinson machte die Beobachtung, dass Sonnen- strahlen, durch eine Linse concentrirt und auf die unter Was- ser befindliche Hand geleitet, auf derselben sofort einen brennenden Schmerz mit Blasenbildung verursachten, während die Temperatur des Wassers nur langsam und in unbedeu- tendem Grade sich erhöhte. Kleine Wasserthiere konnten auf diese Weise so fort getödtet werden, todte animalische Sub- stanzen erlitten keine Veränderung. Bobinson hat später durch Experimente zu beweisen gesucht, dass diese physiolo- gische Wirkung etwas Besonderes sei und weder von den Licht- noch Wärme - Strahlen der Sonne abhänge. Da die Fingerendnerven empfindlicher sind als irgend ein Thermome- ter, so fasste er die zu prüfende Substanz lose zwischen Zeigefinger und Daumen und Hess nun mittelst einer Linse die concentrirten Strahlen so darauf fallen, dass der Focus derselben hinter die Substanz zu liegen kam. Dabei tauchte er die Hand entweder unter Wasser oder hielt sie in der Luft. Unter diesen Umständen wurde immer ein Schmerz im Finger empfunden, wenn die Sonnenstrahlen auf folgende Sub- stanzen wirkten, und zwar unter Wasser, wie in der Luft: 2 Lagen blaues Glas, schwarzes Leder, grüne Blätter, dicke weisse Kartenpappe mit blauem oder rothem Papier überzo- gen, sechs Lagen dunkelrothes Papier, Thonwaare, Oeltuch und gewöhnlicher ^/^ Zoll dicker brauner Leim. Es ist nach den herrschenden Ansichten nicht leicht erklärlich , wie die 45ü Sauerstotfbeleuchtuüg. Sonnenstrahlen durch eine undurchsichtige , nicht wärmelei- tende Substanz, wie Oeltuch , dringen können, nicht minder aber, dass bei Anwendung eines Alaunkrystalls, welcher nach Mellon i völlig atherman sein soll, so wie einer auf der Rückseite amalgamirten und obendrein mit rother Farbe überzogenen Spiegelplatte, die für Licht- und Wärme- Strah- len gleich undurchdringlich sein müsste, in dem Finger den- noch ein Schmerz empfunden wird. Möglich, dass die Con- centration oder Convergenz der Sonnenstrahlen dieselben intensiver macht, doch ist E,. geneigt, die physiologische Wirkung nicht der gewöhnlichen Wärme der Sonnenstrahlen zuzuschreiben. Er stützt sich auf Versuche mit Eiweiss , das bekanntlich bei löO** Fht. coagulirt. Auf einer Glas- oder PorzcUanplatte blieb eine Schicht Eiweiss durch die concen- trirten Strahlen ganz unverändert, auf einer dunklen Fläche, z. B. auf dunkelrothem Papier coagulirte es sofort. Wenn nun der Finger mit solchem Papier umwickelt, darauf eine Schicht Eiweiss und hierüber wieder eine Schicht Papier ge- bracht und das Sonnenlicht durch alle drei Schichten geleitet wurde, so zeigte sich sofort der Schmerz im Finger, aber das Eiweiss zwischen den Papierschichten blieb uncoagulirt. Der Verfasser bringt obige Thatsachen mit dem sogenannten Sonnenstich in Connex. {The Pharm. Journ. and Transact. Nr. CXXVII—CXXXL Third. Ser. Dcbr. 1872. p. 463.). Wp. Sauerstoffbeleuchtung der Comi)agnie Tessi^ duMo- tay in Paris 1873. Bekanntlich brachten Pariser Zeitschriften bereits im Jahre 1869 die Nachricht, es sei einem gewissen Tessie du Motay gelungen, durch eine Mischung des Leuchtgases mit Sauerstoffgas ein weit helleres Licht für dasselbe zu erzielen, ohne den Consumenten irgend erhebliche Mehrkosten zu verursachen. Zur Prüfung der ganzen Methode hatte die Stadt Paris eine technische Comraission unter Vorsitz des städtischen Gasinspectors Felix le Blanc beordnet. Der jetzt erschienene Bericht derselben enthält im Wesentlichen Folgendes: Die Compagnie begründet hauptsächlich ihre Cal- culationen auf die Erfindung einer einfachen Methode , den Sauerstoff zu erzeugen. Dieselbe besteht in der Anwendung Chemische Wirkungen des Lichtes, 457 von Manganat und Soda, welche mittelst eines überhitzten Dampfstromes zersetzt werden. Beim Rothglühen entweicht alsdann der Sauerstoff. Man kann nachher das Manganat wieder regeneriren, wenn man einen warmen Strahl gepresster Luft darüber hinwegstreichen lässt. — Es ist hierbei aber durchaus nicht zu übersehen, dass bei der Verwendung des reinen Sauerstoffgases das gewöhn- liche Leuchtgas noch eine Bereicherung an schweren Kohlen- wasserstoffen erhalten muss, wodurch erhebliche Mehrkosten erwachsen würden. Zur Feststellung des directen Lichteffec- tes einer Mischung von Sauerstoffgas mit Leuchtgas wurden zahlreiche Versuche gemacht, aus denen hervorging, dass, wie schon erwähnt, gewöhnliches Leuchtgas für dieses Ver- fahren unbrauchbar sei, dass vorher eine Carbonisirung des- selben stattfinden müsse, wodurch allerdings ein ausgezeichne- tes Licht erzielt würde, welches jedoch bei weitem theurer als das gewöhnliche Gaslicht zu stehen kommen würde. Ausserdem ist noch die Möglichkeit zu bezweifeln, eine Car- bonisirung des Leuchtgases in dem hierzu nöthigen Grade für *den umfangreichern Gebrauch vorzunehmen. — Es geht also aus dem Gutachten der Commission ziemlich deutlich hervor, dass die Methode Tessies du Motay's keiner praktischen Verwendung fähig ist. (Journal für Gasbeleuchtung u. Was- serversorgung. N. H. Schilling. Jahrg. 15. p. 575 u. 615). K. Chemische Wirkungen des Lichtes. Es ist bekannt, dass bei einem durch ein Prisma zerleg- ten Spectrum die Wärme sehr ungleich vertheilt ist, sie ist sehr stark auf der rothen, schwach auf der violetten Seite. Das Maximum der Wärme liegt verschieden, je nach dem Stoffe des Prisma's bei einem Flintglasprisma jenseits des Roth, bei einem Wasserprisma im Gelb. D r a p e r hat nun experimentell nachgewiesen , dass die ungleiche Wärmevertheilung im Spectrum durch den Stoff des Prisma's veranlasst wird, und dass in einem ohne Prisma, durch ein Beugungsgitter, erzeugten Spectrum die Wärme vollkommen gleich vertheilt ist. Hinsichtlich der chemischen Wirkung behauptet Draper, dass alle Theile des Spectrum's, nicht blos die blaue Seite desselben, chemisch wirksam sind. Die Hauptstützen der Meinung für die vorzügliche chemische 458 Fabrication von Alkalien. Wirksamkeit der blauen, violetten und ultravioletten Strahlen liegen in der allgemeinen Benutzung von Chlorsilber, Jodsil- ber und Bromsilber, die allerdings für diese Strahlen am empfindlichsten sind. Wird nemlich eine, Joddämpfen ausge- setzt gewesene, Silberplatte in das Spectrum gebracht, so wird sie zuerst am violetten Ende atficirt, setzt man aber die Ex- position fort, so wirken die rothen und gelben Strahlen in derselben Weise ein. — Die Bleichung, welche die Farbstoffe der Blumen im Spectrum erfahren, führt nach Grothus zu dem Schluss, dass jede Farbe zerstört wird durch Strahlen, welche gemeinschaftlich eine Complementairfarbe zu der zer- störten bilden. Veilchenblau z. B. wird nicht durch die blauen, sondern durch die gelben Strahlen des Spectrums am meisten afficirt. Das Wesentliche dieser Untersuchungen ist dahin zusammenzufassen , dass , wenn Licht auf einen gefärbten Körper fallt, die Strahlen absorbirt werden, die seiner Farbe complementair sind, und dass diese dann Wärme erzeugen, wenn er unzersetzbar ist, und chemische Zersetzung erzeugen, wenn er zersetzbar ist. (Philos. Magaz. Photogr. Mitthcil. Fhotograph. Archiv. XIV. Jahrg. Nr. 267. p. 35.). Kr. Fal)i'ication Ton Alkalien. Natürlicher phosphorsaurer Kalk (Phosphorit) wird nach J. J. Knigth durch Behandlung mit Schwefelsäure in lösli- ches Phosphat übergeführt, und dieses dann mit soviel des ursprünglichen Materials vermengt, dass zweibasisch - phosphor- saurer Kalk sich bildet, welchen man mit Kochsalz oder Chlorkalium mehrere Stunden lang bis auf Hellrothgluth erhitzt. Es wird bei diesem Process Salzsäure frei, und ein nahezu unlösliches Doppelsalz von phosphorsaurem Kalk und phosphorsaurem Natron oder Kali bleibt zurück, aus welchem man durch Kochen mit dem löslichen Kalkphosphate die Phosphate der Alkalien, oder durch Kochen mit Aetzkalk die Alkalien im caustischen Zustande gewinnt. Das resultirende Kalktriphosphat wird mittelst Schwefelsäure wieder in Mono- phosphat verwandelt. Nach einem andern Verfahren trocknet man das Gemenge von Mono - und Triphosphat bei etwa 280*^ C. , wobei Pyro- ])hosphat entsteht, welches man dann mit Kochsalz unter Durchlciten von Sauerstoff bis zur llothgluth erhitzt. Es Weichmachen des Wassers mittelst Kalkwasser. 459 "wird hier Chlor frei gemacht und ein Doppelphosphat von Kalk und Ifatron zurückgelassen, welches wie oben weiter verarbeitet wird. {Berichte der deutsch, ehem. Ges. ' 1872. Nr. U. Polytechn. Journ. Dirigier, Bd, CCVl p. 332.). Kr. Weichmachen des Wassers mittelst Kalkwasser. Die Beantwortung der Frage, wie viel Kalk benöthigt man zur Fällung der kohlensauren Erdalkalisalze des weich zu machenden Wassers, ist keine ganz leichte, zumal der bisher befolgte Weg, durch einige Versuche empirisch das richtige Verhältniss des Kalkzusatzes zu finden, ganz unsicher ist. Es muss hierbei bedacht werden, dass es für viele Ver- wendungen des durch Kalk weich gemachten Wassers unbe- dingt nothwendig ist, die richtige, zu diesem Zweck noth- wendige Kalkmenge genau zu kennen , und keinen Ueberschuss von Kalk im Wasser zu haben. Dass ein solcher Ueberschuss von Kalk, im Falle das weich gemachte Wasser zur Kessel- speisung dienen soll, geradezu schädlich wirkt, beweist Joh. Stingl durch die Analyse eines sehr harten Kesselsteins, der in der Dicke von zwei Linien sich in sehr kurzer Zeit bei der Speisung des Kessels mit solchem kalkhaltigen Was- ser gebildet hatte. Hundert Theile dieses Kesselsteines ent- hielten : In Salzsäure Unlösliches 0,33 Kalk Magnesia Schwefelsäure 65,07 0,32 10,43 Kohlensäure 2,67 Eisenoxyd Glühyerlust 1,93 19,06 99,81. Bestimmung der Kalkmenge zum Weichmachen des Wassers. Um die Menge eines Kalkzusatzes genau zu bestimmen, kann man zwei Wege einschlagen, deren einer in der Ana- lyse des Wassers mit allen Controlbestimmungen nach Art einer Mineral wasseranalyse besteht. Der Verfasser hat gefunden, 460 Weichmachen des Wassers mittelst Kalkwasser. dass eine andere Methode zur Bestimmung der 'Kalkmenge manche Vortheile bietet. Sie kann leichter ausgeführt wer- den, führt rasch zum Ziele , und giebt Resultate , welche mit der Praxis in Uebereinstimmnng sind. Diese Methode besteht in der directen Titrirung eines genau gemessenen kleinen Quantums des weich zu machenden Wassers , mittelst reinen Kalk Wassers, dessen Gehalt an CaO in einem Kubikcentimeter vorher genau bestimmt wurde. Hat man hierbei gefunden, wie viele Kubikcentimeter dieses Kalkwassers man benöthigt, um sämmtliche kohlensauren Erdalkalisalze in dem betreßen- den Wasser zu fällen, so sind die Daten bekannt, um die Menge reinen Aetzkalkes berechnen zu können, welche man zum Weichmachen eines bestimmten Quantums Wasser nöthig hat. Ausführung der Methode. Man bereite aus destillirtem Wasser und reinem Aetz- kalk eine gesättigte Kalklösung. Hat dieselbe sich klar abge- setzt, so wird sie mit Salpetersäure titrirt. Hat man auf diese Weise den Gehalt des Kalkwassers an Calciumoxyd ermittelt, so wird das zu präparirende Wasser mit diesem Kalkwasser titrirt, und zwar auf folgende Art: Man nimmt 100 C. C. des zu präparirenden Wassers und tröpfelt aus einer graduirten Bürette das titrirte Kalkwasser langsam und unter beständigem Umrühren des Wassers zu. Man wird nun die Beobachtung machen, dass im Anfange das Wasser klar bleibt (wegen der geringen Löslichkeit des kohlensauren Kalks und der kohlensauren Magnesia), und erst, wenn eine grössere Menge des Kalkwassers zugesetzt ist, wird eine Trübung entstehen, die aber beim Umrühren mit dem Glasstabe wieder verschwindet. Endlich wird ein Punkt eintreten, wo dieses nicht mehr stattfindet, sondern jeder neu hinzukommende Tropfen des Kalkwassers eine wolkenförmige Trübung hervorbringt. Man titrirt nun so lange, als die Flüssigkeit bei heftigem Umrüh- ren trüber wird, aber milchig bleibt. Sobald sich der kohlensaure Kalk, resp. die kohlensaure Magnesia flockig abscheiden, ist schon zu viel Kalkwasser zugesetzt, was man mittelst eines Curcumapapieres nachweisen kann. Uebrigens lässt sich bei nur einiger Uebung die Endreaction mittelst Curcumapapier leicht erkennen, wenn man berücksichtigt, dass der frisch gefällte kohlensaure Kalk auf Curcumapapier einen Die Bnmiienwägser der Stadt Hannovei^. 461 braunen Ring mit zerrissenem Rande erzeugt, ■während ein Ueberschuss von Kalk einen tiefbraunen Fleck erzeugt. Hat man nun so durch Titrirung gefunden, wieviel Cu- bikcentimeter des Ealkwassers man zu 100 C. C. des zu präpari- renden Wassers setzen muss, um die kohlensauren Erdalkali- salze, einen Theil der Kieselsäure und der organischen Substanz zu fällen, so lässt sich leicht berechnen, wie viel Kalk für je ein Kubikmeter, resp. für je hundert Kubikfuss des weich zu machenden "Wassers verwendet werden muss. Wären z. B. n C. C. Kalkwasser, welches in einem C. C. 028 ^-^ — Calciumoxyd enthält, zur Titrirung des "Wassers ver- braucht worden, so repräsentirt dies für 100 C. C. des Was- sers im Kalkquantum von — . n reinem Calciumoxyd (m ist die Anzahl der C, C. der angewandten Kalklösung, welche 10 C. C, der Zehntelsalpetersäure entsprechen. Wasser, wel- ches mit auf obiger TJntersuchungsmethode gegründeten Kalk- quanten versetzt d. h. weich gemacht worden war, hat bei der Speisung von Dampfkesseln sehr günstige Resultate gegeben, da die Kesselsteinbildung eine äusserst geringe geworden war. {Fohjt. Journal. Bingler. Bd. CG VI. Heft ^, i>. 304..). Kr. Die Brunnenwässer der Stadt Hannover. Nach dem Urtheile aller Sachverständigen muss ein gutes Trinkwasser folgenden Anforderungen genügen: 1) Es muss farblos und geruchlos sein. Von den untersuchten 45 Wässern genügen dieser An- forderung nur 33, durch besonders starke Trübung zeichneten sich aus die Brunnen: Leibnitzstrasse 1, Georgsplatz, Rath- haus am Friedrichswall. Sie sind als Trinkwasser, und wegen ihres starken Eisen - und Mangangehaltes für technische Zwecke nicht zu verwenden. 2) Die Temperatur derselben darf in den verschiedenen Jahreszeiten nur innerhalb geringer Grenzen schwanken. Die Beeinflussung des Bodens durcb die Sonnenstrah- len hört schon bei 20 bis 25 Meter auf, Quellen aus dieser Tiefe zeigen meist die mittlere Jahrestemperatur. Am 24. August und 16. October wurde die Temperatur von 462 Die Brunnenwässer der Stadt Hannover. 36 Wässern bestimmt. Wie verschieden dieselbe, mögen folgende Beispiele zeigen: 24. Aug. Hinter dem Walle 10,43 Leinstrasse 13,15 Christuskirche 15,85 Leine 17,73. 16. Oct. Hinter dem Walle 10,54 Leinstrasse 11,44 Christuskirche 11,67 Leine 8,95. 3) Trinkwasser darf keine grösseren Mengen von salpe- tersauren, schwefelsauren und Chlorverbindungen enthalten. Während Gebirgswässer meist frei von Salpetersäure sind, enthalten die hannoverschen Brunnen meist beträchtliche Mengen; so derj. der Leinstrasse beim Schloss = 318, Escher- strasse 332, Goseriede 346, Holzmarkt 340, Taubenstrasse 365, Freischule in der Scholwinstrasse 406, Berliner Wasser nach Reich 800 Miliig. im Liter. Der Gehalt an Schwefelsäure (bis 35 Miliig.) und Chlor ist dem entsprechend. Der Chlor- gehalt sämmtlicher Brunnen ist bedeutend, der Brunnen am Holzmarkt enthält: 324, Stiehlstrasse = 372, Leinstrasse = 405 Mg. Chlor im Liter. 4) Die alkalischen Erden in einem Liter Wasser dürfen zusammen höchstens 200 Miliig. Kalk entsprechen, also zwan- zig deutsche oder fünfundzwanzig englische Härtegrade zeigen. Während fast allgemein ein weiches , also wenig Kalk haltendes Wasser für das beste Trinkwasser angesehen wird, ist neuerdings von einer Seite behauptet, der Organismus bedürfe kohlensauren Kalk, und dieser könne ihm nur durch das Trinkwasser in der gewünschten Form geliefert werden. Immerhin können 20 Härtegrade als Maximum für Trinkwas- ser angesehen werden. Fast sämmtliche Wässer Hannovers enthalten mehr Kalk, namentlich: Goseriede = 40, Holzmarkt = 42, Escherstrasse = 44 Härtegrade. 5) Die Gesammtmenge der festen Bestandtheile darf höch- stens 0,5 g. im Liter betragen. Dieser Forderung genügt von den untersuchten Wässern kein einziges, der feste Rückstand beträgt 0,7 bis 2,2 g. (Scholwinstrasse). Leipziger Wasser gab bis 2,6 (Reich), Ber- liner bis 2,8, Saalwasser 0,09 g. im Liter. Kohlensäuregehalt t!er atmosphärischen Luft. 463 6) Ein Liter darf nicht mehr als 50 Milh'g-. durch über- mangansaures Kali zerstörbare organische Substanzen und durchaus keine Organismen enthalten. Ueber 50 Miliig. haben 22 Brunnen Hannovers , nament- lich: Christuskirche = 92, Parkstrasse = 115, Nienburgerstr. = 118, Rathhaus = 143, Seilerstrasse = 246 Miliig. Auch niedere Organismen j&nden sich in den meisten Wässern, in einigen in auffallender Menge. Der Versuch Bischofs, die Güte eines Trinkwassers nur durch das Mikroskop zu bestim- men, ist, wie alle einseitigen Untersuchungen, völlig unzu- verlässig. Mehrere Wässer geben farblose Krystalle mit wohl ausgebildeten Flächen, würden also nach Bischof als „gut" bezeichnet werden müssen, die wegen ihrer Bestand- theile entschieden zu verwerfen sind. N"och ist zu erwähnen, dass fast sämmtliche Brunnenwässer Hannovers starke Beac- tion auf Phosphorsäure geben. (Br. Ferd. Fischer , Hanno- versches Wochenhl. f. Handel und Gewerhe, 1872, Nr. 43. Bingler' s Polyt Journ. Bd. CG VI, Heft 6, p. 495.). Kr. Kohlensäuregehalt der atmosphärischen Luft. Die in Weende in den Sommermonaten von 1872 ange- stellten Respirationsversuche ergaben nach W. Henneberg als beiläufiges Resultat eine Bestätigung der Daten, die Schulze in Rostock bei Beobachtungen über den Kohlensäuregehalt der Luft gewonnen hatte. Für 1000 Liter Luft ergab das Mittel der Weender Versuche 0,585 g. Bei einer Temperatur von 18,4°C. und dem dortigen mittleren Barometerstand berech- nen sich auf 10000 Vol. Luft, 3,2 Vol. Kohlensäure von 0" und 760°"". Dr. Schulze fand im Mittel 2,9 und als Min. 2,25, als Max. 3,44 Vol. Dagegen rechnete man bisher nach den Angaben Th. de Saussure's , Boussingaults und Anderer 4 Vol auf 10000 Vol. Luft.*) (Landwirthsch. Versuchsstat. 1873, XVI. 1870). Et. *) Die Versuche scheinen nicht gegen die Saussure'schen Zahlen zu beweisen, ehe nicht Bestimmungen unter den örtsverhältnissen jener älteren Forscher angestellt sind. Die Differenz zwischen 2,25 — 3,44 ist grösser, als die zwischen 3,2 — 4. Die zeitlichen und örtlichen Schwan- kungen gehen möglicherweise zuweilen noch weiter. Mät. 464 Hartes oder weiches Wasser. Hartes oder weiches Wasser. In England wird augenblicklich die Frage, ob weiches oder hartes Wasser der Gesundheit dienlicher sei , lebhaft discutirt. Bei Gelegenheit der Wasserversorgung von Edin- burgh hat der Dr. Letheby in der Association of Medical Officers of Health am 20. Mai 1870 einen Vortrag gehalten, der allgemeineres Interesse verdient. Es sind besonders folgende Punkte hervorzuheben. Dx". Letheby theilt mit, dass bei seinen langjährigen Untersuchungen über die Qualität des, den verschiedenen Städten und Orten Englangs zuge- führten Wassers, er ein Hauptaugenmerk darauf gerichtet habe, die Beziehungen zu untersuchen, welche zwischen die- ser Qualität und dem allgemeinen Gesundheitszustande der betreffenden Orte besteht, und hierbei die Frage, ob hartes oder weiches Wasser, hierbei speciell ins Auge zu fassen. Das Resultat dieser Untersuchungen sj) rieht nun entschieden zu Gunsten eines massig harten Wassers. Solches Wasser ist nicht nur klarer, kälter, luftreicher und daher angenehmer für das Auge und für den Gaumen, als weiches Wasser, sondern es ist auch weniger als dieses geneigt, organische Stoffe in sich aufzunehmen, lebende Organismen zu unterhal- ten und auflösend auf das Eisen und Blei der Wasserleitungen zu wirken. Besonders sind die Kalksalze von wesentlichem Einflüsse auf die thierischen Körper in physiologischer Beziehung, und schützen dieselben vor manchen schädlichen Einflüssen. Durch langjährige Beobachtungen ist nachgewie- sen, dass die Mortalität der grösseren Städte im umgekehrten Verhältniss wie die Härte ihres Trinkwassers steht. Zu jeder häuslichen und technischen Verwendung ist übrigens ein Wasser geeignet, welches 8,6 französische oder 4,8 deutsche Härtegrade zeigt. Ganz besonders wichtig ist das Resultat aus einer vergleichenden Zusammenstellung der Sterblichkeits- zahlen nach zehnjährigem Durchschnitte von 65 Städten, die Dr. Wilson, dessen hier einschlägige bedeutende Arbeiten der Vortragende benutzte, in vier Gruppen nach dem Härte- grade des ihnen zugeführten Wassers trennt. In der ersten Gruppe befinden sich London und ausserdem noch 24 andere Städte. Die mittlere Härte des Wassers dieser Städte ist 16^ engl, oder 22,9*^ franz. Die mittlere Bevölkerungszahl derselben ist 230,000. Die zweite Gruppe, zu welcher Edin- burgh und Leith gehören, umfasst 17 Städte mit einer mitt- leren Einwohnerzahl von 137,000 Seelen, das Wasser dersel- ben hat eine mittlere Härte von 8" engl, oder 11,4 '^ franz. Die Salpetersäure im Erunnenwasaer. 465 In die dritte Gruppe gehören 15 Städte mit einer mittleren Bevölkerungszahl von 120,000 und einer mittleren Wasser- härte, von 3,8° engl, oder 5,6° franz. Die letzte Gruppe endlich umfasst acht Städte , deren mittlere Bevölkerungs- zahl 88,000 beträgt, und deren Wasser die mittlere Härte von 1,3 engl, oder 1,9 franz. zeigt. — Trotzdem die mittlere Seelenzahl der Städte mit dem Härtegi-ade wächst, so verhält es sich mit der Sterblichkeits- ziffer umgekehrt. Dieselbe beträgt nemlich in der ersten Gruppe 21,9 pro 1000 der Bevölkerung, in der zweiten 24,9, in der dritten 26,3, und endlich in der vierten 28,5 pro 1000 der Bevölkerung. Diese überraschenden Ergebnisse fordern von selber zu ausgedehnteren Forschungen nach dieser Rich- tung hin auf. — {Journ, f. Gasbel. u. Wassei^vers. Jahrg. 15. II, p. 55). K Die Salpetersäure im Brunnenwasser. Es ist bekannt, dass salpetersaure Salze zu denjenigen Verunreinigungen des Trinkwassers gehören, welche ihre Entstehung der Fäulniss stickstoffhaltiger Substanzen, beson- ders animalischer Auswurfstoffe, verdanken. In den meisten Eällen kommen speciell die salpetersauren Salze im Trink- wasser nur in Spuren vor, wo ihre Entstehung aber durch besondere Umstände begünstigt wird, wie z. B. in Städten durch die fortdauernde Imprägnirung des Bodens mit Kloak- stoffen, oder auch in der Nähe von Kirchhöfen, da treten sie in grösserer Menge auf. — In München, welches besonders ungünstige Yerhältnisse in Bezug auf gutes Trinkwasser darbietet, enthält nach A. Wagner das gewöhnliche Trinkwasser im Mittel 0,0485 g. Salpeter per Liter. In den 14,000 Millionen Liter, die Mün- chen jährlich als Nutz- und Trinkwasser gebraucht, wären also enthalten 679,000 Kilog. Salpeter. Ein Theil des gebrauchten Wassers wird nun aber aus gegrabenen Brun- nen entnommen, welche im Liter 0,2908 g. Salpeter enthalten, unter ihnen zeichnet sich noch besonders ein Brunnen aus, dessen Wasser im Liter 0,5809 g. Salpeter enthält. Wollte man den ganzen Wasserbedarf Münchens also aus gegrabe- nen Brunnen beziehen, so entspräche das einem jährlichen im Wasser enthaltenen Quantum von 4,071,200 Kilog. Salpeter, Arch, d. Pharm. III. Reihe. II. Bds. 6. Heft. 30 4GG Verfahren zur Bestimmung von freiem Sauerstoff im Wasser. ja diese Ziffer steigt auf die enorme Höhe von 8,132,600 Kilog., wenn diese Berechnung auf den einen besonders hervorgeho- benen Brunnen bezogen wird. Es dürfte sich hiernach wohl von selber verstehen, dass der Gehalt an salpetersauren Salzen, besonders bei so hervorragenden Mengen, nicht ohne Einfluss auf den menschlichen Organismus bleiben kann, wenn auch über die Art dieses Einflusses noch so Manches aufzu- klären ist. — Zeitschrift für Biologie. Bd. VII. Journal für Gasbel. u. Wasservers. Jahrg. 15, p. 251.). Kr. Verfahren zur Bestimmung- von freiem Sauerstoif im Wasser. Das unterschwefligsaure (dithionigsaure) Natron hat die interessante Eigenschaft, den Sauerstoff sehr i'asch zu absor- biren, weshalb es sich mit Vortheil anwenden lässt, um aus einem Gasgemische den Sauerstoff aufzunehmen. Es beschmutzt nicht die Glascylinder, wie pyrogallussaures Kali, und wirkt ungleich kräftiger. — Die absorbirende Lösung wird erhalten, indem man ein ca. 100 g. Wasser fassendes Glasfläschchen mit einer Lösung von zweifach schwefligsaurem Natron von 20*^ B. anfüllt, Zinkspähne zusetzt und den Inhalt wohlver- schlossen 20 — 25 Minuten auf einander einwirken lässt. — Bei Gegenwart von freiem Sauerstoff absorbirt das unter- schwefligsaure Natron denselben sofort, indem es in zweifach schwefligsaures Salz übergeht. Es existiren nun Farbstoffe, wie z. B. Coupier's lösliches Anilinblau, welche durch unter- schwefligsaures Natron augenblicklich entfärbt werden, hinge- gen der Einwirkung des zweifach - schwefligsauren Salzes widerstehen. Färbt man nun ein bestimmtes Volum Wasser schwach mit Anilinblau und setzt unter Vermeidung von Luftzutritt unterschwefligsauros Natron zu, so reichen einige Tropfen hin um die Entfärbung herbeizuführen. Ist das Wasser hingegen lufthaltig, so tritt die Entfärbung erst dann ein, nachdem man genug unterschwefligsauros Salz zugefügt hat, um den Sauerstoff zu absorbiren. Das Volum des erforderlichen Reagens ist der Menge des im Wasser aufgelösten Sauerstoffs proportional. Um das Verfahren empfindlicher zu machen, braucht man nur eine hinreichend verdünnte Lösung von unterschwefligsaurem Natron anzu- wenden, so dass z.B. IOC. C. derselben 1 CG. Sauerstoff Verfahren zur Bestimmung von freiem Sauerstoff im Wasser. 467 entsprechen. Liesse sich das Eeagens consemren, so hätte man nur nöthig ein für allemal das Yolum von Sauerstoff zu bestimmen, welches ein bekanntes Yolum der Flüssigkeit absorbiren kann, leider ist man wegen der grossen Ver- änderlichkeit an dei Luft genöthigt, die Lösung in dem Augenblicke zu titriren, wo sie gebraucht wird, was leicht in folgender "Weise geschehen kann. Nach Schützenberger und de Lalande entfärbt unterschwefligsaures Natron eine ammoniakalische Lösung von Kupfervitriol, indem das Kupfer- oxyd in Oxydul übergeführt wird; schwefiigsaures und zwei- fach-schwefligsaures Natron sind wirkungslos, so lange noch H^N im Ueberschuss vorhanden ist. Man bereitet sich also eine stark ammoniakalische Kupfervitriollösung, die so viel Cu enthält, dass 10 C. C. der Flüssigkeit 1 0. 0. Sauerstoff entsprechen, welcher durch die Einwirkung auf das unter- schwefligsaure Natron absorbirt wird. — Bei Ausführung einer Bestimmung füllt man eine halbe Stunde vorher ein 60 — 100 g. Wasser haltendes Fläschchen, worin sich eine Zinkspirale befindet, zu drei Viertel mit gewöhnlichem Wasser, setzt 10 CG. einer schwefligsauren Natronlösung von 20^ B. zu, füllt dann mit Wasser vollends auf und verstopft nach mehr- maligem Umschütteln mit einem Kautschukpfropfen. Nach 20 — 25 Minuten ist das Reagens fertig. In ein Probirglas mit Fuss giesst man 20 CO. ammoniakalische Kupfervitriol- , lösung, die man mit einer Oelschicht bedeckt; anderseits bringt man in ein Becherglas 1 Liter des zu prüfenden Was- sers und bedeckt, nachdem es mit Anilinblaulösung schwach gefärbt ist, ebenfalls mit einer Oelschicht. Die unterschwef- ligsaure Natronlösung saugt man in eine 50 C. 0. fassende, in Zehntel getheilte Pipette, woraus man das Beagens in die Kupfervitriollösung unter gelindem Umrühren so lange Üiessen lässt, bis eine völlige Entfärbung eingetreten ist. Hierauf lässt man aus derselben Pipette das Beagens in das zu prü- fende Wasser ebenfalls bis zur Entfärbung eintreten , wobei das untere Ende der Pipette während der Operation unter die Oelschicht gehalten werden muss. Hat man nun z. B. zum Entfärben der 20 CG. ammon. Kupfervitriollösung 17,5 unter- schwefligsaures Natron gebraucht, so wissen wir, dass dies 2 G.G. Sauerstoff entspricht; hat anderseits das Liter HO 36,4 G.G. erfordert, so entspricht das 4,16 G.G. Sauer- stoff. Es bleibt eine kleine Gorrectur hinsichtlich des zum Entfärben des angewendeten Anilinblau's erforderlichen unter- schwefligsauren Natrons zu machen übrig, die jedoch sehr 30* 468 Darstellung v. Anthracen. — Cyanoform u. Methinitricarbonsäure. annährend ein für allemal festgestellt werden kann. (Zeit- schrift d. allgeni. östr. Apotk.-Vereitis. Nr. 6 vom 20. tebr. 1873). G. S. Darstellung von Anthracen. Das Anthracen (C^^H^°), eine früher gar nicht benutzte chemische Verbindung, hat bekanntlich für die Fabrikation des künstlichen Alizarin's ganz plötzlich die grösste Wichtig- keit erlangt. Die früher gebräuchliche Gewinnungsmethode des Anthi-acens bestand darin, dass bei der Destillation des Steinkohlen theeres die letzten 10 bis 15 Proc. der Destilla- tionsproducte aufgefangen wurden. Dieselben Hess man einige Zeit ruhig stehen, worauf sich ein krystallinischer Nieder- schlag von festen Kohlenwasserstoffen abscheidet, welcher durch Filtriren und Auspressen vom anheftenden Oele be- freit wird. Nun ist der bei der Destillation des Steinkohlentheers in der Retorte bleibende Rückstand Pech, und bisher glaubte man, dass nach dem älteren Verfahren der ganze Anthracen- gehalt aus dem Theer extrahirt werden könne. F e n n e r und Versmann machten aber die Entdeckung, dass bei Fortsetzung der Operation bei höher gesteigerter Tempera- tur, welche bis zu dem Punkte getrieben wird, bei dem das Pech vollständig zerstört oder in Kohks verwandelt wird, weit mehr Anthracen gewonnen werden kann. Das nach jeder dieser Methoden erhaltene Product ist mit einer beträcht- lichen Menge Schweröl (deadoil) gemischt, von welchem es durch Filtriren und Pressen möglichst befreit wird; der ver- bleibende, mehr oder weniger trockne, grünlichgelb gefärbte Presskuchen enthält 30 bis 60 Procent i-eines Anthracen, und bildet den gewöhnlichen Handelsartikel, dessen Preis nach seinem Procentgehalte an reiner Substanz normirt wird. (Americmi Chemist , October 1872, p. 121. Dinglers Polyt. Journ. Bd. CCVIl Heft 1, p. 72). Kr. Cyanoform und MethinitrlearbonsSure. Nach Fairley's Angaben stellte man das Cyanoform tlar durch Erhitzen von Chloroform und Cyankalium mit etwas jSTeue Bildungsweise von Kohlenwasscrstofifen. 469 Alkohol. Jedoch bilden sich so vorzugsweise braune schmie- rige Substanzen, aus denen man nur mit Mühe reines Cyano- form erhält. F. Pfankuch, welcher neuerdings die Dar- stellung des*) CH(CN)3 aus Chloroform unter den verschiedensten Bedingungen versuchte, fand, dass weit leichter aus dem Jodoform CHJ^ zu erhalten ist. Er erhitzte Jodoform und Cyanquecksilber längere Zeit mit Alkohol im zugeschmolze- nen "Rohre auf 120*^, wobei vollständige Umsetzung statt- fand. Beim Erkalten der E,öhre krystallisirte die Masse in oft zolllangen Prismen von grünlich - gelber Farbe und aus- gezeichnetem Seideglanz. Aus Alkohol umkrystallisirt hatte sie die Zusammensetzung C8H2N«irg3J6 = [CH(CN)3]2(HgJ2)3; also eine Verbindung von 2 Mol. Cyanoform und 3 Mol. Jod- quecksilber. Aus dieser Verbindung reines CH(CN)^ darzu- stellen, ist jedoch nicht leicht. Pfankuch hofft bei der Fortsetzung seiner Versuche, noch eine praktikablere Me- thode zu finden. — Aus dem Cyanoform stellte derselbe Autor die Methini- tricarbonsäure dar, indem er dasselbe mit I^atronlauge behan- delte, oder noch besser durch Erhitzen mit Salzsäure im Was- serbade mit aufsteigendem Liebig'schem Kühler. Im ersteren Falle bildet sich natürlich das Natriumsalz der Säure; denn CH(CN)3 + 3NaH0 -}- SH^O = CH(C00Na)3 + 3 H^N. {Aus Journ. f. pract. Chem. Bd. 6. S. 97. 1872.). J. Neue Bildungsweise von Kohlenwasserstoifen. Pfankuch ist es gelungen, einen neuen, sehr interes- santen Weg zur Darstellung von Kohlenwasserstoffen aufzu- finden. Angeregt durch die bekannte Spaltung der Carbon- sauren unter dem Einfluss von Basen in kohlensaure Salze einerseits und in Acetone, Aldehyde und Kohlenwasserstoffe andererseits, versuchte er, ob beim Erhitzen von Salzen der Carbonsäuren mit den Alkaliverbindungen der Alkohole und besonders der Phenole das Streben der Gruppe*) COONa, Sauerstoff aufzunehmen, genügen werde, zumal beim Entge- genkommen eines zweiten Atomes Na, um den bekanntlich nicht leicht abspaltbaren Sauerstoff dem Alkohol zu entreissen, und so einerseits Carbonate und andererseits Kohlenwasser- *) 0==16, 410 Einwirk. d. v. PuUacliura absorl). Wasserstoffs a. orgaii. Verbindungen. stofFe zu gewinnen. Trat dieser Fall ein, so musste zum Bsp. beim Erhitzen von Phenolkalium mit benzoesaurem Ka- lium Kaliumcarhonat und Diphenyl entstehen. Der Versuch bestätigte die Voraussetzung. Die Reaktion verlief nach der Formel C6H50K -f C^HSCOOK = C^U^—G^Jl'' + K^CO^. Auf dieselbe Weise stellte der Verfasser das Toluol aus Kaliumacetat und Pheuolkalium dar; Aethylbenzol aus Na- triumäthylat (C^H^ONa) und Ivaliumbenzoat-, Isobutylenbcnzol (C^H^C^H'') aus valeriansaureni Kalium und Phenolkalium. Hierdurch ist die Allgemeinheit der Reaktion für die einba- sischen Säuren und Alkohole rcsp. Phenole genügend fest- gestellt. Ferner constatirte Pfankuch, dass die Reaktion ebenso verläuft, wenn ein oder mehrere Wasscrstoöatome durch Haloide oder die Nitrogruppe vertreten sind. (Journ. für pract. Chcm. Bd. 6. S. 103. 1872). J. Einwirkung des Yoni Palladium al)sorl»irten Wasser- stoifs auf organische Verbindungen. Graham, der Entdecker des Palladiumwasserstoffs, selbst hatte schon gezeigt, dass der in Palladium - Schwamm oder Palladium - Folie condensirte Wasserstoff mit gesteigerten chemischen Verwandtschaften begabt ist, z. B. bei gewöhnli- cher Temperatur in verdünnten Lösungen Eisenoxydsalze zu Eisenoxydulsalzen reducirt. In jüngster Zeit hat Dr. Mich. Saytzeff die Einwirkung des Palladiumwasserstoffs auf eine Reihe organischer Verbindungen studirt. Die in dieser Rich- tung angestellten Versuche wurden von Herrn Saytzeff man- nigfach variirt. Bald wurden die mit Palladiummohr innig vermengten trocknen Substanzen im Wasserstoffstrome erwärmt, bald die Dämpfe der flüchtigen Substanzen über mit Wasser- stoff gesättigten Palladiummohr geleitet; oder es wurden auch in wässerige oder alkoholische Lösungen Palladiumplat- ten eingesenkt, welche dadurch mit Wasserstoff beladen waren, dass sie vorher als negative Elektroden einer galvanischen Kette fungirten. Auf die letzte Weise wurden unter Anderen behandelt Essigsäure, Milchsäure, Benzoesäure, Phenol und Trinitro- Nachweis fremder Eitterstoffe.im Biere. 471 phenol, ohne jedoch den gehegten Erwartungen zu ent- sprechen. Nach den ersteren Methoden wurden behandelt, und zwar mit Erfolg, Benzoylchlorid, Mtrobenzol, Kitrophenol und Nitromethan, welche beziehungsweise zu Benzaldehyd, Anilin, Amidophenol und Methylamin reducirt wurden; C^HöOCl: C^H^O, C^H^Is^O^ : C^Hs^H^, C^H^NO^OH : CeH^IS'H^OH und CH^NO^ : CH3]S"H2. {Journ. f. pract. Chetnie 1872. Bd. 6. S. 128.). J. Nachweis fremder Bitterstoffe im Biere. E,. Haffs tedt giebt ein neues Verfahren zum Nach- weise derjenigen Bitterstoffe im Biere, welche am häufigsten, betrügerischer Weise, statt Hopfenbitter zugesetzt worden. Das Verfahren, welches sich auf Pikrotoxin, Absynthin, Meny- yanthin, Quassiin, und Colocynthin, bezieht, gründet sich auf das verschiedene Verhalten dieser Substanzen zu Bleiessig und Gerbsäure, und ihre differente Löslichkeit in "Wasser, Spiritus und Aether, wie solches aus dem folgenden Schema sich ergiebt: I. Fällbar mit Bleiessig: Lupulin wird nicht von Gerbsäure gefallt, löslich ^in Aether, Spiritus, aber nicht in Wasser. II. Nicht fällbar mit Bleiessig, aber mit Gerbsäure, nach Entfernung des Blei's mit Schwefelwasserstoff. a) Von Gerbsäure wird nicht gefällt: Pikrotoxin, löslich in Aether, Spiritus und "Wasser, Absynthin, löslich in Aether und Spiritus, nicht in Wasser. b) Von Gerbsäure wird geßillt: Menyanthin, wird durch concentrirte Schwefelsäure später violett. Quassiin, wird von concentrirter Schwefelsäure nicht gefärbt. Colocynthin, wird roth, später braun, durch concen- trirte Schwefelsäure. {N.Jahrh. Pharm. 38. 215. Ch.CentralU. dnüe Folge. IV. Jahrg. p. 46.). Kr. 472 II. Kleine JMittlieiKingeii. Rcduction der Silbersalzc zum Reproducircu Ton Zeicliinuigcn. Bekanntlich werden alle Silberoxydsalze, mit denen man Papier oder einen andern StofiF getränkt hat, durch Kupfer, "Wasserstoff oder Phosphordämpfe roducirt, dieHaloidsalze (Chlor- silber, Cyansilber) aber nicht bei g-ewöhnlicher Temperatur. Wenn man daher eine Zeichnung oder einen Stich auf ein Cartonblatt legt, welches vorher einige Zeit Salzsäuredämpfen ausgesetzt woi'den ist, und über dieser Zeichnung ein Blatt seAsibilisirten Papieres anbringt , so werden die Säuredämpfe, indem sie durch die Zeichnung dringen, das Silbersalz des sensibilisirten Blattes in Chlorsilber umwandeln, ausgenommen in den Theilen, welche den Strichen der Zeichnung entspre- chen. Wird dann das sensibilisirte Papierblatt auf einer Kupferplatte angebracht, so kommt die Reproduction der Originalzeichnung zum Vorschein, in Folge der Reduction des durch die Säuredämpfe nicht angegriffenen Silberox)"d- salzes. Anstatt einer Kupferplatte kann man nach Renault, um das Bild zum Vorschein zu bringen, sich des Wasser- stoffes bedienen, oder der dui*ch einen Kohlensäurestrom mit- gerissenen Phosphordämpfe. Das sensibilisirte Papier, auf welchem man die Zeichnung entwickelt hat, wird mit Salz- wasser gewaschen , welchem ein wenig Sauerkleesalz beige- mischt wurde, dann mit einer Lösung von unterschwefligsaurem Natron und Kochsalz fixirt. Durch das oben beschriebene Verfahren kann man die Zeichnungen, Stiche und Schrift reproduciren , welche mittelst autographischer Tinte oder Druckerschwärze hergestellt sind, sowie die mit lithographi- scher Kreide ausgeführten Zeichnungen. Die porösen Körper, Hunt- u. Douglas-Kupferproccss. — Wasfserdampf. als Löschmittel. 473 das fossile Holz, die trockenen Pflanzen u. s, w. können eben- falls mit einer ziemlich grossen Genauigkeit reproducirt werden. (Comptes rendus , i. LXXV, p. 1766. Dinglers Folyt. Journ, Bd. CCVIl, Hft. 1, p. 62.). Kr. Der Hunt- und Douglas-Kupferproccss. Dieser Process wird jetzt in Chili und Nord - Carolina bei der Gewinnung des Kupfers aus seinen Erzen in Anwen- dung gebracht, und beruht darauf, dass Kupferoxyd sich mit Eisenchlorür und Kochsalz in Eisenoxyd und Kupferchlorür, löslich in Kochsalzlauge ^ umsetzt. Aus dieser Lösung wird das Kupfer durch metallisches Eisen niedergeschlagen, wo dann das entstandene Eisenchlorür wieder zur Behandlung einer frischen Portion oxydirten Kupfererzes dienen kann. Um die Bildung von basischem Chloreisen zu verhindern, leitet man mittelst Dampfstrahles schweflige Säure vom Bösten durch das Bad, bevor frisches Erz zugesetzt wird. Bei einem Silbergehalte des Erzes geht Chlorsilber in Lösung, welches durch Kupfer oder Jodkalium zu fällen ist. {Berg- und Hüt- tenmännische Zeitung 1872 , Nr. 49. Dinglers Polyt Journ. Bd. CG VII, Beft 1, p. 60). Kr. Wasserdampf als Löschmittel. Schon in einer früheren Arbeit hat sich Dr. H. Wei- denbusch in Wiesbaden für die Verwendung des Wasser- dampfes als Eeuerlöschmittel ausgesprochen und hat nun inzwischen mehrfache Versuche nach dieser B,ichtung hin gemacht. Er ist durch ihre Besultate zu der Ansicht gekom- men, dass schon verhältnissmässig geringe Mengen von Wasserdampf hinreichen , um die Luft unfähig zu machen, den Verbrennungsprocess zu unterhalten. Von ganz beson- ders günstigem Erfolge muss die Anwendung des Wasser- dampfes in allen solchen Eällen sein, in denen Harze, Oele, Fette und ähnliche sehr kohlenstofi'reiche Substanzen zur Verbrennung gelangen, welche zu ihrer Verbrennung ganz bedeutende Luftmengen erfordern. Gerathen Fabriken oder 474 Sicherbeitslampe. — Verwendungen der Hochofenschlacken. Lager in Brand , welche diese Stoffe in sich schliesen , so ist derselbe ohne Zweifel schon mit einem Minimum von Was- serdampf zu ersticken. {Dinglers Polyt. Journ. Bd. CG VII, Hft. 1, p. 80. Vergleiche d. Z. Bd. II, S. 280). Kr. Sicherheitslampe von P lim soll. Diese von ihrem Erfinder Hr. PI im soll als neu bezeich- nete Sicherheitslampe beruht nach dem Urtheile englischer Blätter wesentlich auf dem Princip der Stephenson'schen Lampe, und ist als eine blosse Modification derselben anzu- sehen. Sie hat mit der letztern allerdings ihre Yortheüe gemein, allein ohne ihre Mängel vermieden zu haben. Als einer der wesentlichsten derselben wird der angesehen, dass bei dem Gebrauch dieser Lampe die Bergleute im gefahrlich- sten Augenblicke im Dunkeln gelassen werden. Aus diesem Grunde hat die Stephenson'sche Lampe auch nur auf einem Theile der englischen Steinkohlengruben Eingang gefunden, während auf vielen andern die Davy'sche Sicherheitslampe allein im Gebrauche geblieben ist, und auch unbedingt diesen Vorzug verdienen dürfte, vorausgesetzt, dass sie von tadello- ser Arbeit und gutem Material ist. {Oesterreich. Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1872, Nr. 52. Binglers Polyt. Journ. Bd. CCVII, Heft 1, p. 27.). Kr. Verweiidimgen der Hochofenschlacken. Die erste Verwendung fand nach T. Eglestondie Hochofenschlacke als Weg -Material zur Herstellung von Landstrassen, und ist augenblicklich, nachdem man gelernt hat, sie mit geringen Kosten zu entglasen, und dadurch ihre grosse Briichigkeit zu beseitigen, ein sehr geschätztes Mate- rial für diesen Zweck. Darauf wurde versucht, eine Verwen- dung der Schlacke zur Fabrikation von Bausteinen zu finden, jedoch ist dieses nur bei einer besonderen Behandlung der Schlacke möglich, liefert dann aber auch ein für Tiefbauten besonders geeignetes Material, Da bereits seit längerer Zeit Basalt und ähnliches vulkanisches Gestein zur Glasfabrikation Verwendungen der Hochofenschlacken. 475 verwendet wurde, so lag der Gedanke sehr nahe, bei der basal lähnlichen Zusammensetzung der Schlacke dieselbe für diesen Zweck anzuwenden. Die nach dieser Idee angestellten Versuche waren auch in der That so erfolgreich, dass bereits in mehreren der grössten Glasfabriken Hochofenschlacke als Zusatz zur Glasmasse verarbeitet wird. Die Schlacke wird zu diesem Zwecke auf Eisenplatten ausgegossen und mit Wasser gekühlt. Hochofenschlacke wird in Säuren gallertartig, und eignet sich desshalb ganz besonders zur Anfertigung von Cement. Pelouze undFremy haben dies in der letz- ten Ausgabe ihres Werkes über allgemeine Chemie hervorge- hoben, und gezeigt, dass man in verschiedenen Gegenden Deutschlands mit Anwendung des Schlacken grandes einen künstlichen Cement herzustellen im Stande sei, der in jeder Hinsicht gleichkommen, aber weit wohlfeiler darzustellen sein werde, so dass ein grosser Gewinn bei dieser Anferti- gung zu erwarten sei. Besondere Aufmerksamkeit ist in Belgien und Deutschland auf die Benutzung der Hochofen- schlacke für chemische Producte verwendet worden. Dies -waren zuerst thonerdehaltige Salze, dann kalkhaltige Salze als ein zufälliges Product, und später wurde auch Kieselsäure behufs der Anfertigung von Wasserglas extrahirt. Die vor- theilhafteste Verwendung der Schlacke dürfte im Allgemeinen die zu Cement sein. Es ist erwiesen, dass aus Schlacke bereiteter Cement in vielen Fällen dem besten Portland - Cement gleichkommt, und dabei nur geringe Kosten veranlasst, selbst dann, wenn die Schlacke in ihrer Zusammensetzung variirt. Es ist ein- leuchtend, dass dabei der Umstand mit in Berücksichtigung kommt, dass man die Schlacke mit leichter Mühe ganz fein pulverisiren kann. Diese Art der Anfertigung von Cement ist aber nicht mit der Verfälschung des Cementes durch Schlacke zu verwechseln , welche in England in grossem Maasse stattfinden soll. Die unvorbereitete Schlacke, unter Cement gemengt, kann dessen Werth nur verringern, obgleich sie, dem Sande gegenüber, immer noch vortheilhaft erscheint. {Engineering and Mining Journal, vol. XIII, Nr. X. Dinglers Polyt. Jownal. Bd. CG VI, Beft 6, p. 457.). Kr. 47G Einfl. tl. Kautschukröliren etc. — Sacharific. Eigenschaft eic. Einfliiss der Kautsclmkrölircn auf die Lichtstärke des Leuchtgases. C. Zulkowski hat durch Versuche nachgewiesen, dass die Lichtstärke der Leuchtgasflamme je nach der Länge des Kautschukschlauches abnimmt, und dass die Ursache für diese Erscheinung in dem Absorptionsvei'mögen des Kautschuks für einige Bestandtheile des Leuchtgases zu suchen ist. — Als Ergebniss seiner Vei'suche stellt sich heraus, dass : 1) bei photometrischen Bestimmungen des Leuchtgases die Zuleitung desselben niemals mittelst Kautschukröhren erfolgen soll, wenn man richtige Resultate haben will ; 2) dass die Ursache der Lichtabnahme in der durch den Kautschuk erfolgten Absorption der schweren Kohlenwasser- stoffe zu suchen ist; 3) dass bei der Analyse des Leuchtgases oder ähnlicher Gase auf das Verhalten des Kautschuks Rücksicht genommen werden muss. (Aus den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin 1872. Nr. 15. Dinglers Polytechn. Journal CCVI. Heft i, p. 313). Kr. Saccharificirende Eigenschaft des kindlichen Speicliels. Bekanntlich besitzen Speichel und alle thierische Gewebe die Eigenschaft nch kürzerer oder stundenlanger Einwirkung Amylum in Zucker umzuwandeln. Nach Schiffer's Ver- suchen kommt diese Eigenschaft auch dem kindlichen Speichel in besonderem Grade zu. Tüllbeutel mit frischem Stärkeklei- ster gefüllt wurden neugebornen Kindern in den Mund gebracht und dort 5 — 10 Minuten belassen. Das älteste dieser zum Versuch dienenden Kinder zählte 2 Stunden-, keins hatte vorher irgend etwas in den Mund bekommen. Unmit- telbar nach dem Herausziehen aus dem Munde, wurde nach Trommer auf Zucker geprüft und gelang es in allen Fällen eine ziemlich reichliche Zuckerbildung nachzuweisen. Dasselbe Resultat ergab ein Versuch mit einem 16 Tage alten Kinde. (Bcrl. klinische Wochenschr. 1872. S. 353). Hbg. 477 C. Literatur und Kritik. Alexander ISTauman. Jahresbericht für Chemie u. s. w. für 1870. 1. u. 2. Band. Allgemeine und physikalische Chemie. Krystallkunde. Dieser Abschnitt hat vei-hältnissmässig wenige Beiträge geliefert. Eine grössere Untersuchung von H. Vogelsang über regelmässige Anordnungen und Gruppirungcn in unorganischen Grebilden, die er Krystalle nennt. Allgemeine theoretisch - chem i sehe Untersuchungen. Die Arbeiten in diesem Fach sind recht zahlreich. L. Meyer giebt einen längeren Bericht über Natur der chemischen Elemente als Funktion ihrer Atomgewichte, anschliessend an eine Arbeit von Mendelejeflf über diesen Gegenstand. Unter Continuität des Gas - und Flüssigkeitzustandes sind viele sehr lesenswerthe Beiträge gesammelt. Ebenso über Diffusion der Gase. Von A. Naumann finden sich Tabellen über abnorme Dampf- dichte der Essigsäure. Thermisch- chemische Untersuchungen. Bunsen veröffentlicht längere Arbeiten über specifische Wärme der Elemente. Anfertigung eines Apparates zur Ertheilung einer constanteu Temperatur bei diesen Versuchen. J. Thomson berichtet über specifische Wärme wässeriger Lösungen und veröffentlicht darauf bezügliche Tabel- len. Eine ähnliche Arbeit lieferte Marignac. Electro -chemische Untersuchungen. Eine umfangreiche Arbeit hat J. W. Müller geliefert über Flüssig- keitsketten. Zaliwski berichtet über ein neues galvanisches Element mit drei Flüssigkeiten. Optisch-chemische Unter suc hu ngen. A. Hayea veröffentlicht Untersuchungen über die blaue Farbe des Genfer Sees. A. W. Hofmann macht auf Complementärfarben bei Ani- linfarbstoffen aufmerksam. Unter Eefraction und Dispersion finden sich verschiedene Abhandlungen mit Tabellen. Ueber Spektralanalyse wird von verschiedenen Autoren berichtet. Ebenso über Circularpolarisation des Lichts, 478 Literatur und Kritik. Unorganische Chemie. In den Vorlesungsversuchen werden Mittheilungen gemacht über: Entzündlichkeit von Gasgemischen , Verdünnungen der Anilinfarben, Ent- stehung von Salpetersäure, Ozon, Wasserstoffsuperoxyd, Ammoniumnitrat, Gefrieren von Wasser durch verdunstenden Schwefelkohlenstotf etc. etc. ■ Allgemeines: Wasserstoff. Hydrogeniumamalgam nach Low. Wasserstoffsuperoxyd nach A. Houzeau. Sauerstoff. Darstellung desselben und Oxydation durch denselben. Ozon und Antozon. Schwefel. Amorpher Schwefel, Schwefelblum cn, Schwefelsalze, über Säuren des Schwefels. Tellur. Darstellung nach Stolba. Chlor. Darstellung reiner Salzsäure nach P. W. Hofmann, kriti- sirt von Fresenius. Brom. Reinigung nach Adrian. Darstellung des Bromwasserstoffs und der Bromwasserstotfsäure nach Champion und Pellot. Jod. Darstellung aus Rückständen nach F. Beilstein. Ueber Farbe, Verbindungen mit Wasserstoff und Sauerstoff -Superjodide. Stickstoff. Gehalt der Luft an denselben in verschiedenen Ver- bindungen. Ammoniumamalgara. Divers bespricht die Darstellung und Eigenschaften des Ammoniumcarbonats und des carbaminsauren Ammoniums. Verhalten desselben gegen schweflige Säure. Xitrylchlo- rür , Elektrolyse der Salpetersäure. Phosphor. Verwandlung in amorphen Phosphor. Schwarzer Phosphor. Leuchten desselben. Löslichkeit in Wasser. Arsen. Vorkommen. Entfernung des schmutzigen üeberzugs auf metallischem Arsen. Einwirkung von Natriumaraalgam. Krystallisirte Arseniate. Bor. Haloid - Verbindungen. Verbindung der Bor- und Phosphor- säure. Kohlenstoff. Verwandlung von Gaskohle in Graphit. Verbin- dungen desselben mit Schwefel und Chlor. S i 1 i c i u m. Fällung von Kieselsäure durch borsaures Kali. Dar- stellung der Kieselflusssäure. Metalle. Allgemeines. Constitution der Verbindungen. Super- oxyde. Kalium. Verbindungen desselben. Natrium, üeber ägyptische Trona von 0. Popp. Caesium und Rubidium. Darstellung aus Lcpidolith. Caesium- zinnchlorid. Calcium. Verhalten concentrirter Chlorcalciumlösung gegen Salz- lösungen. Verbindungen desselben. Baryum. üeber Hydrat desselben nebst Tabellen. Magnesium. Hydrate des Magnesiumoxychlorids. Vorkommen von Ammoniummagnesiumsulfat in den Borsäure - Lagunen Toscana's. Glüh- erscheinungen. Aluminium. Verhalten des Amalgam's. Beryllium- Platinchlorid . Cerit metalle. Untersuchung von Erk und Darstellung reiner Lanthan- und Didym - Präparate, Literatur und Kritik. 479 Zirkonium. Amalgam mit Aluminium. Darstellung von Zir- konerde Mangan. Darstellung des metallischen Mangans. Mangansulfid. Doppelsalze mit Essig und Ameisensäure. Eisen. Zusammensetzung des Bombaystahls. Einwirkung des Was- sers auf Eisen und des Wasserstofi's auf Eisenoxydul. MtroscWefeleisen- verbindungen. Chrom. Verbindungen mit Chlor und Sauerstoff. Chromoxydsalze. Nickel. Legirungen mit Kupfer. Oxydulhydrate. Nickelchromate. Kobalt. Kaliumkobaltoxydnitrite. Ammoniakalische Kobaltver- bindungen. Zink. Ueber Schwefelzink. Indium. Darstellung nach «Stolba und Schrötter. Kupfer. Legirungen desselben. Verbindungen mit Chlor und Jod. Kupferoxydsalze. Blei. Bleisulfat in Xereswein. Thallium. Aufbewahrung desselben. Salze. Zinn. Spec. Gewicht. Verbindungen mit "Sauerstoff und Chlor. Zinnäthylverbindungen. Antimon. Antimonp entasulfid. Uran. Uranoxydnitrat. Molybdän. Salze. Zusammensetzung derselben. Vanadin. Aufnahme von Wasserstoff. Zersetzung an der Luft. Verbindungen mit Brom und Jod. Quecksilber. Extinktion desselben. Zersetzuüg der Salze durch Silber. Silber. Sup eroxyd. Chlor - Brom - Jod - Fluorsilber. Nitrat. Gold. Schwefels. Goldoxydul. Verbindungen mit Chlor und Jod. Platin Bleiplatin. Phosphorplatin. Verhalten des Platinchlorids zu Baryt und Kalkwasser. Sauer Stoffschwefelverbindungen des Palla- diums. Doppelsalze. Organische Chemie. Cy an ver bindungen. Einwirkung von Chlor auf Blausäure. Fer- rocyanide. Aromatische Cyanate nach Hofmann. Cyansäureäther von demselben. Kohlenwasserstoffe und Alkohole der Fettreih en. Dieser Abschnitt giebt einen reichen Inhalt des Neuen, Vervollständi- gung älterer und neuerer Untersuchungen. Aromatische Kohlenwasserstoffe und Derivate. Auch dieses Feld bietet sehr viel Lesenswerthes und sind von vielen Autoren ältere Untersuchungen berichtigt und vervollständigt, wie auch viel Neues hinzugekommen. Aldehyde, Ketone, Chinone. Hofmann, Gerard, Kekul^, Zincke etc. etc. sind Namen, die sich auf diesem Gebiete durch Arbeiten ausgezeichnet haben. Säuren der Fettreihe. Viele berichtigende und neuere Mittheilungen über Verbindungen der Ameisen -, Essig -, Bernsteinsäure etc. mit einfachen und zusammengesetzten Körpern. 480 Literatur und Kritik. Aromatische Scäuren. Sehr lesenswerthe Abhandlungen über Benzoesäure, Cumarin- und Piperin säure. Sulfosäuren. Verbindungen derselben mit Aceton, Fumarsäm-e, Brom. Doppelverbindungen der Bromphenetolsulfosäure. Toluolsulfo- säure. Amine. Diagnose derselben von A. W. Hofmann. Verschiedene Mittheilungen. Azo Verbindungen. Die Hauptarbeiten sind von Petrieff mitgetheilt. Amide. Amidosäuren. Nitride un d Picolinbasen. Eildung des HarnstofiFs. Cyanharnstoff. Schwefels. Harnstofl'. Aspa- ragin. Amidosäuren. Nitrite. Pyridin. Eine längere Abhandlung von Ador und Baeyer über AldehydcoUidin. Phosphor, Arsen und Platinbasen. Mittheilungen von Cahours und Gal. Alkalo'ide. Arbeiten über Betain, Coniin, Nicotin, Opiumbasen, Papaverin, Hyosciamin, Chinin, bieten sehr viel Neues und Interessantes. Kohlehydrate. Ueber verschiedene Zuckerarten nach Hlasiwetz und Habermann. Synanthrose, ein neues Kohlehydrat von 0. Popp. Ueber luulin von Prantl. Glycoside. Darstellung des Tannins nach 0. llothe. Ueber Erlen- gerbstotf von Dreykorn und Reichardt. Fette, ätherische Oele, Harze. Enthält nur wenige und kleine Mittheilungen. Pflanzenstoffe, Pflanzcnanaly se. Bietet eine Menge inter- essanter Untersuchungen verschiedener Pflanzen und Pflanzenstoffe. Gährung und Hefe. Eine sehr lesenswerthe Controverse zwischen J. V. Liebig und Pasteur. Eiweisskörper. Darstellung des Harnstoffes aus Eiweiss nach Bechamp. Behauptung von 0. Low , der so erhaltene Harnstoff sei sal- petersaurer Baryt. Thierchemie. Abhandlungen von J. v. Liebig verschiedener Art. Pettenkofer'scher Eespirations - Apparat. Versuche mit demselben. Zu- sammensetzung verschiedener Milcharten. Produktion derselben bei ver- schiedener Nahrung. Analyse von Knochen. Bildung von Harnstoff. A. W. Futtfarken. Berichtigung. S. 350 Z. 7 von oben lies Cbromgelatine statt platiue. S. 351 Z. 9 von unten rauhe Unterlage statt reiclie. S. 397 Z. 12 von oben statt erstaunlichen — erfreulichen Ptcsultaten. S. 399 Z. 16 V. unten freies Jod statt feines. S. 401 Z. 3 von oben fertigen Platten statt farbigen. S. 407 Z. 9 von oben Buttons statt Guttans. Halle, Buchdruckerei des Waisenhauses. ARCHIV DER PHARMACIE. 3. Reilie, 2. Band, 6. Heft. A. Originalmittheilungen. J. I^liarmacie, pliarmaceut. und pliys. Oliemie. Die mikroskopiselie Prüfung des Brunnenwassers. Von E. Eeichardt. {Nehst 29 Figuren.) Schon länger mit dem in der Ueberschrift angedeuteten Gegenstände beschäftigt, erschien 1871 von G, Bischof*) eine Abhandlung, welche unter dem Titel „über die Bestim- mung der Qualität von Trinkwasser u. s. w." wesentlich den- selben behandelt, jedoch, wie auch schon die Inhaltsanzeige andeutet, von einem anderen Gesichtspunkte ausgehend. Bischof versucht nemlich, durch mikroskopische Prüfung des Abdampfrückstandes von einer grösseren Menge Wasser den Gehalt an organischer Substanz zu erkennen und gelangt dabei zu dem Resultate, dass durch organische Materien die Ausscheidungen mehr und mehr verworren, weniger krystalli- nisch werden, während sog. reines Quellwasser reinere Kry- stallisationen , namentlich von kohlensaurem Kalk, ergeben. Als reines Wasser wird hierbei kalkhaltende Quelle aus der Nähe von Bonn benutzt, endlich aber auch Lösungen von kohlensaurem Kalk in kohlensäurehaltigem Wasser, als unreine Wasser dienen sodann Kloakenflüssigkeiten, Pumpbrunnen, Gemische mit Urin u. s. w., theils hier in Deutschland, theils in England entnommen. *) Fresenius, Zeitschr. f. analyt. Chemie 1871, p. 441. ^rch. d. Pharm. III, Reihe. II. Bds. 6. Heft, 31 482 E. Relcharilt, Die mikroskopische Prüfung des Brunnenwassers. Dass Bischof der organischen Substanz eine so ent- scheidende Bedeutung beilegt für die Beurtheilung von Trink- wasser, gründet sich im Wesentlichen auf die ersten bahn- bi'echenden Untersuchungen Pettenkofers, allein dieser begnügte sich keineswegs mit einer qualitativen Prüfung, sondern stellte als Grenze der organischen Substanz in gutem Trinkwasser die Menge von 5 Theilen in 100,000 Th. Wasser fest, d. h, sog. durch übermangansaures Kali nachweisbarer organischer Materie.*) Die Untersuchungen von Kübel und mir beweisen jedoch , dass wirklich reine Quell wasser noch weit weniger organische Substanz enthalten, 0,5 — 1, — 1,5 Th. in 100,000 Th.; für diese Zwecke ein Wasser vorläufig zu prüfen, genügt es, ein Wenig zu verdunsten und den Rückstand langsam steigernd zu glühen. Reine Quellwasser geben einen Rückstand, welcher bei dem angehenden Glühen sich kaum färbt oder von Kohle schwärzt, bei 2 — 5 Th. organischer Substanz tritt schon ganz bedeutende Schwärzung ein, die natürlich bei Mehrgehalt sich nur steigern kann. Allein die, Pettenkofer's erster Anregung folgenden, Untersuchungen der Wasser führten auch sehr bald dahin, dass die organische Substanz keineswegs allein die Be- oder Verurtheilung eines Trinkwassers bestimmen kann, die Mengenverhältnisse derselben schwanken unendlich und sind namentlich von der nächsten Umgebung der Quelle oder Brunnen abhängig; ist diese an und für sich arm an verwe- senden Substanzen oder die Verwesung zu weit fortgeschrit- ten, so enthalten, wie mir ungemein häufig vorgekommen, die verunreinigsten Brunnen nur sehr wenig organische Sub- stanz, aber in ungewöhnlichem Masse Salpetersäure, Chloride, schwefelsaure Salze u. s. w. Mein Streben ist schon seit längerer Zeit darauf gerich- tet, der Beurtheilung des Trinkwassers eine brauchbare Grundlage zu schaffen und dass diese nicht allein auf die Menge der organischen Substanz gestellt werden kann. *) Vergleiche die 2. Auflage meiner Grunglagen zur Beurtheilung des Trinkwassers, S. 9 u. 12. £. lleichardt, Die mikroskopische Prüfung des Brunnenwassers. 483 wird Jeder einsehen, der der Sachlage etwas näher tritt. Ich glaube, dass ein wesentlicher Fortschritt dadurch erlangt ist, dass man reine Quellen aus den naheliegenden Gebirgen zur Richtschnur nimmt, '^) und diese mit den zu beurtheilen- den Wasserproben vergleicht. So wichtig die ganz allgemei- nen Grenzzahlen für die einzelnen Quellenbestandtheile , die Beurtheilung der Menge ders., sind, so erleiden sie durch örtliche Verhältnisse der Gebirgsformation doch sehr wesent- liche Schwankungen. Ein reinstes Gebirgswasser, aus Granit oder Basalt entspringend, zeigt ganz andere Mischung als die harten Wasser der Kalkformation u. s. w. Es leuchtet wohl ein, dass die Güte eines Trinkwassers keineswegs von der organischen Substanz beeinträchtigt wer- den kann, Quellen von natürlicher Reinheit, aber starkem Gypsgehalt, Salzquellen u. dergl. sind ebenso für den Genuss unbrauchbar. Versucht man jedoch eine Eintheilung der Wasser nach ihren gewöhnlich vorkommenden Bestandtheilen , so könnte man wohl aussprechen, dass reine Trinkwasser vorwaltend kohlensaure Salze — namentlich Kalk und Talkerde — ent- halten, mit sehr wenig Chloriden und schwefelsauren Salzen, meistens dann Natron- und Kalisalzen. Unter den schwefelsauren Salzen findet sich am häufig- sten in grösserer Menge der Gyps, seltener schwefelsaure Magnesia. Unter den Chloriden enthalten Quellwasser leicht grössere Mengen Chlornatrium und bilden dann schliesslich die sog. Sool- oder Salzquellen. Diese normal in grösserer oder geringerer Menge vor- kommenden Bestandtheile der Quellwasser lassen sich durch- gängig leicht an ihrer eigenthümlichen Krystallform erkennen, welche nach dem Eintrocknen beobachtet werden kann. Die abnormen, durch locale Zuflüsse gegebenen, Bestand- theile der Quell-, Brunnen- Wasser sind zwar sehr häufig ^vie- *) Vergl. diese Zeitschr. 1873. Bd. 2. S. 211. 3i* 484 E. Eeicliardt, die mikroskopische Prüfung des Brunnenwassers, derum dieselben schwefelsauren Salze und Chloride, aber ausserdem namentlich salpetersaure Salze, welche sich durch Zerfliesslichkeit auszeichnen und deren Krystallisation oder Krystallform nur in sehr trocknem Zustande beobachtet wer- den kann. Dies ist der Fall bei salpetersaurem Kalk und salpetersaurer Talkerde, auch dem Natronsalpeter, wogegen das entsprechende Kalisalz allerdings sehr leicht und haltbar krystallisirt. Zur Nachweisung der Salpetersäure dient sehr leicht die gleichfalls mit mikroskopischer Genauigkeit mögliche Prüfung mit Brucinlösung , wozu 1 Tropfen des betreffenden Wassers vollständig genügt.*) Tritt die Eeaction einigermassen leb- haft auf, so ist das Wasser schon sehr verunreinigt, da reines Quellwasser die Reaction nicht oder kaum erken- nen lässt. Ausser dieser unendlich feinen Reaction auf Salpetersäure gestattet aber die mikroskopische Prüfung des Abdampfrück- standes von Wasser sehr leicht äusserst brauchbare Nach- weisungen und ist dieselbe auch leicht ausführbar, sowie interessant. Man braucht zu diesem Zwecke nur einen einzigen Tro- pfen Wasser auf einem Objectglase einzudunsten , entweder freiwillig oder durch Unterstützung mit Wärme. Das freiwillige Verdunsten kann sehr leicht unter einer Glocke, vor Staub geschützt, geschehen, hat man Chlorcal- cium oder conc. Schwefelsäure u. dergl. darunter, so beschleu- nigen diese natürlich das Austrocknen. Das Verdunsten mit Hülfe der Wärme kann auf war- mer Unterlage — Ofenplatte — geschehen, oder auch durch directes vorsichtiges Erwärmen. Die Trockenrückstände können dann sofort mit passen- der Vergrösserung unter dem Mikroskope betrachtet werden. *) Vergl. meine Grundlagen, 2. Aufl., S. 52; auch diese Zeitschr. 1871, Bd. 145 S. 108. E. ßeichardt, Die mikroskopische Prüfung des Brunnenwassers, 485 Kohlensaurer Kalk. Es wurden hierzu Lösungen von reinem kohlensaurem Kalk in kohlensäurehaltigem "Wasser benutzt. Fig- I- Fig. II. Kohlensaurer Kalk (kalt verdanst.) Kohlensaurer Kalk (warm verdunst.) 357 f. Vergr. - 357 f. Vergr. Fig. I ist langsam, kalt eingetrocknet ; Pig. II auf heisser Platte, In beiden Objecten zeigt sich deutlich die rhomboedrische Krystallisation des kohlensauren Kalkes, bei der langsamen Verdunstung bei gewöhnlicher Temperatur hat ' sich der koh- lensaure Kalk noch mehrfach in dendritenartigen Formen oder kugelig abgeschieden. Selten erhielt ich Arragonit - Krystalle, welche dann in spiessigen Nadeln auftraten, namentlich wenn die Flüssigkeit bis zum Sieden gebracht war. Kohlensaure Talkerde. Gleichfalls Lösung von reinem Materiale in kohlensäure- haltigem Wasser. Obgleich weit leichter löslich, als der kohlensaure Kalk, erhielt man doch selbst bei sehr langsamem Eintrocknen keine erkennbaren Krystalle, sondern stets rundliche Formen, oder hautähnliche Ueberzüge des Objectglases mit verschieden- artigen Rissen durchzogen, wie sie beide x\bbildungen wie- dergeben. 486 E. Reichardt, Die niikroskopiscbe Prüfung des Brunnenwassers. Fig. III. Fig. IV. Koblens. Talkerde (kalt verdunst.) Kohlens. Talkerde (warm verdunst.) 230 f. Verg. 230 f. Vergr. Schwefelsaurer Kalk, Gyps. Verdunstet wurden hierbei die einfachen Lösungen von Gyps in Wasser. Fig. V. Fig. VI. Gyps (kalt verdunstet.) Gyps (warm verdunstet.) 120 f. Vergr. 120 f. Vergr. Der Gyps ist ein sehr verbreiteter Bestandthcil der Quellwasser, selbst in sehr reinen Vorkommnissen findet sich derselbe regelmässig, wenn auch nur in sehr geringer Menge. Er krystallisirt ungemein leicht in den bekannten schiefen rhombischen Tafeln oder noch häufiger in sternförmig grup- E. Eeicliardt, Die mikroskopische Prüfung des Brunnenwassers. 487 pii'ten und aufgeliäuften Nadeln, ziemlich spitz ausgehend, und nach unten sich rasch verbreiternd. ¥ig. V giebt meh- rere solche Ausscheidungen charakteristisch wieder. Bei schnellem Verdunsten in der Wärme ziehen sich (Fig. VI) die Krystalle mehr zusammen in Bändern oder Randkrystallisationen , von dem äusseren Rande der Müssig- keit nach Innen zu entstehen jedoch stets wieder spiessige Krystalle, oftmals auch in umgekehrter Form, so dass die breite Basis der Krystalle nach Oben oder Innen gerich- tet ist. Die Gypskrystalle zeichnen sich endlich durch die Bestän- digkeit aus, so dass, wenn andere Ausscheidungen durch Anzie- hung von Wasser wieder flüssig werden, z.B. Alkali- oder Magnesiasalze, die Gypsausscheidungen wie inselförmig darin verbleiben. Schwefelsaure Mag'nesia. Man muss äusserst verdünnte wässrige Lösung zur Ver- dunstung wählen. Fig. VII. Fig. VUI. Schwefels. Magnesia (kalt verdunst.) Schwefels. Magnesia (warm verdunst.) 230 f. Vergr. 230 f. Vergr. Bei der langsamen- Verdunstung scheiden sich wohl erkennbare, besonders breite Krystalle aus, die isolirten Kry- stallisatiouen des Gypses wurden nie beobachtet; warm ein- 488 E. ßeicbardt, Die mikrobkopische Prüfung des Brunnenwassers. getrocknet sind zwar vom Rande aus noch einige spiessige Krystalle sichtbar, allein im Ganzen hat sich eine der koh- lensauren Magnesia ähnliche, jedoch dichtere Haut mit viel- gestalteten Eissen durchzogen gebildet. Von den Alkalisalzen wurden, des Vorkommens wegen, nur 2 für diese Prüfungen ausgewählt. Chlornatrium. Aus sehr verdünnter Lösung, kalt verdunstet. Fig. IX. Chlornatrium (kalt verdunstet.) 350 f. Vergr. tersuchung zu gross. Salpetersaures Kali Fig. X. Salpetersaures Kali (wann verdunst.) Es sind hier sehr deutlich die verschiedenen Formen sicht- bar, in denen das Kochsalz in Würfel- und Octaederform, und in den verschiedensten An- sätzen dazu auszukrystallisiren pflegt. Weil nicht zerfliess- lich, so bleiben diese Krystal- lisationen sehr häufig lange Zeit sichtbar und erkennbar. Bei einiger Massen salzreiche- rer Lösung werden die Kry- stalle für mikroskopische Un- 120 f. Vergr. Das Object ist durch Ein- dunsten einer Lösung von 1 Th. Salpeter in 1000 Th. Wasser in der Wärme erhal- ten, und zeigt die bekannten spiessigen und rhombischen Krystallformen des Salpeters sehr gut. Namentlich in sehr verunreinigtem Wasser von Pumpbrunnen treten derartige Abscheidungen oft in Massen hervor j jedoch ist die Anwe- E. ßeichardt, Die mikroskopische Prüfung des Brunnenwassers. 489 senheit der Salpetersäure, wie oben schon besprochen, quali- tativ zu constatiren. Salpetersaures Natron. Bei der leichten Zerfliesslichkeit dieses Salzes erhält man Krystalle nur in trockenem Eaume, über Chlorcalcium und dergl. , sie verschwinden sehr bald wieder , und können ebenso wieder hervorgerufen werden, zeigen sich dann aber als völlig durchsichtige, schöne Ehomboeder. Untersuchung der Wasser. Wenn man auf sämmtliche bekannte, oder berechnete Salze Rücksicht nehmen wollte, wie sie die Analysen von Wasser aufführen, so könnte noch eine grössere Zahl dieser mikroskopischen Bilder vorgeführt werden, jedoch möchte ich einmal das Gebiet nicht zu umfangreich machen, da ja kei- neswegs ein Ersatz der chemischen Analyse in Aussicht genommen werden kann, sondern nur eine rasch ausführbare Probe geboten, sodann würde aber auch die Gefahr nahelie- gen, Irrthümer zu veranlassen, indem diese Krystallisationen oft bei ziemlich fremden Substanzen nahe übereinstimmen oder doch sehr schwer unterschieden werden können. Das Verhalten der warm oder kalt erhaltenen Abdampf- rückstände ist keineswegs gleich und da man bald zu dieser oder jener Weise, je nachdem passend, greifen wird, so wurde der Vergleich bei den besonders wichtigen Steifen stets geboten. Noch eine einfache Operation ist jedoch bei derartigen Prüfungen zu empfehlen, — die Entfernung des kohlensauren Kalkes und grossentheils der kohlensauren Talkerde durch einige Minuten langes Kochen. Verdunstet man zunächst einen Tropfen des Wassers für sich und prüft den Rückstand mikroskopisch, so hat man die fast stets vorwaltenden kohlensauren Salze von Kalk und 490 E. Keichardt, Die mikrookopische Prüfung des Brunnenwasser^. Talkerde sehr reichlich vertreten. Entfernt mau dieselben hierauf durch etwas längeres Kochen , so treten bei dem Eindunsten des Filtrates um so besser die gelöst bleibenden Salze der Alkalien, sowie Gyps, Bittersalz u. s. w. deutlich hervor und erhält man eine zweite, sehr leicht ausführbare und sehr erwünschte Prüfung- des Wassers. Besonders bei verunreinigtem Wasser finden sich salpe- tersaurer Kalk und Salpeters. Magnesia, sowie die Chloride dieser alkalischen Erden vor; sie zeichnen sich stets durch die flüssige Form aus, da es nur sehr schwer und nur auf Augenblicke gelingt, Krystallisationen zu erhalten. Man sieht dann stets den Rand der Objecte mit ölartiger Flüssigkeit umgeben und schwimmen sehr häufig die Krystalle von Gyps, kohlensauren Kalk, auch Kochsalz u. s. w. darin. Alkalisalze, auch Chlornatrium, besonders aber salpetersaures Kali oder Xatron, krystallisiren oft erst in schöneren Krystallen aus, wenn man das Object im trocknen Eaume noch weiter ver- dunstet, während vorher auch hier immer flüssig bleibende Theile wahrzunehmen waren. Verschiedene Probeobjecte werden die Sachlage auf- klären. I Zunächst wurde das Wasser der hiesigen laufenden Brunnen, Kalkformation, gewählt und folgende Resultate erhalten. Jenaer fliessendes Quell w asser. Die chemische Untersuchung hatte für 100,000 Th. Wasser ergeben: Abdampf- Organ. Salpeter- Chlor. Schwefel- Kalk. Talk- Härte, rückstand. Substanz. säure. säure. erde. 39.2 0.89 0.16 0.54 1.60 14.0 3.0 18.2. Demnach ein hartes Kalkwasser mit wenig Gyps, noch weniger Chloriden und sonstigen gewöhnlichen Bestand- theilen. E. Reichardt, Die mikroskopische Prüfung des Brunnenwassers. 491 Fig. XI. Fig. XII. Quellwasser von Jena (warm verdunst.) Quellwasser von Jena (kalt verdunst.) 350 f. Vergr. 350 f. Vergr. Fig. XI zeigt den bei Verdunstung in der Wärme erhal- tenen Rückstand, XII denj. in der Kälte; beide zeigen eine Menge rundlicher bis krystallinischer Abscheidungen , theils länglich, mehr den Arragonitformen zugehörend, theils die rhomboedrischen Gestalten des Kalkspathes, erstere treten besonders an den Wandungen von Fig. XI hervor, demnach nach Verdunstung bei höherer Temperatur. Fig. XIII rührt von dem Fig. XIII. ganz gleichen Wasser her, Quellwasser von Jena (Arragonit.) welches sehr heiss eingetrock- net worden und ergiebt nun sehr schön die spiessigen Ag- gregate des Arragonites, sie sind unter dem Mikroskope leicht von dem mehr glänzen- den und durchsichtigen Gyps- krystallen zu unterscheiden. Fig. XI und XII beweisen übrigens deutlich die grosse Menge der kohlensauren alka- lischen Erden, da die Masse der 350 f. Vergr. Abscheidungen das Gesichtsfeld deckt, so weit der Rück- stand des eingetrockneten Tropfens auf die Zeichnung über- 492 E. Rcichardt, Die mikroskopische Prüfung des Brunnenwassers. tragen wurde; bei Fig. XIII sind diese kleinen Aiisschei- dungen zu grösseren Krystallhaufen vereint und bemerkt man hier sehr gut den mit rundlichen Anhäufungen versehenen Rand, der häufig noch flüssig ist, von den Alkalisalzen oder zerfliessenden Chloriden und Nitraten, hier allerdings in zu geringer Menge vertreten. Fig. XIV. Fig. XV. Quellwasser v. Jena (nach d. Kochen.) Quellwasser von Jena (nach d. Kochen.) 350 f. Vergr. 120 f. Vergr. » Fig. XIV und XV sind nun Rückstände von demselben Quellwasser, nach längerem Kochen filtrirt, erhalten. Es sind hier noch mehrere Krystallgruppen zusammengezeichnet, um die Eigenthümlichkeit derselben besser wiederzugeben. Die einzelnen Krystalle sind Gyps, welche vorher bei der Masse der kohlensauren Salze nicht hervortraten, einzeln sind auch öfters Kochsalzwürfel zu finden, doch enthält dieses Quellwas- ser zu wenig davon. Weit characteristischer tritt aber der theilweise zerrissene oder mit rundlichen Körpern versehene äussere Rand der Verdunstungsfläche hervor. Gyps quellen. Da dieselben in unserer Muschelkalkformation nicht selten zu Tage treten, wurde die in unmittelbarer Nähe von Weimar entspringende „Lottenquelle" zum Vergleiche gewählt. E. Eeichardt, Die mikroskopiscLe Prüfung des Brunnenwassers. 4Öc Abdampf- rückstand. Organ. Substanz. Salpeter- säure. Chlor. Schwefel- säure. Kalk. Talk- erde. 214.75 0.87 0.14 0.37 120.8 73.8 10.4 Die frühere Untersuchung hatte für 100,000 Th. Was- ser ergeben: Härte. 88.4. Welcher gewaltige Unterschied mit dem wohl auch har- ten, aber gypsarmen Quellwasser aus der Ifähe von Jena. Berechnet man die Schwefelsäure auf schwefelsauren Kalk, so entsprechen diese 120,8 Th. Säure 205,3 Th. wasserleeren schwefelsauren Kalk oder circa 2 pro Tausend Theile Wasser, demgemäss eine völlig gesättigte Gypslösung; jedoch ist ein wesentlicher Theil auch als Bittersalz vorhanden. Die Mengen von Chlor, Salpetersäure, auch organischer Substanz sind sonst völlig normal, wie bei reinen Quellen. Fig. XVI. Gypsquelle (kalt verdunst.) Fig. XVII. Gypsquelle (kalt verdunst.) 120 f. Vergr. 350 f. Vergr. Fig. XVI und XVII geben die Ansichten des bei gewöhnlicher Temperatur erhaltenen Abdampfrückstandes wie- der bei verschiedener Vergrösserung und in sehr verschiede- ner Gruppirung. Auch bei diesen kleinen oder kleinsten Krystallisations- versuchen treten in der Art der Abscheidung der Krystalle die mannigfachsten Formen hervor, jedoch ist auch schon im Bilde der Gyps unverkennbar. 494 E. Heichardt, Die niikroskopische Prüfung des BruttnenwagserS. Fig. XVIII. Fig. XIX. Gypsquelle (warm verdunst.) Gypsquelle (nach d. Kochen vcrdunst.) 3 50 f. Vergr. 120 f. Vergr. Fig. XVIII, in der Wärme verdunstet, zeigt ein äusserst verworrenes Gemisch, aus dem jedoch Gypsnadeln wiederum hervorstechen. Fig. XIX endlich giebt unbedingt am schönsten und reinsten die Gypskrystalle, je einzeln charakteristisch erkenn- bar. Sowohl in Fig. XVII wie XVI sind neralich , auf dem Bilde nicht oder wenig bemerkbar, eine Menge krümlicher Abscheidung von kohlensaurem Kalke eingelagert und trüben die Krystallhaufen , wie die Gesammtmasse der Krystalle. Die kohlensauren Salze sind bei Fig. XIX durch Kochen vor- her abgeschieden, gleichzeitig tritt eine Umränderung des Rückstandes hervor, auch in Fig. XVI bemerkbar, gar nicht bei XVII; es sind dies, wie schon wiederholt bemerkt, gewöhnlich die Alkalisalze. Pumpbrunnen aus Jena. Es mag dieser in der Betrachtung vorangestellt wer- den, des Vergleiches wegen mit den hier vorkommenden rei- nen Quellen, von denen Fig. XI — XV das Wasser der Jenaer laufenden Brunnen betreffen. Der fragliche Pumpbrunnen war in einem Garten in nächster Lage der Saale gegraben worden und man hätte um 80 weicheres, dem fliessenden nahe kommendes Wasser E. Reichardt, Die mikroskopisclie Prüfung^ des Brunnenwassers. 4Ö5 erwarten sollen. Allein der Geschmack erwies etwas Ande- res und die chemischen E,eactionen desgleichen sehr viel Chlor, Schwefelsäure und Salpetersäure. Die weitere Erörte- rung der Sache ergab endlich, dass vor mehr als hundert Jah- ren hier der Begräbnissplatz der im Kranken-, Pestilenz-, Hause Verstorbenen gewesen, deren ßeste nun im Wasser dieses Brunnens mit genossen werden sollten,. Fig. XX. Fig. XXT. Pumpbrunnen a. Jena (kalt eingedunst.) Pumpbrunnen a. Jena (warm einged.) Tempe- XXII Pumpbrunnen a. Jena (nacb d. Kochen.) 350 f. Vergr. 350 f. Vergr. Fig. XX giebt den Bückstand bei gewöhnlicher ratur verdunstet wieder, XXI warm eingedunstet, nach dem Kochen und Piltriren. Fig. XXII, Bei dem in der Wärme ein- getrockneten Bückstande sind die Krystalle zu sehr gehäuft, im Allgemeinen bemerkt man Massen von Salzen, kugelige und nierenförmige Abscheidun- gen jedenfalls kohlensaurer Salze, Gyps oder Bittersalz- krystalle, Chlornatrium, Kali- salpeter; weit deutlicher ge- schieden treten dieselben Körper bei Fig. XX auf, wo die 350 f. Yergr. 4Ö6 E. Heiciiardt, Die mikroskopische Prüfung des Erunnenwasgers. langsame Verdunstung bei gewöhnliclier Temperatur benutzt wurde. Ein völlig geändertes Bild giebt nun Fig. XXII, worin die Alkalisalze sehr deutlich hervortreten, die Würfel und octaedrischen Combinationen des Kochsalzes, die Säulen des Salpeters und endlich in sehr bedeutender Stärke der dicke eingetrocknete Rand, allem Anschein nach aus schwefelsaurer Talkerde bestehend. Pumpbrunnen aus Weimar. Es wurde ein sehr verunreinigter zur Prüfung gewählt; die früher ausgeführte chemische Untersuchung hatte folgende Bestandtheile in 100,000 Th. Wasser erwiesen: Härte. Abdampf- riickstand. Organ. Substanz. Salpeter- säure. Chlor. Schwefel- säure. Kalk. Talk- erde. 258.75 4.0 41.2 34.5 33.5 28.9 18,^ Quelle bei Weimar. 34.5 1.5 0.25 Spur 1.5 12.4 6.5 21.5. Die Untersuchungsresultate einer bei Weimar zu Tage tretenden reinen Quelle sollen nur einen Einblick in die Verunreinigungen gewähren, welche in bewohnten Districten den Pumpbrunnen zufliessen, einen Einblick in die Sachlage, was für verschiedene Mischungen wir als Trinkwasser benutzen. Fig. XXIII. Fig. XXIV. Pumpbrunnen a. Weimar (kalt verdunst.) Pumphruimen a. Weimar (kalt verd.) 350 f. VergT. 120 f. Vergr. Fig. XXIII und XXIV sind die Abbildungen der bei gewöhnlicher Temperatur erhaltenen Abdampfrückstände von E. RcictarcU, Die mikroskopische Prüfung des Brunnenwassers. 497 2 verschiedenen Proben, Die krümlichen Abscheidungen sind jedenfalls wieder kohlensaure Salze , welche bei Fig. XXV, nach dem Kochen erhalten, gänzlich fehlen. Dass bei dem einem Objecto die Krystalle grösser sind, wie bei dem zwei- ten, so dass sogar geringere Yergrösserung gebraucht wer- den konnte, liegt in den gewöhnlichen, zufälligen Ver- schiedenheiten begründet, jedoch treten Grypskrystalle deut- lich hervor und jedenfalls auch Kalisalpeter. Weit deutlicher und reiner giebt dies allerdings Fig. XXV wieder, Koch- salzkrystalle fehlen, dagegen ist ein starker verschwommener Eand, jedenfalls zerfliesslicher Chloride, vorhanden, wenig- stens konnte derselbe niemals trocken erhalten werden. Fig. XXV. Pumpbrunnen ans Weimar (nach dem Kochen.) 120 f. Vergr. Sehr schön sichtbar zeigen sich einzelne Rhomboeder von salpetersaurem Natron, welche nach längerem Liegen über Schwefelsäure ausgezeichnet ausgeprägt und durchsich- tig erschienen und bei einigem Liegen an der Luft wieder verschwanden, d. h. sich lösten. Für salzreichere Quellen mögen nur" die folgenden 2 Bei- spiele Anhalt geben. Arch. d. Pharm, m. Reihe. 11, Bda e.Pft. 32 498 E. Reichardt, Die mikroskopische Prüfung des Brunnenwassers. Fig. XXVI. Pyrmonter Wasser (kalt verdunst.) Fig. xxvir. (warm verdunst.) ,120 f. Vergr. 120 f. Vergr. Fig. XXVI und XXVII geben Abbildungen der kalt oder warm bereiteten Abdarapfrückstände vom Pyrmonter Stahlbrunnen. Das Eisen war vollständig schon vorher abge- schieden. Vichy. - Wasser. Fig. XXVIII. Fig. XXIX. (kalt verdunst.) (warm verdunst.) 120 f. Vergr. 120 f. Verg. Fig. XXVIII und XXIX betreffen gleiche Eückstände von Wasser von Vichy grande Grille. Ersteres Wasser von Pyrmont enthält namentlich schwe- felsaure Kalk- und Talkerde, letzteres von Vichy schwefel- saures Natron, kohlensaures Natron. Bei beiden Wasserprobeu E. Eeichardt, Die mikrosliopische Prüfung des Brunnen-Wassers 499 lassen sich diese Bestandtheile sehr gut wahrnehmen. Die spiessige, nadeiförmige Krystallisation des Grypses und Bitter- salzes tritt bei XXVI und XXVII deutlich hervor, die tafel- artigen Krystallisationen der Natronsalze bei XXVIII, sie wurden bei warmem Verdunsten geändert, XXIX, und zeigen sich nunmehr vielfach die Würfel des Kochsalzes. In beiden Wässern sind noch ansehnliche Mengen kohlensaurer alkali- scher Erden — Kalk und Talkerde, — allein diese scheiden sich bei Gegenwart so vieler leicht löslicher Salze meistens körnig aus und lagern in und an den grösseren Krystallen an. Bei der leichten Ausführbarkeit dieser Proben sind die- selben als Vorprüfung ohne chemische Hülfsmittel sehr zu empfehlen, namentlich denjenigen, welche chemische Eeagen- tien nicht sofort zur Hand haben oder dieselben nur ungern gebrauchen, so namentlich den Aerzten; jedoch sind diese mikroskopischen Untersuchungen auch geübten Chemikern nicht ohne Interesse und sollen diese wenigen Beispiele mehr anregend wirken. Ein Jeder, der solche Proben anstellt, ist in wenigen Minuten oder Stunden der eigene Lehrmeister, namentlich wenn er gleichzeitig eine reine, fliessende Quelle der Umgebung mit prüft und sich so ein örtlich sehr wich- tiges Normalmass schafft. Organische Substanz, Chloride, schwefelsaure Salze, sal- petersaure finden sich in reinem Quellwasser nur in sog. Spuren, d. h. Chlor - und Schwefelsäure werden durch Silber - oder Barytlösung in angesäuerter Flüssigkeit nur als Trübungen sich zeigen, Salpetersäure durch Brucinlösung nicht kenn- bar sein u. s. w. Selbst bei sehr weichem Wasser kann man dennoch den Satz festhalten, dass der Menge nach unter den festen Bestandtheilen der reinen Trinkquellen die kohlensauren Salze der Erdalkalien — des Kalkes und der Talkerde — vorwalten; diese sind aber, wie oben ausgeführt, durch Kochen abscheidbar und so giebt der Abdampfrückstand vor und nach dem Kochen und Filtriren sofort einen sehr brauch- baren Vergleich. In den aufgeführten Zeichnungen ist viel- fach mehr zusammengedrängt der Inhalt wieder gegeben 32* 500 Herrn. Müller, Graswurzelzucker und Triticin etc. worden, um der Beobachtung mehr Material der Formenbil- dung zu bieten. Bei den kalkreichen, harten Quellen der Umgegend von Jena ist beispielsweise der Unterschied ein höchst auffallender. Die direct gewonnenen Abdampfrückstände sind über und über mit Kalkkrystallisationen bedeckt; nach dem Kochen treten sodann nur sehr einzelne Krystallgruppen auf, deutlich als Gyps, Kochsalz u. s. w, erkennbar. Bei unreinem Wasser steigern sich die auch nach dem Kochen in Lösung bleibenden Theile mehr und mehr. Die Nachweisung der Salpetersäure durch Brucinlösung ist eine so difficile und dennoch leicht ausführbare, dass ein Jeder, der sich zu Wasserprüfungen vei'anlasst findet, die wenigen Reagentien und Utensilien zur Hand haben müsste. Die organische Substanz zeigt sich aber äusserst scharf bei langsam gesteigerten Glühen einer grösseren Menge Abdampfrückstandes durch Schwärzung, Abscheidung von Kohle. Nimmt man diese beiden letzten Beactionen auf Salpe- tersäure und organische Substanz gleichzeitig mit der mikrosko- pischen Prüfung des Abdampfrückstandes vor, so wird man stets unreines Wasser von reinem unterscheiden können und unter Umständen in ganz kurzer Zeit im Stande sein, Was- ser als Genusswasser zu verwerfen oder zu empfehlen, oder bei zweifelhaften Fällen der allein genau Aufschluss geben- den chemischen Untersuchung zuzuweisen. Jena im April 1873. Ueber den Uraswurzclzucker uiul über das Triticin, ein neues Kolilenliydrat im Rliizom Ton Triticum rei)ens L. Von Dr. Hermann Müller in Fraureuth. Die nachstehenden Untersuchungen, welche ich im Som- raerseraester 1872, also noch bei Lebzeiten meines hochver- ehrten Lehrers H. L u d w i g, in dessen Laboratorium ausgeführt Herrn. Müller , Graswurzelzucker und Triticin etc. 501 habe, bilden die Fortsetzung und Ergänzung, zum Theil auch Berichtigung einer im Mai -Heft des vorigen Jahrg. dieser Zeitschrift (Arch. Pharm. IL K 150. Bd. S. 132 — 147) ver- öffentlichten Arbeit „über die Bestandtheile der Queckenwur- zel" von H. Ludwig und mir, auf welche ich, um Wieder- holungen zu vermeiden, zunächst verweisen muss. Es ist die Queckenwurzel bekanntlich eine sehr gewöhn- liche, meist mit Geringschätzung behandelte pharmaceutische Drogue, hinsichtlich deren man mit wenigen Ausnahmen bisher genug gethan zu haben glaubte , wenn man sagte : „ sie ent- hält hauptsächlich Zucker (nach Pfaff Graswurzelzucker) und süssen Extractivstoff. '' Sieht man aber, was in der älter en Literatur Alles über ihre Bestandtheile gesagt wird, so dürfte dies schon allein geeignet sein, Interesse für sie zu erwecken, im Folgenden aber wird sich aufs lü^eue zeigen, dass selbst die gewöhnlichsten pharmaceu tischen Dinge oft genug noch Gegenstand interessanter Untersuchungen werden können. Das Wichtigste aus der älteren und neueren Litteratur über die Bestandtheile der Ead, gram, ist in der oben genann- ten Arbeit zusammengestellt; hier will ich nur noch hinzufü- gen und hervorheben, dass bereits im Jahre 1787 Hof mann in Leer gefunden hat, dass man aus dem Safte der in vielen Gegenden so häufigen Queckenwurzeln eine Art Wein, Bier, Weingeist, Essig, sowie auch Oxalsäure darstellen könne. (Crell's Beiträge UI. S. 123.). Die in der vorerwähnten Arbeit von H. Ludwig und mir mitgetheilten „vorläufigen" Versuche verfolgten hauptsächlich zwei Richtungen, nemlich die Bestimmung der in Rad. gram, enthaltenen Zuckerarten und dann die Auffindung und Charakterisirung des Stoffes, aus dem dieselben zunächst her- vorgehen: dem entsprechend zerfallt auch das Nachfolgende in zwei Theile. I. TJeber den Zucker in Radix graminis. Es ist hier zunächst ein Irrthum in unserer früheren Abhandlung zu berichtigen. 502 Herrn. Müller, Graswurzelzucker und Triticin etc. Der sowohl aus dem extractum graminis als aus der Wurzel durch Ausziehen mit Weingeist u. s. w. erhaltene Zucker wird dort für ein Gemisch von Fruchtzucker und Traubenzucker erklärt, weil er den polarisirten Lichtstrahl nach links dreht, doch nicht so stark als reiner Fruchtzucker und weil er sich bei einem mit ihm angestellten Versuche durch Behandeln mit Kalkmilch u. s. w. spalten liess in ziem- lich reinen Fruchtzucker und in einen Körper, der sehr wenig süss schmeckte, Kupferoxyd in alkahscher Lösung stark reducirte und die Polarisationsebene schwach nach rechts drehte, den wir deshalb für noch mit etwas Frucht- zucker verunreinigten Traubenzucker hielten. Sein Gewicht betrug nur wenig (0,437 g.). Als ich später wieder auf die- sen Gegenstand zurückkam, fand ich jedoch die frühere Beobachtung bezüglich der Bechtsdiehung der vermuthlichen Dextroselösung nicht bestätigt. Es fand sich, dass die nach dem früheren Verfahren wiederholt und in grösserer Menge erhaltene vermeintliche Traubenzuckerlösung keine oder wenigstens keine deutliche Wirkung gegen den polarisirten Lichtstrahl ausübte, und dass ihr Abdampf- rückstand sich nur zum kleinsten Theil in abso- lutem Alkohol löste. Der geringe lösliche Theil bestand aus sehr süss schmeckender Levulose und etwas Calcium- chlorid, der unlösliche Theil gab sich als äpfelsaurer Kalk zu erkennen, vermischt mit einem beim Abdampfen sich etwas bräunenden , gummiartigen Stoffe , der beim Behandeln mit verdünnter Schwefelsäure noch eine sehr geringe Quantität Zucker (Levulose) lieferte. Nach vielfachen Versuchen bin ich zu der Ueberzeugung gekommen, dass bei der früheren Beobachtung einer Rechtsdrehung eine Täuschung stattgefun- den haben muss, — vielleicht dadurch hervorgerufen, dass die betreffende Lösung noch ziemlich gelb gefärbt war, — und dass die Queckenwurzel keine Dextrose enthält. Ich befand mich hierin dann auch mit Ludwig in vollem Einverständniss. Bevor ich weitergehe, will ich die bei allen folgenden Polarisationsversuchen zur Berechnung des Molecularrotations- Herrn. Müller, Graswurzelzucker und Tri ticin etc. 503 Vermögens der betr. Substanz benutzte Formel aus der frühe- ren Abhandlung hier wiederholen; sie lautet und es bezeichnet darin a die direct beobachtete Drehung-, V das Volumen der Flüssigkeit in CC, 1 die Länge des Eohres in Decimetern, p das Gewicht der gelösten Substanz in Grammen, Die Abwesenheit von Eohrzucker in Rad. gram. war zwar schon sehr wahrscheinlich durch den Umstand, dass die betreffenden Lösungen niemals Spuren von Krystallisation zeigten, wurde aber ferner noch durch folgenden Versuch ausser Zweifel gestellt. Die Lösung einer von Neuem aus Queckenwurzel durch Ausziehen mit Alkohol, Neutralisiren des Auszugs mit Kalk, Behandeln des Filtrats mit Kohlensäure, Filtriren, Eindampfen und Aufnehmen mit Wasser dargestellten Quantität Zuckers, welche 3,497 g. desselben enthielt, zeigte eine directe Drehung von 14<^ links, wonach [a]j = — 54°,0, Nemlich a = 140,0 links, p = 3,497 g. 1 = 2 Dm. V = 27 CC. 97 daher [a]j = 14 ^ ^ ' ^ = 540,0 links. *- -'■' 2.3,497 ' Dieselbe wurde mit 1 CC, verdünnter Schwefelsäure ^2 Stunde lang auf 98 ^ erwärmt und nach dem Erkalten auf 29 CC. gebracht. 27 CC, davon, ^ 3,255 g, Zucker, gaben jetzt eine directe Drehung von 13^,0 links, wonach [«]j = — 530,9. Denn a = 130,0 links p = 3,255 g. 1 = 2 Dm. V = 27 CC. also [ali == 13 ^ ,' , = 530,9 links. - ■''' 2.3,255 504 Herrn. Müller, Graswurzelzucker und Titricin etc. Bei Anwesenheit von Rohrzucker hätte sich das Rota- tionsvermögen nach links durch Inversion desselben ver- grössern müssen. Wiederholung dieses Versuches mit andern Portionen Zucker führte zu demselben Resultate. Welche Bewandniss es mit dem Pfaff sehen „Gras- wurzelzucker" hat , ist in der mehrfach erwähnten Ab- handlung S. 141 — 142 ausführlich dargethan. Derselbe besteht jedenfalls aus milchsaurem Kalk, dem noch Fruchtzucker anhängt, wozu in manchen Fällen viel- leicht noch Mannit kommt, obwohl ich diesen letzteren bis jetzt weder in der Queckenwurzel noch in extract, gram, habe finden können. Er würde, gleich der Milchsäure, erst secundär (durch gelinde Gährung des wässrigen Auszuges oder des Extractes, besonders bei Bereitung des letztern, während der warmen Jahreszeit) entstanden sein, ursprüng- lich kommt er in der Queckenwurzel nach allen meinen Beobachtungen nicht vor. Ebenso finden sich milchsaure Salze nicht fertig gebildet in der Queckenwurzel, was folgen- der Versuch beweist. 200 g. Rad. gram, wurden im Dampfbade mit Wasser ausgezogen , der Auszug rasch zur Syrupsconsistenz einge- dampft, mit überschüssiger verdünnter Schwefelsäure ver- mischt, mit Weingeist aufgenommen, die alkoholische Lösung etwas eingedunstet, der Rückstand dann mit 3 Vol. Aether vermischt, der Aether abgehoben und nach Zusatz von etwas Wasser verdunstet. Der wässrige Rückstand wurde durch CaCO^*) neutralisirt, filtrirt, das Filtrat eingedampft und mit Weingeist von 80 7o ausgezogen. Derselbe löste nur wenig; der Auszug enthielt nur etwas CaCP und eine Spur Frucht- zucker, lieferte aber nach dem Eindunsten nicht die charakte- ristischen Krystallgruppen des milchsauren Kalks. Dagegen gehen wässrige Auszüge der Queckenwurzel, bei etwa 25 bis 30° sich selbst überlassen, sehr leicht in die Milchsäure- gährung über. Ein Auszug von 100 g. Wurzel, mit etwas *) = 16. Herrn. Müller, Graswurzelzucker und Triticin etc, 505 CaCO^ vermischt und bei 30" zur Gährung hingestellt, lie- ferte nach 5 Tagen etwa 5 g. rohen milchsauren Kalk. Der aus dem extr. gram, durch Umkrystallisiren aus Weingeist erhalten, noch zuckerhaltige milchsaure Kalk zeigt dieselben Eigenschaften, wie sie Pfaff an seinem Graswurzelzucker beobachtet hat, namentlich konnte ich auch beobachten, dass seine Lösung in heissem Weingeist von einer gewissen Stärke, die ich nach mehreren vergeblichen Versuchen einmal zufäl- lig traf, beim Erkalten sich gallertartig verdickte. Alles Vorhergehende weist darauf hin, dass die Quecken- wurzel nur Fruchtzucker enthält, es fragt sich nur, wie es kommt, dass der durch Ausziehen mit Weingeist u. s. w. erhaltene Zucker nicht das Molecularrotationsvermögen der reinen Levulose (= 106 '',0) zeigt. Dies Verhalten erklärt sich dadurch, dass der Zucker noch Kalk- und Alkalisalze, besonders aber auch eine ziemlich beträchtliche Menge eines theilweise durch Bleiessig fällbaren gummiartigen Stoffes enthält, der ihm in den weingeistigen Auszug folgt, obgleich er für sich sehr wenig löslich in Alkohol ist. (Die Bestim- mung des Zuckergehaltes der Lösungen geschah durch Ein- dampfen.) Wenn man den alkoholischen Auszug der Queckenwur- zel verdunstet, den Rückstand mit Wasser aufnimmt und diese wässrige Lösung mit Bleiessig versetzt, welcher einen starken Niederschlag giebt, nach dem Eiltriren das über- schüssige Blei durch H^S entfernt, zur Syrupsconsistenz ein- dampft und den Bückstand zur Entfernung der Essigsäure mit einem Gemisch von 1 Theil Weingeist und 3 Tbl. Aether behandelt, so erhält man Zucker, welcher ein etwas höheres Drehungsvermögen zeigt, als der nach der ersten Methode gewonnene. Eine Lösung, welche 1,300 g. solchen Zuckers enthielt, gab eine directe Drehung von 7°, 2 5 links, woraus sich [«]j zu — 79<',1 berechnet. Nemlich 506 Herm. Müller, Graswurzelzucker und Triticin etc. a = 70,25 links, p == 1,300 g. 1 = 2 Dm. V = 27 CG. 97 also [a]j = 70,25 -^-fj^ = 790,1 links. Aus solchem immer noch unreinen Zucker durch Cal- ciumhydroxyd abgeschiedene Levulose zeigte ein Molecular- rotationsvermögen von — 1020,7, Es war a = 110,0 links, p = 1,445 g. 1 = 2 Dm. V = 27 CG. ■ 97 daher [alj = 11,0 ^ ' , = 102 0,7 links. ■■ ■''' ' 2.1,445 ' Das durch Kohlensäure zersetzte Piltrat vom Frucht- zuckerkalk enthielt auch hier etwas Fruchtzucker und essig- sauren Kalk, Alkalisalze und noch eine kleine Menge jener gummiartigen Substanz , welche beim Behandeln mit ver- dünnter Schwefelsäure noch eine Spur Zucker lieferte. Ich komme zu dem Resultate, dass die Quecken- wurzel keinen andern, als Fruchtzucker enthält. Es fragt sich nun nur noch, in welcher Menge er in derselben vorkommt, und da muss zunächst gesagt werden, dass seine Menge gar nicht so bedeutend ist, als man nach den in unserer früheren Arbeit citirten älteren Untersuchun- gen glauben möchte; besonders verdient die Angabe Rebling's (Arch. Pharm. 1855, Bd. 84, S. 15) gar keine Berücksichti- gung. (Derselbe bestimmte den Zuckergehalt verschiedener Substanzen nach einer selbst erfundenen höchst unsicheren Methode mittelst Schwefelsäure und Galle und fand auf diese Weise in den Queckenwurzeln 22^Iq Zucker.) Ich ermittelte den Zuckergehalt durch Titriren mit Feh- ling'scher Kupferlösung, und zwar benutzte ich eine solche, von der 2 CG. 0,010 g. Dextrose oder Levulose entsprechen. Herrn. Müller, Graswurzelzucker und Triticin etc. 507 Es wurden verschiedene Sorten Queckenwurzel untersucht und war das specielle Verfahren folgendes. 10 g. der bei 100*^ getrockneten "Wurzel wurden mit Weingeist vollständig ausgezogen, der Auszug eingedampft, mit Wasser aufgenommen, filtrirt und das Filtrat auf 100 CG. gebracht. I. 10 CG. Fehling'sche Lösung erforderten 20,4 GG. Zuckerlösung. (Mittel aus 3 Versuchen.) Diese enthalten also 0,050 Zucker 5 100 GG. Zuckerlösung (= 10 g. Wurzel) also 0,245 g. Zucker, oder 100 Wurzel = 2,450 Zucker. II 10 GG. Fehl. Lösung erforderten 18,5 GG. Zuckerlö- sung. 100 Queckenwurzel = 2,70 Zucker. IIL 10 GG. Fehl. Lösung erforderten 17,8 GG. Zucker- lösung. 100 Wurzel = 2,81 Zucker. IV. Ziemlich strohige, fasrige Wurzel, deren Auszug ungewöhnlich stark sauer reagirte. 10 GG. Fehl. Lösung erforderten 15,0 GG. Zuckerlösung. 100 Wurzel = 3,33 Zucker. Wahrscheinlich schwankt der Zuckergehalt sowohl nach der Bodenart, als besonders auch nach der Jahreszeit, in wel- cher die Wurzel gesammelt vmrde, worüber ich gelegentlich noch Versuche anstellen werde. IL üeher das Triticin. In der oftgenannten Arbeit von H. Ludwig und mir ist nachgewiesen , dass die Queckenwurzel weder ein durch Spaltung Zucker lieferndes, krystallisirbares Glycosid noch Dextrin enthält, vielmehr wird die Auffindung eines beim Behandeln mit verdünnten Säuren Zucker bildenden gummi- artigen, aber linksdrehenden Stoffes darin besprochen und dieser Stoff, dort beiläufig Queckengummi genannt, in seinem noch unreinen Zustande charakterisirt. Es ist dort S. 145 gesagt, dass der aus ihm durch Erwärmen mit ver- dünnter Schwefelsäure, Neutralisiren durch BaGO^ und Ab- dampfen erhaltene Zucker nicht vollständig in Weingeist lös- 508 Herrn. Müller, Graswurzelzucker und Triticin etc. lieh sei und der unlösliche Rückstand aus stickstoffhaltiger organischer Substanz und unorganischen Salzen bestehe. Später ergab sich, dass dieser in absolutem Alkohol unlösliche Theil hauptsächlich aus einer Baryumverbindung (obgleich ganz reines Baryumcarbonat angewandt worden war), etwas organischer Substanz und Alkalisalzen bestand, und es war zu vermuthen, dass Zucker, der ohne ^inwendung von Schwe- felsäure und Baryumcarbonat aus dem Gummi erhalten würde, vielleicht vollständig in Alkohol löslich sei. Nachdem es gelungen war, durch Dialj^se ein von Aschenbestandtheilen freies, fast farbloses Gummi darzustellen und aus diesem durch Erhitzen mit blossem Wasser unter verstärktem Drucke fast reinen Zucker zu erhalten , bestätigte sich diese Ver- muthung. Da sich im Verlaufe fernerer Untersuchungen zeigte, dass sich dieses Gummi, aus verschiedenen Queckenwurzel- sorten dargestellt, in seinen Eigenschaften immer gleich blieb, da es sich ferner bei der Analyse als ein Kohlenhydrat mit unwesentlichen, geringen Stickstoffgehalt erwies, gab ich ihm, weil in Triticum repens gefunden, den Namen Triticin nach Analogie des Inulins , dem es in mehreren Beziehungen, besonders aber in zwei Haupteigenschaften am nächsten steht, nemlich in dem optischen Verhalten und darin, dass es gleich dem Inulin durch Aufnahme von Wasser Levulose lieferte. (Eigentlich hätte es wegen seines optischen Verhal- tens den Namen Levulin verdient, und zwar mit mehr Recht als der Stoff, den Ville und Joulie sowie Dubrunfaut damit bezeichnen und der nach Dragendorff's Untersuchungen ein Zwischenglied zwischen Jnulin und Levulose, aber optisch unwirksam ist. [Dragendorff , Mat. zu einer Monogr. d. Jnulins, St. Petersburg 1870, S. 79.]) Darstellung des Triticins. Als die zweckmässigste hat sich folgende Darstellungs- methode erwiesen. Man zieht die getrocknete und zerschnittene Quecken- wurzel mit Weingeit von 25 — 30 "/o ^^ der Wärme aus, Herrn. Müller, Graswurzelzucker' und Triticin etc. 509 lässt im Deplacirungsapparate ablaufen und wäscht mit "Was- ser wiederholt nach. Diesen schwach weingeistigen Auszug versetzt man mit Bleiessig, bis derselbe keinen bedeutenden Niederschlag mehr giebt, filtrirt ab, leitet Schwefelwasserstoff ein , dampft das Filtrat im Wasserbad zum dünnen Syrup ein. Den Rückstand vermischt "man mit dem mehrfachen Volumen starken Weingeistes, wäscht das Gummi nochmals mit Weingeist, löst in Wasser und versetzt mit Bleiessig und etwas frischgefälltem Bleicarbonat, welches bewirkt, dass sich der Niederschlag besser abscheidet. Nach dem Abfiltriren leitet man wieder H^S ein, filtrirt, dampft ein und behandelt mit Weingeist. Nach dem Wiederlösen in Wasser wiederholt man die Fällung mit Bleiessig und Bleicarbonat, Behandlung mit H^S u. s. w. Giebt das zurückbleibende Gummi jetzt nach zweimaligem Auswaschen mit Weingeist noch eine Fällung mit Bleiessig, so wiederholt man dieselbe Mani- pulation nochmals, giebt es keine Trübung mehr, so löst man wieder in wenig Wasser, fällt nochmals durch Wein- geist und wäscht noch mehrmals mit Weingeist, zuletzt in der Wärme, aus. Sodann löst man in 8 — 10 Thl. Wasser und behandelt die Lösung mit frisch ausgeglühter und aus- gewaschner Thierkohle in der Wärme, bis sie nur noch gelb- lich gefärbt erscheint, dampft sie wieder etwas ein und bringt sie nun in einen Dialysator. In demselben lässt man sie 5 — 6 Tage, indem man das Wasser im äusseren Gefässe täglich erneuert und die Lösung , wenn sie zu verdünnt geworden, etwas eindampft. Endlich wäscht man das Gummi noch einige Male mit Weingeist aus und trocknet es in dün- nen Schichten auf flachen Porzellanschalen bei 80 — 100° ein. Zuletzt zerreibt man es zu feinem Pulver und befreit es bei 100 — 110° von dem letzten Reste anhängender Feuchtig- keit. Es stellt so das möglichst reine Triticin dar. Aus 1000 g, trockner Quecken wurzel erhält man auf diese Weise 15 — 20 g. Triticin, während die Wurzel 6 — 8^Jq davon enthält. Die fehlenden ^j^ bis ^/^ gehen theils durch die voluminösen Bleiniederschläge, theils bei dem Eindampfen der essigsauren Lösungen, wobei sich etwas Zucker bildet, theils 510 A. Kostcr, Untersuctung des Aqua Aniygdal. am. beim Auswaschen mit Weingeist, theils bei der Dialyse, u. s. w. verloren. Die Darstellung des reinen Triticins nimmt bei Anwen- dung von etwa 1000 g. Queckenwurzel 12 bis 14 Tage Zeit in Anspruch. (Fortsetzung folgt). lieber Untersueliiing des Aqua Amygdal. am. Von A. Koster in Bitburg. Als ich im vorigen Jahre in der Pharmaceut. Central. - Halle ein einfaches Verfahren bekannt machte, mittelst einer stathmetischen Silbernitratlösung den Blausäure -Gehalt des officinellen Aqua Amygdalarum festzusellen , resp. auf die erforderliche Stärke zu bringen, Hess ich den Gehalt des Nachlaufes ausser Acht. Durch jedesmalige Untersuchungen des von mir bereiteten Aqua Amygdal. bin ich aber zu der Ueberzeugung gekommen , dass der auf diese Weise entste- hende Verlust auf die Länge der Zeit ein bedeutender sein kann; ich erlaube mir daher mein Verfahren dahin zu ver- vollständigen, auch den Blausäure - Gehalt des Nachlaufes der Quantität des Aqua Amygd. zu Gute kommen zu lassen. Um nun aber für jeden deutlich zu sein, muss ich wohl das ganze Verfahren sowohl, wie auch die Gründe, worauf es beruht, hier wiederholen. Wenn man nach Vorschrift der Pharmacop. germanic. Aqua Amygd. bereiten will, so wird man von 12 Theilen Mandeln, nachdem sie vom fetten Oel befreit, 10 Theile Haupt -Destillat und dann noch 10 Theile Nachlauf überziehen, zur Verdünnung des jedenfalls zu stark gewordenen Haupt - Destillats auf die erforderliche Stärke. Die Bestimmung des Gehaltes beider Destillate beruht nun auf der von Liebig zuerst gelehrten allgemein bekann- ten Angabe, dass 2 Aequivalente Cyanwasserstoff und zwei A. Koster, Üntersucliung des Aqua Amygdal. am. 511 Aequivalente Kalihydrat mit Silbersalpeter (1 Aequivalent) 1 Aequivalent Cyansilberkalium bilden: 2CyH + 2K0 + AgONO^ = 2H0 + KO^NO^ + KCy,AgCy welches Doppelsalz in Wasser leicht löslich ist; während ferner zugesetztes AgO,NO^ einen bleibenden Niederschlag hervorbringt. Die Silberlösung titrire ich nun aber so, dass 100,0 g. desselben genau 100,0 g. Aqua Amygdal. von der erforderli- chen Stärke entsprechen. Diesen Titer findet man auf folgende Weise: In 1000,0 g. Bittermandelwasser sollen 1,0 g. HCy sein, in 100,0 g. also ^j^q g. Um 1 Aequivalent CyH mit Hilfe von KO und AgO in Cyansilberkalium zu verwandeln, braucht man nur ^2 Aequivalent AgO, NO ^, wie obiges Schema zeigt, also, da das Aequivalent des Silbersalpeters 170 ist, = 85. Das Aequivalent des CyH ist 27. Diese 27 entsprechen also 85, mithin obiges, ^lo ^^/aTO = 0,3148. Die Silberlösung muss also zu unserem Zwecke in 100,0 g. 0,3148 g. AgO,NO^ enthalten, 0,31 kann man auf einer Gran- Waage gut abwä- gen, 0,0048 dagegen wird man sich durch Auflösen von 0,01 AgO,NO^ in 10,0 Wasser verschaffen können; da in dieser Lösung jedes Gramm ein Miliig., jedes Decig. dage- gen ein Decimillig. AgO, NO ^ enthält; so wäge man also zu obigen 0,31 noch von dieser Lösung 4,8 g. ab , und stelle das Ganze mittelst Aqu. dest. auf 100,0 g. Um nun die Un- tersuchung mit dieser stathmetischen Silberlösung klar zu machen, will ich die Resultate meiner letzten Destillation , als Beispiel anführen. Ich hatte also von 1200,0 g. Mandeln 1000,0 g. Haupt- Destillat und dann noch 1000,0 g. Nachlauf gesammelt. Yon ersterem nahm ich 10,0 g., setzte 0,3 Kalihydrat und ebenso- viel NaCl als Indicator in c. 10,0 g. Wasser gelöst zu, dann fügte ich von der obigen Silberlösung 10,0 hinzu, wäre das Bittermandelwasser gerade stark genug gewesen, so hätte jeder folgende Tropfen zugesetzter Silberlösung eine bleibende Trübung hervorbringen müssen; ich musste aber, um diese 512 A. Koster, Untersuchung des Aqua Arnygdal. am. Trübung bleibend zu machen, noch 8,5 g. der titrirten Silber- lösung zufügen. Zu je 10,0 g. des ersten Destillats müsste ich also 8,5 g. destillirtes Wasser zusetzen, um es auf die vorgeschriebene Stärke zu bringen. Ich nahm nun auch 10,0 g. des Nachlaufes, setzte KO.HO und NaCl zu und dann vorsichtig von der titrirten Silberlö- sung; ich brauchte bis zur bleibenden Trübung 1,1 g. Diese 1,1 g. zu den 8,5 macht 9,6. Zu je 10,0 g. des ersten De- stillates müsste ich also 9,6 des Nachlaufes setzen, um ein vorschriftsmässig starkes Aqu. Amygdal. zu erzielen. Auf meine 1000,0 g. müsste ich also 960,0 g. des Nachlaufs setzen, ich hatte also 110,0 g. Aqu. Amygdal. mehr, die so rein gewonnen sind. Das macht aufs ganze Jahr schon ziemlich viel aus, und ein jeder der Herrn Collegen kann sich leicht berechnen, wieviel ihm |das im Jahre Vortheil bringt, wenn er auf obige Weise den CyH Gehalt des Nachlaufes ver- werthet. Der Vortheil des Verfahrens liegt nun darin, wie jeder aus obigem Beispiel sehen kann, dass man sofort, ohne jeg- liche Rechnung sehen kann, wieviel von dem Nachlauf man zu dem Haupt -Destillat setzen muss, und dass eben der CyH Gehalt des Nachlaufes auch als Bittermandelwasser ver- werthet wird. Neben angeführter titrii'ter Silberlösung ist es zweck- mässig, sich eine Lösung von 3,0 g. KO, HO und 2,0 g. NaCl in 100,0 g. Wasser, die klar sein muss, vorräthig zu halten, da die Arbeit sich ja bei jeder neuen Bereitung von Aqua Amygdalarum wiederholt. Selbstverständlich hebt man die silberhaltigen Flüssig- keiten auf, um dieselben gelegentlich zu reduciren resp. zu Höllenstein zu verarbeiten. E. ßeichardt, Mittheilungen. 513 Mittheilunge n. Von E. Reichardt. Kupfergebalt von Wasser bei Anwendung kupfer- ner Eöhrenleitung. Für Wasserleitungen werden jetzt entweder gebrannte Tbonröhren verwendet, oder, namentlich wenn sie stärkerem Druck ausgesetzt sind , eiserne Köhren. Die verschiedensten Ursachen, die eisernen Röhren so zu beschaffen, dass sie von Anfang an der lösenden Wirkung des Wassers Wider- stand leisten, sind, soweit mir bekannt, ohne Erfolg gewesen; man hat dieselben verzinnt, verzinkt, mit Theer ausgebrannt, aber die ersteren Metalle gaben stets noch genügend Angriffs- punkte in dem unvollkommenen Ueberzuge und überall wird beobachtet, dass in der ersten Zeit des Gebrauches Eisen in Lösung gelangt, bis endlich eine natürlich gebildete, innere Incrustation der Röhren, jedenfalls von kohlensaurem Kalk, die weitere Lösung des Eisens völlig sistirt, oder, was ebenso erklärlich sein dürfte, es hat sich eine haltbai-e Kruste von Oxyd od. Oxydoxydul erzeugt, jedenfalls findet sich später in dem der geschlossenen Wasserleitung entnommenen Was- ser kein Eisen mehr vor, als in den stets vorkommenden Spuren. Bei Bleiröhren stehen sich die Beobachtungen noch ent- gegen. Ein Theil verurtheilt Blei überhaupt als Material für Wasserleitungen, auf der anderen Seite liegen umfassende Untersuchungen vor, welche nachweisen, dass nach kurzer Zeit des Gebrauches kein Blei mehr in Lösung gelangt. Die allgemeine Verwendung der Bleiröhren für die Leitungen im engen Böhrensysteme spricht ebenfalls für die Brauchbarkeit, jedoch sind jedenfalls die jetzt so haltbaren Bohren von Blei mit Zinnfüllung vorzuziehen. Sehr bald wurde aber auch nachgewiesen, dass kupferne Röhren ununterbrochen Kupfer in Lösung, an das durchströ- mende oder sogar darin stehende Wasser abgeben. Arch. d. Pharm, lU. Reihe. II, Baa, 6, lieft. 33 514 E. Reichardt, Mittheilungen. Eine solche Leitung mit Kupferröhren enthielt im Jahre 1859, kurze Zeit nach der Einrichtung, Wasser, welches auf 1 Million Th. 7, 2 Th. Kupfer ergab, im Jahre 1872 wurden in Wasser aus gleicher Leitung und in gleicher Menge 0,8 Th. Kupfer nachgewiesen. Bei dem Waschen mit Seife färbt die- ses Wasser die letztere sichtbar grünlich. Wenn auch die Menge des Kupfers bei der letzten Prü- fung weit weniger betrug, so beweist sie dennoch die unun- terbrochene Aufnahme desselben durch das Wasser, sie wird auch, von äusseren Umständen beeinflusst, bald steigen oder fallen. Jedenfalls sind kupferne Röhren für Trinkwasserlei- tungen zu verwerfen oder besser überhaupt durch eiserne zu ersetzen. IL Untersuchung von mit Anilin gefärbter Wurst. Die Färbung der Fleischwaaren mit Anilin hat leider in einer solchen Weise zugenommen, wie es nur in einer der Verbreitung , derartiger Geheimmittel so geneigten Zeit gesche- hen kann, jedoch ist die Nachweisung eben so leicht zu führen. Die natürliche Fleischfarbe rührt von den Blutkörperchen oder dem darin enthaltenen Blutfarbstoife her, der, wenn auch sonst sehr beständig, äusserst leicht bei angehender Zer- setzung der dazu so leicht geneigten Fleischsubstanzen sich entfärbt. Bei sorgfältiger Handhabung, schneller ßäucherung, genügendem Zusatz von Salpeter und Salz gelingt es aber dem sorgfältigen Fabrikanten, die Fleischsubstanz in natür- licher Farbe zu erhalten und wird daher mit Recht die erhal- tene Fleischfarbe als ein gutes Zeichen der Fabrikation ange- nommen. Hiermit soll, wie leicht zu erfahren, nicht gesagt sein, dass etwas missfarbige Fleischwaare , wie namentlich Cervelat- Wurst, verdorben sei, die meisten in kleinen Schlach- tereien oder im Hausbedarf dargestellten Würste behalten die frische Fleischfarbe nur sehr kurze Zeit und sind dess- halb doch völlig gut; hier wird natürlich der äusseren E. Relchardt, Mittheilungen. 515 Beschaffenheit nicht so viel Aufmerksamkeit zug-ewendet , wie bei aufmerksamster Behandlung in der grossen Fabrikation. Der Blutfarbstoff ist unlöslich in Alkohol und Aether, das Fuchsin oder Anilinroth leicht löslieh und behält letzteres diese Löslichkeit auch bei, wenn es zur Färbung der Wurst gebraucht wurde. Bei der mir zur Beobachtung gekommenen anilingefärb- ten Wurst konnte man mit dem Auge, noch besser mit Yer- grösserungsgiase, einzelne besonders stark gefärbte und .ver- dächtig aussehende Stellen und Punkte sehen, was sich nach der Mischung der Wurst aus Fett und Fleisch auch leicht erklären lässt. TJebergiesst man solche zerkleinerte Wurst mit 90% Alkohol, so färbt sich dieser nach kurzer Zeit mehr und mehr roth ; ungefärbte Wurst giebt gar keinen Farbstoff an Alkohol ab. Ebenso färbt sich sehr bald Aether. Die Farbe des Alkohols war unverkennbar diej. des Anilinrothes , fügt man etwas Säure zu, so verschwindet die Farbe, Blutfarbstoff würde unter diesen umständen erst sicht- bar werden, ebenso verändert E"atron oder Kali das Eoth in Gelb, fast zur Farblosigkeit. Letzteres Verhalten giebt sogar Anhalt zur eventuellen quantitativen Bestimmung. Eine Lösung von 0,05 g, Fuchsin in 1000 C.C. Alkohol gebrauchte für 5 C.C. von Yio ISFormalnatron 13 C.C. Hierauf wurden 30 g. Wurst in klein geschnittenen Stückchen mit Alkohol ausgezogen und, um die Masse etwas zu concentri- ren, das Filtrat zur Trockne verdunstet. Dem Rückstände wurde das Anilinroth durch Aether entzogen und nach dem Verdunsten dieses wieder mit wenig Alkohol aufgenommen. Zur Entfärbung wurden dann 8 C. C. Normalnatron verbraucht, was beiläufig 0,00015 g. Fuchsin entsprechen würde oder pro Kilog. Wurst = 0,005 g. So wenig diese, von Herrn stud. ehem. Kaiser ausge- führte, Bestimmung Anspruch auf vollständige Gewinnung des Fuchsins aus der Wurst machen kann, so enthält sie doch einen für weitere Prüfungen werthvollen Beitrag, 516 E. ßeictiardt, Mittheilungen. In hiesiger Gegend wurde einmal ein Fall genau con- statirt, dass durch den Genuss anilingefärbter Wurst starkes Unwohlsein einer ganzen Familie eintrat; leider kam mir die fragliche Wurst nicht in die Hand. Gegen Färbung der Nahrungsmittel, und besonders so leicht veränderlicher, ist sich aber schon von vorn herein zu erklären, da dadurch nur eine Täuschung des Publikums beabsichtigt sein kann. Bei der Fleischwaare kann man durch diese Färbung sogar schlechte und sonst nicht gut verkäufliche Waare als gut erhaltene anbringen, wodurch nicht allein Betrügerei geübt wird, sondern auch sehr leicht nachtheilige Folgen für die Gesundheit entstehen können, da bekanntlich im Zersetzen begriffene Fleischsubstanzen höchst gefährliche Wirkungen zu äussern im Stande sind. Es ist aber auch eben so leicht möglich, dass die Ani- linfarben an und für sich schädlich wirken, zuletzt muss aber auch die Möglichkeit hervorgehoben werden, arsenhaltiges Fuchsin zu erhalten und zu verwenden. Das meiste Anilinroth wii*d bis jetzt noch mit Arsen- säure bereitet und ist das Handelsproduct wiederholt arsen- haltig erwiesen worden. Die Wurstfabrikanten sind aber keineswegs fähig, diese ernsten Fragen sofort durch Prüfung beantworten zu können und so bleibt nichts übrig, als die Färbung der Fleischwaaren völlig zu verwerfen und als straf- fällig zu bezeichnen. In dem hier zur Untersuchung gelangten Falle ergaben verschiedene Prüfungen auf Arsen kein positives Resultat; nach der geringen Quantität Anilinfarbstoff, welche die Be- stimmung erwies, könnten auch nur verschwindend kleine Mengen Arsen vorhanden gewesen sein. III. Antike Bronze. Dieselbe war in der Gegend von Danzig gefunden wor- den und wurden Bruchstücke von Ringen, jedenfalls Schmuck- gegenstglnde , der Untersuchung unterworfen, welche Herr stud. ehem. Kaiser ausführte. E. Eeichardt, Mittheilungen. 517 Die kleinen Stückchen waren äusserlich mit der gewöhn- lich beobachteten grünlichen Oxydschicht, Patine, überzogen. Spec. Gewicht der Bronze = 7.12. Die Bestandtheile , in Procenten ausgedrückt, waren folgende : Zinn 5,591 Silber Spuren Eisen 0,363 Blei 0,041 Zink 1,388 Kupfer 92,638 100,021. Die Zusammensetzung schliesst sich den bisher erhaltenen B,esultaten völlig an und mögen vergleichsweise ein Paar dergleichen angegeben werden. Es enthielten in Procenten: Kupfer. Zinn, Zink. Blei. Silber. Eisen, A. Einge aus galischen Grabhügeln. I. 89.71 7.78 — 1.29 — 0.52 IL 84.76 13.31 — 1.80 — Spur. B. Bronze aus den Knochenhöhlen von Perigord. 85.98 12.64 0.51 1.09 — Spur. C. Celtische Armspangen, bei Aboyne gefunden: I. 86.49 6.76 1.44 4.41 — — n. 88.19 3.64 9.13 — — — D. Bronzestatue, zu Brescia gefunden. 80.70 9.44 1.92 7.68 — — E. Bronze, in Sibirien gefunden, Messer. I. 99.0 0.32 _ _ _ 0.34 IL 88.67 10.10 _ _ _ 0.28. E. Antike celtische Pfeilspitze. 70.30 24.53 — 5.20 — — Bronze von Bingen, bei Danzig gefunden : 92.638 5,59X 1.388 0.041 Spur 0.363. 51